Bewegungs-Eliten im Klima-Camp-Prozess

Öko-Anarcho 16.08.2008 17:42 Themen: Freiräume Ökologie
Die unendliche Geschichte ...

... von NGO- und Bewegungs-Eliten im Klima-Camp-Prozess
Es war einmal...

... eine Gruppe von deutschsprachigen Menschen, die sich auf dem Camp for Climate Action 2007 in England zusammensetzten. Sie wollten, fasziniert vom Climate Camp-Gefühl am Heathrower Flughafen und der radikalen Klima-Bewegung in England ein Klima-Camp in der BRD organisieren. Noch in England setzte mensch sich zusammen und formulierte einen ersten Aufruf. Darin hieß es: „Wie auch in England sollen Wissensaustausch (durch Workshops), selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck (auf dem Camp), Vernetzung und Direct Action miteinander verbunden werden.“ Eine zentrale Frage darin war: „Wie ist die bis dato gemachte Klimapolitik von Umweltverbänden und Umwelt-NGOs zu beurteilen? Wie ist deren Wirkung?“.

Da sich bereits in diesem kleinen Kreis zwei Menschen, die bei Attac aktiv sind, beteiligten, wurde der Aufruf, sicherlich mit guter Absicht (Namen von Autoritäten ziehen an), an die entsprechende Attac-Führungsebene weitergeleitet. So wollten dann auch ganz schnell Bewegungs-, Attac- und Solid' / Linksjugend-Eliten den Aufruf mit unterzeichnen. Ohne natürlich, sich als solche zu erkennen zu geben.

All dies war den anderen Schreiberlingen, die mit links-politischen Küngeleien noch nicht viel am Hut hatten und die entsprechenden Namen nicht kannten, natürlich nicht bewusst. Sie waren eigentlich von der Abwesenheit von großen Organisations-Apparaten und NGO-Fahnen auf dem Climate Camp recht angetan. Wer was über deren politischen Inhalte zum Thema „Klimawandel“ erfahren wollte, konnte ja die entsprechenden Workshops besuchen.

Hier zu Lande hatte der Bewegungs-Klüngel allerdings anderes im Sinn. Kein Interesse an gleichberechigtem Wissensaustausch sondern Frontalveranstaltungen. Selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck? Fehlanzeige. Die Eliten wollen den autoritären Staat, grünen Kapitalismus und / oder Checker statt Selbstermächtigung. Und kreative Direct Action? Kein Interesse. Sie wollen lenkbare Massenaktionen für die sie sprechen können, mit der Schafherde im Rücken für Selbstdarstellung und Vereinnahmung vor der Presse. Fazit: Es gab ein Projekt von unabhängigen Aktivisten zu übernehmen und aus diesem Grund unterzeichneten sie den Aufruf.

Aber halt! Hier handelt es sich nicht um eine Verschwörung. Mit einigen Ausnahmen tun die Eliten all dies natürlich mit der Überzeugung das „Richtige“ und „Gute“ zu tun. Sie sind ein Produkt von NGO-Strukturen und sich lenken lassenden Bewegungen. Sie können und wollen sich nicht vorstellen, dass unabhängigen Aktivisten tatsächlich unabhängige Projekte machen wollen. Oft spielen sie sich von oben herab als „Helfer“ für die angeblich „unorganisierten“ und freien Aktivisten auf. Und glauben dabei die „andere Welt“ möglich zu machen. Dabei verhindern sie genau das. Sie denken: Gegen den kapitalistischen Güter-Konsum würde passiver Politik-Konsum helfen. In ihrer Rhetorik sprechen sie von Lösungen „von unten“. Ihre abgeklärten Marketing- („Cool Breeze of Resistance“) und Politik-Strategien verstecken aber inhaltliche Leere. Sie zeigen dadurch, dass ihre Art und Weise mit Menschen umzugehen „von oben“ herab geschieht. Da sind Merkel und Co. ehrlicher. Die versuchen sich nämlich nicht im Deckmäntelchen der Emanzipation zu verstecken.

Die Zeit lief dahin...

... und ein Klima-Camp-Treffen kam nach dem nächsten. Nie wurde deutlich geäußert, dass die Eliten auch in ihrer Funktion als Stellvertreter da sind. Da hieß es „aktiv bei Attac“ oder „aktiv bei Solid“. Aber als Menschen waren sie eben nicht da. Sondern als Funktionäre ihrer Apparate. Entsprechend mussten sie sich verhalten. Das wurde allerdings erst während des Treffens in Frankfurt klar (siehe unten).

