Rebellion der unbequemen Jugend in Bühl

Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg 14.10.2008 18:54 Themen: Antifa Freiräume Repression
Am Samstag, den 11. Oktober 2008, fand im mittelbadischen Bühl eine Antirepressionsdemo statt. Etwa 250 Menschen solidarisierten sich mit den jugendlichen Opfern der staatlichen Repression vom vergangenen Juli. Bis auf Begleitung durch die Bundespolizei von den Zugtreffpunkten, Vorkontrollen, dem ständigen Abgefilme und ein paar dummen Faschos konnte die Demo kraftvoll durch die Bühler Innenstadt ziehen. Sie setzte damit ein klares Zeichen gegen staatliche Repression und unterstrich die Forderungen nach einem selbstverwalteten Jugendraum in Bühl.
(Alle Bilder sind anklickbar)

Grund für die Antirepressionsdemo waren die 18 Hausdurchsuchungen am 16. Juli in ganz Mittelbaden, in Folge einer Partybesetzung knapp zwei Wochen zuvor. Am 4. Juli feierten und grillten etwa 50 Jugendliche über mehrere Stunden lang friedlich in einem seit Jahren leerstehenden Lagergebäude in der Meister-Erwin-Straße. Mit der Besetzung verliehen die Jugendlichen der Forderung einer erst seit kurzem bestehenden Initiative nach einem selbstverwalteten Jugendraum Nachdruck. Zuvor hatten sich die Jugendlichen das mündliche Einverständnis von der Grundstücksbesitzerin eingeholt.


Massives Bullenaufgebot hinter der Demo

Als die Gruppe am Abend des 4. Juli geschlossen abzog, wurde sie von den Bullen mit Pfefferspray und Hunden angegriffen. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Drei AktivistInnen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen und bis spät in die Nacht auf dem Polizeirevier festgehalten. Im weiteren Verlauf des Abends kam es zu willkürlichen Polizeikontrollen durch angerückte Verstärkung aus Achern, Rastatt und Baden-Baden. Es reichte aus, sich in „alternativ aussehenden“ Kleingruppen in der Bühler Innenstadt zu bewegen, um ins Visier der BeamtInnen zu geraten.


Kein Tag ohne Autonomes Zentrum!

Direkt nach der Partybesetzung folgte die in Baden-Württemberg oftmals übliche rechts-konservative Hetze in der Lokalpresse. Hier wurden aus friedlich feiernden Jugendlichen auf einmal Randalierer und Steinewerfer: Eine Schlagzeile lautete „Selbstverwaltung als Randalemotiv“ und den Jugendlichen wurden „erhebliche Realitäts- und Wahrnehmungsdefizite“ vorgeworfen. Schon Wochen vor der Besetzug trug die Initiative ihre Forderungen mit einer Anfrage in den Gemeinderat, stieß dort aber nur auf Ablehnung der politisch Verantwortlichen.


One solution: Revolution!

Nicht einmal zwei Wochen später, am 16. Juli 2008, wurden im Großraum Bühl 18 Wohnungen von den Bullen durchsucht. Dabei wurden PCs, Handys, Festplatten und mp3-Player wie auch persönliche Fotos, zum Beispiel von SkifahrerInnen mit Skimasken während eines Skiurlaubes, beschlagnahmt. Die Aktion der Bullen ist eine weitere gezielte Durchleuchtung linker Strukturen und soll die Jugendlichen einschüchtern. Der zahlreichen Solidarität aus vielen Städten ist es zu verdanken, dass dieser Versuch misslang:

Freiburg: 1, 2, 3, Heidelberg: 1, 2, Ortenau, Schopfheim, Murgtal, Offenburg & Karlsruhe


Kein Gott! Kein Staat! Kein Mietvertrag!

Im Vorfeld der Demonstration organisierte das Antifaschistische Kollektiv Bühl zusammen mit betroffenen AktivistInnen eine Info- und Mobilisierungstour und machte in Offenburg, Freiburg und Pforzheim halt. Am 21. November 2008 wird im Karlsruher Kulturhaus Mikado eine Soli-Party für die Antirepressionsgruppe Mittelbaden stattfinden, um die laufenden Anwalts- und Prozesskosten decken zu können.

