Bewegungs-Eliten im Klima-Camp-Prozess
Es war einmal...
... eine Gruppe von deutschsprachigen Menschen, die sich auf dem Camp for Climate Action 2007 in England zusammensetzten. Sie wollten, fasziniert vom Climate Camp-Gefühl am Heathrower Flughafen und der radikalen Klima-Bewegung in England ein Klima-Camp in der BRD organisieren. Noch in England setzte mensch sich zusammen und formulierte einen ersten Aufruf. Darin hieß es: „Wie auch in England sollen Wissensaustausch (durch Workshops), selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck (auf dem Camp), Vernetzung und Direct Action miteinander verbunden werden.“ Eine zentrale Frage darin war: „Wie ist die bis dato gemachte Klimapolitik von Umweltverbänden und Umwelt-NGOs zu beurteilen? Wie ist deren Wirkung?“.
Da sich bereits in diesem kleinen Kreis zwei Menschen, die bei Attac aktiv sind, beteiligten, wurde der Aufruf, sicherlich mit guter Absicht (Namen von Autoritäten ziehen an), an die entsprechende Attac-Führungsebene weitergeleitet. So wollten dann auch ganz schnell Bewegungs-, Attac- und Solid' / Linksjugend-Eliten den Aufruf mit unterzeichnen. Ohne natürlich, sich als solche zu erkennen zu geben.
All dies war den anderen Schreiberlingen, die mit links-politischen Küngeleien noch nicht viel am Hut hatten und die entsprechenden Namen nicht kannten, natürlich nicht bewusst. Sie waren eigentlich von der Abwesenheit von großen Organisations-Apparaten und NGO-Fahnen auf dem Climate Camp recht angetan. Wer was über deren politischen Inhalte zum Thema „Klimawandel“ erfahren wollte, konnte ja die entsprechenden Workshops besuchen.
Hier zu Lande hatte der Bewegungs-Klüngel allerdings anderes im Sinn. Kein Interesse an gleichberechigtem Wissensaustausch sondern Frontalveranstaltungen. Selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck? Fehlanzeige. Die Eliten wollen den autoritären Staat, grünen Kapitalismus und / oder Checker statt Selbstermächtigung. Und kreative Direct Action? Kein Interesse. Sie wollen lenkbare Massenaktionen für die sie sprechen können, mit der Schafherde im Rücken für Selbstdarstellung und Vereinnahmung vor der Presse. Fazit: Es gab ein Projekt von unabhängigen Aktivisten zu übernehmen und aus diesem Grund unterzeichneten sie den Aufruf.
Aber halt! Hier handelt es sich nicht um eine Verschwörung. Mit einigen Ausnahmen tun die Eliten all dies natürlich mit der Überzeugung das „Richtige“ und „Gute“ zu tun. Sie sind ein Produkt von NGO-Strukturen und sich lenken lassenden Bewegungen. Sie können und wollen sich nicht vorstellen, dass unabhängigen Aktivisten tatsächlich unabhängige Projekte machen wollen. Oft spielen sie sich von oben herab als „Helfer“ für die angeblich „unorganisierten“ und freien Aktivisten auf. Und glauben dabei die „andere Welt“ möglich zu machen. Dabei verhindern sie genau das. Sie denken: Gegen den kapitalistischen Güter-Konsum würde passiver Politik-Konsum helfen. In ihrer Rhetorik sprechen sie von Lösungen „von unten“. Ihre abgeklärten Marketing- („Cool Breeze of Resistance“) und Politik-Strategien verstecken aber inhaltliche Leere. Sie zeigen dadurch, dass ihre Art und Weise mit Menschen umzugehen „von oben“ herab geschieht. Da sind Merkel und Co. ehrlicher. Die versuchen sich nämlich nicht im Deckmäntelchen der Emanzipation zu verstecken.
Die Zeit lief dahin...