In Berlin entstanden Klüngel-Treffen der Eliten als Parallelstruktur zu den dort stattfindenden offenen Treffen. Der jetzige Ort (Hamburg) für das Camp wurde innerhalb dieser Kreise schon festgelegt und nach außen kommuniziert, als der Prozess noch an einem ganz anderen Punkt war und Frankfurt als Ort anvisierte. Aber auch diese Entscheidungen liefen zäh. Grund waren endlose Plena und Zwang zum Konsens. Alternative Organisationsformen und ein kreatives Nebeneinander verschiedenener Ideen wurde konsequent abgeblockt.

Trotzdem gab es Vereinbarungen, das Camp möglichst logo-frei zu gestalten und die Ausarbeitung eines Pressekonzeptes, das Vereinnahmung des Camps unterbinden sollte. In Frankfurt entbrannte dann allerdings logischerweise, an der Frage nach dem Umgang mit NGOs im Prozess und auf dem Camp, eine hitzige Debatte. Diese führte letztlich zur Übernahme und Umschreibung der Idee und des Projektes sowie zum Rausschmiss der Initiatoren durch die NGO- und Bewegungslenker.

Das sich die Eliten während der Debatte nicht auf den Kompromissvorschlag, sich mit ihren Organisationen nur inhaltlich auf dem Camp einzubringen einließen, ist nur folgerichtig. Es geht den Funktionären nicht (nur) um Inhalte sondern haupstächlich um Selbstdarstellung und Mitgliederwerbung durch Fahnenmeer und Logo-Propaganda. Worthülsen wie „spektrenübergreifend“ sollten die Kritiker zum Schweigen bringen. Bedeutung hätte dieses Wort allerdings nur, wenn es die Kooperation von verschiedenen Funktionären bedeuten würde.

Interessant im Verlauf der Debatte war die Reaktion eines Menschen, der in einer Attac-Basisgruppe aktiv war und nachdem er hörte, dass es eben nicht hauptsächlich um Inhalte geht sondern offensichtlich um Selbstdarstellung, ankündigte aus Attac auszusteigen. Genau diese Menschen, politisch Unerfahrene aus Basisgruppen, die als Menschen mit Wut im Bauch und Utopien im Kopf zu den Treffen gekommen waren, blieben verwirrt und enttäuscht von der abgeklärten Taktiererei der Bewegungslenker zurück.

Oder sie hatten trotz allem noch genug Energie sich nicht abschütteln zu lassen und mit dem öko-anarchistischen Barrio auf dem Klima-Camp auf diese elitären Missstände aufmerksam zu machen. Von einigen dieser Menschen aus dem öko-anarchistischen Barrio und den Initiatoren der Idee „Klima-Camp“ stammt auch dieser Text.

Und die Moral von der Geschicht - Eliten gibt’s, doch besser wär, es gäb sie nicht ...

... darum liebe Menschen an der Basis von Attac, NOYA, Grüne Jugend, Solid', BUJU, NAJU, usw.

... lasst nicht Eliten für Euch sprechen. Sprecht für Euch selbst. Organisiert Euch selbst! Ohne Logo!
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Ergänzungen

Harter Tobak

Wütender 16.08.2008 - 20:32
Knallhart wie du hier die Geisterfahrt des Klimacampprozesses darstellt, insbesondere das Frankfurter Treffen. In Frankfurt verließen tatsächlich einige InitiatorInnen den ins autistische laufenden Campprozess. Allerdings wurden sie weder rausgeschmissen, noch gehörten sie - wie du in deinem Text suggerierst - zum öko-anarchistischen Flügel der Vorbereitungsgruppe, sondern vielmehr zu jenem die sich unter einem offenen auch einen breiten Campprozess vorstellten der auch NGO's und vertikale Zusammenhänge einschließt. Daraufhin orientierte sich diese Leute an der schon länger im Raum stehenden, aber vormals abgelehnten Idee, ein kombiniertes Camp mit dem AntiRa-Camp in HH zusammenzulegen. Leuten wie dir, deren öko-anarchistische Identität sich in der Abgrenzung zu Symboliken von Organisiationen fest hängt, hätten ruhig an der Idee des total revolutionären und krass hierarchifreien Camps in Hanau festhalten können. Nur habt ihr dann gemerkt dass euch zum einen am Staudinger Kraftwerk niemand haben wollte und zum anderen und wichtigeren, dass ihr alleine nicht in der Lage seid ein relevantes Camp aufzuziehen. Und da sich abzeichnete das Hamburg groß und relevant wird während das Camp im RM-Gebiet ziemlich geschissen hätte, gibt es jetzt ein Ökoanarchistische Barrio (Gegen das ich übrigens nicht habe, sondern als Barrio und Organisierungsansatz so konsequent wie richtig finde) auf dem bösen HH-Camp anstatt einem klinisch revolutionären RM-Camp. Wer setzt sich hier eigentlich auf angelaufene Mobilisierungen drauf, um die Massen nicht zu verpassen?

hier geht es um...

