Demonstration für das RÜLPS

Münchner Gsindl 29.10.2008 18:47 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Diesen Samstag fand in Kirchheim (bei München) eine Demonstration für das von den Behörden geschlossene selbst verwaltete Zentrum RÜLPS statt. Unter dem Motto: „Für selbst organisierte, freie Jugendarbeit in Kirchheim! Rülps bleibt! Selbstbestimmte Freiräume erhalten und erkämpfen! Hier in Kirchheim und überall!“ demonstrierten ca. 250 Menschen gegen die Schließung der Einrichtung ohne jegliche Vorwarnung.
Geliebte und ungeliebte Einrichtung

Hinter den angeblichen Sicherheitsmängeln wird der Versuch vermutet, die bei manchen Anwohnern ungeliebte Einrichtung der Punker und Musik begeisterten Jugend auf einfache Weise los zu werden. Ein Jugendlicher befürchtet: „Da der Sportplatz neben dem Rülps erweitert wird, bietet es sich ja prima an, das Rülps platt zu machen um dort zu bauen“. Das selbst verwaltete Jugendzentrum gibt es schon 10 Jahre lang und im Raum München kann man diesbezüglich durchaus von einem Unikat sprechen. Mitte der Neunziger Jahre hatte sich eine Gruppe Jugendlicher, meist aus der örtlichen Punkszene, das Gebäude, dass nach dem Umzug des Kreisjugendring-Jugendzentrums in einen Neubau frei wurde, als selbstbestimmten Freiraum erkämpft.


Mit sofortiger Wirkung geschlossen

Durch die nichtkommerziellen Konzerte wurde das Rülps auch im Raum München und Oberbayern bald zu einer Institution für die Punkszene. Trotz der zahlreichen Beschwerden von Anwohner über die Lärmbelästigung oder über Besucher, die sich auf dem Nachhauseweg nicht benehmen konnten, konnte das RÜLPS über all die Jahre durch Verhandlungen mit Gemeinde und Anwohnern immer Lösungen finden, die den Bestand des Rülps sicherten. Vergangene Woche wurde nach einer Überprüfung der ca. zwanzig Jahre alten Elektroinstallationen das Rülps vom Ordnungsamt Kirchheim aus Sicherheitsgründen mit sofortiger Wirkung geschlossen. Die Schlösser wurden von der Gemeinde ausgewechselt und das Betreten wurde unter Androhung von Bußgeld untersagt.


Mindestens 10 000 Euro Kostenvoranschlag

Die Sanierung der Elektroanlagen wird nach ersten Erkenntnissen wohl mindestens 10.000 € kosten, dazu soll ein Antrag an den Gemeinderat gestellt werden. Um die Zustimmung des gesamten Gemeinderates wird jedoch gekämpft werden müssen, denn für viele dem RÜLPS nicht wohlgesonnene Gemeinderäte wird die jetzige Situation zu einem bequemen Grund, die Einrichtung aus Sachgründen zu schließen. Das Rülps ist schließlich nicht ein Kunstpark Ost, der zahlungskräftige Gäste anzieht, hier wird alles nicht um viel mehr als zum Selbstkostenpreis verkauft. Für die Jugendlichen ist das RÜLPS quasi ein zweites Zuhause. Täglich treffen sich 15 bis 20 junge Leute dort.


KJR-Betreuung keine Alternative

Das örtliche KJR-Jugendzentrum unter pädagogischer Betreuung bedeutet keine Alternative für die Leute des Rülps. Aus diesem Grund soll in den nächsten Wochen soviel öffentlicher Druck wie möglich aufgebaut werden, um den einzigen selbst verwalteten Freiraum im Landkreis München zu erhalten und weiteren Generationen von Jugendlichen einen selbst gestaltbaren Ort anzubieten, darum auch die Demonstration. In den letzten Wochen wurde sogar ein weiterer Jugendtreff in Kirchheim geschlossen: Das „Wohnzimmer“ im Untergeschoss des örtlichen AWO-Kindergartens wurde auf Grund von Protesten der Anwohner geschlossen, welche die Jugendlichen teilweise sogar mit Videokameras bespitzelten, um deren nicht genehmes Verhalten für Beschwerden oder eventuelle Anzeigen zu dokumentieren. Ein für bayerische Provinzstädte nicht gerade seltenes Phänomen.


