Worms: Filmwochenende zur Abschiebepraxis
„In meine Heimat? Ich kenne dieses Land überhaupt nicht"
Widerstandsgruppe Worms-Wonnegau thematisiert deutsche Abschiebungspolitik
Das erste Filmwochenende im „Kulturhaus Tafelgasse Zwölf“ (KuTaZ) bot zum Abschluss der diesjährigen Interkulturellen Wochen in Worms einen Einblick in die höchst fragilen Lebensumstände abschiebungsbedrohter Migranten in Deutschland.
„In meine Heimat? Ich kenne dieses Land überhaupt nicht!“ antwortet der junge Adil, der immer schon in Deutschland zuhause ist und nun in sein vermeintliches Heimatland, den Kosovo, abgeschoben werden soll. Deutlich wurde in dem Film von Esther Gronenborn nicht nur die Härte, mit der Menschen und ihre Sozialbeziehungen auseinandergerissen werden, sondern auch der gesellschaftliche Schaden, der auf beiden Seiten entsteht: Ob in Adils Breakdance-Gruppe, bei seinem Arbeitgeber oder bei seiner deutschen Freundin – der junge Mann reißt in Deutschland eine Lücke, die nicht einfach ersetzt werden kann.
Eine Reihe ausgewählter Dokumentarfilme rundete am Sonntagmittag das Bild ab – aufgezeigt wurde das ganze Spektrum existenzieller Gefühle, das Menschen aufgrund der vielfach rücksichtslosen Asylpolitik erleiden müssen: von Leid und Schrecken an Europas Außengrenzen über die Erniedrigung bei deutschen Ausländerbehörden bis hin zur unerträglichen Isolation in deutschen Abschiebelagern.
„Das Filmwochenende füllt eine Lücke im Wormser Kulturangebot, haben wir doch in Worms kein Programmkino,“ stellt Organisator Bernd Oliver Sünderhauf von der Widerstandsgruppe Worms-Wonnegau (WWW) fest. „Wir werden auch künftig versuchen, dieses Bedürfnis nach nichtkommerziellen Kultur- und Filmevents abzudecken. Das selbstverwaltete 'Kulturhaus Tafelgasse Zwölf' in Worms-Hochheim kann einer demokratischen Kultur von unten einen geeigneten Nährboden bieten, der sonst in Worms rar ist.“
Bei den Organisatoren freut man sich auch über zwei neue Mitstreiter, die an diesem Wochenende zur WWW stießen: „Wer uns für ein kurzlebiges Phänomen hielt, lag falsch.“ stellt Judith Kissel fest, „die Widerstandsgruppe ist von Jahr zu Jahr stärker und entschlossener geworden, und wir haben noch viel vor!“
Die Widerstandsgruppe Worms-Wonnegau (WWW) ging 2003 aus einer Gruppe engagierter Schüler hervor. Seitdem hat sie sich mit aufsehenerregenden Aktionen wie der Arbeitsamtsbesetzung 2005, dem 3K-Festival 2006, oder der Veranstaltung zur 'Festung Europa' 2007 einen Namen in Worms und der Region gemacht. Daneben nahm die WWW bundesweit an Konferenzen teil, aber auch an den G8-Protesten 2007 sowie dem diesjährigen Hamburger Klima-und Antirassismus-Camp und leistet hintergründige Unterstützungsarbeit.
Schwerpunktmäßig befassen sich die jungen Aktiven mit den Themen Kommerzialisierung, Sozialabbau, Ausbeutung, sowie dem Kampf gegen rechte Strukturen in der Gesellschaft. Zuletzt machte die WWW auch durch eine überregionale Konferenz zum Klimawandel auf sich aufmerksam. Zusammengehalten wird das breite thematische Spektrum durch die stets aufgezeigten Bezüge zu den Machtstrukturen im Kapitalismus. Die WWW trifft sich jeden zweiten Donnerstag im Kulturhaus Tafelgasse Zwölf in Worms-Hochheim, Interessierte sind stets herzlich eingeladen. Nächstes Treffen ist am 23. Oktober um 19 Uhr. Infos auch unter http://www.w-worms.de
Das Kulturhaus Tafelgasse Zwölf (KuTaZ) besteht seit 2007. Aus einer Hausbesetzung hervorgegangen, möchte das selbstverwaltete Zentrum eine Plattform für demokratische Kultur schaffen. Nach schwierigen Anfängen haben sich die Aktiven des KuTaZ bislang schwerpunktmäßig außer Haus engagiert und Veranstaltungen der WWW, aber auch die Wormser Radfahraktion 'Critical Mass' unterstützt.
Mit dem ersten 'KuTaZ-Filmwochenende' setzt das Wohn- und Kulturprojekt nun den Startpunkt für eine Kulturoffensive und sucht dafür noch engagierte Mitstreiter und Helfer. Infos zum KuTaZ unter http://www.kutaz-worms.de
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen