BMW kauft Umweltverband

miriquido 22.08.2008 04:07 Themen: Ökologie
Der erste bundesweite Netzwerkkongress für lokale Nachhaltigkeitsinitiativen war im letzten Jahr von dem Wassermulti Veolia gesponsert worden. Das war bei den beteiligten Umweltverbänden noch umstritten. Im September 2008 findet nun der zweite Kongress statt - und teilt gleich vier grüne Mäntelchen aus: An Veolia, BMW, T-Home und DHL.
Dass die Nachhaltigkeits- und Lokale-Agenda-21-Bewegung ein totes Pferd ist, auf das mensch lieber gar nicht erst aufsteigt, konnte man schon vor fünfzehn Jahren bei Jörg Bergstedt & Co. nachlesen. In Projektwerkstatt-Kreisen wird über Meldungen wie diese wohl auch nur müde gelächelt:

"Am 29. und 30. September 2008 findet in Leipzig der 2. bundesweite Fortbildungs- und Netzwerkkongress für lokale Nachhaltigkeitsinitiativen statt. [...] Nähere Informationen zum Kongress werden laufend auf der Website www.netzwerk21kongress.de aktualisiert. [...] Der Netzwerk21Kongress wird durch eine Arbeitsgemeinschaft von GRÜNER LIGA Berlin e.V., Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gGmbH, aduno gGmbH und CivixX organisiert und veranstaltet. Förderer sind das Bundesumweltministerium/Umweltbundesamt, VEOLIA WASSER, BMW und T-Home." (Pressemitteilung der Grünen Liga)

Veolia? Genau - der Dienstleistungskonzern hat auch schon den Netzwerk21Kongress Nummer 1 letztes Jahr in Berlin gesponsert. Da wurde beim Veranstalter Grüne Liga noch heiß gestritten, ob sie ihr Image an einen Wassermulti verkaufen darf, den sie gleichzeitig mit einem Volksbegehren bekämpft.
 http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/wasser/uwadb004.html

Nichts gelernt! Ein Jahr später, hat die Grüne Liga also auch noch BMW, T-Home und (laut Homepage) DHL ins Boot geholt, in dem wir ja angeblich alle gemeinsam sitzen.

BMW stellt bekanntlich nicht nur den Smile her. "Der neue BMW X5 mit einem CO2-Ausstoß von bis zu 299 Gramm pro Kilometer ist ein richtiges Klimaschwein", stellte Greenpeace fest.

So schlimm wie bei der Ökologie schaut es bei der Ökonomie nicht aus, dafür aber beim Thema Soziales (Nachhaltigkeit soll ja auf diesen drei Säulen stehen):

"BMW hat seinen Gewinn im vergangenen Jahr um 9 Prozent gesteigert und erhöht die Dividende um mehr als 50 Prozent. Der Nettogewinn stieg 2007 auf 3,13 Milliarden Euro [...]. BMW verkaufte im vergangenen Jahr weltweit 1,5 Millionen Autos und nahm damit gut 56 Milliarden Euro ein. [...] BMW hatte Ende Februar die Streichung von 8.000 Stellen angekündigt. Damit will das Unternehmen seine Rendite noch weiter steigern." (AFP am 14.3.2008)

Und die anderen machen es genauso:

"Die Deutsche Telekom hatte am Wochenende angekündigt, sie wolle einen Großteil ihrer Callcenter schließen. Betroffen seien vor allem kleinere Standorte. [...] Das Magazin Focus berichtete, jeder zweite Standort werde geschlossen, in den betroffenen Städten fielen hunderte Arbeitsplätze weg." (AP am 19.8.2008)

"Die Post-Pakettochter DHL will ihr Lager in Grevenbroich mit 90 Mitarbeitern schließen. Bürgermeister Axel Prümm (CDU) kritisierte in einem Brief an Post-Chef Klaus Zumwinkel, dass ihn niemand über die Schließung informiert habe. Er müsse feststellen, 'dass Nokia offensichtlich überall ist'. Das Verhalten der DHL sei 'stillos'." (DPA am 1.2.2008)

Auch Veolia war sozialmäßig nicht untätig in dem Jahr zwischen den beiden Netzwerk21-Kongresssen. So hat der Konzern einen Mitarbeiter rausgeworfen, der Veolias überhöhte Wasserpreise, die schlechte Trinkwasserqualität und den Filz zwischen Konzern, Staat und Gewerkschaften öffentlich kritisiert hatte.
 http://www.taz.de/digitaz/2008/08/06/a0091.nf/text

Sicher ist das alles überhaupt nicht nachhaltig, aber trotzdem wird der Netzwerk21-Kongress Nummer zwei ein voller Erfolg. Die Nachhaltigkeitsberichte der drei Konzerne werden es zeigen. Und auch um im nächsten Jahr noch einen draufzusetzen, ist noch Potential da. Konzerne, die ein grünes Mäntelchen billig im Ausverkauf erwerben wollen, gibt es bestimmt. Warum nicht mal bei Daimler und EADS nachfragen oder bei Nestlé und Monsanto? Ein Umweltverband, der alles mitmacht, steht jedenfalls bereit.


PS: Die Grüne Liga als einzelnes schwarzes Schaf zu bezeichnen täte ihr Unrecht. Der Naturschutzbund lässt seinen Verkehrsreferenten von VW bezahlen und auch BUND-Landesverbände waren mit EnBW oder Vattenfall schon mal recht gut im Geschäft. Der WWF und der Senkrechtstarter DUH lassen sich sowieso ganz offiziell von der Wirtschaft bezahlen. Lassen Sie also Ihr Spendensäcklein zu und kaufen Sie sich lieber was Schönes - am besten eine Fahrkarte zum nächsten Genfeld oder Castortransport.
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