„Neues“ aus München

Rasender Reporter 03.12.2008 19:22 Themen: Antifa Antirassismus
In München wurde letzten Dienstag in einer Abstimmung die Einrichtung einer Koordinierungsstelle gegen Neonazis beschlossen, die alle schon laufenden Aktivitäten in diesem Bereich bündelt. Sie wird direkt dem Oberbürgermeister unterstellt, ein weiterer Posten soll für Recherche und die Verbreitung pädagogischer Konzepte geschaffen werden.
Neue Gelder gegen Rechts, oder nur Prestigeprojekt ?

Oberbürgermeister Ude betonte, es sei wichtig rechtsextremes Gedankengut aufzugreifen, auch wenn der Urheber nicht auf den ersten Blick zu erkennen sei. Dem raffinierten Werben der Rechten müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Die bisherigen Vorkehrungen würden nicht mehr ausreichen. Die Koordinierungsstelle gegen rechts werde im Direktorium des Oberbürgermeisters angesiedelt, hieß es in mehreren Münchner Tageszeitungen. Die neue Stelle, die öffentlich ausgeschrieben werden wird, soll das Netzwerk der Organisationen und Engagements gegen Rechts koordinieren. Gleichzeitig werde zusätzlich beim „Feierwerk“ eine Recherche- und Multiplikatorenstelle eingerichtet. Diese soll stadtteilbezogene Aufklärungsarbeit leisten und die rechtsextreme Szene beobachten. Ob eine Zusammenarbeit mit der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. ( http://www.aida-archiv.de/) angestrebt ist, welche seit 1990 Material zur extremen Rechten sowie antifaschistische Publikationen sammelt und dem linken Spektrum zuzuordnen ist, wurde nicht bekannt.


Konzept zur politischen Jugendbildung

Zudem soll im künftigen geplanten NS-Dokumentationszentrum mit dem Kreisjugendring ein Konzept für politische Jugendbildung entworfen werden. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den nachfolgenden Generationen zu vermitteln, dass Demokratie und Toleranz nicht selbstverständlich gegeben sind, sondern ständig aufs Neue gesichert und gestaltet werden müssen. „Das NS-Dokumentationszentrum München soll hierzu künftig einen wichtigen Beitrag leisten“, heißt es auf der Internetseite ( http://www.ns-dokumentationszentrum-muenchen.de/zentrum). Die Vorgehensweise der Rechtsextremisten sei derart besorgniserregend, so OB Ude in einer Stellungnahme, „dass wir mit neuen Strategien reagieren und mit pädagogischen Konzepten die Jugendlichen erreichen müssen.“ Klar sei, es müsse nun mehr als bisher getan werden. Nur gut 97 Prozent der Münchner wählen, wenn sie wählen demokratische Parteien. Die Stadt wolle daher in Zukunft noch bestimmter gegen rassistische und antisemitische Umtriebe vorgehen, vor allem gegen die Verteilung von Schulhof CD´s.


Ultrarechte Nachbarschaft

Im Münchner Rathaus gibt es seit der Kommunalwahl in Bayern 2008 statt den Republikanern eine ultrarechte NPD Tarnpartei. Der Spitzenkandidat Karl Richter der Bürgerinitiative Ausländerstopp wurde mit 1,4 Prozent zum Stadtrat gewählt. Seit dem Frühjahr 2008 ist Karl Richter auch Leitender Redakteur der Zeitung Deutsche Stimme, dem Parteiorgan der NPD, Veranstalter und Redner bei zahlreichen Demonstrationen. Er war im September diesen Jahres vom Amtsgericht München wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu 5600 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Als er vor Oberbürgermeister Ude im Rathaus die Eidesformel zur Amtseinführung sprach, hielt er seine rechte Hand nicht wie allen anderen senkrecht, sondern streckte sie schräg nach vorne ( http://www.tz-online.de/de/aktuelles/muenchen/artikel_45047.html). Richter gibt sich verfolgt und hat daraufhin prompt den früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein angezeigt. Dieser soll seinen Angaben nach im vergangenen Sommer auf dem Marktplatz in Freising den richtigen Hitlergruß in der Öffentlichkeit gezeigt haben.