Super Demo Wetter

Bei strahlendem Sonnenschein beteiligten sich dann am vergangenen Samstag energiereiche Menschen im Alter von 1 und 80 Jahren an der Demonstration, von denen die meisten auch an einer Unterschriftenaktion zum Erhalt des RÜLPS mitgewirkt haben. Des weiteren gab es eine Briefaktion, in der die Leute den Gemeinderat/Bürgermeister auch persönlich angeschrieben haben. Begleitet wurden die Demonstrierenden von zwei Polizei-Vans, die restliche Bereitschaftspolizei hielt sich respektvoll zurück, Medienvertreter und Gemeinderäte waren zwischen den protestierenden Menschen auszumachen.


Aus pädagogisch und aus persönlicher Sicht wichtig

Die Route ging vom S Bahnhof durch Heimstetten an verschiedenen Schulen und durch Wohnsiedlungen zu einem früheren Treffpunkt der Jugendlichen, bevor es das RÜLPS gab. Dort gab es eine kleine Kundgebung und es wurde vor Ort ein bisschen zur Geschichte des Jugendzentrums erzählt und betont wie wichtig das RÜLPS als selbstbestimmter Frei- und Lernraum aus pädagogischer, als auch aus persönlicher Sicht ist. Untermalt wurde das ganze immer wieder mit Musik. Anschließend ging der Zug weiter nach Kirchheim vor das geschlossene Rülps. Dort gab es dann noch mal eine Kundgebung, bei welcher der jetzige Vorstand und einige der Aktivisten etwas zur Wichtigkeit selbst organisierter Jugendarbeit und selbstbestimmter Räume sagten. Viele persönliche Statements wurden vor Ort für den Erhalt des Rülps abgegeben. Am Abend gab es dann noch ein Konzert mit „Recent Lies“ und „Kollateralschaden“ im Café Zufall, welches kurzfristig aus dem RÜLPS verlegt wurde. Der Auftakt zum Protest wird von den Veranstalter als voller Erfolg gewertet, es bleibt abzuwarten wie sich die Situation in den kommenden Wochen weiterentwickelt.



Pressespiegel

Friedlicher Protestmarsch
 http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/friedlicher-protestmarsch-17509.html

Jugendliche sind maßlos enttäuscht
 http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/jugendliche-sind-masslos-enttaeuscht-17022.html

Gemeinde schließt das "Rülps" - Aufruf zur Demo
 http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/gemeinde-schliesst-ruelps-jugendliche-runfen-demo-16921.html
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Ergänzungen

Viva RÜLPS!

monaco franze 30.10.2008 - 10:14
Ein gute, nette Demo. Vor allem den Text, der bei der Zwischenkundgebung verlesen wurde, fand ich gut. Die Rülps Leute haben ihr Projekt nicht als den ultimativen, autonomen Freiraum ausgegeben (was das Rülps auch nicht ist), aber klargemacht, dass in Krichheim so ein selbstverawalteter Raum einfach nötig ist.
Das einzige, was mir sauer aufstiess, war dass sich am Ende für die "friedliche" Demo bedankt wurde - damit wird ein Popanz aufgebaut, als wären wir gerne randalierend durch Kirchheim gezogen. Blödsinn.

Eine Zeitlang hiess es immer wieder, das Rülps hätte Probleme mit Lärm und den Nachbar_innen. Keine Ahnung ob das noch so ist, auf alle Fälle müssen die Leute in der Nachbarschaft wohnen nicht am stärksten genervt werden. Das Marat hat dazu kürzlich einen kleinen Text geschrieben, vielleicht taugt der als Inspiration:
 http://kafemarat.blogsport.de/2008/10/10/ein-paar-worte-zum-umgang-mit-der-nachbarschaft/
ich will aber auf keinen Fall unterstellen, das die Rülps-Leute dauernd in der Nachbarschaft rumpöbeln (was viellicht sogar manchmal angebracht wäre), es gab da vor Jahren halt ein paar stories.

Vor allem aber hoffe ich, dass die Rülps-Crew und ihre Freund_innen die Energie haben, für den Erhalt des Rülps zu kämpfen - auf allen Ebenen, von weiteren Aktionen machen bis selber Hand anlegen und renovieren. Macht weiter, und kein Tag ohne autonomes Jugendzentrum!