»Cityrave« als Reaktion auf die Nachttanzdemo

Nachttänzer_innen 09.11.2008 17:58 Themen: Freiräume Kultur Repression
»Cityrave« quer durch die Frankfurter Innenstadt und den Untergrund ++ Reaktion auf die Polizeigewalt während der Frankfurter Nachttanzdemo ++ Reclaim the City ++ Polizei plan- und hilflos
Gestern Abend gegen 21 Uhr versammelten sich ca. 100 Personen am Uhrtürmchen auf der Bergerstraße im Frankfurter Stadtteil Bornheim. Aus den mitgebrachten mobilen Soundsystemen schallte elektronische Musik und die Gruppe setzte sich ausgelassen feiernd über die Bergerstraße in Richtung Innenstadt in Bewegung. Bis zur U-Bahn-Station Merianplatz war die Gruppe auf etwa 150 Personen angewachsen und bewegte sich hier zum ersten Mal in den Untergrund. Ein Waggon der U-Bahn-Linie 4 wurde kurzzeitig zum Dancefloor erklärt und der »Cityrave« bewegte sich zum Römerberg. Hier gelang es einer Gruppe von ca. 15 Personen in an den Pförtnern vorbei in den Römer, in dem sonst die Frankfurter Stadtverordneten tagen, einzudringen. Allerdings zogen es die anderen Teilnehmer_innen vor weiter Richtung Main zu ziehen. Also ging es nach einigen Verschönerungen im und am Römer gegen 22 Uhr über den Eisernen Steg nach Sachsenhausen. Erst dort wurde die Polizei auf den »Cityrave« aufmerksam und es tauchten die ersten Streifenwagen auf. Die mittlerweise knapp 200 Feiernden ließen sich dadurch jedoch nicht beirren und zogen durch die Gutzkowstraße, in der die Polizei die Nachttanzdemo in der Nacht zum 3. Oktober brutal zusammengeknüppelt hatte, weiter Richtung Schweizer Platz. Hier verschwand die Demonstration zur Verwunderung der Cops plötzlich wieder im Untergrund um auf der anderen Mainseite wieder am Willy-Brandt-Platz aufzutauchen, von dem es durch die Münchner Straße zum Hauptbahnhof ging. Da dieser leider schon von der Polizei dicht gemacht worden war zog die Demo über die Kaiserstraße zurück in die City. An der Hauptwache bewegten sich die Leute um kurz nach elf abermals in die U-Bahn und mit dieser zur Haltestelle Eschenheimer Tor. Hier war in der B-Ebene bereits eine Anlage aufgebaut und die Station wurde für diese Nacht zum Club und der »Cityrave« feierte dort noch ausgelassen bis 4 Uhr früh. Die anwesend Zivi-Cops wurde des Platzes verwiesen und und verzogen sich freiwillig an die frische Luft. Die Uniformierten die mit einigen Streifenwagen und Six-Packs am Eschenheimer Turm standen kamen garnicht erst in die B-Ebene und so konnte die gesamte Aktion weitestgehend ohne Intervention von Seiten der Polizei stattfinden.

Während der gesamten Aktion wurden in der City Plakate mit der Aufschrift »Fuck the Police« und mit dem Konterfei des Ordnungsdezernenten Volker Stein, der für die unzumutbaren Auflagen für die diesjährigen Nachttanzdemo zuständig war, geklebt. Die Reaktionen von Passant_innen waren durchweg positiv und einige vor allem jüngere Leute schlossen sich spontan dem »Cityrave« an.

Fazit:
Die gesamte Aktion ist als voller Erfolg zu werten und als eindeutige Reaktion auf die Nachttanzdemo zu sehen, die von Stadt und Polizei mit massiver Gewalt aufgelöst worden war. Die Frankfurter Innenstadt wurde mit einer unüberhör- und unübersehbaren Aktion wenigsten für eine Nacht zurückerobert und sichtbare Spuren im Stadtbild hinterlassen. Die Teilnehmer_innen zeigten deutlich, dass sie sich von der repressiven Politik, die in Frankfurt nicht erst seit der Nachttanzdemo an der Tagesordnung ist, nicht einschüchtern lassen. Die Organisator_innen des »Cityraves« zogen aus der Nachttanzdemo die richtige Konsequenz und schlossen sich dem Resümee des Nachttanzdemo-Bündnisses an, Demonstrationen einfach nicht mehr anzumelden. Die Polizei stand dieser für sie spontan wirkenden Aktion nahezu handlungsunfähig gegenüber. Die Stadt und ihren Verantwortlichen mussten merken, dass man nicht einfach friedlich Feiernde brutal verprügeln kann, ohne dafür eine Quittung zu bekommen. So reiht sich diese Aktion ein in den Angriff auf den Ball der Polizei am 4. Oktober und andere Aktionen als Folge der Nachttanzdemo. So kann man gespannt sein, was in Frankfurt als passiert und es bleibt nur noch, zum Nachmachen aufzufordern.
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Ergänzungen

Das schreiben die Bullen...

