Troy Davis: Hinrichtung erneut ausgesetzt

Kurt Sonntag 24.10.2008 19:41 Themen: Antirassismus Netactivism Repression Weltweit
+++ 11. Bundesberufungsgericht der USA stoppt Hinrichtung von Troy Davis +++ Möglichkeit für neue Berufungen eingeräumt +++ Verteidigung hat 15 Tage Zeit
Unglaublich gute Nachrichten aus Georgia, USA.

Bereits zum dritten Mal (!) ist aufgrund von Protesten und Anwaltsinterventionen die Hinrichtung von Troy Davis im US-Bundesstaat Georgia ausgesetzt worden.
Vor wenigen Stunden entschied das 11. Bundesberufungsgericht der USA, Troys Verteidigung die Chance auf weitere Präsentation von Material einzuräumen.

Genaueres in einem ersten Artikel  http://www.newsday.com/news/nationworld/nation/wire/sns-ap-georgia-execution,0,3444098.story

Anscheinend geht es um die juristische Frage, ob Troy Davis und seine Verteidigung "zwingende Anforderungen" erfüllen kann, die eine mögliche Runde neuer Anträge rechtfertigen könnte.
Die Verteidigung hat jetzt eine Frist von 15 Tagen, um ihr Material einzureichen.

Kiilu Nyasha, eine Sprecherin der inzwischen in vielen Ländern aktiven Bewegung für das Leben von Troy Davis sagte: "Wir haben Troys Leben bereits zweimal retten können, wir werden es auch zum dritten Mal schaffen!"

Troy Davis sollte sowohl am im Sommer 2007 als auch am 23. September diesen Jahres hingerichtet werden, obwohl der wg. angeblichen Polizistenmordes verurteilte Afroamerikaner mit seiner Verteidigung zahlreiche Hinweise auf seine Unschuld beigebracht hatte. Erst am 10. Oktober war ihm vom US-Supreme Court ein neues Verfahren verweigert worden, was zu einem dritten Hinrichtungstremin für den 27.10.08 geführt hatte.

Mehr Hintergründe hier  http://de.indymedia.org/2008/09/227936.shtml

Troy Davis war allein durch Augenzeugen in einem Verfahren 1992 belastet worden, einen Polizisten, der nicht im Dienst war, erschossen zu haben. Es gab keine weiteren Indizien (Tatwaffe, Fingerabdrücke, genetisches Spurenmaterial oder sonst irgendwelche forensischen Beweise). Troy Davis hat die Tat stets bestritten. Sieben der neun Belastungszeugen zogen ihre Aussagen in den Folgejahren zurück und gaben an, von der Polizei in Georgia unter Gewaltandrohung gezwungen worden zu sein, Troy Davis zu belasten. Einer der beiden verbliebenen "Augenzeugen" ist jemand, der von vielen anderen als der eigentliche Mörder bezeichnet wird.
Die offensichtliche gerichtliche und politische Arroganz und der damit einhergehende Rassismus hatten in den letzten Monaten sehr viele Menschen innerhalb und ausserhalb der USA gegen den drohenden Justizmord protestieren lassen.
Neben vielen Demonstrationen und Blokaden vor Gerichts- und Regierungsgebäuden waren es auch weltweite Online-Proteste Hunderttausender Todesstrafengegner_innen sowie das öffentliche Protestieren von Leuten wie Jimmy Carter, dem katholischen Papst oder auch dem Europa-Parlament, die die ansonsten stetig laufende Hinrichtungsmaschine in den USA zumindest zeitweise unterbrechen konnte.

