Hessen: Ein Donnerstag im Januar

Langzeitstudentin 17.11.2008 14:20 Themen: Antifa Bildung
Nachdem die "fantastischen Vier"(FAZ) SPD-Abgeordneten kurz vor der Abwahl von Roland Koch plötzlich, und in Übereinstimmung mit der bekanntlich extrem ethischen FRAPORT AG, ihr Gewissen entdeckt haben, wird es in Hessen in Januar Neuwahlen geben. Alles sieht nach einem Deja vu aus. Grund genug nochmal einen Blick zurück auf den letzten Wahlkampf und die Aktivitäten der Studierenden und außerparlamentarischen Linken zu werfen. Stellt sich doch die Frage ob sich die Action bei dieser Wahl wiederholen lässt: Nötig wäre es ja.
Donnerstag 24.01.08. Am Campus Bockenheim in Frankfurt versammelt sich eine bunte Mischung aus Antifas, Studies und auch eine Gewerkschaftsfahne ist zu sehen. Em Ende sind es über 400 Leute. Wie es sich gehört, ist nichts angemeldet, hat die Erfahung der Studentenproteste doch gezeigt, dass mensch damit besser fährt: Sollen die Bullen doch sehen wie sie hinterher kommen, müssen sie später halt von hinten filmen.

Aufgerufen zum Auflauf haben Studierendenintitiativen und Antifagruppen. Das Ziel ist die Wahlkampf Abschlussveranstaltung der hessischen CDU. Die Antifa will den Wahlkampf als grundsätzlichen Versuch soziale Konflikte, wie z.B. Studiengebührenproteste, wieder auf den kapitalistischen Staat zu beziehen, stören. Andere sind aus Empörung über die Politik der Landesregierung da. Jedenfalls haben sich Merkel, Koch, Bouffier usw. angekündigt. Dem rasistischen Law-and-order Wahlkampf soll die Spitze aufgesetzt werden. Die hessische CDU ist schließlich Vorreiter darin gesellschaftliche Konflikte mit Kriminalisierung und Polizei zu „lösen“.

Damit das aber wenigstens nicht unwidersprochen über die Bühne geht, setzt sich die Menge am Campus Bockenheim nach einer Stunde warten und einem kurzen Redebeitrag der zum Widerstand gegen Sozialabbau, Sicherheitswahn und Rassismus aufruft in Bewegung. Vorne weg ein Transparent „Bummelstudium statt Rassenlehre!“ und eine Antifafahne, geht es unter lauten Parolen wie „BRD Bullenstaat, wir haben dich zum kotzen satt“ oder auch klassissch „Nazis morden, der Staat schiebt ab – das ist das gleiche Rassistenpack!“ über die Bockenheimer Landstraße.

Die Bullen halten sich zurück und fahren nur vorne weg, bzw hinter her. Die Stimmung ist gut. Vor dem Operplatz dann aber eine Polizeisperre. Behelmte Bullen und deren Autos stehen in zweier Reihen über die Straße, überall Kameras. Über Lautsprecher die Ansage, „wer sich kontrolieren läßt, darf durch zum Opernplatz“. Nach kurzem Zögern, die klare Antwort der Demo: „nix gibt’s". Die vorderen Reihen zählen runter und versuch die Sperre zu durchbrechen. Leider etwas halbherzig, von hinten fehlt aber auch der Druck der eigenen Leute. Die Polizei prügelt die Leute zurück. Na gut, dann halt andersherum. Die Menge dreht um und rennt die Straße hoch und durch den Park, die Bullen etwas verdutzt hinter her. Ein Teil der Leute durchbricht sofort die Oben am Opernplatz etwas dünnere Polizeikette und kommt direkt auf den Operplatz. Der andere Teil läuft außen rum und stößt später dazu. Den Umweg häte man sich sparen können, hätten sich mehr Leute beim ersten Versuch beteiligt. Hier fehlt offensichtlich immer noch die Koordination.

