Auftakt Aktionswoche gegen Gentechnik in GI

FeldbefreierInnen 23.08.2008 20:19 Themen: Biopolitik

Musik, Redebeiträge und jede Menge Flyer - der Auftakt zur Aktionswoche gegen Gentechnik blieb im kleinen Rahmen. Es ging darum, möglichst viele Menschen in der FußgängerInnenzone auf die kommende Woche aufmerksam zu machen. Die soll es in sich haben: Zwei Verhandlungstage im Amtsgericht im Strafprozess gegen Feldbefreier (Attacke auf Gengerstefeld Pfingsten 2006), rundherum Veranstaltungen, eine Demo, eine Bilderschau vom Widerstandsfrühling 2008 und ein Training für alle, die üben wollen, mit welchen Mitteln ein Gerichtsprozess offensiv und politisch geführt werden kann.

Am heutigen Samstag, 23. August 2008, startete die Aktionswoche der GentechnikgegnerInnen mit einer kleinen Kundgebung von 11 bis 15 Uhr in der FußgängerInnenzone von Gießen. Eine Musikgruppe machte Stimmung, zwei Clowns sangen umgedichtete Lieder, Gedichte wurden vorgetragen, Transpis rund um den Aktionspunkt gelegt und Hunderte von Flyern verteilt - völlig ungestört von der Polizei, die sich diesmal wohl dachte, nicht wieder durch uniformierte Zaungäste dem Treiben noch mehr Aufmerksamkeit zu verleihen. Ob sie diese Taktik auch bei den bevorstehenden Gerichtsprozessen verfolgen wird, darf bezweifelt werden ...
Leider macht einsetzender starker Regen der Aktion eine Stunde vor dem geplanten Ende den Garaus - nur die Transpis blieben im strömenden Regen liegen.

 

Hintergrund

Zwar gibt dank der vielen Aktionen in den vergangenen Jahre weder in Gießen noch in Hessen Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen, dennoch wird das Thema in den letzten Augusttagen erneut in das Zentrum politischer Auseinandersetzung rücken. Grund: Das Amtsgericht will über zwei der AktivistInnen urteilen, die in den vergangenen drei Jahren mit spektakulären Feldbefreiungen und Besetzungen einen maßgeblichen Anteil daran hatten, dass Hessen wieder gentechnikfrei ist und sich die Universität Gießen als wichtigster Agro-Gentechnikstandort in den westlichen Bundesländern von ihren Versuchen in der Landschaft zurückziehen musste. Die dadurch entstehende Situation könnte grotesker nicht sein: Während die, die mit ihren direkten Aktionen das durchsetzten, was Stadtverordnetenbeschluss und überwältigende Bevölkerungsmehrheiten nur wünschen, aber nicht erreichen konnten, treten die Macher der Genversuche als Belastungszeugen auf. Ihre riskanten Versuche blieben ohne Sanktion, die von kritischen BürgerInnen an Behörden gerichteten Beschwerden über illegale Versuchspraktiken verhallten alle wirkungslos.

 

Montagabend: Diskussion mit bekannter Genfeldbefreierin

Am Montagabend findet im Cafe Amelie eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Frage "Sind Feldbefreiungen legitim?" mit Jutta Sundermann (Gendreck-weg und Attac Deutschland) statt. Die bekannte Gentechnikgegnerin wird dabei über die Kritik an den Manipulationen berichten und ihre Motive darstellen, wann und warum Aktionen notwendig sein können, die die Grenze des Legalen bewusst überschreiten. Die Veranstaltung ist offen für alle Interessierten, besonders angesprochen werden sollen auch Menschen, die skeptisch gegenüber Aktionen wie Feldbefreiungen und Feldbesetzungen sind und der Referentin dazu kritische Fragen stellen wollen. Aus Umweltverbänden und Grünen hatten die Veranstalter Absagen kassiert, obwohl gerade in Gießen solche Gruppen immer wieder öffentlich gegen direkte Aktionen aufgetreten sind. Aber offenbar ist Heckenschützenrhetorik einfacher als eine offene Diskussion - schade. Der Veranstaltungsort liegt in derGießener Innenstadt (Walltorstraße 17, Hintereingang).

 

Dienstag ganztags: Strafprozess gegen Feldbefreier

Am Dienstag, 26. August beginnt um 8.30 Uhr im Amtsgericht Gießen (Raum 204 A) ein Strafprozess gegen zwei Feldbefreier, die am Freitag vor Pfingsten 2006 an der Erstürmung eines Feldes mit transgener Gerste beteiligt waren. Verhandelt wird über die öffentlich angekündigte und vom Hessischen Fernsehen mitgefilmte Aktion auf der Versuchsparzelle am Alten Steinbacher Weg, die zu starken Beschädigungen der Pflanzfläche sowie zur inzwischen als rechtswidrig bewerteten Gefangennahme von vier GentechnikkritikerInnen und dem Verbot einer friedlichen Demonstration gegen Gentechnik führte. In der Gerichtsverhandlung werden die Versuchsdurchführenden der Universität Gießen, u.a. ihr Chef Prof. Kogel, auf ihre Widersacher treffen und deren Fragen antworten müssen. "Wir werden unbequem sein und genau beobachten, wieweit sich Gericht und Staatsanwaltschaft zu Gehilfen der Zeugen machen, wenn diese Fragen nicht beantworten wollen", kündigen die Angeklagten selbstbewusst an, denen das Amtsgericht die Beiordnung von Verteidigern versagt hat. Das Gerichtsverfahren ist öffentlich und kann von allen Menschen besucht werden, die sich über die Aktion, den Verlaufder Verhandlung und die Hintergründe des Versuchsfeldes informieren wollen.

