Erklärung von AKKU zu Köln

AKKU (Antifaschist. Koordination Köln&Umland) 27.09.2008 12:32
Erklärung der Antifaschistischen Koordination Köln und Umland (AKKU) zur Verhinderung des rechtspopulistischen „Anti-Islamisierungs-Kongresses“ in Köln
als Teil des „Bündnisses gegen Pro Köln“ (www.hingesetzt.mobi)

Die antifaschistischen Gegenaktivitäten am 19. und 20. September 2008 haben in Köln den geplanten „Anti-Islamisierungs-Kongress“ der extrem rechten Gruppierung „Pro Köln“ verhindert.
Tausende Menschen beteiligten sich am 20. September an den Massenblockaden des Kongressortes am Heumarkt. Die Blockaden wurden von dem „Bündnis gegen Pro Köln“ (Hingesetzt-Bündnis) organisiert, das AKKU im Frühjahr 2008 initiiert hatte.
Gegen 13 Uhr stellte die Polizei fest, dass aufgrund der Blockaden der Kongress nicht durchführbar sei und verbot die Veranstaltung der Rechten.

Bereits am Freitag, den 19. September, verhinderten GegendemonstrantInnen die geplante Pressekonferenz von „Pro Köln“ und eine angekündigte „Stadtrundfahrt“. Nachdem das von „Pro Köln“ unter falschem Namen gemietete Schiff aufgrund von Steinwürfen fluchtartig den Anlegehafen im Kölner Süden verlassen musste, begann eine Odyssee des Schiffes auf dem Rhein. An allen Anlegestellen und Brücken verhinderten AntifaschistInnen, dass das Schiff anlegte. Schließlich mussten die Rechten unter Polizeischutz aus der Stadt gefahren werden. Selbst TaxifahrerInnen und BusfahrerInnen weigerten sich, die RassistInnen zu transportieren. Zeitgleich fand im benachbarten Leverkusen die „große“ Auftaktkundgebung von „Pro Köln/ Pro NRW“ mit knapp 30 Rechten unter der ohrenbetäubenden Beschallung von ca. 150 engagierten LeverkusenerInnen statt, welche vorzeitig beendet wurde.

Am Freitagabend fand eine antifaschistische Demonstration mit 2-3000 TeilnehmerInnen statt.

Am Samstag, den 20. September, wurden an zwölf Punkten rund um den Heumarkt der Kongressort blockiert. Nur etwa 50 Rechte schafften es auf dem Heumarkt. 200 weitere Rechte mussten den ganzen Tag am Köln-Bonner Flughafen ausharren, weil ein Transport in die Stadt unmöglich gemacht wurde. Die Gegenaktivitäten und Aktionsformen waren vielfältig, haben sich ergänzt und trugen zur Verhinderung des Kongresses bei – seien es nun Sitzblockaden in der Kölner Altstadt, eine große Blockade am Rheinufer vor dem Maritim-Hotel oder die Besetzung des Deutzer Bahnhofs. Die Polizei war überrascht von den gut organisierten Gegenaktivitäten und der Bereitschaft tausender DemonstrantInnen, nicht nur symbolisch, sondern auch effektiv zu blockieren. Das war das Resultat unserer intensiven Vorbereitungen wie der Aktionstrainings und Informationsveranstaltungen. Der 20. September in Köln hat gezeigt, dass das Blockadekonzept, das an die BlockG8-Aktivitäten anknüpfte, auch in einer Stadt funktioniert.

Ohne die Blockaden des „Bündnis gegen Pro Köln“ („Hingesetzt-Bündnis“) hätte der rassistische Kongress stattgefunden. Die Rechten wurden nicht „weggefeiert“. Sie wurden blockiert.

Gegen 15 Uhr begann die Polizei, hunderte TeilnehmerInnen der Blockaden zu kesseln, rechtswidrig festzuhalten und unter skandalösen Bedingungen in der Gefangenensammelstelle in Brühl in Gewahrsam zu halten. Erst am nächsten Morgen wurden die knapp 500 festgehaltenen Menschen frei gelassen.

Entgegen vieler Berichte in der Presse handelte es sich bei den Gekesselten und Festgenommenen nicht um eine von den Protesten isolierte Gruppe „Gewalttäter“ und „Autonomer“. Die Festnahmen betrafen vor allem DemonstrantInnen und BlockiererInnen des Kongresses, die an den hochgelobten Aktionen des „Zivilen Ungehorsams“ teilgenommen hatten. Es handelte sich dabei um genau die Menschen, die am Morgen zusammen mit tausenden anderen den Heumarkt blockiert hatten. Der Erfolg der Aktionen ist ihnen genauso zu verdanken wie den anderen DemonstrationsteilnehmerInnen. Wer über die Verhinderung des Kongresses jubelt, darf nicht vergessen, wer mit ihnen den ganzen Vormittag auf den Blockaden gesessen und gestanden hat.