... 16.08.2008 - 21:32
... einen konflikt den eine einzelperson, jörg b. aus der projektwerkstatt saasen, seit geraumer zeit gegen andere aktivistInnen aus linksradikalen bewegungen führt. jörg b. setzt dabei seinem eigenen nischendasein den begriff von "eliten" in die welt, den er etwa alle 8 wochen auf indymedia wieder aufwärmt. selbst ist b. immer wieder durch debatten um ansätze von "kreativer antirepression" aufgefallen. auf gleichlautenden veranstaltungen inszeniert sich als alleinunterhalter selbst und torpediert andere antirepressionsgruppen, da sie zuwenig sexy seien. nur damit in etwa verständlich wird worum es hier eigentlich geht. b. hat auch versucht die anfänge eines deutschen linksradikalen klima-prozesses zu torpedieren. über die gründe kann mensch spekulieren, er hat es jedenfalls nicht geschafft. b. geriet anfang der jahrtausendwende in die kritik, als er eine allzu laxe auffassung von "kreativer antirepression" vertrat und gespräche mit dem verfassungsschutz führte. mehr dazu bei google.

@ ...

öko 16.08.2008 - 23:46
Sorry, aber Du schreibst hier blühenden Blödsinn.

Jörg B. hatte mit der im Artikel beschrieben Entwicklung nichts zu tun, er hat danach eine Mail nach dem Motto "find beide Seiten doof" geschrieben und sich ansonsten ziemlich aus dem ganzen Prozess rausgehalten.

Das scheint zwar einigen nicht ins Weltbild zu passen, aber Jörg ist nicht der einzige Mensch auf der Welt, der den Begriff der Bewegungseliten benutzt. Und obriger Artikel ist mit ziemlicher Sicherheit nicht von ihm, weil er wie gesagt in dem ganzen Prozess überhaupt nicht involviert war.

Fundament

ganzeinfach 17.08.2008 - 10:26
Mein Fundament sieht ganz einfach aus. Ich bin jetzt schon wiederholt auf Werbeseiten von NGOs wie Attac als Teilnehmer einer Demo o.ä. aufgetaucht und immer hatte ich mit den vermittelten Inhalten nichts aber auch rein gar nichts am Hut. Ich war Teil einer Masse, die dazu verwendet wurde, Meinung zu monopolisieren. So erging es mir auch anderswo (Sozialforum Erfurt, G8), wo ich in der Presse nachlesen konnte, was denn außer mir auch all die vielen anderen Menschen so "bewegt". Da war von Pressesprechern die Rede, die niemals und von niemensch autorisiert worden sind, für alle zu sprechen. Ich finde es immer wieder erschreckend, dass sich diese Organisationen gerade auch da nicht anders aufführen, wo so etwas schon in der Vorbereitung vermieden werden soll. Die Konsequenz: Letztlich bleiben ich und andere solchen "Bewegungen" fern und die deutsche Linke rätselt mal wieder, warum ein so hoffnungsfroher Ansatz nach 2-3 Jahren wieer einschläft. Gibt natürlich auch noch andere Gründe, aber das sind meine!

eine Stilfrage

- 19.08.2008 - 12:47
der artikel diskreditiert sich bereits durch seinen diffamierenden stil bei dem die eigentlich zugrundegelegte argumente (falls es solche gibt) vollkommen in den hintergrund geraten. es erscheint mir sektiererisch.
inwieweit es sinnvoll ist ngos in bewegungsprozesse einzubinden oder für kollektiv-veranstaltungen sprecher zur außendarstellung aus medientaktischen/ strategischen gründen zu bestimmen, sind m.e. punkte, die diskutiert werden müssen.
der hier zu tage getretene stil der politischen auseinandersetzung ist vollkommen inakzeptabel und schreckt mich ab. (diffamierungen lenken m.e. von anderem ab: was ist es hier?)

auch wenn hier indy v.a. für die statements einer gruppe verwendet werden, es gibt viele, die es anders sehen: kommt vorbei, erlebt das camp und die dortigen unvoreingenommenen diskussionen eines großen teils der anwesenden und nicht des hier sich darstellenden projektes dogmatische linke.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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egal — egal