Nachttanzdemo Ffm: Vorfeldtrouble

nachttänzer 30.09.2008 18:10 Themen: Antifa Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Gestern entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt über die Klage des Vorbereitungsbündnisses gegen die Auflagenverfügung des Ordnungsamtes. Damit sind aber noch längst nicht alle Unklarheiten über den Verlauf der Demonstration und die Kooperation mit der Stadt geklärt
Das Vg Frankfurt hat in seinem gestrigen Urteil den VeranstalterInnen der diesjährigen Nachttanzdemo in einem wesentlichen Punkt der bisherigen Argumentation Recht gegeben. Laut VG ist die Verlegung der Route durch das Ordnungsamt nicht rechtmäßig, so dass die Demo die angemeldete Route durch die Frankfurter innenstadt inkl. Theatertunnel laufen darf. Auch wenn es beim Zeitfenster 21-01h bleibt, ist dies als ein Erfolg für das Bündnis zu werten, dass so dem Ziel, die Nachttanzdemo in ihrem ursürünglichen Konzept durchzuführen, etwas näher gekommen ist.

Unklarheit herrscht jedoch weiterhin über die Auflage 3b) des Ordnungsamtes, die vorsieht, dass jeder Wagen eineN VerantwortlicheN mit Name und Anschrift der Polizei nennen muss. Das Ordnungsamt und das Gericht argumentieren, dass dies nach den Erfahrungen der letzten Jahre notwendig sei, um die Einhaltung der Lautstärkebeschränkung zu gewährleisten. Das Vorbereitungsbündnis erklärte dazu, dass es dieser Argumentation nicht folgen kann und hinter der Auflage eher den Versuch vermutet, Einblicke in Strukturen zu gewinnen. Schließlich werden die Wägen jedes Jahr von den Behörden eingemessen und versiegelt, so dass Überschreitungen der Lautstärkebegrenzung auf falsches Einmessen zurück zu führen sind - es hat in den letzten Jahren keinen Siegelbruch gegeben.
In der Klage gegen die Auflagen argumentierte das Bündnis mit informationeller Selbstbestimmung und Datenschutz, der - wie Erfahrungen der Vergangenheit zeigen - von der Frankfurter Polizeibehörde nicht sonderlich beachtet wird. Diese Argumentation teilte das Ordnungsamt scheinbar und schlug vor, die Namen vorerst der eigenen Behörde auszuhändigen, die diese dann wiederum bei Straftaten an die Polizei weitergibt.

Allerdings stellt sich nun heraus, dass - Überraschung! - auch das Ordnungsamt anderes im Sinne hat, als Lärmbelästigungen zu vermeiden. Laut FAZ erklärte Ordnungsdezernent Stein heute, was er mit den Namen vorhat. "Auch das die Namen der Wagenführer der Polizei und dem Ordnungsamt gemeldet werden müssten, bezeichnete der Ordnungsdezernent als Notwendigkeit, um im Falle von Auseinandersetzungen Ansprechpartner zu haben." (FAZ vom 30.9.) Entgegen der ursprünglichen Begründung und vor allen Dingen entgegen der Urteilsbegründung des Gerichts, die sich ausdrücklich auf Lärmschutz bezieht, geht es hier also um die Sammlung von Daten über potentielle politische Verantwortliche.

Stein hetzt außerdem in FAZ und FR gegen die Demo und bewertet sie als "Zumutung"(FR vom 30.09.). In seiner Erklärung zum Gerichtsentscheid zweifelt er außerdem den politischen Charakter der Demo an und vergleicht sie mit dem Ironman. Eine 20-seitige Zeitung ist ihm scheinbar nicht genug - oder er kann einfach nicht lesen, was einiges mehr erklären würde. Ausdrücklich hat das Bündnis in den letzten Tagen immer wieder auf den Umgang der Stadt mit den Nazidemos der letzten Monate verwiesen, bei denen ganze Stadtteile abgesperrt wurden und die "Rechte Dritter" nicht bemüht wurden, um das Verbreiten von Angst und Schrecken durch martialische Neonazis und den städtischen Ausnahmezustand zu verhindern.

