Russlanddeutsche NPDler

Antifaschistisches AutorInnenkollektiv 15.08.2008 16:00 Themen: Antifa
Lange stand die deutsche Neonazi-Szene russlanddeutschen Aussiedlern feindlich gegenüber, weil sie wegen ihres kulturellen Hintergrundes der extrem rechten Vorstellung von einem "ordentlichen Deutschen" nicht entsprachen. Auf der Suche nach neuen Wählerspektren hat die NPD die rund zwei Millionen Russlanddeutschen jetzt für sich entdeckt, wenngleich diese Orientierung in der extremen Rechten, insbesondere in der neonazistischen Szene nicht unumstritten ist.

Dieser Beitrag basiert hauptsächlich auf Veröffentlichungen der LOTTA - antifaschistische Zeitung aus NRW sowie auf eine Pressemitteilung des Antifa-KOK Düsseldorf und Umland.
Als Abkömmlinge deutscher Emigranten, als "Volksdeutsche", seien sie akzeptable Kooperationspartner, heißt es nun bei der NPD. Einzelne aus dem konservativ geprägten russlanddeutschen Milieu haben sich inzwischen von der "Landsmannschaft der Deutschen aus Russland" getrennt, einer Mitgliedsorganisation des "Bundes der Vertriebenen", und sind zur NPD übergelaufen. "Arbeitskreis der Russlanddeutschen in der NPD" nennen sie sich dort und kooperieren eng mit einer in NRW ansässigen Clique, die unter den Bezeichnungen "Die Russlanddeutschen Konservativen" und "Schutzgemeinschaft 'Deutsche Heimat' der Deutschen aus Rußland" auftritt. Intellektuelle Vordenker der extremen Rechten nutzen die Kooperation mit den Russlanddeutschen, um ein antiamerikanisches und antisemitisches deutsch-russisches Bündnis zu propagieren.

Erwähnte "Schutzgemeinschaft 'Deutsche Heimat' der Deutschen aus Rußland", ein eingetragener Verein mit Sitz in Hürtgenwald (Kreis Düren), möchte sogar am 23. August 2008 vor dem Landtag in Düsseldorf eine Kundgebung durchführen. Bereits seit Anfang August 2008 wird auf der Homepage der neonazistischen "Aktionsfront Meerbusch" auf diese Kundgebung hingewiesen. Motto: "Gegen die Fälschung der Geschichte der Rußlanddeutschen". "Alle heimat- und volkstreuen Deutschen" werden aufgerufen, dagegen zu protestieren, dass in einem Geschichtsschulbuch des Schöningh-Verlages "Rußlanddeutsche bezichtigt" würden, "Raub und Massenvernichtung von Juden während des 2.Weltkrieges in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten in Südrußland begangen zu haben." Die "Aktionsfront Meerbusch", die dem Spektrum der NPD-nahen "Freien Kameradschaften" angehört, ruft "Jeden, der irgend kann" zur Unterstützung der Kundgebung auf. In dem genannten Schulbuch ist der Wahrheit entsprechend zu lesen, dass 1941 in Westrussland verbliebene und nicht nach Sibiren und Mittelasien umgesiedelte Russlanddeutsche wesentlich vom Einmarsch der Wehrmacht profitiert hatten. "Wohnungen und Kleider aus dem Besitz von durch Deutsche ermordetenen Juden gab man ihnen. Ihre Selbstschutzeinrichtungen waren auch an den Massenmorden an Juden beteiligt"(Hans-Jürgen Lendzian und Christoph Andreas Marx (Hrsg.): Geschichte und Gegenwart Band 2, Paderborn 2006).

Der "Schutzgemeinschaft 'Deutsche Heimat' der Deutschen aus Rußland e.V." ist wie bereits erwähnt über den "Arbeitskreis Rußlanddeutsche in der NPD" eng mit der NPD verbandelt. Federführend sind hierbei Johann Thießen, ein Elekroingenieur aus dem Kreis Düren, sowie Andrej Triller aus Hattingen. Beide traten bereits bei der NPD und bei der extrem rechten "Deutschen Akademie" als Redner auf. Thießen überbrachte auf dem letzten Bundesparteitag der NPD sogar russlanddeutsche Grußworte. Und so verwundert es auch nicht sonderlich, dass er persönlich das Amt des Vorsitzenden und Triller das des 1. stellvertretenden Vorsitzenden der "Schutzgemeinschaft" bekleidet.

"Unsere Väter waren keine Täter", meint natürlich auch die NPD und drückt seit dem 6. August 2008 auf der Homepage ihres Bundesverbandes ihre Solidarität mit dem Anliegen der "Schutzgemeinschaft" und deren Kundgebung aus.