Bullenpresse 09.11.2008 - 18:33
POL-F: 081109 - 1277 Innenstadt: Spontandemo in der Innenstadt

Frankfurt (ots) - In der vergangenen Nacht kam es in der Frankfurter Innenstadt zu einer Spontandemonstration von zeitweilig bis zu 100 Personen mit Bezug zur Nachttanzdemo vor einigen Wochen. Gegen 22.00 Uhr versuchte zunächst eine Gruppe von etwa 60 Personen in den Römer, in dem zu dieser Zeit gerade eine Kulturveranstaltung stattfand, einzudringen. Etwa 10 Personen gelang dies auch, der Rest konnte vom dortigen Sicherheitspersonal zurückgedrängt werden. Beim Verlassen hinterließen die jungen Leute Flugblätter mit Bezug zur Nachttanzdemo und zogen anschließend durch die Innenstadt zur U-Bahnhaltestelle Eschenheimer Tor. Hier sammelten sich die Teilnehmer, feierten ausgelassen und tanzten zur über eine mitgebrachte Anlage abgespielten Musik. Entstandenen Müll fegten sie mit mitgeführten Besen zur Seite.

Gegen 03.30 Uhr ließen sie langsam die Feier ausklingen und begaben sich auf den Weg nach Hause. Zu weiteren Aktionen kam es in der Folge nicht mehr.

Sturm auf den Römer

Frankfurter Rundschau, 10.11.2008 10.11.2008 - 08:50
Spontane Demo der Nachttanz-Anhänger

Mit solchen Gästen hat Samstagnacht im Frankfurter Rathaus wohl niemand gerechnet, schon gar nicht die kommunalen Sicherheitsbediensteten: Kurz nach 22 Uhr kamen plötzlich junge Leute aus dem Dunkel in das warme Foyer des Römers - im Haus selbst war gerade eine Kulturveranstaltung im Gange. Die Eindringlinge hatten aber eher mit Demonstrations- und Tanzkultur was am Hut.

Tatsächlich gehörten die Zehn zu einer Gruppe von 60 Personen, die Einlass in den Römer begehrten. Und diese 60 wiederum waren ein erklecklicher Teil von - nach polizeilichen Schätzungen - "zeitweilig bis zu 100 Personen", die einen "Bezug zur Nachttanzdemo vor einigen Wochen" hatten. Anfang Oktober hatte die Polizei die Nachttanzdemo aufgelöst. Ordnungsdezernent Volker Stein (FDP) hielt den Protestierenden aus diesem Anlass vor, sie hätten den Tag der Deutschen Einheit desavouieren wollen.

Am Samstag zogen die Nachttänzer vom Römer weiter bis hin zum Eschenheimer Tor, wo die Demonstrierenden ausgelassen feierten - bis in die frühen Morgenstunden um 3.30 Uhr. Ihren Müll fegten die Demonstranten selbst mit eigenen Besen weg. rut

Erst den Römer gestürmt, dann Party gemacht

Frankfurter Neue Presse, 10.11.2008 10.11.2008 - 08:54
Sie verwandelten die U-Bahn-Haltestelle Eschersheimer Tor in eine Disco: Die Teilnehmer der Nachttanz-Demo. Sie verwandelten die U-Bahn-Haltestelle Eschersheimer Tor in eine Disco: Die Teilnehmer der Nachttanz-Demo.

Frankfurt. Etwa 60 junge Leute aus der so genannten Nachttanz-Szene haben am Samstag Abend eine Kulturveranstaltung im Römer gestört. Sie versuchten nach der Eröffnung der Tagung «Glaube, Kult und Herrschaft» gegen 22 Uhr den festlichen Empfang zu sprengen. Etwa zehn Personen konnten in den Römer eindringen, der Rest wurde vom Sicherheitspersonal zurückgedrängt. Beim Verlassen des Römers hinterließen die jungen Leute Flugblätter zur Nachttanzdemo und zogen anschließend durch die Innenstadt zur U-Bahnhaltestelle Eschenheimer Tor. Hier sammelten sich die Teilnehmer, feierten ausgelassen und tanzten zur über eine mitgebrachte Anlage abgespielten Musik. Gegen 3.30 Uhr ließen sie die Feier ausklingen und gingen nach Hause. Anfang Oktober hatte rund 1000 Teilnehmer der Nachttanzdemo für eine Nacht der Gewalt in Frankfurt gesorgt.

