[Erfurt]: Häuserkampf spitzt sich zu

klaus 25.10.2008 16:31 Themen: Freiräume
Die Auseinandersetzung um das Besetzte Haus in Erfurt spitzt sich zu: So kündigten die Stadtwerke auf Aufforerung des neuen Besitzers Helmut Golla an, zum Ende des Monats das Wasser abstellen zu wollen. Außerdem lehnten die Besetzer_innen jüngst eine Vereingsründung ab, die von der Stadt als Grundbedingung für ein Ersatzobjekt gemacht wurde. Für den 22. November wird zu einer überregionalen Demonstration nach Erfurt mobilisiert.
Ziel der Stadt Erfurt ist es, die bisher mit dem Ziel möglichst geringen Hierarchien und auf Basis der Konsensentscheidungen organisierten Strukturen in das enge Korsett eines Vereines zu pressen. Das, so erklärten die Besetzer_innen am vergangenen Freitag, würde das Ende des eigenen Selbstverständnisses bedeuten. Zudem wäre man als Rechtsperson für die Stadt und die Behörden erpressbar und wäre schlimmstenfalls vom Gutdünken der Stadtoberen um Andreas Bausewein (SPD) und Tamara Thierbach (Die Linke) abhängig.

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Gestern entschieden sich die Besetzer_innen eines Teils des ehemaligen Topf & Söhne Geländes gegen eine Vereinsgründung. In den Gesprächen mit der Stadt Erfurt hatte diese eine schnellstmögliche Vereinsgründung zur Bedingung für die Bereitstellung eines Alternativobjekts für das derzeit akut von der Räumung bedrohte soziokulturelle Projekt gemacht.
“Das Vorgehen der Stadt in den letzten Wochen hat auf uns sehr viel Druck ausgeübt. Uns wurde in sehr kurzer Zeit sowohl die Entscheidung über die Gründung eines Vereins abverlangt, als auch die Aufgabe unseres Objektes für ein bis vor einer Woche vollig unbekanntes Gebäude gefordert. Letztlich gab es für uns nur eine mögliche Wahl und damit keinen Entscheidungsspielraum.” so eine Sprecherin der Besetzer_innen.
Das einzige von der Stadt angebotene Objekt sei zu klein, da nicht einmal alle Menschen, die im bisherigen Objekt gelebt haben, darin Platz finden würden, geschweige denn alle Projekte. Außerdem läge das Gelände sehr weit außerhalb, hat jedoch trotzdem den Nachteil, dass es direkte Anwohner_innen gibt, die sich sicher permanent gestört fühlen würden.
“Der Aufwand und die Risiken einer Vereinsgründung sind für dieses Objekt nicht angemessen.” so die Sprecherin. Ein Risiko stelle dar, dass die Besetzer_innen durch die geplante Förderung städtischerseits zur Finanzierung der Miete in Abhängigkeit zur Stadt geraten würden. Spätestes nach der nächsten Wahl sei die Finanzierung nicht mehr sicher. Abhängig wären sie vermehrt auch von dem Wohlwollen der städtischen Behörden. Die Sprecherin argumentiert weiter: “Nicht zuletzt sind Vereinsstrukturen aus unserer Sicht zu hierarchisch und widersprechen unserer Auffassung von Selbstverwaltung mit Konsensentscheidungen, die in den letzten sieben Jahren aufgebaut wurde.” Unter veränderten Bedingungen (z.B. geeigneteren Alternativobjekten) würden die Besetzer_innen diese Entscheidung noch einmal neu diskutierten und die Vor- und Nachteile neu abwägen.

Die Bewohner_innen und Nutzer_innen betonten mehrfach in den zurückliegenden Erklärungen, dass sie um den Fortbestand des bisherigen Projektes kämpfen wollen. Die Erfurter Antifagruppe AG17 (www.ag17.antifa.net)brachte den Hintergrund der Vorgehensweise auf den Punkt: "Die linke Szene in Erfurt und Thüringen sollte nicht widerstandslos das Projekt Besetztes Topf und Söhne - Gelände aufgeben. Auch wenn es rein strategisch und juristisch gesehen überhaupt keinen Zweck hat, sich der Räumung zu widersetzen ist es notwendig, diesen Schritt zu gehen. Nur so kann gesellschaftlich klar gemacht werden, dass es einen Willen nach Alternativen im Jetzt und Hier geben muss. (..) Rücksichten auf die argumentativen Nöte von Thierbach und Bausewein gegenüber der Law and OrderFraktion der CDU im Stadtrat Erfurts sollte es dabei nicht geben. Es geht hier um mehr als nur demokratisches Parteiengerangel. Kämpfe um Besetzte Häuser und Projekte waren schon immer auch politische und soziale Kämpfe, in denen sich die Mittel nicht daran messen lassen, was erlaubt und verboten ist sondern was angemessen und angebracht ist."

In den nächsten Wochen sind Infoveranstaltung in allen möglichen Städten geplant. Dort geht es vor allem um eine Mobilisierung zu der am 22. November geplanten Demonstration in Erfurt, die unter dem Motto "HÄNDE WEG vom Besetzten Haus in Erfurt!" um 13 Uhr am Erfurter Hauptbahnhof beginnen soll. Auf den Infoveranstaltungen soll es darüber hinaus auch um Strategien und Konzepte für den Tag X einer möglichen Räumung gehen. Wer noch eine Mobiveranstaltung organisieren mchte, oder Plakate und Flyer bestellen will, sollte sich bei e-mail:  squat.ef@gmx.net melden.

Bisher sind folgende Mobiveranstaltungen geplant:
30. Oktober, 19 Uhr, Café Wagner in Jena
6. November, ?? Uhr, Bandito Rosso in Berlin
6. November, ?? Uhr, Liwi in Leipzig
10. November, 20 Uhr, Jukuz Oetinger Villa Darmstadt
11. November, ?? Uhr, Next Steffi in Karlsruhe
11. November, 20 Uhr, Wasserturm in Eisenberg
13. November, 19.30 Uhr, Sozialistische Selbsthilfe Köln
14. November, ?? Uhr, la datscha in Potsdam
18. November 20 Uhr, Offene Arbeit in Erfurt

Aktuelle Informationen auf den Seiten:
www.topf.squat.net (Seite des Besetzten Hauses)
www.antifa-support-topfsquat.de.vu (Antifa-support für das besetzte Haus)
www.haendeweg.blogsport.de (Mobilisierungsseite für die Demo, mit Bannern etc.)
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