Und somit dürfte es nicht verwundern, wenn sich am Mittag des 23. August vor dem Düsseldorfer Landtag NPDler, einige "Freie Kameraden" sowie Vertreter und Anhänger rechter russlanddeutscher Organisationen in nicht allzu großer Runde einfinden werden.

Weitere Informationen:

 http://projekte.free.de/lotta/pm_russlanddeutsche_und_npd.htm

sowie insbesondere

 http://projekte.free.de/lotta/pm/Deutschbewusste_Russlanddeutsche_LOTTA_Nr_32.pdf

und

www.antifa-kok.de
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Ergänzungen

das ganze mal bebildert...

... 15.08.2008 - 17:05
...

das Foto...

stammt... 15.08.2008 - 17:19
vom 16. Februar 2008, Neonaziaufmarsch anlässlich der Bombardierung Dresdens...

beim npd bundesparteitag

wurscht 15.08.2008 - 18:01
in bamberg sind 2 russlanddeutsche npd'ler verklopft worden

Durch Isolierung und Ausgrenzung nach rechts

xxx 15.08.2008 - 18:37
In Mecklenburg wirbt die NPD ebenfalls um Russlanddeutsche, mit dem Ziel einer eigenen Organisation, das ist schon lange bekannt. Aus eigener Erfahrung muss ich leider sagen: bei Russlanddeutschen fand ich Ressentiments gegen die Demokratie (Ökonomische Ungerechtigkeit (Hartz IV, Massenentlassungen) wird als mit der Demokratie untrennbar verbundenes Fänomen angesehen), autoritäres Denken und Verhalten, Ressentiments gegen "jüdische Kapitalisten" (also sagen wir mal im Stil von: "Chodorkovsky, das ist auch so ein jüdischer Bankier"), oder Feindschaft gegen Polen.

Ich warne aber antifa-Gruppen davor als jemand aufzutreten der Russlanddeutsche auszugrenzt oder der sich auf sie als DAS! Naziproblem einschiesst.

Russlanddeutsche haben in Deuschland mies bezahlte oder unattraktive Jobs: Bau, Lebensmittelindustrie, Leiharbeit.

Das ist Ausgrenzung. Rechtsextreme, rassistische usw Ressentiments zu äußern könnte man auch als Versuch interpretieren Anerkennung in der Gesellschaft oder in sozialen Gruppen zu finden.

Unter diesem Aspekt (oder als Konkurrenzkämpfe zwischen Migrantengruppen) könnte man auch (Massen)-Schlägereien zwischen Russlanddeutschen und Türkischen Jugendlichen deuten. Das fidnet man in Westdeutschland häufig am Wochenende, besonders in kleinen Orten wo es nur diese beiden Migrantengruppen gibt.

Ich bezweifle generell dass die NPD sehr erfolgreich sein wird Russlanddeutsche zu rekrutieren.

Besser wäre es das Gespräch mit älteren RuDe zu suchen um an die Jüngeren ranzukommen.

Im übrigen kenn ich auch Russlanddeutsche, die im Westen in die Linkspartei eintreten (ohne dass diese besonders auf sie zuginge).

1. Mai 2007 in Dortmund

admin 15.08.2008 - 19:38
Hier ein Foto vom 1.Mai 2007 in Dortmund:

Papua-Neuguinea

Erwin und Karl-Heinz 15.08.2008 - 22:27
Wie wär's mit Papua-Neuguineaner in der NPD. Schließlich war das mal deutsche Kolonie. Naja also mit logischen Denkstrukturen war bei den Nasen ja noch nie viel zu holen. Aber Russen als NPDler - Huuuaaahhhaaahhaaaa!!!

Lieber Erwin! Lieber Karl-Heinz!

Dimitri Protototottotow 16.08.2008 - 09:44
@Erwin und Karl-Heinz: (15.08.2008 - 22:27)
"Wie wär's mit Papua-Neuguineaner in der NPD. Schließlich war das mal deutsche Kolonie. Naja also mit logischen Denkstrukturen war bei den Nasen ja noch nie viel zu holen. Aber Russen als NPDler - Huuuaaahhhaaahhaaaa!!!"

1.) Russland war keine Kolonie des Deutschen Reiches;
2.) In Papua-Neuguinea gibt es keine "volksdeutsche" Bevölkerungsgruppe;
3.) Es geht der NPD offensichtlich um die "Russlanddeutschen" und nicht um die "Russen".

Wenn die NPD ausführt: "Unsere Väter waren keine Täter", so hat sie, was allein die Russlanddeutschen angeht, so unrecht nicht, denn nach Ausbruch des Krieges gegen die UdSSR wurden sie von Stalin praktisch in Sippenhaft genommen und ca. 1.200.000 von ihnen innerhalb weniger Wochen deportiert und auch zu Zwangsarbeit verpflichtet. Hunderttausende sind unter unmenschlichen Bedingungen ums Leben gekommen. Der stalinsche Vorwurf der "Kollaboration" ist auch aus heutiger Sicht völlig unhaltbar. Es ist davon auszugehen, dass sie deportiert wurden, weil sie "Deutsche" waren und seit dem Überfall Hitlers als "Feinde" angesehen wurden.

