Vereinte Linke in Spanien führungslos

Ralf Streck 18.11.2008 12:50
Die schlimmsten Befürchtungen sind auf dem Kongress der zerstrittenen Vereinten Linken (IU) in Spanien eingetreten. Statt sich auf einen Einigungskurs zu begeben ( http://de.indymedia.org/2008/11/232831.shtml) ist sie nun sogar führunglos. Die verschiedenen Fraktionen konnten sich nicht auf einen Kandidaten verständigen und die Spaltung der Koalition rückt immer näher ( http://de.indymedia.org/2008/10/230707.shtml).
Die zerstrittene Vereinte Linke (IU) in Spanien hat sich auf Parteitag am Wochenende in Madrid von der notwendigen Einigkeit noch weiter entfernt. Sie ist erstmals seit ihrer Gründung vor 22 Jahren ohne Vorsitzenden, weil es den 790 Delegierten nicht gelungen ist, einen neuen Chef für die Koalition zu wählen. Um sich der Kritik an seiner Politik und den Wahldebakeln zu entziehen, war der "Generalkoordinator" Gaspar Llamazares vor dem Kongress zurückgetreten. Mit gerade noch 3,8 Prozent bei den Parlamentswahlen im März wurde sein Ende besiegelt ( http://de.indymedia.org/2008/03/210152.shtml).

Doch der Kongress zeigte, dass die Koalition weiter in Machtkämpfe verstrickt ist und sich nicht der Neubestimmung widmen kann. Nur scheinbar war man sich einig darüber, dass ein wesentlicher Grund, warum sich die Wähler in Scharen von der IU abwenden, in endlosen internen Streits zu suchen ist. Statt sich einer konkreten Politik in einem Land zu widmen, das von der Wirtschaftskrise wie kein anderes in Europa betroffen ist und schon die höchste Arbeitslosigkeit registriert ( http://de.indymedia.org/2008/10/229659.shtml), ist die IU weiter mit sich selbst beschäftigt. Sie kann sich deshalb auch nicht effektiv an den Mobilisierungen beteiligen und ihnen eine Stimme im Parlament geben, die sich derzeit überall im Land zeigen ( http://de.indymedia.org/2008/11/232354.shtml)

In "vier bis sechs Wochen" soll erneut ein Anlauf für die Wahl des Generalkoordinators beim Föderalen Parteirat (CPF) gemacht werden, dem höchsten Gremium zwischen Parteikongressen. Bis dahin wird die IU kommissarisch von dem Kommunisten Cayo Lara geführt, der eine Führungskommission aus 14 Personen leitet, die aus den fünf Parteiflügeln kommen. Lara war der PCE-Kandidat, der nach acht Jahren die Kontrolle über die Koalition zurückzuerobern sollte, die sei einst gründete. Der IU-Chef der zentralspanischen Region Kastillien-La Mancha konnte mit gut 43 Prozent die meisten Delegierten hinter sich bringen. Allerdings waren 45 – 47 Prozent erwartet worden.

Die Kandidatin der Llamazares-Fraktion, Inés Sabanés, kam nur auf knapp 28 Prozent und der Kandidat der Dritten Strömung, Joan Josep Nuet, kam auf knapp 19 Prozent. Die Fraktion, die noch 2004 Llamzares stützte, ist damit von 49,5 auf 46,6 Prozent geschrumpft und das spiegelt sich auch bei den Delegierten wider, die in den CPF entsandt werden. Überraschend gut schnitt Haizea Miguela ab, die fast sechs Prozent hinter sich brachte. Die Baskin war erst auf dem Kongress für einen fünften Flügel angetreten. Sie distanzierte sich von der Linie von "EzkerBatua", der baskischen IU-Sektion, die zum Llamazares-Flügel gehört. Der Gewerkschafter und linker PCE-Kritiker, Juan Manuel Sánchez Gordillo, konnte mit 4,7 Prozent einen Achtungserfolg erzielen ( http://de.indymedia.org/2004/03/77891.shtml).

