Horst Köhler an der Freien Uni
"Terrorunverdächtig" stand auf den gelben T-Shirts von vier jungen Studentinnen an der Freien Universität in Berlin, die an der Immatrikulationsfeier am Mittwoch vormittag teilnehmen wollten. Bundespräsident Horst Köhler trat als Redner auf, und das war der offizielle Grund für martialische Kontrollen. Um in den Audimax zu kommen, mussten sich Studenten im ersten Semester – andere waren gar nicht eingeladen – mehrere Wochen vorher beim Bundespräsidialamt melden, um ihre Daten überprüfen zu lassen und eine präsidialamtliche Einlasskarte zugeschickt zu bekommen. "Ich habe nicht mal etwas gegen die Immatrikulationsfeier oder gegen Köhler" meinte Silvanna Becker, eine der T-Shirt-Trägerinnen. "Aber solche Datensammlung und Überwachung hat an einer angeblich 'Freien' Universität nichts zu suchen!"
Der wirkliche Grund für die Kontrollen war wohl, dass bei der Immatrikulationsfeier letztes Jahr FU-Präsident Dieter Lenzen seine Rede nicht halten konnte, weil studentische Aktivisten ihn ununterbrochen zugejubelt haben – der "Dieter Lenzen Fanclub" hatte einen ziemlichen Erfolg.
Trotz der Kontrollen dieses Jahr schafften es mehrere Studierende, ein Transparent in die Veranstaltung zu schmuggeln: "Studiengebühren? Bachelor/Master? Finanzierung für Banken? Wir lassen uns nicht zum Horst machen. Die Krise heißt Kapitalismus!" Immerhin pfiff Köhler die Ordner, die das Transparent herunterreißen wollten, zurück: "Studenten müssen kritisch sein." Dennoch, so mahnte er, dürfe man das Gute an der sozialen Marktwirtschaft nicht vergessen.
"Im Endeffekt hat er nur über Gerechtigkeit und Solidarität geschwafelt" meinte Judith Köppel, die im ersten Semester Politik an der FU studiert. Köhler reihte sich, neben Merkel, bei den Politiker ein, die weitgehende Verbesserungen im maroden deutschen Bildungssystem versprechen: "Ich würde nicht sagen, dass es eine Bildungskatastrophe gibt." Gleichzeitig forderte er, dass alle Menschen unabhängig vom sozialen Status Zugang zu Bildung haben müssen. Als Mittel dazu schlug er nicht etwa die Abschaffung von Studiengebühren, sondern lediglich mehr Stipendien vor.
Sebastian Schneider vom AStA setze sich in einem Grußwort an die Neuimmatrikulierten kritisch mit der Geschichte der FU – die Veranstatlung fand in einem Gebäude statt, das nach dem Antisemiten Henry Ford benannt ist! – und auch mit Köhlers neoliberalen Positionen auseinander. In einer besonderen Infobroschüre des AStAs gab es ausführliche Informationen über Köhlers Tätigkeit beim Internationalen Währungsfonds, u.a. die Durchsetzung von neoliberalen "Strukturanpassungsprogrammen" in armen Ländern.
Draußen im leichten Regen organisierten Studenten eine "offene Immatrikulationsfeier" als Gegenveranstaltung: rund 100 Studierende standen hinter Polizeiketten und Absperrgittern mit Schildern und Transparenten. Aktivisten, die am Eingang des Henry-Ford-Baus Flyer verteilten oder einfach Schilder für die Meinungsfreiheit hochhielten, bekamen Platzverweise; mindestens zwei Studenten wurden brutal verhaftet. Die "freie" Marktwirtschaft – das weiß Köhler sehr gut – muss manchmal eben auch mit Polizeigewalt durchgesetzt werden.
Nächsten Mittwoch findet der bundesweite Schulstreik statt. An den Berliner Universitäten werden Plakate für einen "Bildungsstreik" geklebt, denn auch Studierende sollen teilnehmen. Auf der "offenen Immatrikulationsfeier" an der FU verwies ein Redner auf die Bildungsproteste in Italien, die ganz klar zeigen, dass wir mit Massenprotesten, Streiks und Besetzungen sehr wohl die Kürzungen im Bildungsbereich aufhalten können.