 

Dienstag mittags: Demo gegen Gentechnik

In der Mittagspause soll dann eine bunte Demonstration gegen Gentechnik in die Innenstadt führen. Hier werden Beteiligte an verschiedenen Feldbefreiungen ihre Aktionen schildern und Beweggründe benennen. Treffpunkt ist 12Uhr vorm Amtsgericht. Die angemeldete Demonstrationsroute verläuft von dort in die Innenstadt und wieder zurück.

 

Weitere Termine in der Aktionswoche

Der zweite Prozesstag findet am Freitag der Woche statt. Vorher besteht die Möglichkeit, hinter die Kulissen von Strafprozessen zu schauen und Wissen, Aktionsideen und Tipps zu sammeln, um aus dem Publikum oder auch im Fall, einmal selbst angeklagt zu werden, nicht in Ohnmacht und Passivität zu verfallen, sondern die Möglichkeiten der ritualisierten Rechts-Festspiele zu nutzen und möglichst viel politische Vermittlung und eigene Ziele erreichen zu können. Von 12 bis 19 Uhr läuft im Infoladen Gießen (Alter Wetzlarer Weg 44) ein Prozesstraining - offen für alle Interessierten.

Am Abend dann geht es um 20 Uhr im Café Amelie (Walltorstr. 17) weiter. Geboten wird eine eindrucksvolle Bilderschau statt unter dem "Gegensaaten,Besetzen und Befreien: Filme und Fotos von Genfeldern im Widerstandsfrühjahr 2008". Eine Beteiligte an mehrerenFeldbesetzungen wird von den Aktionen berichten.

 

Abschluss der Woche: Der zweite Prozesstag

Der zweite Prozesstag ist auf Freitag, 29. August, um 8.30 Uhr im Amtsgericht Gießen festgesetzt. Etwas unklar ist, welches Thema dort verhandelt wird. Denn Staatsanwaltschaft und Gericht haben sich die Absurdität einfallen lassen, im gleichen Prozess ein völlig anderes Thema mit anzuklagen: Einer der beiden Angeklagten soll den hessischen Innenminister Bouffier als Rechtsbrecher bezeichnet haben - per Kreide auf dem Fußweg. Allerdings ist nicht einmal klar, ob er nicht vielleicht den damaligen thüringischen Innenminister Dr. Gasser gemeint hat, der mit Bouffier in einer Anwaltskanzlei (zusammen mit Verteidigern, die gern Mörder und Schläger in Polizeiuniform verteidigen) sitzt. Passt also nicht zum Thema, wird aber sicherlich auch ein spektakulärer Prozess.

 

Und weiter?

Unwahrscheinlich ist bei allem, dass die Woche das Ende von allem ist. Gerade bei der Feldbefreiung sind viele Fragen zu klären - vor allem die, ob solche Genfelder nicht kriminell sind (auch wörtlich gemeint) und es daher ein klarer Fall von Politikversagen ist, dass sie einfach ständig angelegt werden. Die Abläufe der Stadtpolitik in Gießen jedenfalls legen den Schluss nahe, dass die vertrottelten Eliten aus den Stadtparteien niemals in der Lage wären, den Paschas der Gießener Uni irgendwie gefährlich werden zu können.

Wahrscheinlich wird es daher weitere Termine geben. Fest abgemacht ist schon die Bilderschau von den Genfeldaktionen (wie am Donnerstag der Aktionswoche im Cafe Amelie, siehe oben) im Kino Traumstern/Statt Gießen am Dienstag, 16. September um 20 Uhr.

Weitere Termine, Informationen zum Prozess und Infos zur Gentechnik finden sich unter www.gendreck-giessen.de.vu.

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Ergänzungen

Euer Dünnschiss

ist 31.08.2008 - 12:51
Dünnschiss! Und nur darum bei bei Indymedia unter Biopolitik erlaubt.

Dass der Gen-Mais MON863 tatsächlich "Langzeit" getestet per "analysis of data from a 90-day" und Greenpeace feststellt  http://www.greenpeace.at/uploads/media/FS_MON863_Chronologie.pdf "Der Fall Gen-Mais MON863: Tierversuch belegt Gesundheitsschäden" scheint bislang durch die Moderation im Bereich Biopolitik unerwünscht.

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