Ungeachtet der Turbulenzen wird weiterhin zu einer mit Sicherheit großen und kraftvollen Nachttanzdemo mobilisiert. Gestern morgen fand eine Pressekonferenz statt und gestern Abend wurde auf einer Informationsveranstaltung im neu besetzten JUZ Bockenheim über die aktuelle Lage informiert. Der Anmelder der Demo hat unterdessen - trotz der Provokationen durch Stein - dem Ordnungsamt einen Vorschlag zur Einhaltung der Lautstärke gemacht, der ohne die Abgabe von Namen und Adressen funktionieren soll. Wie sich die Stadt dazu verhällt, bleibt abzuwarten.

Um einen Verlauf der Demo wie im letzten Jahr zu vermeiden, wurde außerdem die Polizei dazu aufgefordert, sich von der Demo zurückzuhalten und nicht wieder unnötig zu provozieren.


Es wird für auswärtige Anreisende eine Pennplatzbörse geben. Nähere Infos hierzu sind auf der Homepage www.nachttanzdemo.tk zu finden. Hier gibt es auch einen Einblick in den juristischen Schriftverkehr, die bisher erschienenen Zeitungsartikel und die Presseerklärungen des Bündnisses. Am Donnerstag wird es außerdem ein Infotelefon (mit Bandansage) geben. Acht Wägen und über vierzig unterstützende Gruppen werden am Donnerstag Straßen zu Tanzflächen machen und der deutschen Nation eine klare Absage erteilen.

Viel getan, viel zu tun - Die Stadt gehört uns!
Heraus zum revolutionären 02.Oktober!
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Ergänzungen

Und am nächsten Tag...

... 30.09.2008 - 18:26
fahren wir nach Berlin.
Zur antinationalan Nachttanzdemo "Deutschland in den Rücken fallen!"
03.10.08//21h//Rosa-Luxemburg-Platz

mit anschließendem großen Seminar am Samstag: "Gegen Staat, Nation und Kapital"

PM

ntd 30.09.2008 - 19:30

Pressemitteilung - 30.09.2008 - Nachttanzdemo 2008: Klage verhandelt // Teilerfolg der Organisator_innen // Ordnungsdezernent Stein schürt Eskalation // Angebot an die Stadt bzgl. der Wagenverantwortlichen

Gestern entschied das Frankfurter Verwaltungsgericht (VG) über die Klage der Organisator_innen der Nachttanzdemo 2008 gegen den vom Ordnungsamt verhängten Auflagenbescheid. Dabei wurde mit Bestätigung der angemeldeten Route einer wichtigen Forderung der Veranstalter_innen entsprochen. »Es ist ein Erfolg für unsere Argumentation, dass die Route durch die Innenstadt genehmigt wurde. Das Urteil zeigt, dass man sich nicht mit den Auflagenbescheiden eines offensichtlich im falschen Beruf arbeitenden Ordnungsdezernenten abfinden muss. Offensichtlich handelte es sich bei der Routen-Auflage des Ordnungsamts nicht um den ‚Schutz der Rechte Dritter‘, sondern um eine politische Entscheidung der Stadt Frankfurt«, so Matthias Schneider, Sprecher des Vorbereitungsbündnisses der diesjährigen Nachttanzdemo.

Bezüglich der Benennung von Verantwortlichen für die einzelnen Wägen betonte das Ordnungsamt schon vor dem Urteil des VG, dass es dabei ausdrücklich nicht – wie befürchtet – um die Sammlung von Daten, sondern ausschließlich um die Einhaltung von Lärmschutzauflagen gehe und die Daten deshalb nur bei Verstößen an die Polizei weitergereicht würden. Das VG bestätigte diese Ergänzung der Auflagen. Zwar wurde nicht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen eingegangen; das Gericht machte jedoch klar, dass es nur um die Einhaltung der Lärmbegrenzung gehe.
In Widerspruch zum Kontakt des Vorbereitungsbündnisses mit seiner Behörde und dem Urteil des Gerichtes bestätigte Ordnungsdezernent Stein in der FAZ vom 30.9. leider die Befürchtungen des Bündnisses nach denen es eben doch um die präventive Sammlung von Daten – auch für den Fall eventueller »Auseinandersetzungen« (Stein) – gehe. »Anstatt seinem Beruf entsprechend Versammlungsrechte zu gewährleisten, kümmert sich Stein mit präventiver Datensammlung lieber um die Vorfeldarbeit von Polizei und Verfassungsschutz«, so Schneider weiter.