Video zur Nachttanzdemo

nachttänzer_innen 10.11.2008 - 09:29
Hier das Video, das auch auf der öffentlichen Nachbereitung der Nachttanzdemo am 23.10. zu sehen war:
Nachttanzdemo Ffm `08 - Die Verhältnisse zum tanzen bringen from Reclaim Your World

Hundert Leute tanzen in der City

BILD Frankfurt, 10.11.08 10.11.2008 - 14:24
Frankfurt - Samstagnacht in der City. Plötzlich wird´s crazy! 100 Leute entschließen sich zur Spontandemonstration. Start um 22 Uhr, als 60 Menschen in den Römer drängen. Sicherheitspersonal schiebt die meisten zurück. Einige lassen Flugblätter liegen. Bezug: Die Nachttanz-Aktion vor einigen Wochen. Weiter geht´s an der U-Bahn-Haltestelle Eschenheimer Tor. Partyalarm aus Boxen! Müll fegen die Tänzer mit Besen zur Seite. 3.30 Uhr: Ende.

Flugblatt zur Veranstaltung

City Rave 10.11.2008 - 23:10
"CITY RAVE

Das Projekt City Rave basiert auf dem Gedanken durch kleine Aktionen die Stadt als kreative Spielfläche zu nutzen.

Wir wollen diese Plattform nutzen um all die schönen Kleinigkeiten ausleben zu können, die man sonst nicht darf, alleine zu unmotiviert ist oder größere Veranstaltungen wie die Nachttanzdemo einem nicht das entsprechende Forum bieten.

Der Gedanke des Feierns, der Party steht in diesem Fall nicht im Vordergrund, denn es geht um gezielte kulturelle Aktionen und Veränderungen.

Es geht darum unsere urbane Umwelt während diesen Aktionen positiv zu nutzen. Der Gedanke an Legalität oder Illegalität dieser Aktionen ist unwichtig.
Niemand kann es uns verbieten dass wir uns treffen, gemeinsam unsere Welt gestalten und uns ausleben.

Natürlich muss man die Auswirkung der Aktion sinnvoll abwägen.
Das Beispiel Graffiti macht dies dies wahrscheinlich am deutlichsten.

In vielen Augen als Kunst bezeichnet und akzeptiert, wird Graffiti vom größten Teil der Gesellschaft als Sachbeschädigung und Vandalismus abgestempelt. Man wird nachts unmöglich mit 100 Leuten "schmierend" durch die Straßen ziehen und dann mit positiven Reaktionen rechnen können. Nein, das wäre zwar eine durchaus interessante Aktion, doch ist sie etwas utopisch.

Allerdings gibt es viele andere Möglichkeiten unsere Stadt zu modifizieren und freundlicher zu gestalten. Aktionen die keine Sachbeschädigung darstellen und trotzdem viel Wirkung zeigen. Simples
Beispiel: Straßenbilder mit Kreide.

Das mag für politische Aktivisten erst einmal kindisch oder gar lächerlich klingen aber das ist es nicht. Man unterschätzt die Wirkung auf den Einzelnen und die verschiedenen Möglichkeiten sich auszudrücken. Denn es müssen ja nicht unbedingt Bilder gemalt werden.
Nein es können durchaus auch politische Themen ins Spiel gebracht werden.

Ebenso wichtig ist der leicht zu knüpfende persönliche Kontakt zu Bürgern und Mitmenschen. Dieser bietet oftmals einem weit über die eigentliche Aktion hinaus, Möglichkeiten seinen politischen und gesellschaftlichen Ansichten Raum und Ausdruck zu verleihen.

Eine kleine Rechnung:
1 Mensch kann relativ schnell 5m2 Fläche bemalen. Man stelle sich das Ausmaß von 100 Menschen vor... 250m2 Fläche wären das...

Wichtig bei dem Projekt City Rave ist die Eigeninitiative. Jeder Teilnehmer ist aktiv an der Gestaltung beteiligt und hat die Möglichkeiten seinen Ideen Ausdruck zu verschaffen. Politische Kontexte, ebenso wie kreative Aktionen sind wichtige Bestandteile dieses Projektes. Nur durch eine kreative Teilnahme wird der City Rave leben können.

Ebenso ist eine gewaltfreie Grundeinstellung während dieser Aktion notwendig um auch zukünftig solche Projekte durchführen zu können.
Jegliche Arten von Vandalismus und Gewalt werden zum Abbruch der Aktion führen und auch zukünftig den City Rave als freie Ausdrucksform von Frankfurts Straßen verschwinden lassen."


(Flugblatt, Frankfurt am Main, 08.11.08)

Graffitipics

saul 13.11.2008 - 20:26
Hier die Hinterlassenschaft in der B Ebene Eschenheimer Tor.

Kleines Video zum city race

City Raver 12.12.2008 - 11:46

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

@ich — Zappa

Super! — Berlinerin

Supi!!! — A.E.N.

verkackte hedonisten — .......:::::..........