Residenzpflichtprozess in Halle

no lager halle 21.08.2008 14:34 Themen: Antirassismus Repression
Am 18. August 08 fand in Halle vor dem Amtsgericht. der Prozess gegen den politischen Flüchtling Kodjo D’Almelda statt. Er war mehrfach von der Polizei an Bahnhöfen kontrolliert worden und hatte keine Verlassenserlaubnis.
Für Flüchtlinge mit Duldung oder im Asylverfahren gilt die Residenzpflicht. Dieses in Europa einmalige Sondergesetz, gilt in Deutschland seit 1936 und besagt, dass ein Flüchtling seinen Landkreis nicht ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde verlassen darf. Die Ausländerbehörde kann den Bereich in dem sich ein Flüchtling aufhalten darf auf den Landkreis, den Regierungsbezirk oder das Bundesland einschränken.

Kodjo D’Almelda durfte sich nur im Bundesland Sachsen-Anhalt aufhalten. Wenn er seine Freundin in Schleswig-Holstein besuchen wollte, mußte er bei der Ausländerbehörde des Saalkreis eine Verlassenser­laubnis beantragen. Die Ausländerbehörde kann die Verlassenserlaubnis ausstellen oder dies verweigern, die Flüchtlinge haben kaum Möglichkeiten sich gegen die Entscheidung zu wehren. Die Ausländerbehör­de des Saalkreis erschwert das Beantragen der Verlassenserlaubnis durch eine Gebühr von 10 Euro, die die Flüchtlinge von ihrer gekürzten Sozialhilfe in Höhe von 190 Euro aufbringen müssen. Obendrein gilt diese Verlassenserlaubnis höchstens eine Woche.

Seit 2005 war Kodjo D’Almelda bereits zwei Mal von der Polizei kontrolliert worden und hatte keine Verlassenserlaubnis. Beim ersten Mal musste er eine Strafe von 40 Euro zahlen, beim zweiten Mal wurde er gar zu 2 Monaten auf Bewährung verurteilt. Wie viele Flüchtlinge, die sehr wenig Geld haben (gekürz­te Sozialhilfe, Arbeitsverbot), hatte er keine oder eine sehr schlechte anwaltliche Vertretung, so kam es zu diesem überzogenen Urteil.
Sein dritter Verstoß gegen die Residenzpflicht wurde jetzt in Halle verhandelt. Inzwischen hatte er seine Freundin geheiratet, hat damit einen andern Status und unterliegt nicht mehr der Residenzpflicht.
Kodjo D’Almelda hatte im April 2008 seine Freundin besucht, die erkrankte und ihn bat länger als für die Dauer der gültige Verlassenserlaubnis bei ihr zu bleiben und ihr zu helfen. So blieb er und unterstützte seine Freundin und ihre drei Kinder. Eine Woche später reiste er zurück nach Sachsen-Anhalt und wurde von der Bundespolizei kontrolliert. Seine Verlassenserlaubnis war abgelaufen, da die Ausländerbehörde Saalkreis keine Möglichkeit einräumt ohne persönliche Vorsprache eine Verlassenser­laubnis zu bekommen oder zu verlängern.

Vor Gericht wird ein Mensch, der zuvor auf Bewährung verurteilt wurde, als Wiederholungstäter (meis­tens) zu einer Haftstrafe verurteilt. Kodjo D’Almeldas Anwalt legte dar, dass sein Mandant -jetzt verhei­ratet- nicht mehr gegen die Residenzpflicht verstoßen kann und aus nachvollziehbaren Gründen gegen die (vorher für ihn geltende) Residenzpflicht verstoßen hat. Das Gericht nahm von einer Haftsstrafe Abstand. Die vom Anwalt geforderte Verfassungklage gegen die Residenzpflicht wurde abgelehnt und Kodjo D’Almelda zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.
Wohlgemerkt für ein Gesetz, dass von den Nazis eingeführt wurde und gegen das Recht auf Bewegungs­freiheit verstößt. Obendrein wurde Kodjo D’Almelda für eine "Tat" ver­urteilt, die er jetzt gar nicht mehr begehen kann - und die keine "Straftat" ist, sondern sein gutes Recht.

Wir fordern ein Verbot der 10 Euro-Gebühr für eine Verlassenserlaubnis bei der Ausländerbehörde Saalkreis und die Abschaffung der Residenzpflicht.

Ausländerbehörde Saalkreis
Domplatz 9
06217 Merseburg
Tel: 03461 40-0
Fax: 03461 40-1155


Interview mit dem Anwalt von Kodjo D’Almelda unter:
 http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=23760

Residenzpflicht: Betreffend die skandalöse Bestrafung von Kodjo D'Almelda
 http://www.thevoiceforum.org/node/903
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