... und ein Klima-Camp-Treffen kam nach dem nächsten. Nie wurde deutlich geäußert, dass die Eliten auch in ihrer Funktion als Stellvertreter da sind. Da hieß es „aktiv bei Attac“ oder „aktiv bei Solid“. Aber als Menschen waren sie eben nicht da. Sondern als Funktionäre ihrer Apparate. Entsprechend mussten sie sich verhalten. Das wurde allerdings erst während des Treffens in Frankfurt klar (siehe unten).
In Berlin entstanden Klüngel-Treffen der Eliten als Parallelstruktur zu den dort stattfindenden offenen Treffen. Der jetzige Ort (Hamburg) für das Camp wurde innerhalb dieser Kreise schon festgelegt und nach außen kommuniziert, als der Prozess noch an einem ganz anderen Punkt war und Frankfurt als Ort anvisierte. Aber auch diese Entscheidungen liefen zäh. Grund waren endlose Plena und Zwang zum Konsens. Alternative Organisationsformen und ein kreatives Nebeneinander verschiedenener Ideen wurde konsequent abgeblockt.
Trotzdem gab es Vereinbarungen, das Camp möglichst logo-frei zu gestalten und die Ausarbeitung eines Pressekonzeptes, das Vereinnahmung des Camps unterbinden sollte. In Frankfurt entbrannte dann allerdings logischerweise, an der Frage nach dem Umgang mit NGOs im Prozess und auf dem Camp, eine hitzige Debatte. Diese führte letztlich zur Übernahme und Umschreibung der Idee und des Projektes sowie zum Rausschmiss der Initiatoren durch die NGO- und Bewegungslenker.
Das sich die Eliten während der Debatte nicht auf den Kompromissvorschlag, sich mit ihren Organisationen nur inhaltlich auf dem Camp einzubringen einließen, ist nur folgerichtig. Es geht den Funktionären nicht (nur) um Inhalte sondern haupstächlich um Selbstdarstellung und Mitgliederwerbung durch Fahnenmeer und Logo-Propaganda. Worthülsen wie „spektrenübergreifend“ sollten die Kritiker zum Schweigen bringen. Bedeutung hätte dieses Wort allerdings nur, wenn es die Kooperation von verschiedenen Funktionären bedeuten würde.
Interessant im Verlauf der Debatte war die Reaktion eines Menschen, der in einer Attac-Basisgruppe aktiv war und nachdem er hörte, dass es eben nicht hauptsächlich um Inhalte geht sondern offensichtlich um Selbstdarstellung, ankündigte aus Attac auszusteigen. Genau diese Menschen, politisch Unerfahrene aus Basisgruppen, die als Menschen mit Wut im Bauch und Utopien im Kopf zu den Treffen gekommen waren, blieben verwirrt und enttäuscht von der abgeklärten Taktiererei der Bewegungslenker zurück.
Oder sie hatten trotz allem noch genug Energie sich nicht abschütteln zu lassen und mit dem öko-anarchistischen Barrio auf dem Klima-Camp auf diese elitären Missstände aufmerksam zu machen. Von einigen dieser Menschen aus dem öko-anarchistischen Barrio und den Initiatoren der Idee „Klima-Camp“ stammt auch dieser Text.
Und die Moral von der Geschicht - Eliten gibt’s, doch besser wär, es gäb sie nicht ...
... darum liebe Menschen an der Basis von Attac, NOYA, Grüne Jugend, Solid', BUJU, NAJU, usw.
... lasst nicht Eliten für Euch sprechen. Sprecht für Euch selbst. Organisiert Euch selbst! Ohne Logo!
... eine Gruppe von deutschsprachigen Menschen, die sich auf dem Camp for Climate Action 2007 in England zusammensetzten. Sie wollten, fasziniert vom Climate Camp-Gefühl am Heathrower Flughafen und der radikalen Klima-Bewegung in England ein Klima-Camp in der BRD organisieren. Noch in England setzte mensch sich zusammen und formulierte einen ersten Aufruf. Darin hieß es: „Wie auch in England sollen Wissensaustausch (durch Workshops), selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck (auf dem Camp), Vernetzung und Direct Action miteinander verbunden werden.“ Eine zentrale Frage darin war: „Wie ist die bis dato gemachte Klimapolitik von Umweltverbänden und Umwelt-NGOs zu beurteilen? Wie ist deren Wirkung?“.