Deutschtum im Ausland

Kai 16.08.2008 - 12:00
@ Dimitri Protototottotow

"Unsere Väter waren keine Täter", so hat sie, was allein die Russlanddeutschen angeht, so unrecht nicht, denn nach Ausbruch des Krieges gegen die UdSSR wurden sie von Stalin praktisch in Sippenhaft genommen und ca. 1.200.000 von ihnen innerhalb weniger Wochen deportiert"

1. wurden nicht alle umgesiedelt, dafür war auch gar nicht genug Zeit. Und unter denen, die verblieben, gab es viele, die den deutschen Vormarsch begrüßten (und nicht nur weil sie sich durch diesen vor einer Umsiedlung geschützt fühlten!) und davon profitierten. Und auch solche, die sich an den Verbrechen direkt beteiligten. Und nichts anderes scheint ja offensichtlich in diesem Geschichtsbuch zu stehen, wenn ich das richtig interpretiere.

2. war ob der ja hinlänglich bekannten deutschen "Förderung des Deutschtums in Ausland" die Sorge der SU, dass es hier zur Zusammenarbeit mit der vorrückenden Nazi-Wehrmacht kommen würde, mit allen militärischen Folgen, die damit verbunden sind, ja nicht unberechtigt, oder?


Womit ich keineswegs alle Methoden gutheißen will. Und natürlich gab es bestimmt auch viele , die keine gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht hätten.

Letzendlich verantwortlich dafür aber waren natürlich die Nazis!



"Umsiedeln" von Bevölkerungsgruppen

xxx 16.08.2008 - 13:40
"1. wurden nicht alle umgesiedelt,"....? Sie wurden, wie viele andere Menschen in der Stalinzeit, deportiert!

pisdez faschistam!

ruslan karaev 16.08.2008 - 15:23
bin spätaussiedler. also die deportation war doch das beste was meinen (ur)-und großeltern passieren konnte. wie schon gesagt haben "volksdeutsche" bei den nazi-verbrechen mitgemacht, wie z.b. die sudetendeutschen usw. und die russlanddeutschen (wolgadeutschen) hätten es ebenso gemacht, wenn der deutsche vormarsch sie erreicht hätte. also ich als nicht kommunist bin den sowjets unendlich dankbar dafür, dass die es verhindert haben, dass jemand aus meiner familie bei den nazi-verbrechen mitgemacht hat. und die behauptung, dass so viele russlanddeutsche in den gulag kammen ist doch lächerlich. bei den wolgadeutschen gab es zwar nazis (hatten mein kampf oder hackenkreuzfahnen zu hause) aber nicht in so einem großen umfang. meine familie kannte viele, die umgesiedelt wurden. es gab kaum welche familien, von denen jemand im gulag war. und selbst wenn es viele millionen gewesen wären, würde es einen vernünftigen grund dafür gegeben haben. als meine familie umgesiedelt wurde hatten die es sogar viel besser. hatten haus und land umsonst bekommen.

ich find es eher lustig, dass die faschos jetzt versuchen RD zu rekrutieren. meiner meinung nach gibt es kaum eine RD familie, die nicht mit anderen bevölkerungsgruppen in der SU sich gemischt hat. und die jüngeren RD werden sich eh nicht rekrutieren lassen, die sehen sich immer noch viel eher als russen und nicht als deutsche. bei denen sind die deutschen eher unbeliebt. es entsteht seit ein paar jahren eine hinwendung zum hiphop bei der jugend. und in den texten werden meist deutsche gedisst. dass die faschos eine allianz mit den RD gegen islamische migrantengruppen schaffen ist mal mehr als fragwürdig. die jüngeren sind nicht an ideologie sondern körperlichen auseinadersetzungen interessiert. also die lassen sich eher von linken rekrutieren um faschos zu kloppen. einfach in box- oder kickboxclub gehen und nett fragen, da wimmelt es nur von russland-deutschen (RD).

dass es mal so weit kommen wird, dass alte RD in der npd landen werden, war nur ne frage der zeit. die ansichten bei denen sind doch alle gleich, egal wo die RD sind, ob cdu oder npd. die sehen sich als die super-deutschen, also die denken, dass die deutschen in deutschland verwestlicht oder amerikanisiert sind und dass die RD davon verschont wurden und sie deshalb die einzig wahren deutschen sind. weil die halt noch den dialekt von vor 200 jahren sprechen können. also kurz gesagt, dem ganzen kann eher gelassen zugeschaut werden. dass ein paar alte RD säcke sich bei der npd organisieren ist eher unproduktiv für die faschos.

smert faschistam!

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