[TKDV Strausberg] zwischen.bericht.04

die soligruppe. 07.11.2008 15:38 Themen: Militarismus Repression
- Neuer Zwischenbericht von dem Totalverweigerer Jan-Patrick
- Arrest geht bis zum 19.11.
- Kundgebung am 15.11. in Beelitz
Gestern war Besuchszeit in Beelitz und so erreicht uns folgender Zwischenbericht von Jan-Patrick.

…und nicht vergessen: am 15.11. um 13:00 Kundgebung in Beelitz! Freiheit für Jan-Patrick!
Mehr Infos dazu auf der Blogsport Seite.

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zwischen.bericht.04

Als ich am 30.10. wieder „meine“ Kaserne betrat, schleppte ich mich erstmal an meinem Gepäck über das halbe Kasernengelände hinweg fast zu Tode. Kaum hatte ich dieses abgelegt, ging es mal wieder zum Arzt zur Untersuchung auf Arresttauglichkeit. Zu meiner Verwunderung gab es diesmal nicht nochmal einen Befehl, den ich verweigert hätte, um mich vorläufig Festnehmen zu können wie es noch am 06.10 passiert ist. Vielleicht haben die Soldaten endlich verstanden, dass ich nicht einfach verschwinde. Dennoch konnte ich nur unter Begleitung zum Arzt oder rauchen gehen.
An meiner Tauglichkeit hatte sich natürlich nichts verändert und somit konnte es eigentlich losgehen. Allerdings wollte der „richtige Chef“ nochmal mit mir sprechen. Dieser Chef ist Oberstleutnant Sander und Kasernenleiter. Zugleich ist er wohl die unfreundlichste Person, die mir bei der Bundeswehr begegnet ist. Auch er wollte von mir persönlich nochmal hören, weshalb ich das mache, begann aber selbst erstmal zu schwadronieren. Als er dann sagte „Wenn meine Kinder so etwas machen würden, würde ich mir ernsthaft die Frage stellen , ob ich in der Erziehung etwas falsch gemacht hätte.“ wäre mir fast der Kragen geplatzt. Da dies aber keinen Sinn gehabt hätte und ich – anscheinend im Gegensatz zu ihm wie auch ein weiteres Beispiel zeigen wird- nachdenke, bevor ich spreche, hielt ich es für angebracht ihm nur kurz und knapp zu antworten und ihn über meine Gründe im Dunkeln zu lassen. Im Verlauf des Aufgrund dieser Tatsache recht einseitigen Gesprächs erklärte er mir dann offen, dass er „Soldat aus tiefster Überzeugung“ ist. Soll also heißen, dass er sich durch mich in seiner Vaterlandsliebe gekränkt fühlt, deshalb zunächst die erzieherischen Fähigkeiten meiner Eltern anzweifelt und mich aus demselben Grund so lange weg sperren will bis jemand von außen eingreift, also beispielsweise das Truppendienstgericht einen weiteren Antrag auf Arrest nicht statt gibt.
Nun gut, wenigstens lässt sich nun einwandfrei feststellen, dass spätestens dieser dritte Arrest nicht mehr den „erzieherischen Zweck“ verfolgt, den Bundeswehrarreste nur haben dürfen. Stattdessen dient dieser und jeder weitere Arrest als Strafe und ist somit rechtswidrig. Mein Anwalt wird sich in dieser Sache sicherlich ins Zeug legen, damit Oberstleutnant Sander sein offenbar gekränktes Ego nicht auf meine Kosten wieder aufpolieren kann.
Nach dem Gespräch war ich regelrecht froh in den Arrest zu kommen und zu wissen diese Person so schnell nicht wiederzusehen. 21 Tage Beelitz klang für einen Moment sogar fast nach Urlaub.
Gegen Mittag kam ich in der „neuen Heimat“ an und es hieß erstmal lange zeit zu warten bis der Papierkram erledigt war. Dabei saß ich in einem Büro zweier Soldaten, die mir während sie alles fertig machten, einen Kaffee anboten. Zum Schluss durfte ich neben meinem Anwalt auch noch meine Familie und meine Mitbewohner anrufen, leider erreichte ich aber nur meine Familie, die aber anscheinend alles exakt weitergeleitet haben.
Da vor der Fahrt meine Post in Strausberg nicht eingepackt wurde und ein langes Wochenende vor der Tür stand blieb mir vier Tage nur das Lesen, was mir allerdings auch nichts machte. Ich hoffte so am Montag auf ganz viel Post aus einer Woche. Leider folgte dann die Ernüchterung: „Nur“ zwei Briefe kamen an, am Tag darauf war es aber deutlich mehr und den Poststempeln nach zu urteilen teils aus der Vorwoche. Die fünf Postsendungen täglich werden momentan zwar nicht erreicht, ich habe aber auch noch Lesestoff en masse. Dennoch würde ich mich über ein wenig mehr Post natürlich freuen und beantworte immer noch jeden Brief.
Die Tagesabläufe sind denen in Storkow und Holzdorf erwartungsgemäß ähnlich, allerdings ist es hier kein Problem, wenn ich außerhalb der „Hygienezeiten” duschen möchte. Leider ist das Kasernengelände ein wenig klein, sodass ich mich in der Stunde Aufenthalt unter freiem Himmel an eine kleine Spazierstrecke halte, die mich nicht nur Gebäude sehen lässt. Zu meiner Empörung stellte ich fest, dass in diese Kaserne ein Übungsgelände mit dem Namen „Klein Kosovo“ existiert. Dieser Name ist auf den offiziellen Wegweisern im Kasernengelände ausgeschildert. Schön is’ anders…

Nun ja, zu meiner Freude liegt Beelitz nicht im Nirgendwo und ich hatte Gelegenheit Menschen sofort darüber zu informieren, wo ich gelandet bin. Daher erwarte ich heute auch Besuch und nächste Woche scheint es auch ziemlich fest zu klappen. Ich freu mich jedenfalls darauf.
Das soll es erstmal gewesen sein….
Ich denke, dass der nächste Bericht nächste Woche da sein wird, obwohl dieser dann vermutlich weniger Neues enthalten wird.

Bis dann,

Jan-Patrick (Pogo)

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Protest-Postkarten / Post:

Oberleutnant Peter Sander
Barnim-Kaserne
Umgehungsstraße 1
15344 Strausberg

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Nette Post an:

Jan-Patrick Ehlert
Barnim-Kaserne, 18. Kompanie Luftwaffenausbildungsregiment
Umgehungsstraße 1
15344 Strausberg
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Ergänzungen

Soli-Stuff

ich 08.11.2008 - 08:50
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