Nazitreffpunkt Hof Nahtz in Eschede

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 02.12.2008 12:36 Themen: Antifa
Seit Jahrzehnten besteht mit dem Hof von Joachim N. in Eschede (Niedersachsen, bei Celle) ein Treffpunkt für Neonazis mit überregionaler Bedeutung. An keinem anderen Ort in Norddeutschland fanden so häufig und regelmäßig größere Naziveranstaltungen statt. Dies meist ungestört und geschützt durch die Polizei.
Dabei haben die Sonnenwendfeiern im Juni und Dezember besondere Bedeutung bei einer Zelebrierung nationalsozialistischer Ideologie. Am 20. Dezember 2008 wollen Neonazis in Eschede wieder eine "Wintersonnwendfeier" durchführen.
Der Hof von Joachim N. in Eschede entwickelte sich zu einem der wichtigsten Treffpunkte der norddeutschen Neonaziszene. Zum einen bietet der Schutz des Privatgeländes von N. einen optimalen Rahmen für diese Treffen. Zum anderen zeigt sich aber auch die zunehmende Bedeutung der "Kameradschaft 73 Celle" - die die meisten Veranstaltungen dort organisiert - in der norddeutschen Neonazistruktur.
Die "Kameradschaft 73 Celle" ist eine der größeren neofaschistischen Kameradschaften in Niedersachsen. Sie ist Teil des Verbundes "Nationale Sozialisten Niedersachsen", dem zurzeit wichtigsten Netzwerk gewaltbereiter und offen nationalsozialistisch auftretenden Kameradschaftsgruppen in Niedersachsen. Enge Verbindungen unterhält sie auch zur NPD, deren Aktivitäten die Kameradschaft in der Region übernimmt. So traten die beiden Kameradschaftsanführer Dennis B. und Klaus Hellmund als Direktkandidaten für die NPD zur letzten Landtagswahl an.

Wichtigste Figur der "Kameradschaft 73" ist Dennis B. aus Celle, der nicht nur deren Anführer darstellt, sondern auch zur Führungsriege der niedersächsischen Neonaziszene zählt. B. ist seit Mitte der 1990er Jahre in neonazistischen Kreisen aktiv. Zunächst trat der Nazi-Skinhead im Zusammenhang einer Gruppierung mit dem Namen "Arische Front Celle" in Erscheinung. Ende der 1990er Jahre war B. kurzfristig bei den "Jungen Nationaldemokraten", der Jugendorganisation der NPD, aktiv. Später schloss er sich dann der "Kameradschaft 73 Celle" an und tritt heute regelmäßig als Ordner und Redner bei Naziaufmärschen auf.
Am Rande eines Naziaufmarsches am 1. Mai 2008 in Hamburg beteiligte sich B. an Übergriffen auf Journalisten. Am 1. Mai 2009 wollen Neonazis einen größeren Aufmarsch in Hannover durchführen. Anmelder dieser Veranstaltung ist Dennis B..

Die auf dem Hof von Joachim N. in Eschede stattfindenden sog. Brauchtumsfeste, wie Sonnenwend- oder Erntedankfeiern, dienen der Neonaziszene als Treffpunkt und Koordinierungsmöglichkeit. Die völkisch-germanischen Feste sind ideologiebildend und identitätsstiftend. Sie dienen darüber hinaus auch dem Ausleben einer neofaschistischen Ideologie. Außerdem soll der Nachwuchs in die extrem rechten Strukturen eingebunden werden, wobei schon Kinder auf solche Veranstaltungen mitgenommen werden.

Braunes Treiben bei Nazi N.:

Der 1935 in Pommern geborene Landwirt Joachim N. lebt mit seiner Familie auf einem abgelegenen, heruntergekommen Hof zwischen Eschede und Hermannsburg. Schon als 17jähriger trat er der "Deutschen Reichspartei" bei, wechselte dann zur NPD, später zu den "Republikanern", um 2005 wieder der NPD beizutreten. Das langjährige NPD-Mitglied kandidierte 2005 zur Bundestagswahl und 2008 zur Niedersächsischen Landtagswahl für die NPD. Schon sein Vater war in der NPD aktiv.
N. bietet seit Jahren zahlreichen Neonazi-Gruppierungen Platz auf seinem Anwesen für ihre Veranstaltungen. So fanden dort Wehrsportlager statt, wie z.B. 1992 von der später verbotenen "Nationalen Liste" aus Hamburg. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei N. Waffen, SS-Liedgut und eine Reichskriegsflagge sichergestellt. Weiterhin fand dort im Dezember 2000 eine Wintersonnwendfeier der "Jungen Nationaldemokraten" statt, die von der Polizei aufgelöst wurde. Im Juni 2000 hatte bereits ein "Sommerfest mit Sonnenwende" der niedersächsischen NPD dort stattfinden können.

In den Jahren 2007 und 2008 fanden dort schon sieben größere Naziveranstaltungen statt:

25. bis 28. Mai 2007: Pfingstlager der neonazistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend". Ungefähr 150 TeilnehmerInnen, vor allem Kinder und Jugendliche.