Auf dem Opernplatz angekommen spricht bereits die CDU-Prominenz über eine riesen Anlage. Jetzt aber unter einem gelenden Pfeiffkonzert. Der großzügig abgegitterte VIP-Bereich vor der Bühne wird von behelmten BFE Cops gesichert. An die Bühne kommt man nicht ran, dafür weiß man aber immerhin wo die Fans der Regierung stehen. Immer wieder fliegen dutzende Tomaten und auch ein paar Flaschen in Richtung Bühne. Da hat jemand mitgedacht. Polizei und CDUler reagieren zunehmend gereizt. Mehrfach knüppel die Bullen in die Menge, die sich nun aber deutlicher wehrt. Kaum eine Festnahme gelingt. Koch wird mit einem Regenschirm geschützt und beschimft, bzw. lobt die Demonstranten als "Bummelstudenten". Der Vorsitzende der CDU Frankfurt-Oberrad erklärt am nächsten Tag in einer Pressemitteilung im besten Nazisprech der „linke Abschaum“ habe ihm eine Bierflache an den Kopf geworfen und ihn damit köperverletzt. Tja, manchmal triffts eben auch die richtigen.

Mit dem Versuch des Absingens der deutsche Nationalhymne beendet die CDU ihren verkorkste Veranstaltung. Die Bullen versuchen danach immer wieder Leue raus zu greifen. Also beschließt man gemeinsam zu gehen. Da der Weg in die Innenstadt von einer Polizeikette versperrt ist, führt der Nachhauseweg durchs Bankenviertel. Jetzt kommt nochmal ein Ruck in die Demo, im Laufschritt geht es gefolgt von der Polizei in die Weserstraße. Eine ganze Reihe von Scheiben größerer Firmen gehen mit handlichen Natursteinen zu Bruch, am Jürgen Pontoplatz bauen einige immer noch motivierte aus Bauzäunen eine Barrikade. Auf die jetzt massiv anrückenden Bullen fliegen sogar ein paar steinige Argumente. Einen Moment langsieht es so aus, als ob es noch richtig knallt, aber ein groß Teil der Leute zieht doch plötzlich weiter und verstreut sich.

Fazit: Da wäre wahrscheinlich noch mehr drin gewesen. Aber immerhin: Am nächsten Tag mault die Polizei über 30.000 Euro Sachschaden durch „Linksextreme“. Nationalistische Veranstaltungen und Polizeigewalt können eben teuer werden. Und das unter der Woche über 400 Leute aus dem Rhein-Main-Gebiet an einer Demo teilnehmen, die sich nichts gefallen lässt, zeigt das es inzwischen wieder ein aufbaufähiges Potential gibt. Aber auch hier hat sich, wie dann bei der Demo der Jugendantifa im März und vorher schon bei den Studiengebühren-Protesten geziegt, dass es an Koordination fehlt. Und das BlackBlock Outfit, leider noch lange nicht heißt, dass man auch weiß, was man tut. Das gefährdert im Endeffekt nur alle. Bessere Vorbereitung und weniger persönliche Konsumhaltung sind nötig.

Und wie diese Potential auch jenseits von Aktionen und Events in reale Stärke umgesetzt werden kann steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber das ist auf jeden Fall eine Hausaufgabe für die Neuen und auch die älteren Gruppen und Zusammenhänge in Frankfurt - Besonders mit Blick auf den nächsten Wahlkampf.

Die Nachbereitung des BASH zur Wahlkampgkampagne gibt es übrigens hier: www.regierung-stuerzen.de

Ein weiterer Bericht zum (Anti-)Wahlkampf letztes Jahr gibt es hier:
 http://de.indymedia.org/2008/01/206121.shtml
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Ergänzungen

Der Links ist falsch...

Langzeitstudentin 17.11.2008 - 14:35

Die BASH-Nachbereitung gibt es unter:
 http://regierungstuerzen.blogsport.de

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