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Polizeiliche Zensur: vorher und nachher

Am 11. Oktober versammelten sich nun rund 250 Linke, um unter dem Motto „Unsere Solidarität gegen eure Repression! Gegen die Kriminalisierung der unbequemen Jugend!“ zu demonstrieren. Die Bullen versuchten die Demonstration mit Personenkontrollen und kleinlichen Auflagen zu schikanieren, ein „hochgerutsches Tuch über den Mund“ wurde schon als Vermummung gewertet und ein Transparent musste wegen des Spruchs „Fight Cops!“ zensiert werden. Eine minderjährige Person wurde von den Bullen festgenommen. Nach einer Belehrung wurde sie wieder freigelassen und musste von den Eltern abgeholt werden.

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Gemeinsam die Provinz rocken!

Nach der Auftaktkundgebung am Bühler Busbahnhof setzte sich der Demozug, angeführt von einem kleinen Schwarzen Block, gegen 13:30 Uhr in Richtung Bühler Innenstadt in Bewegung. Begleitet wurde die Demonstration von etwa 300 Bullen der Bereitschaftspolizeiabteilungen Böblingen und Göppingen, massig Zivilcops und in den Seitenstraßen lungerte eine BFE-Hundertschaft herum. Sichtlich erstaunt waren die BesucherInnen eines Straßenfestes, denn so etwas hatte es in Bühl noch nie gegeben. Bei den PassantInnen machte sich angesichts des großen Polizeiaufgebots Ratlosigkeit breit.

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Deutsche PolizistInnen...

Ein Nazi versuchte vor seiner Wohnung in der Bühlertalstraße 30 DemoteilnehmerInnen anzugreifen. Die Bullen drängten ihn ins Innere des Hauses, um ihn vor dem Schwarzen Block zu schützen. Von einem kurzen Schlagstockeinsatz ließ sich die Demo aber nicht einschüchtern und hielt kurz darauf am Johannesplatz die erste Zwischenkundgebung ab.

In den Redebeiträgen wurde die prekäre Situation selbstverwalteter Freiräume geschildert. Die Razzien und die darauf folgende Antirepressionsarbeit wurden ebenso thematisiert, wie kommende Repressionsprojekte der Landesregierung, insbesondere das neue Versammlungsgesetz.

Demonstrationen wie die in Bühl könnten nach dem Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs von CDU und FDP könnten am 1. Januar 2009 nicht mehr stattfinden, da sich der Entwurf explizit gegen den „Schwarzen Block“ der Autonomen richtet. Gegen das geplante neue Polizei- und Versammlungsgesetz werden am 29. November in Mannheim, am 6. Dezember in Stuttgart und am 13. Dezember in Freiburg Demonstrationen stattfinden.

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Zwischenkundgebungen am Johannesplatz und in der Meister-Erwin-Straße

Sogenannte „Autonome Nationalisten“ riefen im Vorfeld zur Verhinderung der Demo auf und es gab Gerüchte über eine faschistische Gegenkundgebung. Doch bis auf ein paar Nazis am Rande der Demo, welche von den Bullen mit Personalienkontrollen auf Distanz gehalten wurden, passierte nichts dergleichen. Nach einer kleineren Auseinandersetzung zwischen AntifaschistInnen und Nazis musste einer der Ewiggestrigen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Mit guter Musik und lauten Parolen zog die Demonstration durch badisches Wohngebiet, um in Sichtweite des noch immer leer stehenden potentiellen Autonomen Jugendzentrums (AJZ) in der Meister-Erwin-Straße eine weitere Zwischenkundgebung abzuhalten. Eine wohl von den Cops befürchtete Wiederbesetzung erfolgte nicht. Nach insgesamt etwa zwei Stunden endete die Demonstration ohne weitere Zwischenfälle am Bühler Bahnhof.


Großflächig abgeriegeltes Areal rund ums leerstehende Lagergebäude

Mit der überregional mobilisierten Antirepressionsdemonstration wurde ein weiteres kraftvolles Zeichen gegen staatliche Repression und für ein selbstverwaltetes Zentrum in Bühl gesetzt. Die linksradikale Szene zeigte sich nicht nur im Vorfeld solidarisch mit den kriminalisierten AktivistInnen. Die Reaktion der meisten PassantInnen war überraschend positiv, das Interesse für die Hintergründe der Demo war groß. Trotz des martialischen Aufgebots verhielten sich die Bullen meist zurückhaltend, es gab keine Fest- oder Ingewahrsamnahmen.


„Wir brauchen keine Hausbesitzer, denn die Häuser gehören uns!“

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Ergänzungen

Bleibt bei der Wahrheit!