Ähnlich wie der Fall des seit 1981 inhaftierten Journalisten Mumia Abu-Jamal in Pennsylvenia zeigt sich in diesem Fall, dass die Todesstrafe an sich in den USA ein Instrument zur Einschüchterung der eigenen Bevölkerung und zur Absicherung von Macht ist.
Mit "Gerechtigkeit" hat sie nichts zu tun. Sie trifft vor allem Menschen mit geringem Einkommen und überwiegend Nicht-Weisse.
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Ergänzungen

Druck für Gerechtigkeit aufrechthalten

Heidelberger Netzwerk gegen die Todesstrafe 26.10.2008 - 21:27
Auch wenn Troy Davis damit noch nicht gerettet ist, ist das ein spektakulärer Erfolg der laut Amnesty International weltweit über 200.000 Menschen, die sich für ihn eingesetzt haben. Jetzt kommt es darauf an, den Druck für Gerechtigkeit weiterhin aufrechtzuerhalten und zu steigern: Troy Davis, ein nach allen vernünftigen Maßstäben unschuldiger Mann im Todesstrakt des US-Staats Georgia, darf nicht sterben!

Can Georgia do right?

David Morse 28.10.2008 - 00:45
Published on Saturday, October 25, 2008 by CommonDreams.org
Can Georgia Do Right?
Troy Davis: What the Stay of Execution Means?

 http://www.commondreams.org/view/2008/10/25

Mumia on Troy Davis

Mumia-Hörbuchgruppe 29.10.2008 - 19:56
Time for Troy is Now!

[col. writ. 10/22/08]

(c) '08 Mumia Abu-Jamal


As these words are written, Troy Davis's life may be measured in hours, if Georgia has its way.

His case is proof positive of how easy it is for a state to send someone to the death house, and how hellishly difficult it is to fight one's way out.

His case is ripped throughout with false testimony, with 80% of his trial witnesses now admitting as much. Of 9 people who testified at trial, 7 have recanted, saying they were forced by the cops to lie on him.

One, Jeffrey Sapp, swore by affidavit that "The police came and talked to me and put a lot of pressure on me to say 'Troy said this' or 'Troy said that.' I got tired of them harassing me, and they made it clear that the only way they would leave me alone is if I told them what they wanted to hear. I told them that Troy told me he did it, but it wasn't true. Troy never said that or anything like that."

But these recantations have fallen on deaf judicial ears, both in Georgia, and in Washington. Indeed, there has never even been a hearing on these recantations.''
In another era, Davis would've had a new trial. But that was before the draconian AEDPA (Anti-Terrorism and Effective Death Penalty Act), of 1996, (signed into law by Bill Clinton, by the way), that makes it increasingly difficult for judges to grant relief -- or even to get hearings.

In fact, even the state court judge, Georgia's Supreme Court Justice Leah Ward Sears, in her dissenting opinion, noted that the bar has been set so high for granting a new trial that no one could meet it.

Not even Troy Davis -- an innocent man.

If Troy Davis is to be saved, it will take the People to demand it.

For more information, contact: www.amnestyusa.org/troydavis or
www.troyanthonydavis.org.

-- (c) '08 maj

neue Unterschriftenaktion für Troy Davis

Mumia-Hörbuchgruppe 15.11.2008 - 17:26
Amnesty International USA hat eine neue Unterschriftenaktion für den Todestraktinsassen Troy Davis gestartet. Bereits dreimal konnte seine Hinrichtung durch starke Proteste in letzter Minute verhindert werden. Während im Augenblick viele mit Spannung auf die Entscheidung warten, ob das zuständige Bundesberufungsgericht ein neues Verfahren für Troy anordnen wird, konzentriert sich die Amnesty-Aktion auf den Governeur Georgias, George Perdue.
Entgegen der von ihm und anderen mehrfach gemachten Behauptung räumt die Verfassung des US-Bundesstaates von Georgia durchaus die Möglichkeit des Eingreifens durch den Governeur ein.

Da die Beweislage gegen Troy Davis extrem "dünn" ist (es gibt lediglich neun Augenzeugen, von denen sieben ihre Aussagen zurückzogen und keinerlei Fingerabdrücke, genetische Spuren, Tatwaffe oder Motiv), ruft diese Brief/Faxaktion den Governeur dazu auf, von seinem Recht Gebrauch zu machen und die Hinrichtung gegen Troy vollständig auszusetzen.

Hier ist das Online-Formular  http://www.amnestyusa.org/troydavis

Bitte unterschreibt und verbreitet die Aktion weiter.