Italien - Siegeszug des Faschismus

Nichtidentisches 22.10.2008 12:45
In Italien haben sich die "Post"-faschisten durchgesetzt und die Trennung von ausländischen Schülern von italienischen unter dem Vorwand der Sprachförderung erwirkt.
Der Umgang mit Flüchtlingen ist weder primär noch sekundär ein ökonomisches Problem. Auf dem heutigen Stand der Produktionsmittel ist es auch innerhalb kapitalistischer Produktionsweise allein eine kulturelle und ideologische Frage, wie mit Menschen umgesprungen wird, die von externen Faktoren zur Flucht gezwungen werden. Für viele afrikanische, amerikanische oder asiatische Staaten ist es absolut üblich, Millionen von Flüchtlingen aufzunehmen. Die USA sicherten sich so über lange Zeit ein imposantes Subproletariat ebenso wie gut ausgebildete Eliten. In dem knapp 300 Millionen Menschen zählenden Staat ist es selbst für konservative Regierungen kein Problem, mal eben immerhin einige Millionen illegaler Immigranten zu legalisieren. Pakistan nahm Millionen afghanischer Flüchtlinge auf, in die bettelarmen Nachbarländer des Sudan strömten Flüchtlinge aus Darfur und Kenia sorgte schlecht und recht für die somalischen Flüchtlinge, die infolge der Inkompetenz der UN immer noch nicht zurückkehren können. Würden sich aber beispielsweise in Indien Regionen nach Überschwemmungen weigern, die Millionen Binnenflüchtlinge aufzunehmen, die Welt wäre entsetzt und schnell dabei, das etwa als exotischen Ausdruck hinduistischer Gleichgültigkeit zu geißeln.

Staaten wie Deutschland oder Italien nehmen für sich in Anspruch, mit fadenscheinigen Argumenten wie Integrationsproblemen oder Arbeitsmarktkomplikationen Menschen fundamentale Grundrechte zu verweigern. Italien nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein und mausert sich in Riesenschritten zum Entrepreneur in Sachen demokratischer Faschisierung. Vernichtungsphantasien von Seiten der starken Rechten tobten sich schon lange an wehrlosen Objekten aus: Flüchtlingsboote wollte mancher bombardieren, in den Lagern, in denen Flüchtlinge konzentriert werden, herrschen unmenschliche Zustände, während wenige Kilometer weiter der Papst weihevolle Reden von Mitgefühl hält. Sinti und Roma sind prädestinierte Zielgruppen aller europäischen nationalistischen Bestrebungen und in Italien auf der gar nicht sprichwörtlichen Abschussliste ganz oben verzeichnet. Kriminelle Akte, unausrottbare Normalität in der bürgerlichen Gesellschaft und erst recht in einem mafiösen Staat wie Italien, werden dann zum Anlass genommen, massenhafte Ausschaffungsaktionen durchzuführen. Maßnahmen wie die gesetzliche Abnahme von Fingerabdrücken von Roma-Kindern sind erste Produktionsschritte der altbekannten, aber in Sachen Modernisierung generalüberholten Exterminierungsmaschinerie. Während sich in Neapel Müllhaufen seit Jahren stapeln, hat man noch genügend Bulldozer und Mittel parat, um bei Nacht und Nebel einige illegale Roma-Siedlungen zu beseitigen.