Da sich bereits in diesem kleinen Kreis zwei Menschen, die bei Attac aktiv sind, beteiligten, wurde der Aufruf, sicherlich mit guter Absicht (Namen von Autoritäten ziehen an), an die entsprechende Attac-Führungsebene weitergeleitet. So wollten dann auch ganz schnell Bewegungs-, Attac- und Solid' / Linksjugend-Eliten den Aufruf mit unterzeichnen. Ohne natürlich, sich als solche zu erkennen zu geben.
All dies war den anderen Schreiberlingen, die mit links-politischen Küngeleien noch nicht viel am Hut hatten und die entsprechenden Namen nicht kannten, natürlich nicht bewusst. Sie waren eigentlich von der Abwesenheit von großen Organisations-Apparaten und NGO-Fahnen auf dem Climate Camp recht angetan. Wer was über deren politischen Inhalte zum Thema „Klimawandel“ erfahren wollte, konnte ja die entsprechenden Workshops besuchen.
Hier zu Lande hatte der Bewegungs-Klüngel allerdings anderes im Sinn. Kein Interesse an gleichberechigtem Wissensaustausch sondern Frontalveranstaltungen. Selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck? Fehlanzeige. Die Eliten wollen den autoritären Staat, grünen Kapitalismus und / oder Checker statt Selbstermächtigung. Und kreative Direct Action? Kein Interesse. Sie wollen lenkbare Massenaktionen für die sie sprechen können, mit der Schafherde im Rücken für Selbstdarstellung und Vereinnahmung vor der Presse. Fazit: Es gab ein Projekt von unabhängigen Aktivisten zu übernehmen und aus diesem Grund unterzeichneten sie den Aufruf.
Aber halt! Hier handelt es sich nicht um eine Verschwörung. Mit einigen Ausnahmen tun die Eliten all dies natürlich mit der Überzeugung das „Richtige“ und „Gute“ zu tun. Sie sind ein Produkt von NGO-Strukturen und sich lenken lassenden Bewegungen. Sie können und wollen sich nicht vorstellen, dass unabhängigen Aktivisten tatsächlich unabhängige Projekte machen wollen. Oft spielen sie sich von oben herab als „Helfer“ für die angeblich „unorganisierten“ und freien Aktivisten auf. Und glauben dabei die „andere Welt“ möglich zu machen. Dabei verhindern sie genau das. Sie denken: Gegen den kapitalistischen Güter-Konsum würde passiver Politik-Konsum helfen. In ihrer Rhetorik sprechen sie von Lösungen „von unten“. Ihre abgeklärten Marketing- („Cool Breeze of Resistance“) und Politik-Strategien verstecken aber inhaltliche Leere. Sie zeigen dadurch, dass ihre Art und Weise mit Menschen umzugehen „von oben“ herab geschieht. Da sind Merkel und Co. ehrlicher. Die versuchen sich nämlich nicht im Deckmäntelchen der Emanzipation zu verstecken.
Die Zeit lief dahin...
... und ein Klima-Camp-Treffen kam nach dem nächsten. Nie wurde deutlich geäußert, dass die Eliten auch in ihrer Funktion als Stellvertreter da sind. Da hieß es „aktiv bei Attac“ oder „aktiv bei Solid“. Aber als Menschen waren sie eben nicht da. Sondern als Funktionäre ihrer Apparate. Entsprechend mussten sie sich verhalten. Das wurde allerdings erst während des Treffens in Frankfurt klar (siehe unten).
In Berlin entstanden Klüngel-Treffen der Eliten als Parallelstruktur zu den dort stattfindenden offenen Treffen. Der jetzige Ort (Hamburg) für das Camp wurde innerhalb dieser Kreise schon festgelegt und nach außen kommuniziert, als der Prozess noch an einem ganz anderen Punkt war und Frankfurt als Ort anvisierte. Aber auch diese Entscheidungen liefen zäh. Grund waren endlose Plena und Zwang zum Konsens. Alternative Organisationsformen und ein kreatives Nebeneinander verschiedenener Ideen wurde konsequent abgeblockt.