-anon- 15.10.2008 - 08:30
Ach kommt schon Leute, dramatisiert mal nicht so heftig! Die Demo war im großen so wie beschrieben, aber der Nazi aus dem Gebäude hat uns nicht angegriffen sondern "nur" sehr stark provoziert. Und ja, ich war dabei! Ich stand direkt daneben (war eines der Opfer der knüppelwütigen Bullen).

faschogrüppchen

bürkle 15.10.2008 - 09:25
Laut Ordnungsamtcheffe hat ein Faschogrüppchen AN'S, die sich Richtung Demo bewegten, ein paar Straßen weiter ordentlich gefressen...wirklich ein Trauerspiel, diese Aktionsgruppe Südbaden....

@-anon-

antonia 15.10.2008 - 10:17
Der Fascho hat versucht, jemanden, der Ausserhalb der Transpis gelaufen ist, zu treten. Und diese Person war nunmal TeilnehmerIn dieser Demo. Da steht ja auch nicht geschrieben, dass er die Demo als gesamtes angreifen wollte (wäre auch in die Hose gegangen), sondern DemoteilnehmerInnen. Also das nächste Mal einfach konzentrierter lesen!

wer

wer 15.10.2008 - 17:23
erst mal die demo war ne super sache
das so was in dem proviz kaff möglich ist ..
weis jemand mehr
zu den ausseinadner setzungen ?(vorallem die gröse der gruppe wäre interesant)
mensch sollte hier echt mal nach forschen
wie viel nazis unterwegs waren
und woher die kommen

Ich hab auch einige sprühereien gesehn "atifa versenken"^^ nein ich hab mich nicht vertippt das stand so am bahnhof
und antifa go home
man sollte diese entwicklungen auf ejdenflal im auge haben
das nazis der art offensiv gegen unsere veranstaltungen mobiel machen sollte nicht zur normaltität werden

Bericht auf United Mutations

Fred 17.10.2008 - 15:44
Servus! War auch in Bühl anwesend und habe bei united Mutations einen Bericht verfasst
Siehe hier:  http://www.united-mutations.org/?p=15510
schönes WE

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 7 Kommentare

Fight Cops!

großstädter 14.10.2008 - 20:07
lol, da haben die bullen doch tatsächlich das "Fight Cops" aufm transpi überklebt. Hier würden sie die Transpi-Halter verprügeln, festnehmen und ne Anzeige wegen "Aufruf zu Straftaten" aufnehmen.

asd

asd 14.10.2008 - 21:33
^^ danke für die weisen worte aus der grostadt
kanst du dir vorstellen wie viel kraft es kostet struckturen
aus dme nix zu backen?
das sich in der tiefschwarzen provinz ne antifa gruppe aus dem boden stampft
ist wohl mit mehr einsatzt risiko und aufwand verbunden als
politsche arbeit in den großstädten

ansonst war die demo echt super
meistens gute und laute parolen

zu dem schlagstock einsatz sei erwähnt das es voll kommen keinen
anlass dazu gab und das wahllos auch auf ordner eingeschlagen wurde

nostalgisch

senior 15.10.2008 - 14:49
unglaublich sehe ich das richtig? ein AZ HEIDELBERG BLEIBT transpi?

das wurde doch noch im letzten Jahrtausend geräumt, ist das jetzt nostalgisch oder peinlich?

@senior

Junior 15.10.2008 - 15:18
Das ist extrem nostalgisch, aber auf keinen Fall peinlich! ;-)

@wer

holga 16.10.2008 - 00:28
Tut mir leid @"wer", aber deine Rechtschreibung lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass du der Urheber der
von dir genannten Fascho-Graffitis bist bzw. ein agent provocateur, der hier über mögliche Zahlenangaben des Faschogrüüpchens auf Ermittlungsergebnisse hoffst.
Fascho + Bullentrolls ignorieren!!!

@holger

genervt 16.10.2008 - 02:35
oha findest wohl rechtschreibung ordnung und deutsche tugend wichtig, holga? hm und dann andere als nazis outen wollen, da sag ich doch ganz kindisch, selber.

finde das mit den graffitis auch beunruhigend....

rebellion?

doe 17.10.2008 - 18:04
es gibt einen unterschied zwischen einer lautstarken demo und einer rebellion!
das gilt auch fürs 3 jahrtausend.
bei bedarf schreib ich mehr.