Halsbach (Obb): Proteste gegen NPD Gasthof

AutorIn 04.10.2008 13:55 Themen: Antifa
Am gestrigen Freitag (03.10.08) demonstrierten über 2000 Menschen in der oberbayerischen Gemeinde Halsbach gegen die Versuche der NPD in Halsbach ein Gasthaus zu erwerben bzw. anzumieten. An der sehr bürgerlich geprägten Demonstration beteiligten sich auch rund 100 Antifas. Rund 20 Neonazis befanden sich in den mit Nazitransparenten behangenen Gasthof Gruber und fotografierten und filmten die Demonstranten ab.
Halsbach ist ein kleines Dorf in Oberbayern. Etwa 870 Einwohnern die kleinste Gemeinde im Landkreis Altötting und unterhält mit drei weiteren Gemeinden eine Verwaltungsgemeinschaft mit Sitz in Kirchweidach (Interessantes Detail am Rande laut www.halsbach.de gibt es im Halsbacher Gemeinderat keine Fraktionen). Bis vor kurzem herrschte hier idyllische Bilderbuchatmosphäre doch seit geraumer Zeit versuchen Nazis sich breit zumachen und das stößt sogar in einer rechts-konservativen Gegend auf Protest. Aber der Reihe nach..
Naziaktivitäten in Halsbach
Bekannt wurden die Naziaktivitäten als am 01.09.07 im Gasthaus Gruber ein von dem Münchner Neonaziführer Norman Bordin organisiertes Faschokonzert stattfand. Für Sa. 22.12.07 planten Neonazis erneut ein Skinheadkonzert im Gasthaus Gruber (Am Dorfplatz 5,) in Halsbach, es sollten die beiden eindeutig rechtsextremen Bands Jagdstaffel (Raum Stuttgart, Baden-Württemberg) und Freiheitskampf auftreten. Das Konzert wurde jedoch (u.a. wohl aufgrund des öffentlichen Protestes) einen Tag vorher abgesagt ( http://de.indymedia.org/2007/12/203400.shtm). Der Inhaber des Gasthofes, Alois Gruber, bezeichnet sich als Sympathisant der NPD, jedoch kein Parteimitglied. Unter anderem aufgrund der Naziaktivitäten wurde das Gasthaus ( in welchem seit 35 Jahren Veranstaltungen mit 400 Leuten pro Woche zugelassen sind) von der Bevölkerung boykotiert. Jetzt scheint Alois Gruber vor dem finanziellen Ruin zu stehen. Seit Juni 2008 geht das Gerücht um, der Gasthof solle an die NPD verkauft werden. Im August kündigt Alois Gruber an, dass ab 15. September 2008 der NPD-Funktionär Norman Bordin Event-Manager im Gasthaus Gruber werde und ab 1. Oktober 2008 werde Bordin Pächter des Gasthauses, das in einer neuen Geschäftsform als Club betrieben werden solle.
Verwirrspiel um Kauf
Um zu verhindern, dass sich die NPD in Halsbach niederlässt, haben sich mehrere Halsbacher Unternehmer zu einer Wirte AG zusammengeschlossen um das Gasthaus zu kaufen oder zu pachten. Laut Expertenmeinung hat das Gasthaus einen Wert von ca. 700 000 Euro. Über die Verkaufsverhandlungen berichtet das Trostberger Tagblatt am 02.10.08 wie folgt: „Nach wochenlangen Verhandlungen sei ein Kaufpreis zwischen 700000 und 900000 Euro im Raum gestanden. Dennoch sei immer wieder deutlich gewesen, dass der Gastwirt nicht mehr Herr seiner Angelegenheiten ist. Sogar während der Verhandlungen habe Gruber immer wieder telefonische Rückfrage halten müssen. Nachdem der Versuch, über einen Mietkauf das Gasthaus zu erwerben an rechtlichen und steuerlichen Hindernissen gescheitert war, hatte Gruber ein erneutes schriftliches Angebot abgegeben. Darin fordert er 1,25 Millionen Euro als Kaufpreis.“ Die Wirte AG ist natürlich nicht bereit einen solch überteuerten Preis zu bezahlen. Wie der wirkliche aktuelle Stand ist scheint derzeit undurchsichtig. Auf indymedia wird berichtet Bordin sei bereits Eventmanager und hätte bereits eine Einstandsveranstaltung abgehalten ( http://de.indymedia.org/2008/09/228044.shtml) Dem Trostberger Tagblatt zufolge ist Bordin jedoch noch nicht vor Ort erschienen (Stand 01.10):“ Nach Auskunft des Schankkellners sei Bordin nicht eingetroffen. "Ich weiß auch nicht, wie es weitergeht", sagte er auf Anfrage gegenüber der Lokalzeitung“. Fakt ist jedoch rund 20 Nazis waren am Freitag 03.10.08 im Gasthaus Gruber, welcher mit JN Fahnen und Transparenten der „Kameradschaft München“ behangen war.