Die in den Medien als Linksradikale wahrgenommenen Blockadegruppen waren Teil des Bündnisses, Mitorganisatoren der Blockaden, Teil des Blockadekonzepts und Garanten des Erfolgs. Sie haben sich an das vom Bündnis erarbeitete Konzept gehalten. Ohne die Blockaden der „neuralgischen“ Zugänge Markmannsgasse, Rheinuferstraße und Deutzer Bahnhof wären die Rechten auf den Heumarkt gelangt.

Viele, die später in den Käfigen der Polizei landeten, waren zufällig in die Kessel geraten oder TeilnehmerInnen von Spontandemonstrationen, die sich aus den Blockaden formiert hatten. Es waren Kölner und Kölnerinnen, Auswärtige, Autonome, Nicht-Autonome, aktive AntifaschistInnen, zufällige PassantInnen, alte und junge Menschen.

Die Freiheitsberaubungen konnten jede und jeden treffen.

Der Tendenz der nordrhein-westfälischen Polizei, ihren polizeilichen Notstand zu rechtfertigen, die Verhaftetenzahlen bei antifaschistischen Aktivitäten in die Höhe zu treiben, Fotos und Videos von politisch engagierten Menschen zu speichern und ungehindert rechtswidrige Maßnahmen durchzuführen, muss auf politischer und juristischer Ebene ein Ende gesetzt werden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Polizeikessel in Nordrhein-Westfalen im Nachhinein als rechtswidrig erklärt würde. Die Kölner Polizeiführung musste etwa schon einmal zugeben, im März 2003 hunderte AntifaschistInnen an der Geldernstraße in Köln-Nippes rechtswidrig gekesselt und anschließend nach Brühl gebracht zu haben.

Am Wochenende haben sich nach Medienberichten 50.000, nach Polizeiberichten 15.000 Menschen an den Gegenaktivitäten beteiligt. Die angekündigte massive Beteiligung an dem rassistischen Kongress blieb aus. Dafür stellte das Wochenende in Köln eine der größten und erfolgreichsten antifaschistischen Mobilisierungen der letzten Jahre dar.
Die reale Verhinderung von Naziaufmärschen ist möglich, genauso die Herstellung einer gesellschaftlichen Stimmung, in der vielfältigste Aktionen und Aktionsformen gegen Rechte und Neonazis möglich sind. Das „Bündnis gegen Pro Köln“, bestehend aus Linksradikalen, AntifaschistInnen, GewerkschafterInnen, SchülerInnen und vielen mehr, hat gemeinsam ein Zeichen dafür gesetzt. Wir hoffen auch in Zukunft auf die Weiterführung dieser guten Zusammenarbeit und die Wiederholung dieses großen Erfolgs.

Eine weitere, ausführliche Auswertung wird in den nächsten Wochen folgen.

AKKU im September 2008
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Ergänzungen

Gute Auswertung!

unwichtig 27.09.2008 - 18:30
Danke für Eure ausführliche Zusammenfassung aus Eurer Sicht.
Wir würden gerne als nicht unmittelbar Beteiligte an einem öffentlichen Auswertungstreffen teilnehmen.
Wird es ein solches geben?
Solidarische Grüße nach Köln.

sonntag leverkusen

fischkopf 28.09.2008 - 20:00
Moin
würden gerne mal erfahren was noch am sonntag in leverkusen gewesen ist, sind irgendwann abgehauen, weil wir an der mahnwache niemanden gefunden haben der/die uns sagen konnte was noch passiert. auf dem infotelefon wurde uns das ganze als sehr wichtig verkauft noch in der gegend zu bleiben. den ganzen rest fanden wir allerdings großartig, auch wenn wir auf dem wagenplatz angeguckt wurden wie autos.

Sonntag in Leverkusen

egal 02.10.2008 - 01:39
Laut "pro Köln" sollte am Sonntag in Leverkusen eine geschlossene Saalveranstaltung mit angeblich 400 Gästen stattfinden. Ob sie letztendlich wirklich stattgefunden hat, ist unklar, aber nicht wahrscheinlich. Die BNP-Delegation ist ja bereits am Freitag abgereist, nachdem sie von "pro Köln" am Rhein einfach stehengelassen wurde. Und am Samstag sind drei Busse mit "Vlaams Belang"-Leuten direkt vom Flughafen aus losgefahren, sehr wahrscheinlich Richtung Belgien.

Nix genaues weiß man nicht :)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Wichtig ist dabei ...

Borkenarrow 27.09.2008 - 13:25
.... den Menschen welche an den Aktionen (sei es nuen blokade, Demo oder Fest) teilgenommen haben klar zu machen das es damit alleine nicht wirklich getan ist. Die Arbeit muß nun im direkten Umfeld weitergehen. Die Aktion kann nur ein erfolgreicher Anfang gewesen sein.