Speyer - Ausstellung und Gedenkdemo

Antifa Speyer 11.11.2008 11:15 Themen: Antifa
Antifa Speyer zeigte von 06.11. bis 09.11. die Plakatausstellung "Ich habe den Krieg verhindern wollen - Georg Elser und das Attentat auf Hitler vom 08.11.1939" der Berliner "Gedenkstätte deutscher Widerstand"
Am Abend des 09.11. beteiligte sich die Antifa an der Demonstration zum Gedenken anlässlich des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht. Im Anschluss fand die Grundsteinlegung der neuen Speyerer Synagoge an der ehem. Kirche St. Guido statt.
Obwohl die meistgelesene Zeitung in Speyer - die "Speyerer Rheinpfalz" - die Pressemitteilung der Antifa Speyer, die über die geplante Ausstellung informieren sollte, schlichtweg unterschlug, weil man diese Meldung in der Redaktion als "unwichtig" einstufte, fanden sich am Abend des 06.11. etwa 25 BesucherInnen zur Eröffnung der Plakatausstellung ein.
Nach dem Redebeitrag der Antifa sprachen ein Vertreter des örtlichen "Bündnis für Demokratie und Zivilcourage" sowie ein Vertreter des DGB einige Grußworte.
Der Vertreter des Bündnisses forderte die ZuhörerInnen unter anderem auf, ihre vorhandenen "Vorurteile gegenüber der Antifa" abzubauen.
Nach den Redebeiträgen konnten sich die Anwesenden am Infotisch der Antifa zu verschiedenen Themen informieren.

Der Redebeitrag der Antifa Speyer:

"Im Jahre 1938 beschloss der Schreiner Georg Elser den faschistischen Diktator Adolf Hitler zu
töten, um den drohenden Krieg zu verhindern.
Ein Jahr später, am 08. November 1939, explodierte im Münchener Bürgerbräukeller, wo Hitler
seine jährliche Rede anlässlich des Jahrestages seines Putschversuches hielt, ein Sprengkörper.
Hitler hatte Minuten zuvor den Veranstaltungsort verlassen.
Noch am selben Tag wurde Elser auf der Flucht verhaftet und nach tagelangen Verhören und
jahrelanger Gefangenschaft im Jahre 1945, kurz vor der endgültigen Niederlage Deutschlands, im
KZ Dachau hingerichtet.
Noch lange nach Kriegsende wurde die Alleintäterschaft Elsers hochoffiziell geleugnet. Für die
Einen war klar, dass Elser vom britischen Geheimdienst beauftragt wurde, Andere sahen in ihm gar
ein Werkzeug der NS- Führung.
Die Mutter Georg Elsers litt bis zu ihrem Tod im Jahr 1960 unter diesen Verleumdungen. Eine
angemessene Würdigung ihres Sohnes und seiner Tat durfte sie nicht mehr erleben.
Heute ist unzweifelhaft, dass Elser alleine gehandelt hat. Aus Gewissensgründen, um den Weg zu
einem europäischen Frieden zu ebnen.
Nicht wie die Militärs um Stauffenberg, die feststellten, dass unter Hitler der Krieg nicht mehr zu
gewinnen war und die so ihre Großreichs-Fantasien gefährdet sahen. Die wollten nicht den Krieg
verhindern, wie Elser.
Sie wollten durch die Beseitigung ihres Oberbefehlshabers die drohende Niederlage abwenden.
Aber warum wird Stauffenberg heute derart verehrt, während Georg Elser –wenn überhaupthöchstens
am Rande erwähnt wird?
Georg Elser war ein normaler Bürger, wie Millionen andere Deutsche auch.
Wo andere den Nazis zujubelten und z.B. ihre jüdischen Nachbarn an die SS denunzierten, sah Elser
die dringende Notwendigkeit der Intervention – und handelte.
Dieses Beispiel macht die so oft geäußerte Lüge, -man hätte von nichts gewusst- so unglaubwürdig
und zeigt schonungslos die Mitschuld der Untätigen an dem, was damals in Europa geschehen ist.
Die Mitschuld an Millionenfachem Mord.
Diese Bedingungslose Obrigkeitshörigkeit, die Bereitschaft, sich dem gerade herrschendem System
geradezu besinnungslos zu unterwerfen, das ist bis heute ein deutsches Phänomen.
Auch heute steht kaum jemand auf, wenn vor den Aussengrenzen Europas Flüchtlinge ertrinken.
Wer solidarisiert sich praktisch mit jenen, die in deutschen Lagern hinter Stacheldraht ihrer
Abschiebung -oft in die Hände von Folterern und Mördern- entgegensehen?
Wenn Neo-Nazis durch die Straßen marschieren, werden oft weitab regelrechte Feste veranstaltet,
um das Ansehen der eigenen Stadt sauber zu halten.
Aktive AntifaschistInnen, die sich dem braunen Mob in den Weg stellen, werden von der Polizei
beiseite geknüppelt um den Nazis ihren Aufmarsch zu ermöglichen.
Und immer wieder kommt der Hinweis, man müsse sich in seinem Protest an Recht und Gesetz
halten. So mancher bezeichnet sogar schon Sitzblockaden als Gewalt, ja sogar als
Landfriedensbruch.
Auch wenn das auf Sitzblockaden selbstverständlich nicht zutrifft, sehen wir nichts falsches daran,
den vermeintlichen Frieden eines Landes zu stören, das seinen Nazis hinter dem Deckmantel
bestehender Gesetze die Verbreitung ihrer Menschenverachtenden Ideologie mit allen Mitteln
staatlicher Gewalt ermöglicht und die Gegner dieser Nazis als Chaoten diffamiert.
„Protest ist, wenn ich sage ´dieses oder jenes passt mir nicht´- Widerstand ist, wenn ich dafür sorge,
dass das, was mir nicht passt nicht länger geschieht“
dieses Zitat stammt von Ulrike Meinhof, im Mai 1968 noch Redakteurin der Zeitschrift Konkret.
Um auf das eigentliche Thema dieser Ausstellung zurückzukommen:
Georg Elser hat erkannt, dass Protest nicht mehr genügt. Er leistete Widerstand.
Erkannte, dass Gehorsam und Gesetzestreue diesem System den Massenmord ermöglichte.
Als ich darüber nachdachte, was ich zur Eröffnung dieser Ausstellung sagen könnte, musste ich an
das Lied „Die Weiße Rose“ von Konstantin Wecker denken. Darin heißt es:
„Die Aufrecht gehen sind in jedem System nur historisch hoch angesehn.“

Insgesamt besuchten in den folgenden drei Tagen etwa 100 Menschen die Ausstellung.
Die Resonanz bei den BesucherInnen war ausnahmslos positiv.

Am Abend des 09.11. fand in der Speyerer Gedächtniskirche ein Gedenkkonzert mit Werken bedeutender jüdischer KünstlerInnen statt.
Im Anschluss daran zogen etwa 500 Menschen mit einer Gedenkdemonstration zum Gedenkstein an der ehemaligen Synagoge in der Hellergasse.
Vor den Bildern der alten Synagoge, die an die Wand des "Kaufhof" projeziert wurde, hielten ein Vertreter des DGB und ein Mitglied der jüdischen Gemeinde Speyer kurze Ansprachen.
Danach ging es gemeinsam zur Grundsteinlegung der neuen Speyerer Synagoge am St. Guido-Stifts-Platz.
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