Naziprozesse in Berlin #5

Prozess-Beobachter_in 24.10.2008 16:56 Themen: Antifa
Am heutigen 24. Oktober 2008 fand ein Prozess gegen den Berliner NPD-Vorsitzenden Jörg Hähnel statt. Dieser hatte in seiner Funktion als NPD-Verordneter in der der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung einen Antrag mit dem Titel „Umbenennung des Anton-Saefkow-Platzes in «Waldemar-Papst-Platz»“ die Ermordung der KommunistInnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als „entschlossene Tat“, die „politisch geboten“ und „von der deutschen Geschichte“ als „förderlich legitimiert“ sei, dargestellt. Die Lichtenberger Abgeordnete Katrin Framke (parteilos, für die Linkspartei) erstattete daraufhin Anzeige.
Der Tag:
Die Wortmeldung Hähnels in der BVV kam nicht überraschend. Einerseits, weil Hähnel bereits in der Vergangenheit immer wieder revisionistische und NS-verherrlichende Statements gebracht hatte. Andererseits weil der Antrag auf der Internetseite der Lichtenberger BVV angekündigt worden war. So waren neben den Verordneten der Lichtenberger Parteien auch zahlreiche BürgerInnen anwesend, als Hähnel seine Erklärung verlas. Diese übertraf in ihrer Wortwahl jedoch die schlimmsten Erwartungen, so dass sie zu Protestrufen aus dem Publikum führte und dazu, dass die Verordneten der anderen Parteien den Saal verließen oder sich zu den Protestierern im Publikum stellten. In seiner Rede sprach Hähnel unter anderem davon, dass Hitler den Deutschen nicht „Brot und Arbeit“ nicht nur verspracht, sondern auch verschaffte.
Im Nachgang der BVV-Sitzung und der darauf folgenden öffentlichen Proteste meldete die NPD im Lichtenberger Weitlingkiez einen Aufmarsch an. Dieser sollte am 13. Januar 2008 – also parallel zur jährlich stattfindenden Luxemburg-Liebknecht-Demonstration - zu Ehren der Freikorps, der Mörder Luxemburgs und Liebknechts stattfinden. Der Aufmarsch wurde von der Berliner Versammlungsbehörde untersagt.

Der Prozess:
Jörg Hähnel, der vom Nazi-Anwalt Wolfram Nahrath vertreten wurde kam nicht allein. Er wurde von 7 weiteren Neonazis begleitet, die sich aus dem Pankower und Berliner NPD-Verband rekrutierten. Neben Hähnels Frau Stella und Stefan Lux („Fraktionsgeschäftsführer“ der NPD) waren drei Neonazis vertreten, die im Warteraum des Gerichts während des Einlasses eine Schubserei mit anwesenden Prozessgästen begannen. Das zahlreiche Erscheinen von teils prominenten ProzessbeobachterInnen (unter anderem Evrim Baba (Linkspartei Berlin) und Hans Coppi (VVN/BdA Berlin)) konnte verhindern, dass die Neonazis als ZuschauerInnen am Prozess teilnehmen konnten.
Die Pankower Neonazis Daniel Steinbrecher und Andy Fischer begleiteten Hähnel bis zum Gericht, folgten ihm allerdings nicht ins Gebäude.
Ein Neonazi schaffte es trotzdem in den Gerichtssaal. Der „Reichsbürger“ und Holocaustleugner Gerd Walter versuchte dem Prozess unerkannt im Zuschauerraum beizuwohnen. Nicht nur sein Thor Steinar-Pullover ließ seine Tarnung auffliegen.

