Spanien erneut wegen Folter am Pranger

Ralf Streck 29.10.2008 13:37 Themen: Weltweit
Wieder einmal wurde Spanien vor der UNO-Vollversammlung wegen der ständigen Folter angegriffen ( http://de.indymedia.org/2008/07/222381.shtml). Völlig unbegreiflich ist für die Folterexperten, dass sich Spanien weiter weigert, sogar die 4-10 Tage, die ein Mensch in völliger Kontaktsperre verbringen muss, weil er nach dem Anti-Terror-Gesetz verhaftet wurde, nicht lückenlos per Video aufgezeichnet wird. Insgesamt forderte der Sonderberichterstatter für Menschenrechte erneut, die Kontaktsperre abzuschaffen, weil sie die Folter erst ermöglicht ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12359/1.html). Gestern wurden wieder vier Basken verhaftet, die derzeit durch die Hölle gehen dürften ( http://www.gara.net/paperezkoa/20081029/103845/es/Los-cuatro-detenidos-estarian--preparando-algo-segun-Rubalcaba). Ausnahmegesetze und Sondergerichte ( http://de.indymedia.org/2008/02/208365.shtml) würden dem Kampf gegen dem Terrorismus nur schaden.
Vor der Hauptversammlung der UNO hat der Sonderberichterstatter für Menschenrechte, Martin Scheinin, bei der Präsentation seines jüngsten Berichts erneut gefordert ( http://de.indymedia.org/2004/11/97398.shtml), die Kontaktsperre nach der Verhaftung im Rahmen des Antiterrorgesetzes in Spanien abzuschaffen, welche die Folter ermöglicht ( http://de.indymedia.org/2006/02/138888.shtml).

Interessant ist auch seine Kritik, dass Spanien die letzte obligatorische Untersuchung
2002 übergangen hat. Die Forderung sei bisher genauso ungehört verhallt ( http://de.indymedia.org/2005/07/122324.shtml), wie die Forderung, die U-Haft zu verkürzen. Spanien musste sich auch anhören, dass es nur sehr spät und zögerlich auf die Fragen des Sonderberichterstatters antworte.

Wegen der dauernden Benutzung der Kontaktsperre für bis zu zehn Tage, habe er bei seinem Besuch im Mai erneut "beunruhigende Vorgänge" feststellen können. Die Abschaffung der Kontaktsperre würde dem Kampf gegen dem Terrorismus Glaubwürdigkeit verleihen und mehr Sicherheit angesichts der Folterklagen geben.

Unverständlich für die Experten des Kommitees ist die Weigerung Madrids, wenigstens die Zeit in der Kontaktsperre lückenlos per Video zu dokumentieren. Die Folter sei mehr als ein sporadischer Vorgang in Spanien und der Brite Sir Nigel Rodley erklärte zum Beispiel: "Die Daten, über die wir verfügen, verleiten zur Annahme, dass die Folter im spanischen Staat nicht als schwerwiegender Vorgang angesehen werden". Besorgnis erregte
auch die Schließung von diversen Kommunikationsmedien ( http://de.indymedia.org/2006/02/139637.shtml), die Partei- und Organisationsverbote ( http://de.indymedia.org/2008/09/227265.shtml).

Scheinin hat sich insgesamt besorgt darüber geäußert, wie auch in anderen Ländern immer mehr die Terrorismusfragen aus der traditionellen Gerichten ausgelagert würden, in denen Garantien für "faire Prozesse" bestünden. "Die Abwesenheit fairer Prozesse ist einer der Faktoren, der einige Personen dazu bringt, terroristisch tätig zu werden", sagte er. Der Terror könne zwar nicht gerechtfertigt werden, doch er unterstrich die Gefühle der "Ausgrenzung" und "tief gehende Ungerechtigkeit", welche die Ausübung der Gewalt nährten. Er sprach dabei auch Guantanamo an, wo gegen die Prinzipien des Völkerrechts verstoßen werde.

Einen Lichtblick gibt es, denn der Richter des Sondergerichts Nationaler Gerichtshof hat ein Foltergeständnis annuliiert. Alfonso Guevara sprach Arkaitz Agote frei, angeblicher Terrorist, weil er davon überzeugt ist, dass seine Aussagen bei der Guardia Civil nicht "freiwillig" gemacht wurden und er weist darauf hin, dass eine Selbstbezichtigung durch andere Beweise abgesichert werden müssten, doch dass sehen andere Richter, wie Baltasar Garzón stets ganz anders. Absurd ist es, dass der Richter, der die Folter in Spanien deckt, sich als Obermenschenrechtler aufspielt ( http://de.indymedia.org/2008/09/227265.shtml).