von Wladek Flakin, von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION ( http://www.revolution.de.com)
Eine kürzere Version dieses Artikels erschien in der jW vom 6.11.: http://www.jungewelt.de/2008/11-06/046.php
Weitere Artikel zur Köhler-Rede:
http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/;art304,2654422
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/?dig=2008%2F11%2F06%2Fa0182&cHash=be53eda389
http://www.astafu.de/aktuelles/archiv/a_2008/presse_10-15
Trotz der Kontrollen dieses Jahr schafften es mehrere Studierende, ein Transparent in die Veranstaltung zu schmuggeln: "Studiengebühren? Bachelor/Master? Finanzierung für Banken? Wir lassen uns nicht zum Horst machen. Die Krise heißt Kapitalismus!" Immerhin pfiff Köhler die Ordner, die das Transparent herunterreißen wollten, zurück: "Studenten müssen kritisch sein." Dennoch, so mahnte er, dürfe man das Gute an der sozialen Marktwirtschaft nicht vergessen.
"Im Endeffekt hat er nur über Gerechtigkeit und Solidarität geschwafelt" meinte Judith Köppel, die im ersten Semester Politik an der FU studiert. Köhler reihte sich, neben Merkel, bei den Politiker ein, die weitgehende Verbesserungen im maroden deutschen Bildungssystem versprechen: "Ich würde nicht sagen, dass es eine Bildungskatastrophe gibt." Gleichzeitig forderte er, dass alle Menschen unabhängig vom sozialen Status Zugang zu Bildung haben müssen. Als Mittel dazu schlug er nicht etwa die Abschaffung von Studiengebühren, sondern lediglich mehr Stipendien vor.
Sebastian Schneider vom AStA setze sich in einem Grußwort an die Neuimmatrikulierten kritisch mit der Geschichte der FU – die Veranstatlung fand in einem Gebäude statt, das nach dem Antisemiten Henry Ford benannt ist! – und auch mit Köhlers neoliberalen Positionen auseinander. In einer besonderen Infobroschüre des AStAs gab es ausführliche Informationen über Köhlers Tätigkeit beim Internationalen Währungsfonds, u.a. die Durchsetzung von neoliberalen "Strukturanpassungsprogrammen" in armen Ländern.
Draußen im leichten Regen organisierten Studenten eine "offene Immatrikulationsfeier" als Gegenveranstaltung: rund 100 Studierende standen hinter Polizeiketten und Absperrgittern mit Schildern und Transparenten. Aktivisten, die am Eingang des Henry-Ford-Baus Flyer verteilten oder einfach Schilder für die Meinungsfreiheit hochhielten, bekamen Platzverweise; mindestens zwei Studenten wurden brutal verhaftet. Die "freie" Marktwirtschaft – das weiß Köhler sehr gut – muss manchmal eben auch mit Polizeigewalt durchgesetzt werden.
Nächsten Mittwoch findet der bundesweite Schulstreik statt. An den Berliner Universitäten werden Plakate für einen "Bildungsstreik" geklebt, denn auch Studierende sollen teilnehmen. Auf der "offenen Immatrikulationsfeier" an der FU verwies ein Redner auf die Bildungsproteste in Italien, die ganz klar zeigen, dass wir mit Massenprotesten, Streiks und Besetzungen sehr wohl die Kürzungen im Bildungsbereich aufhalten können.
von Wladek Flakin, von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION ( http://www.revolution.de.com)
Eine kürzere Version dieses Artikels erschien in der jW vom 6.11.: http://www.jungewelt.de/2008/11-06/046.php
Weitere Artikel zur Köhler-Rede:
http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/;art304,2654422
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/?dig=2008%2F11%2F06%2Fa0182&cHash=be53eda389
http://www.astafu.de/aktuelles/archiv/a_2008/presse_10-15
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Ergänzungen
verhaftungen
"freie" uni? naja, mensch hat schon pferde kotzen sehen...
am mittwoch
Was passiert hier bloß?
Eingabe: 06.11.2008 - 16:00 Uhr
Polizeieinsatz anlässlich einer Festveranstaltung
Steglitz - Zehlendorf
# 3468
Anlässlich einer Festveranstaltung der Freien Universität Berlin kam es gestern Vormittag in der Boltzmann- und Garystraße in Dahlem zu Zwischenfällen, die durch konsequentes Einschreiten der eingesetzten Polizeibeamten schnell beendet werden konnten.
Als gegen 10 Uhr die Fahrzeugkolonne des Bundespräsidenten vorfuhr, der zu den geladenen Gästen der „Immatrikulationsfeier“ gehörte, rief ein 23-jähriger Mann aus etwa 20 Metern Entfernung beleidigende Worte in Richtung der Fahrzeuge. Er wurde sofort festgenommen und nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Verunglimpfung des Bundespräsidenten übernommen.
