Ungarisch-Slowakische Spannungen

Lisa László 22.11.2008 16:09 Themen: Antifa
Aufgrund der Spannungen im slowakisch-ungarischen Konflikt sind nun erstmals die beiden Premierminister der jeweiligen Länder zusammengekommen, welche versuchten die Wogen zu glätten. Im Laufe der letzten beiden Wochen hatte es nach einem slowakischen Polizeieinsatz bei einem Fußballspiel immer wieder Vorfälle von Rechtsradikalen in beiden Ländern gegeben.
Proteste vor slowakischer Botschaft

Nach einem Fußball-Meisterschaftsspiel zwischen Dunajska Streda und Slovan Bratislava war es Anfang November in der Slowakei zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit nationalistischem Hintergrund gekommen. Mehr als 50 Zuschauer wurden dabei verletzt, darunter sieben Personen schwer ( http://de.indymedia.org/2008/11/231181.shtml). Daraufhin war es vor der slowakischen Botschaft in Budapest zu tagelangen Demonstrationen von Rechtsextremisten gekommen, wobei auch slowakische TV-Journalisten angegriffen und eine slowakische Fahne angezündet wurden.


Die Vorfälle bei einem Fußballspiel bringen das Fass zum überlaufen

Die Vorkommnisse im Stadion wurden von den Rechtsradikalen die darauffolgenden Tage ausgeschlachtet, um neue Provokationen zu veranstalten. Jobbik Partei und Ungarische Garde organisierten eine Woche später Blockaden an verschiedenen Grenzübergängen mit „großungarischen“ Transparenten und kamen teils in Kopien faschistischer Uniformen aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs in der zweisprachigen Südslowakei. Unbekannte Täter übermalten Ortstafeln und beschmierten Privathäuser von in ungarischen Grenzgemeinden angesiedelten Slowaken mit antislowakischen Hetzparolen. Als Höhepunkt marschierte am 8. November eine Nebenformation der berüchtigten Ungarischen Garde namens „Nemzeti Őrsereg“ („Nationalwacht“) mit 41 Mann (davon 28 in Uniformen) im südslowakischen Städtchen Kralovsky Chlmec auf, um mit einer Kranzniederlegung an die „Wiener Schiedssprüche“ zu erinnern, mit denen 1939 unter Hitlers Regie rund ein Drittel der damaligen Slowakei an Ungarn angeschlossen worden war. Die Polizei nahm 28 ungarische Rechtsextremisten fest, laut Innenminister Robert Kalinak wurde wegen Propagierung verbotener extremistischer Vereinigungen Anzeige erstattet.

Vizeparteichefin fährt an die Grenze

Die slowakische Vizeparteichefin Iveta Radičová war während der Grenzblockaden, die derweil weitergingen, persönlich an einen Grenzübergang gefahren, um gemeinsam mit dem früheren SMK-Parteichef Béla Bugár und Lokalpolitikern sowie unabhängigen Bürgern einen Kontrapunkt zur nationalistischen Provokation zu setzen: Wer von der Polizei an den Blockierenden auf der ungarischen Seite (die nur einen der beiden Fahrstreifen besetzt hielten) vorbeigelotst worden war, wurde so auf der slowakischen Seite der Grenze mit der versöhnlichen Aufschrift „Gemeinsam in Ruhe“ auf Transparenten empfangen. Am 16. November protestierten slowakische Rechtsextreme dann wenig später in der Slowakei zum Jahrestag der Samtenen Revolution. Ca. 300 Ultrarechte marschierten durch das Zentrum von Pressburg und forderten „Freiheit für Nationalisten“. Sie protestierten gegen Polizeistaat und forderten die Annullierung der Entscheidung über die Auflösung des Vereins „Slowakische Gemeinschaft“, welche die letzte Woche verboten worden war. In der Vergangenheit hatte sich diese ebenso mit Uniformen bei Aufmärschen in der Slowakei in Szene gesetzt. Das Innenministerium hatte den Verein mit der Begründung aufgelöst, dass dieser Hass gegen Personen anderer Religionen, Nationalitäten und Rassen verbreite.