Jetzt haben sich die italienischen Faschisten endgültig durchgesetzt mit der Forderung nach einer Trennung von Schulklassen: Ausländer, die nicht genügend Italienischkenntnisse aufweisen, sollen separat unterrichtet werden. Die Bigotterie des als rational vorgeschobenen Arguments, es gehe darum, den Schülern Italienisch beizubringen, wird an der gleichzeitigen Kürzung von Lehrstellen deutlich. Die markierte Differenz feiert Urständ: In deutschen Foren tobt der Jubel, jeder dritte Kommentar feiert die italienische Entschlossenheit und jeder zweite weiß von Problemen zu berichten, die durch mangelnde Sprachkenntnisse ja so wirklich und real entstünden. In afrikanischen Staaten ist es allerdings normal, dass Schulklassen zwei-, drei- oder fünfsprachig stattfinden, ohne dass das zu größeren Problemen als den üblichen ökonomischen führen würde. Wer allemannische Dialekte aus dem Schwarzwald oder hessisches Platt kennt, würde Sprachkenntnisse im Deutschen nicht leichtfertig vom Pass abhängig machen. In Deutschland mit seinen 8-10 Millionen mehr oder weniger türkisch sprechenden Bürgern ist es gleichsam undenkbar, Türkisch als zweite Amtssprache auch nur anzudenken. Selbst englischsprachige Filme werden zu 100 Prozent synchronisiert, während man in den östlichen Nachbarländern sehr selbstverständlich auch deutsch spricht und etwa die Schweiz mit drei Amtssprachen brilliert. Reale Probleme des Bildungssystems stehen somit kaum zur Debatte: Schließlich werden sie nicht liberal und rational zu Gunsten einer gleichberechtigten Schülerschaft verhandelt. In Wirklichkeit geht es nur um einen weiteren erfolgreichen Tabubruch bei der Einrichtung eines fremdenfeindlichen Faschismus. Den zum Erfolg Bestimmten solle die Unfähigkeit der Fremden ein Hemmschuh sein. Der Widerspruch, warum ökonomisch sehr viel schlechter gestellte Staaten sehr viel selbstverständlicher mit Flüchtlingen umgehen, juckt im Land des Katholizismus wenig. Die Linke gibt sich indes unehrlich empört. Wo gegen die USA noch Millionen auf die Straße gingen, versammeln sich angesichts der Manifestierung solcher faschistischen Umtriebe in der italienischen Staatspolitik einige wenige Grüppchen zum bunten Händchenhalten.

 http://nichtidentisches.wordpress.com/2008/10/21/italien-wieder-ein-hort-des-faschismus/

[Dem Autor ist die Tatsache bewusst, dass dieser Text ein Crossposting darstellt. Er hält das Thema für momentan unterrepräsentiert und versucht dadurch temporär eine Lücke auf indymedia zu füllen und die Diskussion um den Gegenstand anzufachen]
Public Domain Dedication Dieses Werk ist gemeinfrei im Sinne der Public Domain
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

berlusconi sucks

xxx 22.10.2008 - 20:06
Was an den Italienischen Schulen und Universitätet gerade passiert ist nicht gut. Deswegen werden in Italien auch gerade viele Schulen und Universitäten besetzt. Leider wird darüber in den italienischen Medien nicht sehr viel berichtet. Gleichzeitig haben im letzten halben Jahr Übergriffe auf Migranten, Roma und Sinti rapide zugenommen, wobei auch Menschen umgebracht worden sind. Im vergleich zu Deutschland kommt es hier aber nicht zu einem "Aufstand der Anständigen" oder vergleichbarem. Stattdessen wird die Fremdenfeindlichkeit von der Regierung gefördert. Ja ja das kommt auch in Deutschland vor, und die deutsche Abschiebepolitik ist auch zu verurteilen. Aber was nicht geht ist Berlusconi zu verherrlichen, auch nicht aus antideutscher Perspektive!!!

Rückkehr der Rassengesetze?

http://www.cafebabel.com 22.10.2008 - 20:49
Der Antrag der fremdenfeindlichen Partei Lega Nord, Klassen für Immigrantenkinder, so genannte 'Integrationsklassen', zu schaffen, wurde im Oktober mit 256 Ja-Stimmen und 246 Enthaltungen angenommen. Ein Meinungsbericht von Roberto Malini, Mitglied von EveryOne, einer Organisation, die gegen die Diskriminierung und für die Menschenrechte kämpft.

Nur ausländische Schüler, die den Aufnahmetest für die normalen Klassen nicht bestehen, werden diese so genannten “Integrationsklassen” besuchen müssen. Dieses neue Gesetz darf aber keineswegs unterschätzt werden, da die italienischen Institutionen damit neue, irrsinnige Ideologien, sowie Rassismus und Xenophobie hervorrufen, die bis vor einigen Jahren nur unter Neonazis und solchen Leuten anzutreffen waren, die sich nach den Rassengesetzen zurücksehnen.