Trotzdem gab es Vereinbarungen, das Camp möglichst logo-frei zu gestalten und die Ausarbeitung eines Pressekonzeptes, das Vereinnahmung des Camps unterbinden sollte. In Frankfurt entbrannte dann allerdings logischerweise, an der Frage nach dem Umgang mit NGOs im Prozess und auf dem Camp, eine hitzige Debatte. Diese führte letztlich zur Übernahme und Umschreibung der Idee und des Projektes sowie zum Rausschmiss der Initiatoren durch die NGO- und Bewegungslenker.
Das sich die Eliten während der Debatte nicht auf den Kompromissvorschlag, sich mit ihren Organisationen nur inhaltlich auf dem Camp einzubringen einließen, ist nur folgerichtig. Es geht den Funktionären nicht (nur) um Inhalte sondern haupstächlich um Selbstdarstellung und Mitgliederwerbung durch Fahnenmeer und Logo-Propaganda. Worthülsen wie „spektrenübergreifend“ sollten die Kritiker zum Schweigen bringen. Bedeutung hätte dieses Wort allerdings nur, wenn es die Kooperation von verschiedenen Funktionären bedeuten würde.
Interessant im Verlauf der Debatte war die Reaktion eines Menschen, der in einer Attac-Basisgruppe aktiv war und nachdem er hörte, dass es eben nicht hauptsächlich um Inhalte geht sondern offensichtlich um Selbstdarstellung, ankündigte aus Attac auszusteigen. Genau diese Menschen, politisch Unerfahrene aus Basisgruppen, die als Menschen mit Wut im Bauch und Utopien im Kopf zu den Treffen gekommen waren, blieben verwirrt und enttäuscht von der abgeklärten Taktiererei der Bewegungslenker zurück.
Oder sie hatten trotz allem noch genug Energie sich nicht abschütteln zu lassen und mit dem öko-anarchistischen Barrio auf dem Klima-Camp auf diese elitären Missstände aufmerksam zu machen. Von einigen dieser Menschen aus dem öko-anarchistischen Barrio und den Initiatoren der Idee „Klima-Camp“ stammt auch dieser Text.
Und die Moral von der Geschicht - Eliten gibt’s, doch besser wär, es gäb sie nicht ...
... darum liebe Menschen an der Basis von Attac, NOYA, Grüne Jugend, Solid', BUJU, NAJU, usw.
... lasst nicht Eliten für Euch sprechen. Sprecht für Euch selbst. Organisiert Euch selbst! Ohne Logo!
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Harter Tobak
hier geht es um...
@ ...
Jörg B. hatte mit der im Artikel beschrieben Entwicklung nichts zu tun, er hat danach eine Mail nach dem Motto "find beide Seiten doof" geschrieben und sich ansonsten ziemlich aus dem ganzen Prozess rausgehalten.
Das scheint zwar einigen nicht ins Weltbild zu passen, aber Jörg ist nicht der einzige Mensch auf der Welt, der den Begriff der Bewegungseliten benutzt. Und obriger Artikel ist mit ziemlicher Sicherheit nicht von ihm, weil er wie gesagt in dem ganzen Prozess überhaupt nicht involviert war.
Fundament
eine Stilfrage
inwieweit es sinnvoll ist ngos in bewegungsprozesse einzubinden oder für kollektiv-veranstaltungen sprecher zur außendarstellung aus medientaktischen/ strategischen gründen zu bestimmen, sind m.e. punkte, die diskutiert werden müssen.
der hier zu tage getretene stil der politischen auseinandersetzung ist vollkommen inakzeptabel und schreckt mich ab. (diffamierungen lenken m.e. von anderem ab: was ist es hier?)
auch wenn hier indy v.a. für die statements einer gruppe verwendet werden, es gibt viele, die es anders sehen: kommt vorbei, erlebt das camp und die dortigen unvoreingenommenen diskussionen eines großen teils der anwesenden und nicht des hier sich darstellenden projektes dogmatische linke.
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
. — .
egal — egal
How can we help test gran Paradiso Alpha ? — E-Light