Hähnel gab zu beginn des Prozesses zu Protokoll, dass er keine Aussage machen werde, außer das in der BVV getroffene Statement, das er dann auch vollständig verlas.
Nach einer ausführlichen Schilderung Katrin Framkes der Situation im Bezirk und der Vorkommnisse rund um den Antrag ergriff Hähnels Verteidiger das Wort. Er fragte Franke, woher sie die Informationen hätte, dass Rosa Luxemburg ermordet worden wäre und wann genau. Er stellte gegenüber der Richerin heraus, das es nie eine Anklage oder Verurteilung zum Tod Luxemburg gegeben hätte, sie aus juristischer Sicht keine Straftat wäre. Er versuchte zudem, die politische Einstellung Rosa Luxemburg in den Fokus zu rücken. Dabei kam es zu mehr als skurrilen Dialogen:

Nahrath: „Sie sind sich schon bewusst, dass Luxemburg mitbeteiligt am bolschewistischen Terror der Zeit war?“
Framke: „Soweit ich weiss, haben Liebknecht und Luxemburg niemanden umgebracht.“
Nahrath: „Das weiß natürlich niemand, weil niemand dabei war!“

Die Forderung, Akten über die damaligen Ermittlungen einfließen zu lassen, wies die Richerin zurück. Der Versuch Nahraths darzustellen, das mit der Ermordung Luxemburgs keine Straftat begangen worden sei und somit Hähnel keine Straftat gebilligt hätte scheiterte. Gerade die agressive und offen revisionistische Prozessführung Nahraths sorgte für teils lauten Unmut unter den ProzessbeobachterInnen, unter denen sich Verfolgte des Naziregimes befanden.

Das Urteil:
Die Richterin folgte nicht der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Haft forderte und verhängte als Urteil eine Geldstrafe von 4500€ über den NPDler.

Der nächste Prozess wartet bereits auf Hähnel. Ihm wird vorgeworfen, gegen das Berliner Wahlgesetz verstoßen zu haben, indem er falsche Angaben über seinen Wohnsitz gemacht haben soll. Sollte das Gericht dieser Ansicht folgen, würde Hähnel seinen Sitz in der Lichtenberger BVV verlieren.

Anmerkungen:
Waldemar Papst gab den Befehl zur Tötung von Liebknecht und Luxemburg.

Infos zu Jörg Hähnel:  http://users6.nofeehost.com/nazisinpankow/02-haehnel1.htm
Infos zu Wolfram Nahrath:  http://users6.nofeehost.com/nazisinpankow/02-nahrath.htm
Infos zu Daniel Steinbrecher, Stella Hähnel, Andy Fischer:  http://www.nazis-in-pankow.de.vu

Pressemitteilung zum Wohnsitz Hähnels:  http://pankow.antifa.net/pmhaehnel.htm
Artikel über den Mord-Prozess um Luxemburg und Liebknecht:  https://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=ku&dig=2008%2F04%2F14%2Fa0022&cHash=59c0abd5d4

Vergangene Naziprozesse:
Nummer 1:   http://de.indymedia.org/2007/03/171875.shtml
Nummer 2:   http://de.indymedia.org/2007/05/178021.shtml
Nummer 3:   http://de.indymedia.org/2007/06/185830.shtml
Nummer 4:  http://de.indymedia.org/2007/10/196634.shtml
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Ergänzungen

Hähnels wohnen Am Mellensee

... 25.10.2008 - 00:20
Passend dazu, die Pressemitteilung vom Antifa Recherche Team Teltow-Fläming zum Umzug der Hähnels:
NPD-Kader ziehen nach Teltow-Fläming

Berliner NPD-Vorsitzender und HDJ-Kader Jörg Hähnel und dessen Frau ziehen nach Mellensee (Landkreis Teltow-Fläming, Brandenburg)

Am kommenden Sonntag plant der Berliner NPD-Vorsitzender Jörg Hähnel (33) und dessen ebenfalls rechtsextrem aktive Frau Stella Hähnel (36) ihr neues Haus in der Sperenberger Straße 12, 15383 Am Mellensee in Teltow-Fläming zu beziehen. Zuvor wohnten beide in Hohen Neuendorf (Oberhavel) nördlich von Berlin.