Das Nachttanzdemo-Bündnis machte dem Ordnungsamt heute trotzdem das Angebot, dem Amt im Vorhinein verbindliche telefonische Kontakte zu den einzelnen Wägen zukommen zu lassen, damit bei Überschreitungen der Lärmgrenzen eine direkte Kommunikation möglich ist. Bei einem Ordnungsdezernent, der Demonstrationen im Sinne des Versammlungsrechts als »Zumutung« begreift, seien Daten und Informationen über die Organisator_innen sicherlich nicht besser aufgehoben als bei der Polizei.
Anmelder Sören Steffe begründete den Vorschlag damit, dass in diesem Konzept die Anliegen beider Seiten berücksichtigt würden. Er sagte: »Wir hoffen, dass die Stadt auf unser Entgegenkommen eingeht und den unterbreiteten Vorschlag akzeptiert.«
Mit diesem Schritt würde das Ordnungsamt – unabhängig von seinem Chef – das Interesse der Organisator_innen an einem vernünftigen Ablauf der Veranstaltung konstruktiv unterstützen. Zudem erwarten die Veranstalter_innen Zurückhaltung der Polizei während der Demonstration, damit eine Eskalation wie im letzten Jahr vermieden werden kann.

Empört reagierten die Organisator_innen auf die Äußerungen des Ordnungsdezernenten in FR und FAZ: »Dieser Ordnungsdezernent, der offensichtlich weder das Urteil gelesen, noch das Anliegen der Demonstration verstanden hat und diese zudem als alkoholisierte Krawallmacher diskreditiert, ist eine Zumutung für jeden Menschen, der sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen möchte. Das Kriterium der ‚Zumutbarkeit‘ einer Demo, das Szenario von ‚Auseinandersetzungen‘ und die Sorge um ‚seinen‘ Theatertunnel sind absurd. Die Angst eines paranoiden und weltfremden Ordnungsdezernenten sind jedenfalls kein Maßstab für die Legitimität einer Demonstration«, so Schneider.

Abschließend ging der Sprecher des Bündnisses auf die heutige Pressemitteilung des Ordnungsdezernenten ein: »Wir empfehlen dem Ordnungsdezernenten zudem, zur Kenntnis zur nehmen, dass bereits das Bundesverfassungsgericht 2007 feststellte, dass Veranstaltungen wie die Berliner ‚Fuckparade‘ als Demonstration gewertet werden (Vgl. Urteil Bundesverwaltungsgericht vom 16. Mai 2007 im Hauptverfahren, BVerwG 6 C 23.06). Die politischen Inhalte der Nachttanzdemo kann Herr Stein ansonsten gerne in der 16-seitigen Zeitung zur Demonstration nachlesen; auch wenn er scheinbar lieber auf die Anstrengung des Lesens verzichtet.«

Die Nachttanzdemo startet jedenfalls am Donnerstag, den 2. Oktober um 21 Uhr am Frankfurter Südbahnhof.

Frankfurter Rundschau

presse 30.09.2008 - 19:32

Keine gefahr

Zappa 01.10.2008 - 19:00
"Ausdrücklich hat das Bündnis in den letzten Tagen immer wieder auf den Umgang der Stadt mit den Nazidemos der letzten Monate verwiesen, bei denen ganze Stadtteile abgesperrt wurden und die "Rechte Dritter" nicht bemüht wurden, um das Verbreiten von Angst und Schrecken durch martialische Neonazis und den städtischen Ausnahmezustand zu verhindern."


Naja, von den paar Nazi-Nasen geht nun wirklich keien Gefahr für die Bevölkerung aus.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@zappa — azda