23. Juni 2007: Sommersonnwendfeier mit knapp 200 BesucherInen.

29. Oktober 2007: Rund 76 Neonazis nahmen an einer "Erntedankfeier" teil.

22. Dezember 2007: Wintersonnwendfeier mit rund 160 TeilnehmerInnen.

20. Juni 2008: RechtsRock-Konzert mit 250 BesucherInnen. Es traten mehrere Bands auf.

21. Juni 2008: Sommersonnwendfeier mit ca. 170 BesucherInnen.

27. September 2008: Rund 100 Neonazis begehen eine Erntedankfeier, darunter wieder mehrere Kinder.


Braune Heide - Nazizentren im Landkreis Celle:

In Hetendorf existierte von 1979 bis Februar 1998 im Lqandkreis Celle ein Neonazi-Schulungszentrum. Auf einem größeren Grundstück, welches den Vereinen des Nazi-Rechtsanwaltes Jürgen Rieger aus Hamburg gehörte, trafen sich jahrzehntelang verschiedenste Naziorganisationen. U.a. führte die 1994 verbotene "Wiking Jugend" ihre Lager dort durch. Nach antifaschistischen Protesten und vielen Medienberichten über das Treiben in Hetendorf, wurden zwei Vereine von Jürgen Rieger verboten und das Nazizentrum geschlossen.
Im Oktober 2008 wurde bekannt, dass Jürgen Rieger in Fassberg das kleine Landhotel "Gerhus" gekauft hat, um dort ein Schulungszentrum für seine und andere Naziorganisationen einzurichten. Die Gemeinde Fassberg hatte kurze Zeit später angekündigt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen zu wollen, um so Riegers Pläne zu durchkreuzen und das Landhotel anderweitig zu nutzen. Ende November ist Rieger dann von seinem Kaufvertrag für das marode Hotel zurückgetreten. Er verspricht sich davon, dass Hotel dann bei einer möglichen Zwangsversteigerung zu erwerben.
Nachdem Rieger in den letzten Jahren immer wieder durch dubiose Immobiliengeschäfte Schlagzeilen machte, ist es auch im Fall von Fassberg zweifelhaft, ob es sich um ernsthafte Absichten handelt oder ob Rieger wieder nur den Kaufpreis in die Höhe treiben soll.
Unmittelbar nachdem die Pläne von Jürgen Rieger in Fassberg publik wurden, kam es aus der örtlichen Bevölkerung zu Protesten gegen ein mögliches Nazi-Schulungszentrum. Wie auch immer die Entwicklungen dort weitergehen, sicher ist, dass Rieger und Co. dort nicht mit einem freundlichen Empfang oder Ruhe und Gemütlichkeit rechnen können.

Totschlägertreffen:

Am 10. August 1999 wurde der Escheder Peter Deutschmann von den beiden Escheder Nazi-Skinheads Marco Siedbürger und Johannes Markus K. getötet. Die beiden Nazis wurden zu fünfjährigen Haftstrafen verurteilt. Marco Siedbürger schloss sich nach seiner Haftentlassung der Schaumburger Naziszene an. Er gehört seit Jahren zu den gewalttätigsten Naziaktivisten und war an div. Übergriffen beteiligt. Bis heute zieht es ihn in seine alte Heimat zurück und er ist steter Besucher der Veranstaltungen auf dem Hof N..
Am "Erntedankfest" in diesem Jahr nahm auch Stefan Silar aus Tostedt teil. Stefan Silar prügelte am 18. März 1992 in Buxtehude gemeinsam mit Stephan K. so brutal auf Gustav Schneeclaus ein, so dass dieser am 22. März 1992 aufgrund seiner Verletzung verstarb. Der ehemalige Kapitän Schneeclaus hatte sich abfällig über Adolf Hitler geäußert. Stefan Silar begann gleich nach seiner Haftentlassung erneut in der extrem rechten Szene aktiv zu werden. So wurde er u.a. Leiter der Sektion Nordmark, des mittlerweile verbotenen "Blood & Honour" Netzwerkes in Deutschland. Im sog. "Combat 18"-Prozess von Pinneberg wurde er vor einigen Jahren angeklagt wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung. Dem waren verschiedene neonazistische Aktivitäten und Erpressungen voraus gegangen. Heute betreibt Silar ein Geschäft in Tostedt, in dem er mit Bekleidung und Musik-CDs für Neonazis handelt. Er organisiert regelmäßig RechtsRock-Konzerte und stellte dafür eine eigene Sicherheitsgruppe auf: den sog. "Saalschutz-Nordmark". Außerdem ist er einer der Köpfe der neofaschistischen Kameradschaftsszene in der Nordheide.

Schluss mit den Nazitreffen in Eschede!

Gegen die Nazitreffen auf Hof N. findet am 20. Dezember eine antifaschistische Demo statt. Schon am 21. Juni 2008 demonstrierten rund 300 Menschen gegen die Nazitreffen in Eschede. Die Treffen auf dem Hof N. wurden jahrelang stillschweigend hingenommen. Erst im Jahr 2007 fanden erste kleinere Proteste statt. Mit der antifaschistischen Demonstration im Juni 2008 wurde zum ersten Mal lauter und deutlicher der Protest gegen die Nazis artikuliert. Mit der Demonstration am 20. Dezember soll daran angeknüpft werden und ein Signal für vielfältige und gemeinsame Aktivitäten gegen die Neonazis gesetzt werden.
Die Demo beginnt um 12.30 Uhr am Bahnhof und wird von regionalen Antifa-Gruppen organisiert.
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Ergänzungen

"GEH-DENKEN" Ein klares Stopp zum Rechtsextre

antifa.sozialbetrug 06.12.2008 - 11:26
Unterstützt den Aufruf von Geh Denken – Ein klares Stopp zum Rechtsextremismus!

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Aufruf 'GehDenken' - 14. Februar 2009 gegen Neonazis
Europas größten Neonazi-Aufmarsch stoppen
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