Kolumbien: Minga de Resistencia Indìgena

Gritoderesistencia 16.11.2008 06:23 Themen: Weltweit
Die indigenen Gemeinschaften in Kolumbien befinden sich zurzeit in der Minga de Resistencia Social y Comunitaria. Es ist die höchste Alarmstufe der Indìgenas: die Minga ist der Zusammenschluss der indigenen Gemeinschaften in Zeiten akuter Not, die nur gemeinsam zu begreifen und zu überwinden ist.
Tod und Verwüstung für die Indígenas kommt von der Politik der “Demokratischen Sicherheit” und des “Plan Colombia” der rechtsgerichteten Regierung von Àlvaro Uribe. Pauschal abgestempelt als Handlanger des Terrors werden die Indìgenas mitsamt ihrer Kultur und ihrem Lebensraum einer Ideologie rücksichtsloser wirtschaftlicher Erschliessung und Entwicklung unterworfen und von militärischer Gewalt, infrastrukturellen Megaprojekten und internationalen Bergbaumultis überrollt.

Seit dem 12. Oktober, für die indigene Bevölkerung Lateinamerikas der Jahrestag des Beginns von Genozid und Unterdrückung, gewinnt die Minga an Stärke. Ihren Ausgang nahm sie in der Region Tierradentro im Süden des Landes, unter den Nassa, Guambiano und Coconuco. Doch sie breitete sich schnell unter den indigenen Gemeinschaften des Landes aus, und ergriff auch andere Sektoren der Gesellschaft. Kleinbauern, Afrokolumbianer, Bewohner von Slums und von übermächtigen Kartellen ausgebeutete Berufsgruppen schlossen sich den entstehenden Massendemonstrationen an, die als Karawanen auf die südkolumbiansiche Grossstadt Cali zuliefen. Der wochenlange Streik der Zuckerrohrschneider rund um Cali hatte dabei wirtschaftlich und medial den stärksten Einschlag. Am 10. November machten sich tausende Menschen, vorwiegend Indìgenas, von Cali aus auf den Weg nach Bogotà, wo sie auf ein Treffen mit dem Präsidenten setzen. Folgende fünf Punkte sollen dort mit ihm verhandelt werden:
- Verletzungen des Rechts auf Leben und der Menschenrechte
- Territoriale Agressionen und Besetzungen
- Unterzeichnung der UN-Resolution 61/295 über die Rechte indigener Völker
- unterdrückende Gesetzgebung, die den Fortbestand der indigenen Lebensweise gefährdet
- nicht eingehaltene Vereinbarungen mit sozialen Organisationen und Bewegungen
 http://www.onic.org.co/minganoticias.shtml?x=35256

Am 2. November hat sich Präsident Uribe schon einmal im Reservat La Maria zu einem eintägigen Dialog mit der Minga getroffen( http://www.cric-colombia.org/). Das Treffen verdeutlichte nur die Absicht der Regierung, weiterhin die Unterzeichung der UN-Resolution 61/295 über die Rechte der indigenen Völker zu verweigern. Die Regierung selbst nannte ihre drei Hauptprobleme mit den Rechten der Indìgenas:

Zum ersten würde die Resolution militärische Aktivitäten in Gebieten, die traditioneller Lebensraum indigener Minderheiten sind, ohne deren Zustimmung weitgehend verbieten. (Art. 30)
Zweitens verbietet die Resolution Infrastrukturprojekte und staatliche Entwicklungsmassnahmen in solchen Gebieten, sofern sie nicht ausdrücklich von der Gemeinschaft der Bewohner gewünscht sind. (Art. 32.1)
Drittens stellt die Resolution ausdrücklich das Selbstbestimmungsrecht indigener Gemeinschaften in Bezug auf die Nutzung der Bodenschätze unter deren Lebensraum fest. (Art. 32.2)

Mit dem “Plan Colombia” wurde der militärische Sieg über die Guerilla in Kolumbien zum vorrangigen Staatsziel erklärt. Unter diesem Vorwand fand in den letzten Jahren eine massive Militarisierung jener Gebiete statt, die vorwiegend von Indìgenas besiedelt sind. Zusammen mit einer Medienkampagne, die jegliche politischen Äusserungen indigener Organisationen in den Kontext des bewaffneten Guerillakampfes stellt, wurde so der Boden bereitet für eine Politik der harten Hand in den entlegenen, jedoch an Bodenschätzen oft äusserst reichen Reservaten. Mit Gewalt und der Segnung des Anit-Terror-Kampfes wird nun jeder aufkommende Protest über anstehende Grossprojekte in den Indio-Gebieten im Keim erstickt. Eines der infrastrukturellen Megaprojekte ist der “Eje Andino” ( http://www.iirsa.org/ejeandino_ENG.asp?CodIdioma=ENG), eine Autobahn von Venezuela über das kolumbianische Tiefland und die Anden bis zum Hafen von Buenaventura, einem der grössten Frachthäfen Südamerikas. Die Schnellstrasse durchstösst dabei auch die Nassa-Reservate in Tierradentro, und bildet die Basis für die Ausbeutung der Bodenschätze im Lebensraum der Indìgenas. In der Kosmologie der Nassa würde im Falle der Öl- und Kohleförderung das durch den Vulkan Nevado del Huila, häufige Erdrutsche und gelegentliche Schlammlawinen gefährliche Land vollends unberechenbar, dem Menschen feindlich gesinnt und unbewohnbar. Die Förderung von Kupfer und Gold brächte zusätzlich eine Belastung der Gewässer durch Lösungsmittel und die Gefahr verheerender Chemieunfälle.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Größe der Bewegung?

Max Headroom 16.11.2008 - 10:43
Wie groß sind eigentlich die Massendemos? Offensichtlich so groß, daß die Regierung darauf eingehen muss, aber sind das Hunderttausende, die da regelmässig auf den Strassen sind? Kann leider kein spanisch, finde aber die Videos und Fotos bei colombia.indymedia.org schon mal sehr beeindruckend.

Demowatch

Wolfgang Eitel 24.11.2008 - 22:47
Wir - ein paar Softwareentwickler - haben eine neue Non-Profit Website namens Demowatch.de gebaut, auf die wir Euch hiermit hinweisen wollen:

Wir bieten Euch auf dieser Seite, die Möglichkeit Eure Demonstrationen (und ähnliche "Mitmach-Aktionen") auf einer zentralen und unabhängigen Plattform zu veröffentlichen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Benutzer neutral, seriös und auf einem weiten Spektrum über Demonstrationen zu informieren, damit sie dort teilnehmen können.

Das angehängte PDF enthält genauere Informationen.

Falls Ihr die Idee gut findet und unterstützen wollt, weisen wir Euch gerne in das System ein. Schickt uns einfach eine Mail - oder tragt Euch selber ein. Wenn Eure Organisation schon eingetragen ist, dann wahrscheinlich weil wir schon ein paar reale Testdaten eingegeben haben. Wir würden Euch diese Testeinträge aber übergeben, damit Ihr Eure Beträge selbst ändern und erzeugen könnt.

Die Idee zu dem Projekt ist erst 2 Wochen alt und die Website daher natürlich noch frisch. Wir würden uns über Lob & Kritik freuen. Wenn Ihr Ideen habt, was man verbessern kann - immer her damit! Denn es geht ja um Eure Aktionen, die möglichst viele Menschen erreichen soll.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

ETA und kolumbianische Rebellen kooperieren — http://www.pr-inside.com