Heike Schrader verurteilt

Peter Nowak 10.12.2008 00:37 Themen: Repression
Zeitgleich mit dem Aufsehen erregenden Urteil gegen Hajdib, der schon lange als Kofferbombe durch die Medien geisterte, ging am Dienstagnachmittag ebenfalls vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf auch das Verfahren gegen die in Griechenland lebende und für verschiedene deutschsprachige Zeitungen und Onlinemagazine arbeitende Journalistin Heike Schrader nach nur zwei Verhandlungstagen zu Ende.
Schrader wurde vorgeworfen, Mitglied der linken türkischen Organisation DHKP-C gewesen zu sein, die seit August 1998 in Deutschland verboten ist. Die Vorwürfe gegen Schrader bezogen sich auf die Zeit vor dem Verbot.

Dieses Verfahren hat wenig öffentliche Aufmerksamkeit gefunden, die Pressebank war leer. Das Urteil, eine Haftstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten, die auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, vermittelt den Eindruck, dass die Angeklagte noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen ist. Tatsächlich nahmen Verteidigung und Staatsanwalt das Urteil sofort an und verzichteten auf weitere Rechtsmittel. Schrader war es wichtig, dass der vor einem Jahr erlassene Haftbefehl, der bisher nur ausgesetzt war, nun aufgehoben ist. Schließlich hat sie immer legal gelebt und gearbeitet, seit fast 10 Jahren in Athen. Ihren Namne kann man in vielen deutschsprachigen Medien lesen. Schrader hat auch immer wieder Deutschland besucht. Deshalb war sie auch so überrascht, als sie zu Beginn einer Lesereise des von ihr übersetzten Buches eines griechischen Gefangenen im Dezember 2007 in Deutschland am Flughafen festgenommen wurde und zur Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe gebracht wurde. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt, doch Schrader durfte mehrere Monate Deutschland nicht verlassen. Deswegen ist es sehr verständlich, dss Schrader das Urteil schnell angenommen haben. Trotzdem ist es vom rechtsstaatlichen Standpunkt, wie alle 129a-Verfahren äußerst fragwürdig.

Allerdings musste der Richter einräumen, dass es für eine Mitgliedschaft in der DHKP-C bei Schrader keine hinreichenden Beweise gibt. Deshalb wurde die Journalistin „nur“ wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Die soll sie dadurch begangen haben, dass Artikel über die Zustände in der Türkei veröffentlichte, Texte vom Türkischen ins Deutsche übersetzte und auf ihren Namen einen linken türkischen Verlag anmeldete etc.

Für sich genommen handelt es dabei um legale Tätigkeiten. In seinem Plädoyer bekräftige der Staatsanwalt, dessen Strafforderung um zwei Monate über das Urteil hinausging, dass Schrader keine kriminellen Aktivitäten in und für die Organisation nachgewiesen werden konnten und mussten. Es reiche, dass auch legale Aktivitäten eine terroristische Organisation stärken, um bestraft zu werden. Insofern lag dieses Urteil ganz in der Logik der 129-Verfahren. Der Richter hat auch deutlich gemacht, dass das Urteil härter ausgefallen wäre, wenn die Verteidigung nicht kooperativ gewesen wäre und sich zur Sache eingelassen hat und auf eine lange Beweisaufnahme verzichtete.
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Ergänzungen

Bewährungsstrafe

http://www.news-von-morgen.de 10.12.2008 - 20:43
Am gestrigen Dienstag verurteilte das zuständige Oberlandesgericht der Stadt Düsseldorf die Journalistin Heike Schrader 42 Jahre alt wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten.

Der ursprüngliche Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Schrader sei ein aktives Mitglied einer Vereinigung gewesen, die sich innerhalb der bekannten türkischen Organisation »Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front« kurz DHKP-C gebildet hatte, musste hingegen fallengelassen werden.

Die mittlerweile in der griechischen Hauptstadt Athen lebende Schrader, die seit dem Jahre 2003 für mehrere linke Tageszeitungen aus Griechenland berichtet, habe, heißt es jetzt, zwischen den Jahren 1996 und 1998 zwar keine eigenen terroristischen Taten verübt, jedoch mehrfach an Treffen hochrangiger Funktionäre der Vereinigung teilgenommen. Schon die bloße Teilnahme an diesen erwähnten Treffen wurde vom Düsseldorfer Gericht nun als Unterstützungshandlung gewertet.

Als Beweis für diese genannte Beschuldigung diente allein der Journalistin Heike Schraders öffentliche und legale Tätigkeit in dem in der Stadt Köln ansässigen “Informationszentrum freier Völker”, das sich vor allem für die Belange der politischen Gefangenen in dem Land Türkei einsetzt.

kein Vergleich

Peter Nowak 11.12.2008 - 04:23
Es lag mir fern mit der Einleitung einen Vergleich zwischen den beiden Verfahren vorzunehmen oder gar das Verhalten des Islamisten zu verteidigen. Mit der Einleitung sollte lediglich angedeutet werden, dass beide Urteile zeitgleich und nur wenige Meter voneinander stattfanden, aber in einem Fall die JournaslistInnen keinen Platz fanden während im anderen Fall keie da waren. Diese Einleitung scheint leider mißverständlich.
Zum ersten Urteil siehe auch:

 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29313/1.html

Soweit ist es gekommen,

Ralf 11.12.2008 - 08:33
dass man nun für Tätigkeiten wie Artikel schreiben verurteilt wird und noch dazu wegen anderer Aktivitäten für oder im Rahmen einer legalen Organisation, die im nachhinein illegalisiert wurde. Ich habe immer darauf hingewiesen, dass hier im Baskenland wie im Labor repressive Maßnahmen ausprobiert werden, die sich dann in der EU ausbreiten. Der Fall Heike Schrader zeigt das deutlich. Grüße aus dem Baskenland an Heike.

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