Von diesen kleinen Gruppen hängt nun alles ab. Die Gasparistas und der Dritte Weg, die sich auf den gemeinsamen Kandidaten mit dem deutsch klingenden Namen Eberhard Grosske aus Mallorca geeinigt haben, haben auch im Föderalrat keine Mehrheit für ihren Kandidaten. Dazu kommt, dass nicht alle vom Dritten Weg den Pakt mit dem Llamazares Flügel mittragen. Wie die PCE und die übrigen Kritiker, wollen sie den Schmusekurs mit den regierenden Sozialisten (PSOE) beenden ( http://de.indymedia.org/2004/03/77209.shtml), mit dem Llamazares nach Ansicht der Kritiker die IU an den Abgrund geführt hat. Angesichts der Wirtschaftskrise fordern sie eine Abgrenzung durch eine klare Oppositionspolitik. Doch die PCE fehlt auch dann noch eine Mehrheit, wenn sie sich mit ihren linken Kritikern einigt. Sie müsste zudem die Fraktion von Haizea Miguela einbinden, um Lara zum Generalkoordinator küren zu können. Und bringt sie einen Kandidaten durch, dann droht die Spaltung, wie Llamazares schon eine Parteigründung angedroht hat.

© Ralf Streck, den 17.11.2008
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Ergänzungen

Es wäre sicher auch

Ralf 21.11.2008 - 08:40
für die radikale Linke in Deutschland gut, sich mit gesellschaftlichen Prozessen, noch dazu wenn sie in der Linken stattfinden, stärker auseinander zu setzen. Denn nur wenn man eine vernünftige Analyse hat, kann man auch politisch wirksam agieren und erreichen kann man auch nur was, wenn man eine gesellschaftliche Kraft wird.

Von daher ist es wichtig, sich die Kräfteverhältnisse auch in einer einst so bedeutsamen Partei wie der PCE und IU anzuschauen. Man muss sich das doch heute unter einer Situation denken, wo die PSOE neoliberaler agiert und derzeit Hunderttausende ihren Job verlieren und demnächst ihre Häuser und praktisch, mit Ausnahme in Katalonien und dem Baskenland keine organisierte Linke mehr in dem besteht, was richtigerweise Spanien nennen sollte. Das heißt, hier verschleißen sich Leute wie in der IU in Kämpfen in der Partei, als aktiv in die gravierenden gesellschaftlichen Kämpfe einzugreifen, die es ja auch immer stärker gibt. Siehe hier:  http://de.indymedia.org/2008/11/233360.shtml

Ich war gestern auf der Veranstaltung mti der Corriente Roja, die quasi bei den Basken, wo fast alle Organisationen verboten sind, um Hilfe bittet. So schlimm sieht es in Madrid aus! Und die Corriente Roja hat die IU längst verlassen und versucht einen eigenen Weg zu gehen. Das sollte allen eine Lehre sein und so möchte ich den Artikel verstanden wissen.
Sicher wäre ein Blick / Analyse von linksradikaler Seite auf die Linkspartei... sehr wichtig. Ich würde mich freuen, wenn man was fundierteres hier lesen könnte, als immer nur die Aktionsberichterstattung.

In diesem Sinne sind auch die Hinweise und Berichte zur Finanzkrise zu verstehen. Viele haben offenbar noch immer nicht begriffen, was sich da entwickelt und wie wichtig es jetzt wäre, da einzugreifen, wo der Kapitalismus extreme Widersprüche produziert.

"Konkurrenzprojekt" gegründet

Entdinglichung 24.11.2008 - 13:28
"Espacio Alternativo" heisst jetzt "Izquierda Anticapitalista" und will 2009 zu den Europawahlen antreten, siehe  http://internationalviewpoint.org/spip.php?article1558 &  http://www.espacioalternativo.org/node/3231

PSOE-PSM umwirbt IU-Mitglieder

Entdinglichung 01.12.2008 - 17:10
Madrids PSOE-Chef Tomás Gómez verkündete, dass bei seiner Partei die Türen für IU-AktivistInnen offen stünden und mensch ja eigentlich das gleiche wolle:  http://www.kaosenlared.net/noticia/lider-socialdemocratas-madrilenos-invita-dirigentes-afiliados-iu-incor

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