Jörg Hähnel ist Multifunktionär der NPD, er ist Berliner Landesvorsitzender, Mitglied im Bundesvorstand und Verordneter im Kommunalparlament von Berlin-Lichtenberg. In dieser Funktion sorgte Hähnel auf einer Sitzung am 25. Januar 2007, in der er die NS-Justiz und namentlich die Hinrichtung des Widerstandskämpfers Erwin Nöldner verteidigte und so „offen seine Sympathie für den Nationalsozialismus und die damalige Ermordung politischer Gegner“ zeigte, für einen Eklat.[1]

Anfang Mai 2007 wurde Hähnel in Schwerin von Sicherheitsbeamten des Landtags Mecklenburg-Vorpommern dabei erwischt, wie er einen 40 cm langen Teleskopschlagstock hineinschmuggeln wollte. Hähnel begründete das Mitführen der Schlagwaffe damit, dass er diesen aus „Selbstschutzgründen“ immer bei sich trägt.[2]

Demnächst muss sich Hähnel wiedereinmal vor Gericht verantworten. Zuletzt war ein Verfahren wegen Volksverhetzung im April 2007 gegen Zahlung von 300€ eingestellt worden.[3] Diesmal muss er wegen einer weiteren Provokation, Hähnel hatte am 13. Dezember 2007 in einer Sitzung als Bezirksverordneter die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gebilligt, am 10. September um 12.30 Uhr, im Amtsgericht Tiergarten Raum D113 wegen der Billigung von Straftaten erscheinen.

Jörg Hähnel ist auch führendes Mitglied der „Heimattreuen Deutschen Jugend“, kurz HDJ. Die größte Jugendorganisation der rechten Szene veranstaltet geheime Zeltlager für Kinder und Jugendliche um diese im Sinne einer nationalsozialistischen Tradition zu erziehen.[4] Zuletzt trat in Teltow-Fläming die HDJ in Erscheinung als diese am 4. November 2006 in dem Gasthaus “Zur Eiche” in Blankenfelde ihren alljährlichen “Märkische Kulturtag” durchführte. Eine Journalistin die über diese Veranstaltung berichten wollte wurde dabei von Teilnehmern attackiert.[5]

Stella Hähnel ist nicht weniger aktiv als ihr Ehemann. Sie ist im Berliner NPD-Landesvorstand als Beisitzerin sowie als Pressesprecherin des Landesverbandes tätig. Zudem ist sie Mitbegründerin des „Ring Nationaler Frauen“ (RNF), eine bundesweite Unterorganisation der NPD, und wurde dessen Pressesprecherin.

[1] http://nip-berlin.de/daten/index.php?option=com_content&task=view&id=44&Itemid=41
[2] http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/NPD-Schwerin-Landtag-Rechtsextremismus;art122,1855842
[3] http://nip-berlin.de/daten/index.php?option=com_content&task=view&id=142
[4]Der Rechte Rand, Ausgabe 113 Schwerpunkt: Nazis und ihre Kinder ( http://www.nadir.org/nadir/periodika/drr/index.php/artikel/113/3)
[5] http://aatf.antifa.net//index.php?option=com_content&task=view&id=18&Itemid=2

Wo waren Hähnels Freunde?

Lee 25.10.2008 - 09:10
Danke, dass nochmal en detail dargestellt wurde, welche Nazis gestern vor Ort waren.

Etwas gewundert hat mich allerdings schon, dass nur so wenige "Kameraden" Hähnels da waren. Im Gerichtssaal selber war zunächst nur der Holocaust-Leugner Walter, nach einer Pause außerdem noch Hähnels Frau sowie ein anderer Nazidepp. Ansonsten war der gesamte Gerichtssaal voll mit AntifaschistInnen (und vor der Tür sah es genauso aus)!! Ist die "nationale Solidarität" nicht mehr angesagt oder können die Nazis Hähnel einfach nicht mehr leiden?!

Der einzige Grund, warum die Richterin vom Antrag der Staatsanwaltschaft abgewichen ist (Geldstrafe statt Freiheitsstrafe auf Bewährung) war übrigens die Tatsache, dass die letzte Verurteilung Hähnels schon ein paar Jahre zurückliegt und er damals mit 22 Jahren noch ein junger Erwachsener war. Ansonsten folgte sie der Argumentation der StA komplett und ließ sich zum Glück auch nicht auf Naraths pseudo-historischen Ausführungen ein...

