Leipzig: Soli- und Antirepressionsdemo

equus 09.12.2008 23:38 Themen: Repression
In Leipzig demonstrierten am Dienstagabend (9.12.) 150 bis 200 Menschen lautstark gegen Repression und Polizeigewalt. Dabei wurden sowohl die Solidarität mit dem erschossenen Alexandro aus Athen als auch der Ärger über das Urteil im Prozess um den Tod von Oury Jalloh bekundet.
In Leipzig fand am 9.12. eine Spontandemonstration über die Karl-Liebknecht-Straße im Leipziger Süden statt. Rund 150 Personen - mit Fluktuation 200 - beteiligten sich an der Solidaritätsbekundung an die GenossInnen in Griechenland und äußerten ihre Trauer und Wut über den Tod des 15-Jährigen Schülers Alexandros-Andreas Grigoropoulos, der in Athen von einem Polizisten erschossen wurde.
Weiterhin wiesen die Teilnehmer_innen darauf hin, dass staatliche Repression und Polizeigewalt auch in Deutschland keine Ausnahme ist. Besonders häufig betroffen sind MigrantInnen, AntifaschistInnen und Menschen, die sich kritisch äußern und dem Normierungdruck sowohl des Staates als auch "der Mitte" nicht folgen wollen.

Die Demonstration startete unangemeldet gegen 19:20 Uhr von der Karl-Liebknecht-Straße Höhe Gustav-Freytag-Straße. Mit Front- und Seitentransparenten bewegte sich der Demonstrationszug laut und zügig Richtung Innenstadt. Die durch die offene Mobilisierung bereits informierte Polizei versuchte jedoch die TeilnehmerInnen bereits eine Straße weiter zu stoppen. Dies gelang nicht, da sich viele Menschen schnell um die Polizeikette herumbewegten. Den nächsten Halt musste die Demonstration bereits an der Fichtestraße machen, in die sie kurz zuvor eingebogen war. Die Polizei hinderte die Teilnehmer_innen danach mindestens eine Viertelstunde am Witerkommen bis die Demonstration angemeldet wurde. Ohne Begründung, aber wahrscheinlich aus Angst die Demonstration könnte die unpolitische Stimmung in der Innenstadt etwas auflockern, wurde die Strecke der Demonstration jedoch bis zum Südplatz begrenzt. Dort angekommen wurde ein kurzer Redebeitrag gehalten, welcher in ergänzter Form neben der Demonstration als Flyer verteilt wurde.

Danach zog die Demonstration, wie zuvor schon von einigen wenigen Böllergeräuschen begleitet, locker zurück Richtung Connewitzer Kreuz, wo sie sich endgültig auflöste.
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Ergänzungen

inhalt

eine andere 09.12.2008 - 23:55
das leipziger solistatement

Der Mord an Alexandros
Am 6. Dezember 2008 wurde in Athen der 15-Jährige Schüler Alexandros-Andreas Grigoropoulos von einem Polizisten erschossen. Bis jetzt ist noch nicht offiziell geklärt, wie der Schüler erschossen wurde und wie die Auseinandersetzung zwischen der Schüler_innengruppe und der beiden Polizisten im Vorfeld ablief - griechischen Medienberichte zufolge deutet jedoch alles darauf hin, dass Alexandros direkt von der tödlichen Kugel getroffen wurde und die Auseinandersetzungen zuvor rein verbaler Art waren. Der Polizist, der die Schüsse auf Alexandros abgegeben hatte, war unter Kolleg_innen auch unter dem Spitznamen "Rambo" bekannt. Sein Anwalt hat unterdessen sein Mandat abgegeben und begründete dies mit den Worten: "Einen solchen Mann kann ich nicht verteidigen."
Die Augenzeugen, auf deren Berichte sich auch die griechischen Medien stützen, berichten mittlerweile übereinstimmend, dass es sich nicht um eine Notwehrsituation gehandelt hat und der Junge quasi gezielt erschossen wurde. So etwas kennt nur einen Namen: Mord. Wir möchten hiermit unsere Trauer über den Mord an Alexandros ausdrücken - aber auch unsere Wut über diesen besonders heftigen Fall von Polizeigewalt und die Solidarität gegenüber allen von Repression betroffenen Menschen - egal wo auf der Welt! Polizeigewalt und Repression sind keine Ausnahme!
Der Vorfall in Griechenland ist jedoch nur ein Beispiel von exzessiver Polizeigewalt und Repression.