Die Demo
Am Freitag 03.10.08 organisierten die Halsbacher Bürger eine Demonstration unter dem Motto „Fröhlich, friedlich, NaziFREI“. Diese Demo war sehr sehr bürgerlich. Nach langen Vorkontrollen durch die Polizei (fast 30 Minuten) wurden wir von der „Feuerwehr“ in Parkplätze eingewiesen. Am Sportplatz (Demoauftakt) wurde Kaffe und Kuchen verkauft und Mensch fühlte sich weniger auf einer Demo als auf einem Fest des katholischen Dorfvereins. Auch die angekündigten Redner (Pfarrer, Veteranenverein und Dorfjugendliche) ließen nicht gerade auf einen emanzipatorischen Ansatz schließen. Trotz strömenden Regens kamen jedoch laut Veranstalterangaben 2800 Menschen nach Halsbach um gegen rechts zu protestieren. An der Demonstration beteiligten sich auch rund 100 linksradikale Jugendliche aus der Region (Antifas, Punker etc). Die Teilnahme von den Antifas stieß in der Bevölkerung auf mehr Zustimmung als erwartet. Als jedoch der Antifa-Block vor dem dem Gasthaus stehen bleiben wollte, wurden die Antifas von den „eigenen“ Ordnern weitergedrängt. Das aufspielen der Dorfordner als „Hilfsbullen“ war schon etwas widerlich und manche O-Töne echt daneben („ihr seit auch nicht anders wie die“). Die Polizei schreibt in ihrer Pressemitteilung von einer Festnahme wegen Verstoß gegen das Vermummungsverbot und „eine kritische Situation hatte die Polizei zu bewältigen, als es galt, ein provokantes Zusammentreffen der linksextremen Gruppe mit einigen Personen aus dem rechten Spektrum zu verhindern.“ Hierzu kann ich nichts schreiben, da ich habe weder die Festnahme noch ein direktes Aufeinandetreffen mit Faschos mitbekommen habe (die waren hald auf dem Balkon vom Gasthof Gruber).

Fazit
Es waren echt viele Menschen da und es wurde ein deutliches Zeichen gesetzt. Einen linksradikalen Anspruch sucht Mensch jedoch vergebens, aber ist ja schon etwas wenn sich die Landbevölkerung gegen Neonazis stellt und eine Zusammenarbeit schein zumindest in Teilen möglich. Wichtig scheint es jedoch eigene Akzente zu setzen, deutlich zumachen das Nazis nicht nur ein Problem sind wenn sie den Ruf eines Dorfes gefährden, sondern Rassismus, Antisemitismus und Deutschtümelei einfach immer und überall scheiße sind, dass Stammtischrassisten genauso bekämpft werden müssen wie die NPD.
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Ergänzungen

Polizeipressemitteilung

Polizei 04.10.2008 - 14:07
Bürgerprotest mit friedlichem Verlauf

HALSBACH, LKR. ALTÖTTING.
„Fröhlich, friedlich, NaziFREI“ - unter diesem Motto rief ein „Aktionsbündnis engagierter Bürger“ am Freitag, 03.10.08, in Halsbach zu einer Demonstration gegen das Ansinnen einer rechtsgerichtete Partei auf, hier Fuß zu fassen. Um einen reibungslosen Verlauf im Rahmen der Rechtsnormen zu gewährleisten, war auch die Polizei im Einsatz.

Der Veranstalter hatte die geplante Demonstration ordnungsgemäß beim Landratsamt Altötting angemeldet. Es wurde dabei von einer großen Teilnehmerzahl ausgegangen. Ein entsprechender Genehmigungs- und Auflagenbescheid wurde von der Sicherheitsbehörde erlassen. Nach Erkenntnissen der Polizei war mit zahlreichen Bürgern aus Halsbach und der ganzen Umgebung auch mit dem Auftreten von Personen aus dem linksextremen Spektrum zu rechnen. Um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten, stellte sich die Polizei dem entsprechend gut auf. Unter der Führung der Polizeidirektion Traunstein waren Beamte aus Traunstein, Burghausen, Altötting und von der Bereitschaftspolizei im Einsatz. Zusammen mit dem Ordnerdienst des Veranstalters wurde der gesamte Verlauf des Aufzuges und die anschließende Kundgebung am Sportplatz überwacht. Bereits auf den Einfallstraßen fanden Zufahrtskontrollen statt. Vorgabe des Polizeiführers war es, den friedlichen Bürger dabei möglichst wenig zu behelligen und ge-waltbereite Personen herauszufiltern. Der Führungsstab wurde unterstützt von einem Juristen des Landratsamtes Altötting.