Neonazi ist Sexgangster von Niederwiesa

http://www.sachsen-zeit.de 25.10.2008 - 10:59
Neonazi als Sexgangster von Niederwiesa überführt

Niederwiesa/Chemnitz. Schwerer Schlag für die Neonazi-Szene in Sachsen. Ausgerechnet einer der ihren wurde jetzt von der Polizei als Sexgangster überführt. Der Frankenberger (20) hat demnach im Dezember vergangenen Jahres zwei Schulmädchen in Niederwiesa missbraucht. Der junge Mann zählt nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Umfeld der verbotenen Neonazi-Kameradschaft „Sturm 34“.


Die beiden damals 10 und 11 Jahre alten Mädchen waren Anfang Dezember 2007 auf dem Weg zur Schule, als sie an der Gartenanlage „Hopfenberg“ von einem zunächst Unbekannten mit einer Pistole bedroht wurden. Der Täter zwang sie in eine Gartenlaube und verging sich an der 11-Jährigen, während ihre Schulfreundin zusehen musste. Fast ein Jahr lang haben Freiberger Kriminalisten in diesem Fall ermittelt: Zeugen wurden befragt, mit einem Phantombild wurde nach dem Täter gefahndet, über 30 von Kriminaltechnikern am Tatort gefundene Spuren wurden gesichert und ausgewertet, Hinweisen zu sechs namentlich genannten Männern wurde nachgegangen. Sie waren aufgrund der Personenbeschreibung und der Beschreibung ihrer Bekleidung ins Visier der Kriminalisten gekommen, schieden jedoch als Täter aus.

Lange Zeit tappten die Ermittler im Dunkeln. Erst vor gut einer Woche kam Bewegung in den Fall. Das Kriminalwissenschaftliche und -technische Institut des Landeskriminalamtes meldete am 15. Oktober einen Treffer in der DNA-Datei. Die Spur des Sexgangsters und eine Spur, die bei einem Wohnungseinbruch im Mai 2008 in Frankenberg gesichert worden war, stimmten überein. Bei diesem Einbruch war unter anderem der 20-Jährige als Verdächtiger ermittelt worden. Eine nun von dem Frankenberger abgegebene Speichelprobe untermauerte das Untersuchungsergebnis der Kriminaltechniker.

Der Neonazi wurde festgenommen. Es wurde Haftbefehl erlassen. Bislang verweigert er die aussage. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist er unter anderem wegen so genannter Staatsschutzdelikte wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen bekannt.

Pikant ist der Fall vor allem deshalb, weil die Neonazi-Szene immer wieder die Wiedereinführung der Todesstrafe für Kinderschänder fordert. Besonders den Mordfall an der achtjährigen Michelle aus Leipzig hatten die Rechtsextremen in den vergangenen Monaten immer wieder für ihre Zwecke missbraucht. Bereits am kommenden Samstag wollen Neonazis in Döbeln erneut für eine Verschärfung des Strafrechts demonstrieren.

Brennender Kanister an Jüdischem Friedhof

Polizeibericht 25.10.2008 - 11:31
Brennender Kanister an Jüdischem Friedhof
Pankow
# 3282

Ein Feuer an der Mauer des Jüdischen Friedhofs in der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg bemerkte ein Zeuge heute früh gegen 3 Uhr 10. Die alarmierte Feuerwehr löschte die Flammen mit Sand. Polizeibeamte stellten auf dem Gehweg an der Friedhofsmauer insgesamt drei Kanister fest, die mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllt waren. Einer war vollständig ausgebrannt, der Inhalt des zweiten war ausgeschüttet worden und der dritte Kanister war unversehrt. Das Landeskriminalamt hat Ermittlungen wegen umweltgefährdender Abfallentsorgung und Sachbeschädigung aufgenommen.

Korektur

Egal 05.11.2008 - 19:39
Ich weiß, dass man Gerd Walther mit "H" geschrieben wird

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

merkwürdige argumentation — (muss ausgefüllt werden)

@... — saul