Während der Debatte hat Roberto Cota, Gruppenchef der Lega Nord und Schützling von Umberto Bossi, der nie von seiner Seite wich, den Gesetzesvorschlag der Lega Nord folgendermaßen gerechtfertigt: Man wolle vermeiden, dass die ausländischen Kinder nach dem 31. Dezember in die Schule eingeschrieben werden und somit eine reibungslose Durchführung des Programms garantieren. Außerdem wolle man provisorische oder so genannte Integrationsklassen einführen, um dem unterschiedlich schnellen Lernprozess der ausländischen und der 'arischen', pardon italienischen Schüler entgegenzuwirken. In anderen Worten will man, dass die Zahl der ausländischen Schulkinder in einem proportionalen Verhältnis zur Zahl der italienischen Kinder steht, um zu vermeiden, dass sich ausländische Schulklassen bilden, in denen “es für unsere italienischen Schüler eben nicht mehr genügend Platz gibt”.

Rassengesetze reloaded?

Während des Naziregimes gab es 'staatliche Klassen für Juden' sowie 'Klassen für Ausländer', die durch Gesetzesdekrete eingeführt wurden. So wurde beispielsweise eine proportionale Obergrenze für “nicht arische Schüler” festgelegt, die bei 1,5 Prozent lag und dafür sorgen sollte, dass die deutschen Schulen nicht so überfüllt waren. In der Propaganda versuchte man dem deutschen Volk schließlich zu erklären, dass diese Veränderungen die Lebensumstände sowohl der Bürger des Reichs als auch der Ausländer verbessern würden, da Hitlers Deutschland - wie Goebbels versicherte - jeden willkommen heißen und integrieren wollte. “Die Propaganda ist eine Kunst”, schrieb Goebbels ebenfalls, “es spielt keine Rolle, ob sie die Wahrheit sagt.” Und heute lässt Bossi durch Cota wissen: “Die Integrationsklassen sind eine Maßnahme, um gegen den Rassismus anzukämpfen und eine wirkliche Integration zu ermöglichen.”

Offensichtlich versinkt Italien immer tiefer im Rassenhass. Und ist dabei immer verächtlicher. Wie während der Regimes von Mussolini und Hitler wurde jetzt auch ein “Mythos” zerstört, der sonst immer als unantastbar galt, nämlich jener der Integrität der Kindheit. Man muss nur ein Romalager besuchen, um zu verstehen, wie sehr die Intoleranz die Behörden und einen Großteil der italienischen Bevölkerung gefühlslos, ja gar unmenschlich in Anbetracht der unerwünschten Ethnien gemacht hat. Dort führen Hunderte von Kindern, mit Viren, Bakterien und Pilzen befallen, Tag für Tag einen Kampf gegen den Tod, sie werden von Ratten und vom Feuer verschlungen und von Schmutz, Hunger und der Witterung verbraucht.

Sollten die “Klassen für Ausländer” wirklich eingeführt werden, bedeute dies, dass die Kultur der Toleranz zerstört und die Grundlage für eine rassistische Ideologie immer mehr verstärkt würde. Von den Pogromen in den Institutionen käme es bald zu einer regelrechten “Rassenkultur”, dem Anfang des Untergangs der Demokratie und der Gesellschaft.

scheiße aber....

oliver 23.10.2008 - 00:29
Das ist natrülich ziemlich Scheiße... aber es ist nun nicht so außergewöhnlich. Als Lehrer kann ich bezeugen, dass das System in Deutschland noch viel perfider läuft: Ausländische Schüler und Schülerinnen, die nicht richtig Deutsch können, werden in der Regel einfach in Sonderschulen abgeschoben und sind so völlig angeschmiert.
Das deutsche Selketionssystem braucht ein solches Gesetz wie in Italien gar nicht, das wird anders geregelt.

Falsche Zahl

Nichtidentisches 23.10.2008 - 11:45
Da ist ein Fehler bei den Zahlen passiert für den ich mich entschuldige. 2 Millionen türkisch-sprachige Menschen dürfte eher hinkommen, die 8 sind definitiv falsch.