Dagegen wandte sich auch Santiago Carillo, der Ex-PCE-Chef meint, der Schuss dürfte nach hinten losgehen. Gestern hat sich auch Carrillo auf die Seite der Kritiker von Garzón gestellt. Bei der Vorstellung seines neuen Buchs in Madrid hat er Chef erklärt: "Es ist ein Fehler, bei der historischen Erinnerung von Entscheidungen von Richtern abzuhängen" und der Schuss von Garzón "sich für uns als Rohrkrepierer erweist".

"Die Richterschaft in diesem Land ist so, dass wir uns nicht viele Hoffnungen machen dürfen, eine befriedigende Antwort zu erhalten". Denn in bestimmten Fällen, wie auch im Fall der Basken, gibt es keinerlei Unabhängigkeit der Gerichte ( http://de.indymedia.org/2008/10/230505.shtml). Doch Carillo, der einst den Frieden mit den Ex-Franquisten im so genannten Übergang gemacht hat und dessen Partei auch Anti-Terrorgesetze des Franquismus per Zustimmung in die "Demokratie" gerettet hat, will auch die Amnestie von seiner Person und Partei (die ihn später dafür geschasst hat), mitgetragen wurde. Er sagt nun, man solle die Namen der Täter nicht nennen, weil das nur auf deren Nachfahren zurückfalle. Vorgänge wie in Südafrika, Chile.... sahen aber anders aus, die Wahrheit zu kennen, ist üblicherweise die Vorraussetzung für einen Neuanfang und dort wurde keine Hatz auf die Nachfahren begonnen.

Carillo setzt insgesamt auf einen politischen Weg, um die Gräber zu öffnen und die Namen der dort verscharrten zu erfahren, auch wenn er das Vorgehen des Richters nicht
vollständig verurteilen will. Er will eine gemeinsame Erklärtung von beiden Kammern des Parlaments, die offiziell den Putsch und die Diktatur verurteilt. Doch darauf kann er bei den Postfaschisten der PP wohl lange warten, denn die haben bis heute keinerlei Unrechtsbewußtsein entwickelt und mussten das auch nicht, weil die Sozialdemokraten immer wieder einknicken ( http://de.indymedia.org/2007/11/198288.shtml).

Wegen des Drucks der PP, die sich nie vom Putsch 1936 und von der Diktatur distanzierte, wurde ja auch das Opfergesetz stark verwässert. Und im Oktober 2007 sagte der ehemalige PP-Innenminister Jaime Mayor Oreja, und heute Europaparlamentarier: "Warum soll ich den Franquismus verurteilen, wenn es viele Familien gab, die ihn natürlich und normal erlebt haben?" ( http://actualidad.terra.es/articulo/sobreseen_oreja_denuncia_supuestas_injurias_1959265.htm). Er meinte auch, dass Franco dem "Baskenland einen außergewöhnlichen Frieden" beschert habe. ( http://www.lavanguardia.es/premium/publica/publica?COMPID=53404349888&ID_PAGINA=22088&ID_FORMATO=9&turbourl=false).
Das ist die Art Faschisten, vor denen Adorno warnte "Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten".

Auf die Frage von Journalisten an Carillo, was mit den Verbrechen der republikanischen Seite im Bürgerkrieg sei, sagte der: "Das ist richtig", dass es die gab, aber "die schwersten" wurden von den Faschisten begangen und die Republikaner seien kollektiv dafür bestraft worden. Er fragte zurück: "Sollen die Republikaner zweimal bestraft werden?"

© Ralf Streck 29.10.2009
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Ergänzungen

FOLTER IM SPANISCHEN STAAT 2007

P. Ro. 29.10.2008 - 18:11
695 DOKUMENTIERTE FÄLLE VON FOLTER IM SPANISCHEN STAAT 2007
(work in progress)  http://euskalherria.indymedia.org/eu/2008/10/54168.shtml
Le mois de septembre dernier a amené son lot d?événements aux Pays Basque. Depuis la rupture du cessez-le-feu, en juin 2007, ces rebondissements démontrent une recrudescence de l?intensité du conflit basque et illustrent l?impasse actuelle des démonstrations de forces des parties au conflit. Pourtant l?Espagne continue sa guerre totale contre l?ETA pour que le groupe armé annonce la fin de la lutte armée. Prochainement, le Comité des droits de l?homme de l?ONU se réunira à Genève pour analyser la situation des droits de l?homme en Espagne. Une attention particulière devra être portée sur ses conclusions.
Le combat mondial contre le terrorisme aura-t-il raison de l?ETA ?
Pierre Rousineaux , 28.10.2008 10:56  http://euskalherria.indymedia.org/eu/2008/10/54148.shtml

Autobombe an spanischer Universität

http://www.tagesschau.de 30.10.2008 - 18:14
Autobombe an spanischer Universität explodiert

Bei der Explosion einer Autobombe in der nordspanischen Stadt Pamplona sind mindestens 15 Menschen verletzt worden. Der Sprengsatz explodierte auf einem Parkplatz auf dem Gelände der Universität.

