Stolberg-Mausbach: "Braune Scheiße" für Nazis

Antifaschist Stolberg/Aachen 11.08.2008 02:36 Themen: Antifa
"Braune Scheiße für die braune Scheiße", rief ein empörter Mausbacher Bürger - bevor er dem "Info"-Stand der Nazis eine Schubkarre mit Schafsmist vor die Füße kippte - und das in Mausbach, einem Ortsteil der Kleinstadt Stolberg/Rheinland. In Stolberg stießen Nazis bisher auf relativ wenig Widerstand, ja sie sind zur Zeit sogar mit 3 Leuten - 2 NPDlern und 1 DVUler - im Stadtrat vertreten.
Stolberg bei Aachen liegt im äußersten Westen Deutschlands und ist - für westdeutsche Verhältnisse - eine Art "Hochburg" der Nazis - wobei auch hier der Widerstand langsam zunimmt.

In Stolberg-Büsbach war von 1967-1991 die Bundeszentrale der 1994 verboteten Wiking-Jugend (einer Art Hitler-Jugend), in deren Tradition sich heute noch die Kameradschaft Aachener Land (KAL) sieht, die wiederum eng mit den NPD-Kreisverbänden Düren und Aachen (gesteuert aus Stolberg) zusammenarbeitet. Seit 2004 ist die NPD mit 2 Personen und die DVU mit einer Person im Stadtrat vertreten.

Im Jahre 2005 hielt die Bundes-NPD ihre 40-Jahr-Feier in Stolberg ab, im April 2008 nutzten NPD und Freie Kameradschaften den Totschlag an einem jungen Mann aus - der Täter war staatenloser Libanese -, um massiv gegen angebliche "Ausländergewalt" und "kriminelle Ausländer" zu hetzen und innerhalb weniger Wochen drei Aufmärsche in Stolberg durchzuführen.

Beim erste "spontanen" Aufmarsch von ca. 160 Nazis am 05.04.08 wurde Polizisten angegriffen und im Stadtteil Mühle lebende Stolberger türkischer Herkunft mit Sprüche wie "Kein Vergeben, kein Vergessen - Türken haben Namen und Adressen" sowie "Wir kriegen Euch alle" massiv bdroht.

Eine Woche später - am 12.04.08 - zogen 800 Nazis durch Stolberg ("Autonome Nationalisten", Kameradschaften, NPD) - auch durch Stolberg-Mühle - die Polizei war mit einem Großaufgebot von 1.500 Polizisten im Einsatz. Zwei Journalisten wurden von Nazis angegriffen, Nazis schmissen Steine und warfen Feuerwerkskörper. Die Polizei ging zum Teil recht rigoros gegen die Nazis vor - als Straftäter identifizierte Nazis wurden einzeln aus der Menge geholt. Anmelder dieser Demo war Christin Worch.

Mit Gegendemonstranten hatte die Polizei am 12.04.08 weniger Probleme - die ca. 400 Teilnehmer der Gegendemos waren zum größten Teil schon Stunden vor dem Naziaufmarsch wieder abgereist, die wenigen 50-70 Personen, die noch da waren und an den Absperrungen "Nazis raus" riefen (größtenteils Stolberger) waren für die Polizei kein Problem.


Zwei Wochen später marschierten nochmal 450 Nazis - diesmal hatte die NPD einen "Trauermarsch" angemeldet, die Polizei hielt sich gegenüber den Nazis zurück - allerdings gwurde Versammlungsleiter Kunkel später u.a. dafür scharf kritisiert, daß er einen "Kameraden" der Polizei ausgeliefert habe.

Diesmal waren 850 Gegendemonstranten gekommen (die vom Anmelder genannte Zahl von 1.500 gilt als definitiv zu hoch) - unter den Demonstranten waren viel zu wenig Stolberger. Die Demoleitung war bei beiden Gegendemos praktisch vollkommen in den Händen der SAV -was bei den meisten Demoteilnehmern und den meisten Stolbergern nicht so gut ankam - insbesondere weil bei den Redebeiträgen in keinster Weise auf die spezielle Problematik in Stolberg eingegangen wurde und soweit ich weiß auch keine Stolberger ans Mikrofon kamen - obwohl einige reden wollten.

Bei zukünftigen Demos soll die SAV nicht mehr mit Leitungsaufgaben betraut werden. Es ist leider mit weiteren Aufmärschen im Jahr 2009 zu rechnen. Außerdem wird die Stadt Stolberg sicher einer Schwerpunkte der NPD im Kommunalwahlkampf 2009 sein (keine 5%-Hürde).