Nichts versäumt worden

Es sei in München nichts versäumt worden, so Ude, der schon vor zehn Jahren das "Bündnis für Toleranz" ins Leben gerufen hatte. Neonazi-Aufmärsche würden regelmäßig von Bürgern gestoppt. Das stimmt nicht ganz, seit dem ersten März 1997 hat die Polizei in München jeden genehmigten Aufmarsch durch die Gegendemonstranten durchgeprügelt, ausgeführt vor allem durch das Unterstützungskommando (USK). Trotzdem erhält Ude vom CSU-Stadtrat Marian Offman, der gleichzeitig Vorstandsmitglied der israelitischen Kultusgemeinde ist Zustimmung. Er sei sehr zufrieden mit dem Umgang der Stadt mit den Neonazis und er begrüße die neuen Maßnahmen, äußert er in der Münchner TZ. Die letzte Demo der braunen Art hatte es erst vor zwei Wochen gegeben, als Nazis um die so genannten „Freien Nationalisten“ und der NPD zu einem „Heldengedenken“ in München aufgerufen hatten. Die Polizei nahm dabei knapp 90 Personen fest und somit gut 10 % der Gegendemonstranten ( http://de.indymedia.org/2008/11/233171.shtml). Neben verstärkter Arbeit mit Jugendlichen, soll rechtsextremen Parteien und Organisationen nicht nur die Anmietung städtischer Räumlichkeiten verwehrt werden, sondern auch Veranstaltungen in Gaststätten. In diesem Sinne soll an Gastronomen und Großbrauereien appelliert werden, so der Stadtratsbeschluss weiterhin. Von der Umsetzung der angedachten Maßnahmen darf man gespannt sein.
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Ergänzungen

ergänzung

kleine muc 03.12.2008 - 22:40
bei luzi stehen noch ein paar mehr infos, allerdings wird meines erachtens in beiden artikeln zu wenig auf den umgang mit antifaschistinnen und auf die wurzeln des faschismus in der mitte der bürgerlichen gesellschaft eingegangen. antifaschisten werden diffamiert, verfolgt, überwacht und oftmals zum eigentlichen problem stilisiert. faschismus hingegen wird als gesellschaftliches randproblem verharmlost. faschisten auf die stereotypen missgeleiteter skinhead-jugendlicher oder ewiggestriger naziopa reduziert. und problematisch wären die beiden nur dann, wenn öffentlich sie die allmacht des staates oder seine ideologie und symbole in frage stellen.
auch das verhältnis bürgerliche gesellschaft - faschistischer subbereich (z.b. propagierung der totalitarismustheorie) ist teil bürgerlicher ideologie.

anders als im obenstehenden artikel zu lesen, behauptet unser gute luzi, dass aida integraler bestandteil des städtischen antifakonzepts ist.

na ja mal sehen was geht, als nächstes muss die fanarena am hbf verschwinden egal wie...

Rampenlicht-Antifaschismus

Assiantifa 04.12.2008 - 13:23
Das "Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit," dass von Udu so gelobt wird, ist eher auf die Verhinderung antifaschistischen Protestes spezialiesiert. Das beste Beispiel afür ist die Mobilisierung gegen das Rechtsrockkonzert auf der Theresienwiese vor einigen Jahren: Damals hatte besagtes Bündnis die Anmeldung der Gegenkundgebung auf dem Marienplatz inne und versuchte, durch Unterbinden entsprechender Ansagen und durch Anbieten eines Konkurenzprograms zu den Aktionen, zu verhindern dass Menschen direkt gegen den Aufmarsch und das anschliessende Konzert protestieren. Ohne Erfolg übrigens, engagierte Antifaschist_innen, aber auch viele Bürger_innen zogen damals zur Theresienwiese. Blockaden gab es trotzdem keine. Wenn es so miese Touren seither nicht mehr gab, hat das vor allem zwei Gründe - entweder, ein Nazi-Aufmarsch war diesem Bündnis egal, Beispiele dafür sind die Aufmärsche in München am 4.1 und 31.6, oder das entsprechende Antifaschistische Bündnis sicherte sich früh genug alle relevanten Anmeldungen und verhinderte so eine Widerholung der oben erwähnten Verarschung.