Nach Schätzungen des Veranstalters nahmen etwa 2.800 Menschen an dem kurz nach 15 Uhr startenden Demonstrationszug teil. Darunter befand sich auch ein Pulk von ca. 50 schwarz ge-kleideten Personen, die einer linksextremen Gruppierung zuzuordnen waren. Aus diesem Kreis heraus wurde ein Mann vorläufig festgenommen, der gegen das bei solchen Veranstaltungen geltende Vermummungsverbot verstoßen hatte. Ein Mann wurde auf der Anreise kontrolliert und beanstandet, da er Metzgerwerkzeuge in seinem Auto mitführte, die als Waffen zu werten waren und deren Mitführung in diesem Fall ebenfalls nicht zulässig war. Die gesamte Veranstaltung nahm einen ausgesprochen friedlichen Verlauf. Lediglich eine kritische Situation hatte die Polizei zu bewältigen, als es galt, ein provokantes Zusammentreffen der linksextremen Gruppe mit einigen Personen aus dem rechten Spektrum zu verhindern. Gegen 17 Uhr war die Veranstaltung dann beendet. Auch die Abwanderung verlief reibungslos.

Hintergrundinfos

Augenzeuge 05.10.2008 - 10:25
Es waren tatsächlich einige subkulturell motivierte Jugendliche da. Die Frage ist ob man sich auf einem bayerischen Dorf tatsächlich kleiden muss als ginge es auf eine RAF-Soli-Demo in den 80ern. Ein wenig mehr taktisches Feingefühl für die Situation in Teilen der "Nachwuchsautonomen" hätte mit Sicherheit im Hinblick auf die Solidarisierung der Bevölkerung mehr Sinn gemacht und wohl auch die (einzige) unnötige Festnahme verhindert/erschwert.

Ansonsten war der Tag für die Nazis eine grandiose Pleite, da jetzt auch der Normalbürger vor Augen geführt bekommen hat, was dieser eh schon erwartet hatte: Das die Nazis genau so sind wie die Medien sie beschreiben. Dumpfe asoziale Glatzköpfe die den ländlichen Frieden stören.

Als Hintergrundinformation zum Verkauf sei noch die "dorfbekannte" Kokain-Abhängigkeit des Noch-Besitzers Alois Gruber erwähnt. Dieser hat dadurch innerhalb weniger Jahre das Gasthaus bankrottiert und braucht nunmal jetzt das Geld um seine Sucht zu finanzieren. Es ist davon auszugehen dass von Seiten der NPD bereits eine erhebliche finanzielle Unterstützung erfolgt ist und der Gruber nun auch finanziell nicht mehr Herr der Angelegenheit ist.

Ob die ganze Aktion der Nazis nur dazu durchgeführt wurde um den Kaufpreis weiter in die Höhe zu treiben und somit das Dorf zu erpressen, ist möglich. Dann werden sich die Nazis mit dem Gruber das vom Dorf erpresste Geld wohl aufteilen. Das wäre dann eine neue Einnahmequelle für die Rechtsextremisten - und diese Strategie werden sie dann auch anderswo umsetzen.


Protest (Fotos)

nakam 05.10.2008 - 11:01
Proteste

festnahme

tick 05.10.2008 - 12:54
das foto stammt nicht von der festnahme, die festnahme passierte bei einer vorkontrolle, da derjenige eine sturmhaube in seinem auto mit sich führte

Festnahme

Festnahme 05.10.2008 - 21:13
Die Festnahme fand direkt vor dem Haus statt unter allgemeinem Gelächter im Haus...

Festnahme

Festnahme 06.10.2008 - 10:30
Dann gabs wohl zwei Festnahmen?

Festnahmen

Teilnehmer 06.10.2008 - 11:32
Dem Bild nach waren es zwei Festnahmen, wobei ich von der Festnahme vor dem Gasthof auch nichts mitbekommen habe!
Dann war die 2. Festnahme (vor dem gasthof) aber wohl nicht wegen Vermummung?

Erst lesen, ...

someone 06.10.2008 - 11:36
... dann schreiben!

"Darunter befand sich auch ein Pulk von ca. 50 schwarz ge-kleideten Personen, die einer linksextremen Gruppierung zuzuordnen waren. Aus diesem Kreis heraus wurde ein Mann vorläufig festgenommen, der gegen das bei solchen Veranstaltungen geltende Vermummungsverbot verstoßen hatte. Ein Mann wurde auf der Anreise kontrolliert und beanstandet, da er Metzgerwerkzeuge in seinem Auto mitführte, die als Waffen zu werten waren und deren Mitführung in diesem Fall ebenfalls nicht zulässig war."