Am Abend des 25.04.08 veranstaltete das Stolberger Bündnis gegen Radikalismus eine große Gegenkundgebung mit ca. 1.000 Teilnehmer - größtenteils Stolberger. Am Vorabend des Naziaufmarschs - nicht am Tag des Naziaufmarschs selbst (ganz bewußt).

Die Berichterstattung in der Lokalpresse nach dem Naziaufmarsch vom 26.04.08 sprach dann auch Bände: "Polizei läßt keine Krawalle zu" oder so ähnlich - dabei hatte man einer Stelle eher den Eindruck, die Polizei provoziert einen kleinen Krawall, den sie dann auch schnell wieder eindämmt.

Die Gegendemo war bis auf einige - von der Polizei erst provozierte - Rangeleien völlig friedlich, in 100 m Entferung durfte auch ganz offiziell gegen die Nazis protestiert werden.

Ernsthafte Behinderungen des Naziaufmarschs waren nicht möglich, einigen Leuten gelang es in Kleingruppen in unmittelbarer Nähe des Aufmarsches friedlich zu protestieren - allerdings versuchte die Polizei dann die Leute in Gewahrsam zu nehmen und ihnen dann eine Anzeige z.B. wegen angeblicher Vermummung (Sonnenbrille) anzuhängen.

In der ganzen Region Aachen/Stolberg/Düren sind die Nazis in der letzten Zeit stärker und auch militanter geworden, Ende März wurde einem Antifaschisten und seiner Familie in Aachen mitten in der Nacht die Fenster eingeworfen, die anschließende Solidemo wurde von 30 Nazis überfallen, zahlreiche Gegner sind ständigen Bedrohungen ausgeliefert, u.a. wurden ein Parteibüro (Die Linke) und diverse Privatwohnungen (u.a. von SAVlern) mit Hakenkreuzen und anderen Dingen beschmiert.

Nach dem letzten "Fight Fascim"-Konzert in Stolberg-Münsterbusch am 01.09.07 waren zwei Frauen als "Zecken" bewchimpft und durch Schläge mit Knüppeln und Tritte mit Stiefeln verletzt worden, beim Rurseefest wurde vor kurzem ein Besucher mit einer Bierflasche niedergeschlagen, so daß er vorübergehend das Bewußtsein verlor - Täter vermutlich aus dem Umfeld der KAL.

Das Antifaschistische Aktionsbündnis Aachen versucht jetzt erst mal wieder klein anzufangen, und regelmäßige Protestkundgebungen gegen die NPD-Infostände zu organisieren - insbesondere in Stolberg, wo die NPD solche Infostände in den letzten Jahren durchführen konnte - ohne auf Protest zu treffen.

Nachdem sich ein paar sehr junge SAVler mit Megaphon bei einer Spontankundgebung gegen einen NPD-Infostand im Juni 2008 etwas ungeschickt und abschreckend verhalten haben, ist man anscheinend beim Stolberger Bündnis gegen Radikalismus sehr besorgt mit irgendwas Negativem in Verbindung gebracht zu werden - da wird dann lieber auf Infostände parallel zu NPD-Infoständen ganz verzichtet, auch wenn diese 50-200 m vom NPD-Infostand entfernt stehen.

Beim Antifaschistischen Aktionsbündnis Aachen haben wir eher die Idee, daß wir ca. 25 m Entfernung friedlich gegen die Nazis protestieren. Das ist auch mit einer kleinen Gruppe schon gut möglich.

Als wir eine solche Kundgebung (20 Personen) gegen einen NPD-Infostand in Stolberg-Büsbach anmeldeten, versuchte uns die Polizei das erst einmal auszureden ("In Stolberg muß erst mal wieder Ruhe einkehren." "Wir können nicht zulassen, daß sich verfeindete Gruppen in Stolberg gegenüberstehen." " Das Stolberger Bündnis gegen Radikalismus - da ist ja auch der Bürgermeister drin - hat auch schon abgesagt. Da stellen Sie sich ja gegen die Stolberger."). Wir führten dann ein längeres Kooperationsgespräch mit der Ploizei und stellten klar, daß wir selbstverständlich auf unserem Grundrecht, friedlich zu demonstrieren, bestehen.

Die Kundgebungen am 12.07.08 in Stolberg-Büsbach und jetzt in Stolberg-Mausbach am 09.08.08 verliefen - wie zu erwarten - friedlich, wir stießen auf große Zustimmung in der Bevölkerung. In Mausbach war unsere Kundgebung mindestens 25 m vom NPD-Stand entfernt - und auf der anderen Seite der Hauptverkehrsstraße.

Am 09.08.08 tauchte nun plötzlich ein Mausbacher Bürger mit einer Schubkarre Schafsmist und dem Ruf "Braune Scheiße für die braune Scheiße" und kippte den Mist den Nazis vor den Infostand. Wir haben mit der Aktion natürlich nichts zu tun, aber natürlich können wir den Mann gut verstehen - und eine gewisse Schadenfreude über diese "Kunstaktion" nicht verhehlen.

Bei den Mausbacher Bürgern wird die Sache wohl auch als "Da hat endlich mal einer was gegen die Nazis gemacht" aufgenommen, so soll der besagte Bürger im Supermarkt mit Beifall begrüßt worden sein.

Unverständlich sind für uns Äußerungen von Seiten der Polizei, die die Kundgebung, die mit der Sache nichts zu tun hatte, für die Aktion mitverantwortlich machen wollen.

Jedenfalls sind wir zuversichtlich, daß es uns gelingt, die Nazis in Stolberg und der ganzen Region Aachen zurückzudrängen

Weitere Berichte beim
Antifaschistischen Aktionsbündnis Aachen
( http://antifabuendnisac.blogsport.de)

und beim freien Journalisten Klarmann
( http://klarmann.blogsport.de).
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Ergänzungen

Link zur Pressemitteilung

Antifaschsit 11.08.2008 - 09:16
Hier der genaue Link zur Pressemitteilung vom 10.07.2008:

 http://antifabuendnisac.blogsport.de/2008/08/10/npd-sass-in-mausbach-in-der-scheisse/

Genauer Link zum Bericht bei Klarmann

Antifaschist 11.08.2008 - 09:18

Link zur Partei Die Linke.Stolberg

Antifaschist 11.08.2008 - 09:19

NPD verlangt Gegendarstellung einer Glosse!

Schmunzler 15.08.2008 - 00:53
Die NPD Stolberg/Aachen fordert allen Ernstes von der Stolberger Zeitung eine Gegendarstellung zu einer Glosse (Satire) (zu der keine Gegendarstellung veröffentlicht werdenmuss) und macht sich endgültig lächerlich. Der Mausbacher Bürger war laut natürlich ein "polizeibekannter Antifa aus Aachen", der immer zusammen mit den anderen 8 Personen "(Antifas, BdgR)" aus "Aachen" anreist, gute Mausbacher/Stolberger sind nach Ansicht der NPD natürlich auf ihrer Seite, während aus Aachen immer die bösen Antifas kommen.

Aua!!!


Gegendarstellung gefordert

Eine Aufforderung zur Gegendarstellung reichte der NPD-Fraktionsvorsitzende Willibert Kunkel heute bei der Stolberger Zeitung ein. Der Inhalt des Schreibens lautet wie folgt:

Betr.: Ihr Artikel Vogelsänger“ Guten Morgen“ vom 11.08.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu dem o.a. Artikel fordere ich Sie nach Landespressegesetz dazu auf, folgende Gegendarstellung zum nächstmöglichen Zeitpunkt an gleicher Stelle in Ihrer Zeitung abzudrucken.

Der Vogelsänger schreibt:

Ein Mausbacher kam mit einer Schubkarre voller Schafsmist u.s.w.

Dies ist nicht richtig.

Richtig ist vielmehr:

Die NPD schritt bewusst nicht ein, um eine Eskalation zu vermeiden. Der Täter war ein Polizeibekannter Antifa, der immer aus Aachen anreist, sowie die meisten der acht Personen ( BdgR , Antifas ).

Weiter schreiben Sie:

Der Mausbacher erhielt wegen seiner Tat anschließend beim Besuch eines Supermarktes spontanen Applaus der Passanten.

Dies ist nicht richtig.

Richtig ist vielmehr:

Der Aachener erhielt von der Polizei mehrere Strafanzeigen und einen sofortigen Platzverweis."


Text der Glosse

Schmunzler 16.08.2008 - 22:24
Der Text der Glosse, zu der die NPD eine Gegendarstellung haben will
(Quelle: Stolberger Zeitung, Druckausgabe, 11.08.08):

„Guten Morgen

Eine recht unerwartete Resonanz ernteten die örtlichen NPD-Vertreter, die am Samstagvormittag einen Infostand auf dem Mausbacher Marktplatz abhielten. Ein Mausbacher kam mit einer Schubkarre voller Schafsmist und kippte den braunen Inhalt mit entsprechendem Kommentar vor dem Stand der Rechtsextremen aus. Diesen braunen Mist entsorgten zwar anschließend Mitarbeiter der Stadtreinigung, aber der Mausbacher erhielt wegen seiner Tat anschließend beim Besuch eines Supermarktes spontanen Applaus der Passanten, weiß der ...

Vogelsänger“

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