Auch in der Bundesrepublik verhält sich der Staat zunehmend aggressiver gegenüber MigrantInnen, AntifaschistInnen und Menschen deren Lebensweise nicht in die Norm passt. Neben den aktuellen bereits durchgesetzten oder geplanten Verschärfungen im Versammlungsrecht und der ständigen Schikane gegenüber linken und antifaschistischen AktivistInnen und DemonstrantInnen sind auch gewaltsame Übergriffe durch Polizeibeamte keine Seltenheit.

So schreibt Amnesty International Deutschland:
"Wir brauchen unabhängige Beschwerde- und Untersuchungsgremien, die alle Vorwürfe über Misshandlungen und exzessive Gewaltanwendung durch Polizeibeamte untersuchen können", sagte Katharina Spieß, Sicherheitsexpertin von Amnesty International. "Staatsanwaltschaft und Polizei sind nicht unabhängig und daher auch nicht unparteiisch. Amnesty dokumentiert seit 1996 Fälle von unverhältnismäßiger Polizeigewalt in Deutschland. Und viele dieser Fälle sind weder schnell genug, noch unparteiisch noch umfassend untersucht worden. Darauf haben auch die Vereinten
Nationen und der Europarat immer wieder hingewiesen."

Das Problem vor der Haustür - Über den Umgang mit Antifaschist_innen in Leipzig
Während sich Nazistrukturen in Leipzig im Laufe dieses Jahres massiv reaktiviert haben, fährt der Staat immer härtere Geschütze gegen AntifaschistInnen auf. Es begann im Nachgang zu Silvester 2007/08, als der „Extremismusexperte“ Eckard Jesse linke Politik in lokalen Presseberichten der LVZ exponiert denunzieren konnte und damit die Lyrik zur repressiven Praxis der offiziellen Politik und seiner Exekutive lieferte.

Im Frühjahr setzte der sächsische Innenminister Antifaschist_innen und alternative Kulturzentren mit Nazis gleich und rügte die Stadt Leipzig für mangelndes Durchgreifen. Davon kann, in Anbetracht des Vorgehens der Polizei gegen die Anti-Nazi-Proteste dieses Jahres, allerdings kaum die Rede sein. Platzverweise, restriktive Kontrollen, das widerrechtliche Filmen von Menschen und deren Personaldokumenten sind bei ausnahmslos allen linken Aktionen im öffentlichen Raum Standard geworden. Nicht nur, dass damit verbriefte Grundrechte außer Kraft gesetzt worden, es geht dem Staat offensichtlich um die Einschüchterung und Zurückdrängung linker Politik und Akteure aus dem öffentlichen Raum.

Bei einer angemeldeten Kundgebung gegen das neu eröffnete NPD-Zentrum in Leipzig-Lindenau wurden Teilnehmer_innen äußerst repressiv behandelt, gefilmt und durchsucht. Bei der jüngsten vollkommen friedlichen Kunstaktion gegen das besagte Nazibüro wurden die 60 Teilnehmenden von der mit
Maschinenpistolen bewaffneten Polizei festgesetzt und allein auf Grundlage einer haltlosen Anzeige der Nazis öffentlich zu Straftäter_innen abgestempelt. Die lokale Presse spielt in diesem Denunziationsspiel eine entscheidende Rolle: Seit Beginn des Jahres wird von dieser die Extremismuskarte kompromisslos gespielt: links ist gleich rechts, beide "Ränder" seien in gleichem Maße inhaltlich und praktisch auf Gewalt ausgerichtet und bedrohen die saubere „Mitte der Gesellschaft“. Die Berichterstattung über die abnehmenden, dabei aber so notwendigen Mobilisierungen gegen Naziideologeme und -gewalt reduziert(e) sich in diesem Sinne auf das Beschwören eines Schaukampfes zwischen rechts und links. Hier zeigt sich einmal mehr das Wechselspiel von Staat und allzu oft sehr unkritischen Medien. Die einen stellen gesellschaftliche Stimmung her, während andere danach handeln.

Natürlich ist der Tod eines Menschen nicht mit der systematischen Grenzüberschreitung der staatlichen Behörden in Leipzig auf eine Stufe zu stellen. Strukturell zeigen sich allerdings Parallelen. Das unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei gegen antihierarchische, kapitalismuskritische und antifaschistisch engagierte Menschen und Zusammenhänge in dieser Stadt scheinen zur Handlungsgrundlage des Staates zu gehören. Das nehmen wir nicht hin!



“Schwarze brennen eben mal länger” - Der Tod von Oury Jalloh in Dessau
Am 7. Januar starb der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Zelle der Polizei Dessau. Todesursache des zum damaligen Zeitpunkt an Händen und Füßen gefesselten Menschen war ein Hitzeschock in Folge eines Brandes in der Zelle. Wie genau der angeblich von Oury selbst entfachte Brand entstanden sein soll und warum die Beamten den Brandalarm als auch die Hilferufe ignorierten, konnte das Gericht jedoch bis heute nicht klären. Was hingegen feststeht ist, dass der Prozess gegen die zwei damals diensthabenden Polizisten, der am 8.12. mit einem Freispruch endete, von schwerwiegenden Fehlern und Ungereimtheiten begleitet wurde. In seiner Urteilsbegründung sprach der Richter Manfred Steinhoff von einem "gescheiterten" Verfahren das mit dem "Rechtsstaat nichts mehr zu tun hat". Dies lag nach Ansicht des Richters an den Polizeibeamten - sowohl den Angeklagten als auch den Zeugen - die offensichtlich Dinge "absichtlich verschwiegen" und "gelogen" hatten. Dies deckt sich mit Einschätzungen von amnesty international Deutschland und Pro Asyl e.V. Beide weisen jedoch zusätzlich darauf hin, dass solche Vorfälle keine Seltenheit sind.4 5 Einen Monat nach dem Tod Oury Jalloh sagte der Polizeioberrat Reinhard S. bei einer Lagebesprechung von rund 20 Führungskräften der Polizei außerdem "Schwarze brennen eben mal länger" - Und nur ein einziger Beamter meldete den Vorfall. Zwei Jahre später kommt Reinhard S. mit einem Verweis davon.

147 Tage Haft in Griechenland ohne Prozess - Solidarität mit Timo
Auch Timo wurde nach einem studentisch organisierten Konzert im griechischen Thessaloniki festgenommen. Erst nach 147 Tagen, kam der Berliner gegen eine Kaution von 10.000€ und erst nach massivem öffentlichen Druck aus
dem Untersuchungsgefängnis in Komotini wieder frei. Nachweisen konnten die Beamten Timo bislang nichts. Die monatelange Haft stützte sich lediglich auf die bis heute nicht bewiesene Behauptung, Timo hätte einen Molotowcocktail geworfen. Demnächst beginnt Timos Prozess und auch hier rufen wir zu Solidarität gegen Willkür und Repressionen auf.

Was is los

LEipzig125 11.12.2008 - 16:12
Das Problem ist ganz klar die Organisation! Die meißten Aktivist_Innen bekommen von den Spontanaktionen gar nix mit. Es ist immer wieder schön wenn mensch auf Indy auf einmal mitbekommt: "Hey da war doch was!". Und auf den Seiten der linksradikalen Gruppen in Leipzig ließt mensch nur Ankündigungen für Aktionen vom März 2008. Die ganze Sache hinkt hier einfach. Außer Silvester am Kreuz geht in Leipzig so gut wie gar nichts mehr. Weil entweder zu wenig Antifaschist_Innen auftauchen oder zu viel Bullen aufziehen. Kein Wunder das es den Nasen mittlerweile hier so gut gefällt. Großartig stört die ja keiner mehr. Da müsste echt mal was passieren! Ich hoffe das dem so ist.

Anderes Thema: Wie sieht es mit einer Silvester-Demo in Leipzig aus? Ich denke die Geschehnisse wie der Brandanschlag auf das Komm-Haus, das neue NPD-Zentrum Lindenau und die häufigen Nazi Übergriffe und Demonstrationen würde für eine Aktion sprechen. Naja, wahrscheinlich wird es beim üblichen Connewitz-Kreuz Tumult bleiben. Auch nicht schlecht...

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