Bei dem Versuch die Veranstaltung zu stören, nahmen Polizisten gegen 10 Uhr 20 einen 21-Jährigen fest. Er hatte mit einer zirka zehnköpfigen Personengruppe gegen die Scheiben des Universitätsgebäudes geschlagen. Der junge Mann hielt weiterhin ein Plakat vor dem Körper, welches kein Impressum hatte. Als die Beamten die Personalien feststellen wollten, leistete der 21-Jährige erheblichen Widerstand und konnte unter Anwendung einfacher Gewalt zum Einsatzfahrzeug gebracht werden. Nach erkennungsdienstlicher Behandlung wurde er entlassen. Gegen ihn wurde eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen Zuwiderhandlung gegen das Pressegesetz sowie eine Strafanzeige wegen des Verdachts des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gefertigt.
Gegen 11 Uhr 40 versuchten mehrere Teilnehmer einer angemeldeten Versammlung von der Kreuzung Boltzmann- Ecke Garystraße auf das Universitätsgelände zu gelangen, um dort offensichtlich die Veranstaltung zu stören. Dies konnte durch die Einsatzkräfte verhindert werden. Dabei bemerkten die Beamten eine 25-Jährige, die bereits zuvor einen Platzverweis erhalten hatte. Als die Frau daraufhin angesprochen wurde, trat sie einem Polizisten gegen das Schienbein. Der Beamte brachte die Frau zu einem Polizeifahrzeug, wogegen sie sich wehrte. Diese Situation beobachteten etwa 15 Personen, die dann versuchten, die 25-Jährige von dem Beamten wegzuziehen. Als sie im Fahrzeug saß und weitere Einsatzkräfte hinzukamen, entfernte sich die Personengruppe. Die Polizei ermittelt nun wegen versuchter Gefangenenbefreiung gegen Unbekannt.
Die ersten beiden Verhaftungsgründe sind der Hammer (die Gefangenenbefreiung und das mit dem Platzverweis ist natürlich auch vollkommen überzogen, aber an sowas ist man ja gewöhnt).
Aber das man wegen "Verunglimpfung des Bundespräsidenten" schon nen dickes Strafverfahren und generell in die Akten kommt, hab ich ja noch nie gehört und ist mir auch unerklärlich. (Da regen sich alle über Putin und Medwedew auf.)
Und das Plakate jetzt auch schon ein Impressum brauchen??? (Bei Flugblättern kennt man das ja- aber Plakate???)
Gisela von der Aue und Dieter Glietsch haben aber auch bis heute noch nicht die Konsequenzen zu spüren bekommen, welche aus solch einem vollkommen irrsinnigen Repressionskatalog resultieren sollten.
Erneute Bildungsproteste
offene Diskussionsveranstaltungen für Jugendliche in der Roten Insel *
Freitag, 7. November, 18 Uhr (MORGEN!)
Warum Schule Scheiße ist:
Eine Frage des Systems
in der Roten Insel, Mansteinstraße 10
U-Bhf Yorckstraße, Berlin-Schöneberg
Dann gibt es:
Freitag, 14. November, 18 Uhr: Über den Streik hinaus... Möglichkeiten zur Organisierung
bundesweiter Schulstreik am 12. November!
In den letzten Monaten sind 30.000 SchülerInnen in der ganzen BRD in den Streik getreten. Jetzt ist ein bundesweiter Bildungsstreik am 12. November in Planung.
bundesweiter Schulstreik: 12. November
http://www.revolution.de.com/revolution/0811/schulstreik/index.html
http://www.revolution.de.com/themen/bildung.html
http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about728-30.html
Erneute Bildungsproteste
Studiengebührenkritische StudentInnen aus Freiburg mobilisieren am 5. November zur Demo gegen Studiengebühren in Mannheim. Auch der abs-Bund und der fzs unterstützt die morgige Versammlung, die Teil eines internationalen Aktionstages gegen die Kommerzialisierung von Bildung ist. Am 12. November ist ein bundesweiter Schulstreik geplant.
Bereits am 29. Oktober demonstrierten im irischen Dublin über 10.000 gegen Kürzungen im Bildungsbereich. Auch die Massenproteste in Italien halten mit Streiks und Demonstrationen an. Für freie Bildung und grenzüberschreitende Solidarität!
Mobilisierungsjingle zur Demo 12.11. Behandlung des sächsischen Hochschulgesetzes im Landtag
http://www.freie-radios.net/mp3/20081103-mobilisierun-24785.mp3
http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about728-0-asc-15.html