Ein Jahr nach G8-Razzien: Informant enttarnt

Gipfelsoli 01.08.2008 11:29 Themen: G8 Repression
* Aussagen tauchen in Ermittlungsakten auf
* Einstellung der Verfahren nach §129a vermutet

Der einzige bisher benannte „Belastungszeuge“ der Ermittlungen nach §129a, die in den Razzien gegen die Anti-G8-Bewegung am 9. Mai 2007 gipfelten, ist enttarnt. Damals hatte die Bundesanwaltschaft rund 40 Objekte in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen durchsuchen lassen. 900 Beamte beschlagnahmten Computer, Unterlagen und erzwangen Geruchsproben einiger Beschuldigter. Wohnungen wurden zuvor akustisch überwacht, Peilsender an Autos angebracht und umfangreiche Observationen per Video dokumentiert.

Für die Ermittlungen hatte die Polizei die zwei größten Treffen des damaligen „dissent“-Netzwerkes in Berlin und Hamburg überwacht und jedes Handy der rund 250 TeilnehmerInnen, das sich in der betreffenden Funkzelle einbuchte, protokolliert.

Bereits 2006 war das Berliner Sozialforum von drei Informanten infiltriert, die unter anderem Einblick in die G8-Vorbereitungen erlangen wollten.
Die Razzien galten dem im Frühjahr 2007 immer breiter werdenden Anti-G8-Widerstand und wurden von allen Spektren als ein Versuch der Spaltung verstanden. Allein in Berlin demonstrierten am gleichen Abend 5.000 Menschen.

Der 74-jährige Peter A. aus Kiel, früher Offizier der Bundeswehr, wurde Mitglied der lokalen attac-Gruppe und tauchte seit 2006 bei Treffen bundesweiter G8-Bündnisse auf, darunter dem „Hannoveraner Koordinierungskreis“, dissent, Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft etc.

A. räumte ein, dass die in den Akten zitierten Aussagen von ihm stammen, behauptet allerdings „abgeschöpft“ worden zu sein. Die Recherche-Gruppe bezweifelt diese Version.

„Unser Eindruck ist dass Peter A. nirgendwo tiefere Einblicke erhalten hat“, schreibt die Gruppe in einem ausführlichen Bericht.

Dennoch wird er in den Ermittlungsakten als einziger Zeuge geführt. In 33 Aktenordnern, welche die AnwältInnen der Beschuldigten einsehen können, wird von seiner „anonymisierten Zeugenvernehmung“ durch das Bundeskriminalamt berichtet. Die 33 Ordner repräsentieren jedoch lediglich 10% der verschriftlichten Akten, den AnwältInnen wird der Zugang zu weiterem Material verweigert.

Am 20. Dezember 2007 hob der Bundesgerichtshof (BGH) nach der Klage eines Betroffenen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß nachträglich auf. Das BKA hätte die Ermittlungen nicht an sich ziehen und die Beschuldigten „nicht als terroristische Vereinigung eingeordnet werden“ dürfen.

Zuständig ist seitdem die Staatsanwaltschaft Hamburg. Ermittelt wird nur noch nach §129, der Vorwurf der Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung mußte fallengelassen werden.

Die Recherche-Gruppe geht davon aus, dass die Ermittlungen nach der Ausforschung eingestellt werden.

Ohnehin führen nur 5% aller §129a-Verfahren zu Verurteilungen und dienen vielmehr der Erweiterung der Überwachungskompetenzen von Verfolgungsbehörden. Die Beschuldigten vermuten, dass der Verfassungsschutz im Ermittlungsverfahren federführend ist und damit seine gesetzlichen Grenzen überschreitet.

Andreas Christeleit, Sprecher der Bundesanwaltschaft, am 9. Mai 2007 im ZDF-Heute-Journal: “Die heutigen Durchsuchungen sollten Aufschluss erbringen über die Strukturen und die personelle Zusammensetzung von diesen Gruppierungen und dienten nicht in erster Linie zur Verhinderung von konkreten Anschlägen, dafür gab`s keine Anhaltspunkte”.

