Erst die Wölfe, jetzt die MigrantInnen

Autonomes AutorInnenkollektiv Ostsachsen 03.12.2008 01:48 Themen: Antifa Antirassismus Ökologie
Nachdem Einzug der Liste „Henry Nitzsche – Arbeit, Familie, Vaterland“ in den Kreistag Bautzen bei den Kommunalwahlen im Juni 2008, macht deren Fraktionsvorsitzende und Oberhaupt Henry Nitzsche wieder durch rassistische, ausländerfeindliche und xenopobistische Parolen von sich reden.
Die vier Abgeordneten im Bautzener Kreistag fallen eher durch dumpfen Populismus und haarsträubende Aktionen auf, als einen konstruktiven Beitrag zum parlamentarischen Geschehen beizutragen. Im Vorstand des „Bündnis AFV“ befindet sich u.a. ein gewisser Herr Sebastian Zelder, der Betreiber der Fischgastronomie und des Fischfangbetriebs „Dr. Zelder“ in Neudorf-Klösterlich bei Hoyerswerda, der somit auch die Aussagen seiner Fraktion mitträgt. Auch sein Vater, Hubertus Zelder, liess sich zur Kommunalwahl 2008 für das „Bündnis AFV“ im Wahlkreis 12 aufstellen. Vielleicht macht mensch ja in Zukunft einen großen Bogen um die Marktstände der Kette „Dr. Zelder“ in den umliegenden Ortschaften, falls noch überhaupt eine/r die Wochenmärkte besucht.

„Der Mensch ist des Menschen Wolf“ – oder vielleicht doch irgendwie anders?

Dass die unter Artenschutz stehenden Wölfe in der Lausitz wieder heimisch geworden sind, kommt einer Sensation gleich, nachdem der letzte Wolf 1904 in der Lausitz getötet wurde. Die scheuen Lebewesen stellen für Nitzsche und sein Bündnis eine immense Gefahr dar. Sicherlich noch mehr nachdem in Wittichenau ein verletzter und halb-blinder junger Wolf gefangen und anstatt ihn in Pflege zu geben, anschließend getötet wurde. Nur wenige nahmen in angemessener Weise von ihm Abschied.


Für Nitzsche's „Wählervereinigung“ stellt sich die Situation ganz klar dar: „Wo Menschen leben, haben Wölfe nichts verloren“ 1. Nitzsche bedient dabei die klassischen Stereotypen des Kinder mordenden und aggressiven Wolfes, um somit eine ungeahnte Hysterie zu schüren, die aus einer Beobachterperspektive geradezu abenteuerlich erscheint. Da wird schnell mal der, jeden Abend um Punkt 21.00 Uhr im Dorf seine Runde ziehende Nachbarshund, zu einer „nach Opfern ausspähenden Bestie“ deklariert. Es soll auch häufiger vorkommen, dass Vertreter der Springer-Presse bei Vorkommnissen gerissener Schafe sehr schnell vor Ort sind. O-Ton: „Das interessiert unsere Leser.“ Da verwundert der Ruf nach „radikaleren“ Maßnahmen gegen den Wolf nicht.

Nitzsche's Fraktion pocht daher auf eine Abschusserlaubnis für Jäger, so bald ein nach Wolf ausschauendes Lebewesen „in menschliches Siedlungsgebiet eindringen sollte“. 2 Eine Definition „menschlichen Siedlungsgebietes“ bleiben die Herren und Damen des „Bündnis AFV“ dem geneigten Leser aber schuldig. Höchstwahrscheinlich sind Parallelen zum von ihnen proklamierten „Abstammungsprinzip“, in historischer Ausprägung einer Blut&Boden-Ideologie, zu ziehen. Ihr Ziel ist ganz klar die Ausrottung des sich von selbst angesiedelten Wolfes. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben bis jetzt noch keine Parteinahme für den Wolf ergriffen, der unser aller Solidarität gegen eine ihm feindlich gegenüberstehende Bevölkerung braucht.

Vom zweiten zum ersten Feindbild

Angefangen mit seiner Pressemitteilung „Asylkosten unter die Lupe genommen“ 3 vom September, in der er die vorläufigen Ausgaben des Landkreis Bautzen für AsylbewerberInnen für unnötig hält und beklagt, dass solche Mittel „vom Kreis nicht für nützlichere Dinge ausgegeben werden können“ 4, wird in guter alter Manier gegen MigrantInnen gehetzt. Die Arroganz gegenüber Repressionen und Verfolgung, welche Menschen in allen Ländern der Welt ausgesetzt sind ist erschreckend und zeigt deren Verständnis einer homogen, „deutschen“ Volksgemeinschaft. Unterstrichen werden diese Aussagen durch die Ankündigung Nitzsche's, für das Amt des „Ausländerbeauftragten“ im Landkreis Bautzen zu kandidieren.