An den Gebäuden der Hochschule entstanden erhebliche Schäden. Ein Teil des Gebäudes und mehrere Autos fingen Feuer. Die Verletzen erlitten nach Krankenhausangaben Schnittwunden durch umherfliegende Glassplitter. Einige klagten über Hörbeschwerden infolge der Druckwelle.

Polizei schenkte Warnung offenbar keinen Glauben

Die Behörden machten die baskische Untergrundorganisation ETA für den Anschlag verantwortlich. Eine Stunde vor der Detonation hatte ein anonymer Anrufer im Namen der ETA vor der Bombe gewarnt.

Die Polizei hatte das Gelände daraufhin jedoch nicht räumen lassen. Sie begründete dies damit, dass der Anrufer keine genauen Angaben gemacht habe, wo die Autobombe sich befand. Laut dem spanischen Rundfunk war die Autobombe offenbar so präpariert, dass sie zu einem Zeitpunkt detonierte, als besonders viele Studenten und Mitarbeiter auf dem Campus unterwegs waren. Die Bürgermeisterin von Pamplona, Yolanda Barcina, sagte, es habe glücklicherweise nicht mehr Opfer gegeben. "Es regnete, deshalb waren weniger Menschen als sonst üblich draußen."

Erst am Dienstag hatten die spanischen Sicherheitskräfte in Pamplona eine Terrorzelle der baskischen Untergrundorganisation ETA zerschlagen und vier mutmaßliche Terroristen festgenommen. Die ETA hatte bereits vor mehreren Jahren einen Anschlag mit einer Autobombe auf die Universität verübt.

Nicht irgendeine Uni...

ez 30.10.2008 - 18:51
Nur als Info: Bei der Uni handelt es sich um eine "Elite"-Uni von "Opus Dei" und dient als Rekrutierungs- und Ausbildungsstätte dieser extrem rechten, erz-katholischen Vereinigung.
Sie steht aber allen offen, die die min.7000€ pro Semester aufbringen können...

Siehe auch

Ralf 31.10.2008 - 10:03
Das Flüchtlingssterben geht weiter

Ralf Streck 31.10.2008
Die Abschottung Europas durch Frontex ist gescheitert und die
Weltwirtschaftkrise wird mehr Menschen zur Flucht treiben
Seit Jahren wird die EU-Grenzschutzbehörde Frontex ausgebaut, um
Flüchtlinge von Europa fernzuhalten. Doch die Behörde räumte nun ihr
Scheitern ein, was leicht vorherzusagen war. Es war klar, dass Frontex nur
für eine weitere Verlagerung der Routen sorgen würde und wohl noch mehr
Menschen auf dem Weg nach Europa ihr Leben verlieren würden. Am Mittwoch
kam ein Boot mit 126 Einwandern auf der Ferieninsel Gomera an, darunter
waren erneut drei Tote, ohne das es von Frontex oder der Küstenwache
entdeckt worden wäre. Die Zahl derer, die die Kanarischen Inseln
erreichen, steigt wieder an und auf der italienischen Insel Lampedusa
wurden seit Jahresbeginn schon 24.000 Flüchtlinge gezählt. Wegen der
weltweiten Wirtschaftskrise wird die Zahl weiter steigen. Schon jetzt wird
beobachtet, dass sich immer mehr Minderjährige und Frauen auf den
tödlichen Weg machen. Dabei sind Einwanderer von den Folgen der Rezession
stark betroffen, wie sich in Spanien und Mexiko zeigt.

 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29036/1.html

Das Rettungskarussell dreht sich weiter

Deutsche Bank kann aufgrund neuer Bilanzierungsregeln einen kleinen Gewinn
melden, Regierung plant Konjunkturmaßnahmen und die FED verschießt das
letzte Pulver.

 http://www.heise.de/tp/blogs/8/118145
--
Ralf Streck, freier Journalist

Uni von Opus Dei gebombt

luka 31.10.2008 - 12:53
"Die katholische Privatuniversität von Navarra wurde 1952 vom Gründer des ultrakonservativen Opus Dei, Josemaría Escrivá, gegründet. An der Universität wurden in der Vergangenheit bereits sechs Anschläge verübt."

Quelle, AFP:
 http://afp.google.com/article/ALeqM5itQFTLQs6WsmWrmTn5WzUzSqcdJg

Das ist Unai Romano

Ralf 07.11.2008 - 15:47
Wenn du etwas den Links im Text gefolgt wärst, hättest du das auch rausgefunden. Wundere mich aber, dass die Bildbeschreibung, die ich eingegeben habe, nicht auftaucht. Musste mal bei Indy nachfragen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Nicht irgendeine Uni... — Indy Jones

Bild — egal