Treffen der Premiers

Einen Tag vorher am Samstag den 15. November trafen sich zwei Linkspolitiker, der slowakische und der ungarische Regierungschef, in der südslowakischen Grenzstadt Komárno (auf ungarisch Revkomarom) mit dem Versuch die Wogen der letzten Wochen zu klären. Beide legten eine Erklärung gegen Extremismus fest und gaben Informationen zum Vorgehen gegen Rechtsradikale in ihren Ländern bekannt. Gyurcsány kündigte Maßnahmen gegen radikale und ultranationalistische Gruppen in Form von erweiterten Eingriffskompetenzen der Polizei an. In der vergangenen Woche hatte der Premier von Ungarn dramatische Worte an das ungarische Parlament gerichtet: „Wenn wir nicht aufpassen, werden uns die Nationalisten in den Ruin treiben.“ Gyurcsány sagte, die ungarischen Nationalisten provozierten die Slowakei, die slowakischen Nationalisten wiederum Ungarn. Gyurcsány versprach, alles in seiner Macht stehende gegen die ungarischen Rechtsextremisten zu tun, schränkte aber ein, die ungarische Rechtslage setze ihm dabei Grenzen. Es seien jedoch gerichtliche Schritte gegen die Ungarische Garde am laufen.

Siehe auch dazu:

Slowakei: Spannungen mit Ungarn
 http://www.kas.de/proj/home/pub/15/1/-/dokument_id-15120/index.html
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Ergänzungen

Großdemonstration vor Parlament

http://www.wienerzeitung.at 26.11.2008 - 21:27
Opposition spricht von Gefährdung des sozialen Friedens

Budapest. Das Jahr 2009 werde ganz im Zeichen von Reformen stehen, ließ der ungarische Premier Ferenc Gyurcsány gestern, Mittwoch, über die Nachrichtenagentur MTI verlauten. Dass die Neuerungen wohl zuerst auf Kosten der sozial Schwächeren gehen, hatte der revidierte Budgetentwurf für das kommende Jahr schon vermuten lassen. Am Dienstag beschloss das Parlament einen erheblichen Einschnitt für Pensionisten: Als 13. Monatsrente dürfen sie ab 1. Januar zusammen umgerechnet gerade einmal 306,88 Euro beziehen.

Tibor Navracsics, Fraktionsvorsitzender des oppositionellen Fidesz, warf der Regierung Vertrauensbruch und Gefährdung des sozialen Friedens vor. Für Samstag rief die Vereinigte Streikkommission für Bürgerdienste zu einer Großkundgebung vor dem Parlament auf.

Vor allem Wirtschaftsminister Gordon Bajnai hatte in der vergangenen Tagen immer wieder betont, dass Ausgabenkürzungen für die Regierung gerade auch vor dem Hintergrund des internationalen Milliardenkredits von umgerechnet 25 Mrd. Euro absoluten Vorrang hätten. Damit haben sich etwa auch die Hoffnungen auf eine baldige nachhaltige Steuerreform, wie sie von der Wirtschaft dringend geforderte wird, zerstoben. Beobachter befürchten, dass am Wochenende einmal mehr Gruppierungen wie der rechtsradikale Jobbik und sein paramilitärischer Ableger Ungarische Garde auf den Plan treten, die sich zurzeit nicht zuletzt wegen der slowakisch-ungarischen Spannungen extrem Laut Gehör verschaffen. Die ungünstigen Wirtschaftsperspektiven für Ungarn gelten als idealer Nährboden dafür, dass Jobbik und Ungarische Garde vermehrt Anhänger um sich scharen und damit auch Gewaltäußerungen in der Öffentlichkeit zunehmen könnten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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"slowenisch"??? — Slawus

Nein tut es nicht — Helga

Slowaken oder Slowenen ? — I.M. Portant

Slovenisch? — vastehnix

a — ha