In einer gestern dazu veröffentlichen Pressemitteilung 5, kommt die perfide Ideologie Nitzsche's zum Vorschein: Er möchte „den hier ansässigen Ausländern bei der Organisation ihrer Heimreise behilflich sein, anstatt sie beim Aufbau einer dauerhaften Existenz in Deutschland zu unterstützen.“ Weiter heisst es, dass MigrantInnen „nicht auf Dauer bei uns leben wollen“ und natürlich „kein Mensch auf Dauer in der Fremde glücklich sein kann“. Diese Aussagen zeitigen vom gleichen geistigen Gehalt, wie NPD-Anträge in verschiedenen sächsischen Kreistagen zur Umbennung des „Ausländerbeauftragten“ in einen „Ausländerrück-führungsbeauftragten“. Das ist Ausländerfeindlichkeit und Rassismus par exellence.

Neu sind diese Äußerungen des Ex-CDUlers natürlich nicht, der gern mal die „Multikultischwuchteln in Berlin“ traktiert oder den Antisemiten Martin Hohmann zu Wahlkampfveranstaltungen einlädt und gleich als Ehrenmitglied in sein Bündnis aufnimmt.
Widerstand gegen die FaschistInnen des „Bündnis AFV“ und der NPD wird nur zögerlich oder erst gar nicht von den demokratischen Parteien in Ostsachsen artikuliert. Augenscheinlich findet man sich mit dem Umstand ab, dass ein rassistischer und völkischer „Potentat“ der nationalistisch-konservativen Rechten in Ostsachsen relativ frei sein Unwesen treiben kann.

Wir rufen die VertreterInnen der demokratischen Parteien und die Verwaltung im Landratsamt Bautzen auf, die Wahl Nitzsche's zum „Ausländerbeauftragten“ zu verhindern und eigene KandidatInnen aufzustellen, die antirassistische und integrative Ziele in diesem Amt vertreten.

Für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen.
Gegen Xenophobie jeglicher Art.
Love Wolves, Hate Nazis.


Autonomes AutorInnenkollektiv Ostsachsen (AAK Osa)


Links:

Infoflyer anlässlich der Kaffefahrt in Osa:
de.indymedia.org/2008/06/219363.shtml

entdinglichung.wordpress.com/2008/10/07/wer-hat-furcht-vorm-bosen-wolf/


Quellen:

1 _ www.arbeit-familie-vaterland.de/show_news.php?action=shownews&id=129
2 _ „Wolfsgegner beantragt Schießerlaubnis“, Gunnar Saft, Sächsische Zeitung 9.10.2008
3 _ www.arbeit-familie-vaterland.de/show_news.php?action=shownews&id=118
4 _ ebd.
5 _ www.arbeit-familie-vaterland.de/show_news.php?action=shownews&id=148
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Ergänzungen

Studie zum Thema Wölfe

Entdinglichung 03.12.2008 - 12:57
eine Studie des Norwegian Institute for Nature Research von 2002 (pdf-Datei, englisch) schätzt die Gefahr der Angriffe von Wölfen auf Menschen trotz steigender Bestände als "... very, very low throughout Europe and North America ..." ein, die meisten der sehr wenigen Angriffe sind auf Tollwut zurückzuführen (die Chance, von einem tollwütigen Hund gebissen zu werden ist in Europa um ein vielfaches höher) ... aber Nitzsche & Co. haben eben vor allem Angst, was ihnen fremd, unverständlich erscheint und wollen ihre kleine Spiesserwelt durch die Ausscheidung des Heterogenen befestigen

Review #1

aak.osa 05.12.2008 - 16:10
überarbeitete Fassung im review #1 des AAK Osa

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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thx

anarchist 03.12.2008 - 10:19
guter artikel. danke.

"firma" zelders

--- 03.12.2008 - 12:27
wäre auch nicht das erste mal, dass die firma zelders aus sicht von naturschützerInnen negativ auffällt. stichwort fischotter... .
ansonsten vielen dank für die infos, mir war nicht bekannt dass die herren zelder in diesem unheimlich(en) "dummen" „Bündnis AFV“ aktiv sind. da gibt es sicher noch einige interessierte in der umgebung.