Berlin: 800 Menschen beim Rock für Links

Am Samstag, 13.09.2008, fand im Berliner Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf das "Rock für Links" statt. Ca. 800 Menschen feierten ab 14 Uhr am U-Bhf. Cottbusser Platz gemeinsam mit den Bands "The Hits", "Bandylegs", "Minni the Moocher", "Stakeout", "Radio Havanna" und "Delikat" und den Soundsystems "Black Star Lightning" und "Audiomassive". Der Reggae-Act "Benjie" musste seinen Auftritt aufgrund einer Verletzung leider kurzfristig absagen. Gegen 22Uhr wurde die Veranstaltung mit einem kleinen Feuerwerk beendet.

In diesem Jahr fand das antifaschistische umsonst&draußen Festival nunmehr zum neunten Mal seit 1998 im östlichsten Berliner Plattenbaubezirk statt. Der Bezirk ist im wesentlichen durch ein Klima des Wegsehens und durch weit verbreitete rassistische und homophobe Einstellungen seiner Bewohner_innen geprägt. Dementsprechend stellen bestimmte Kieze, wie die Helle Mitte, Marzahn-Nord oder die regelmäßigen Volksfeste vor allem in den Abendstunden zum Teil konkrete Angstzonen dar. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu xenophoben Pöbeleien und Angriffen durch Alltagsrassist_innen auf (vermeintliche) Migrannt_innen, Punks, Alternative und Antifaschist_innen. Im August war der Mord an einem vietnamesischen Händler durch einen deutschen Marzahner der traurige Höhepunkt dieser Zustände.

Dass die NPD bei der vergangenen Wahl mit 6,4% der abgegebenen Stimmen das höchste Wahlergebnis aller Berliner Bezirke in Marzahn-Hellersdorf erreichen konnte, bestätigt dieses Bild und ist nicht unbedingt überraschend. Obgleich die lokalen NPD-Akteure sowohl auf parlamentarischer Ebene, als auch im bezirklichen Alltag mit konsequenter Inkompetenz agieren, bietet die rassistische Hegemonie Anknüpfungspunkte für organisierte Neonazis um auf Stimmenfang und Nachwuchsrekrutierung zu gehen. Gerade auch die dominante, rechtsoffene Jugendkultur bringt immer wieder aktionsorientierte Nazischläger hervor.

Mit dem "Rock für Links" soll den Zuständen in Marzahn-Hellersdorf eine antifaschistische Kultur entgegengesetzt und vor allem den alternativen Jugendlichen im Bezirk eine gesellschaftskritische Perspektive vermittelt werden. Dazu wurde das musikalische Programm durch zahlreiche Infostände, u.a. auch durch die Projektwerkstatt WuT, das Antifaschistische Bündnis Marzahn-Hellersdorf oder die Junge Linke ergänzt, sowie im Vorfeld an Schulen und am Festival-Tag auf dem Gelände verschiedene Materialien verteilt. Außerdem brachten einige junge Antifaschist_innen unabhängig vom "Rock für Links"-Bündnis ein Jugendinfoheft heraus.

Das diesjährige "Rock für Links" war für die meisten Beteiligten eine schöne Feier und ein angemessener Abschluss des Sommers. Das Wetter spielte mit und auch sonst kam es zu nahezu keinen nennenswerten Vorfällen. Einzig einige wenige Kiddienazis um den Hellersdorfer Andreas Thomä versuchten immer wieder auf das Festival-Gelände zu gelangen, mussten aber schimpfend flüchten und sich in Büschen auf den umliegenden Höfen verstecken. Alles in allem also eine durchaus gelungene Veranstaltung mit der der Bezirk für einen Tag im Jahr antifaschistisch besetzt wurde, mit der Hoffnung, dass im nächsten Jahr wie auf den vergangenen "Rock für Links" wieder die Zahl von eintausend Teilnehmer_innen überschritten wird und zumindest einige sich aufgerufen fühlen aktiv(er) zu werden gegen Nazis, Rassismus und den ganzen anderen Scheiß nach dem Motto: Marzahn-Hellersdorf nicht in Nazihand, organisiert den antifaschistischen Widerstand!