Hintergrund

* Ausführlicher Bericht der Recherche-Gruppe:  http://www.gipfelsoli.org/Repression/5425.html
* Enttarnte Informanten im Berliner Sozialforum:  http://www.gipfelsoli.org/Heiligendamm_2007/3326.html
* Rolle des VS in den Ermittlungen:  http://gemeintsindwiralle.selfip.net/Main/Ak523
* Beschluß BGH 20. Dezember 2007:  http://www.lawblog.de/index.php/archives/2008/01/04/bgh-g-8-durchsuchungen-waren-rechtswidrig/
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

weiterer Text zum Thema

entdinglichung 01.08.2008 - 14:05
Quelle: rhizom mailing list

Im Folgenden dokumentieren wir eine Erklärung, die beschreibt, wie BKA
und Bundesanwaltschaft Menschen zu Informanten machen: In diesem Fall
den Kieler Peter A. im Rahmen eines an sich schon skandalösen
Strafverfahrens gegen G8-Gegner wegen „des Verdachts der Mitgliedschaft
in einer terroristischen Vereinigung“.

Der nachfolgende Text zeigt, dass im Umgang mit Strafverfahren, ohne
unnötige Panik, ein Weg gefunden werden kann, wie wichtige Informationen
gewonnen, potentielle Beweise widerlegt und Polizeiinformanten
"abgeschaltet" werden können. Erfreulich finden wir, dass die sehr
verantwortungsvoll handelnden Akteure in der Lage waren, die persönliche
Situation des Informanten bestmöglich einzuschätzen und insgesamt
adäquat zu agieren.

Wir veröffentlichen diesen Text nicht nur, weil wir die darin
vermittelten Informationen wichtig finden, sondern auch, weil wir ein
Beispiel angemessenen Umgangs mit Repressionsstrategien aufzeigen wollen.

Avanti – Projekt undogmatische Linke (Kiel) im August 2008

Kontakt:  kiel@avanti-projekt.de
PGP-Key :  http://www.avanti-projekt.de/Kontakt.htm
-------------------------------------------------------------


Ein Jahr nach G8-Durchsuchungen: Informant enttarnt!

Über ein Jahr liegt es zurück, seitdem Bundesanwaltschaft und
Bundeskriminalamt in einer bemerkenswert hastig eingefädelten Aktion
versucht haben, Teile des G8-Widerstandes zur terroristischen
Vereinigung zu stilisieren. Juristisch und politisch sind die Behörden
mit ihrem Ansinnen bekanntlich gescheitert – ja, die Bundesanwaltschaft
in Karlsruhe wurde zu Beginn des Jahres sogar vom Bundesgerichtshof
zurückgepfiffen. Stattdessen ist das Verfahren mittlerweile bei der
Staatsanwaltschaft Hamburg anhängig, und niemand weiß so richtig, wann
es endgültig eingestellt wird.

Doch das ist nicht der Grund dieses Textes. Im Folgenden soll es
vielmehr um einen in den Akten anonym benannten Belastungszeugen bzw.
Informanten gehen, welcher mittlerweile enttarnt werden konnte. Konkret
möchten wir auf vier Dinge näher eingehen: Erstens welche Rolle der
Informant in den Ermittlungsakten spielt, zweitens wie der Informant
mutmaßlich mit den Behörden kooperiert hat und drittens um wen es sich
bei dem Informanten handelt. Darüber hinaus möchten wir viertens einen
Vorschlag machen, wie mit dem 'Fall' zukünftig verfahren werden sollte.
An vielen Stellen können wir natürlich nur mutmaßen. Deshalb möchten wir
uns im Folgenden vor allem auf das konzentrieren, was wir wirklich
wissen. Allerdings möchten wir auch – zumindest im Groben – transparent
machen, wie wir zu unseren Einschätzungen gekommen sind.

1. Zur Rolle des Informanten in den Akten

In den umfänglichen Ermittlungsakten – immerhin 33 Ordner, und das
sollen gerade mal 10% des Gesamtbestandes sein – gibt es eine
„anonymisierte Zeugenvernehmung“, welche am 02.04.2007 durch das
Bundeskriminalamt durchgeführt wurde. Ob es sich bei der Person um einen
bezahlten Informanten oder um einen klassischen Zeugen handelt, bleibt
unklar. Konkret zeichnet sich die Vernehmung durch vier Sachverhalte aus:

a) In dem Vernehmungsprotokoll geht es um fünf Personen – unter ihnen
zwei bzw. drei der mutmaßlichen Autoren des Buches „Autonome in
Bewegung“, welches ja offizieller Ausgangspunkt des
G8-129a-Strafverfahrens gewesen ist. Der Informant bezichtigt zwar
niemand der fünf Personen irgendwelcher Straftaten, allerdings gibt er
dem Konstrukt der Bundesanwaltschaft (wissentlich oder unwissentlich)
Futter. Demnach handele es sich bei den Beschuldigten um prominente
Aktivisten der linken bzw. autonomen Szene und somit um Leute, welche
durchaus das Zeug zu so etwas wie „terroristischen Führungskadern“
hätten. Praktisch kommt das in Sätzen zum Ausdruck wie: X „ist als
intellektuelle Führungspersönlichkeit anzusehen...“, oder: Y „würde ich
als charismatischen Führer bezeichnen, dem es aufgrund seines taktischen
Geschicks gelingt, die Massen hinter sich zu bringen.“
b) Insgesamt ist die Zeugenvernehmung eine eigenartige Mischung aus
Wahrheit und Dichtung: Manches ist durchaus zutreffend, vor allem
Angaben darüber, wer an welchen Treffen teilgenommen hat (wobei
hinzuzufügen ist, dass es sich durch die Bank um öffentliche Treffen wie
die Aktionskonferenzen in Rostock oder dissent-Treffen gehandelt hat).
Anderes hingegen – vor allem persönliche Informationen über die
einzelnen Beschuldigten – ist absoluter Käse und Ausdruck davon, dass
dem Informanten so gut wie keine Einblicke in die persönlichen
Verhältnisse der Beschuldigten vorliegen. Und doch: In ihrer Beweisnot
scheint die Gegenseite selbst auf derart lausige Zeugen angewiesen zu
sein. Hauptsache, es gibt (Schein-)Begründungen, mit denen monate- bzw.
jahrelange Durchleuchtungen gerechtfertigt werden können – nebst
Hausdurchsuchungen.
c) Letzteres dürfte im Übrigen auch der Grund gewesen sein – so paradox
es klingen mag, weshalb die Behörden die Bedeutung der Zeugenvernehmung
relativ hoch gehängt haben. Konkret bezeichnet ein Ermittlungsbeamter
die Aussagen des Zeugen – Lausigkeit hin oder her - als eine von vier
zentralen Quellen, aus welchen sich „zusammenfassende Darstellungen zur
Verdachtslage“ ableiten ließen.
d) Bemerkenswert sind im Vernehmungsprotokoll schließlich zwei Dinge:
Einerseits eine für linke Kreise eher ungewöhnliche Sprache, etwa wenn
der Zeuge mit postiv getöntem Unterton davon spricht, dass einer der
Beschuldigten „in der Lage sein dürfte, Massen in seinen Bann zu ziehen
und zu motivieren.“ Andererseits war auffällig, dass der Informant
insbesondere Treffen des „Aktionsnetzwerks Globale Landwirtschaft“ und
der antirassistischen G8-Mobilisierung besucht hat, und zwar auch
Treffen bzw. Veranstaltungen, auf denen vergleichsweise wenig Leute
zugegen waren.


2. Zur Kooperation des Informanten mit den Behörden

Insbesondere die Sprache und die konkreten Teilnahmen an Treffen haben
es einfach gemacht, den Informanten relativ schnell zu identifizieren.
Denn neben dem Informanten gab es eigentlich nur noch eine weitere
Person welche überhaupt in beiden Netzwerken aktiv war (und zwar einer
der Beschuldigten). Vor dem Hintergrund diverser Erkundigungen haben
sich sodann drei Aktivisten mit dem (mutmaßlichen) Informanten
getroffen, als Ort hat ein zentral gelegenes Café in seiner Heimatstadt
fungiert. Die an dem Gespräch Beteiligten teilten ihm mit, dass sie
davon ausgingen, dass er just jener anonym in den Akten geführte Zeuge
sei. Daraus entwickelte sich sodann eine längeres Gespräch, denn der
Mann bestätigte ohne weitere Umschweife, dass er der Urheber der in der
Zeugenvernehmung gemachten Aussagen wäre – auch er könne sich in den
Formulierungen wiedererkennen. Er bestand allerdings darauf, dass es nie
eine formelle Zeugenvernehmung gegeben habe – so wie dies durch das
Vernehmungsprotokoll des BKA (bestehend aus 19 Fragen und Antworten)
nahegelegt wird. Vielmehr sei er systematisch abgeschöpft worden.
Konkret sei das so abgelaufen, dass er im Anschluss an G8-bezogenen
Vorbereitungstreffen stets von zivil auftretenden Beamten angesprochen
wurde – ob beim Taxistand, auf dem Bahnhof oder im Zug. Daraus hätten
sich meist kurze Gespräche ergeben. Zuweilen habe er sich aber auch eine
Stunde lang unterhalten. Aus Sicht des Informanten seien diese Gespräche
durchweg harmlos gewesen. Einerseits weil er nur Gutes über die
Beschuldigten gesagt hätte (was auch in der Zeugenvernehmung deutlich
würde), andererseits weil er die Beamten stets als solche erkannt und
sie auch auf ihre Rolle angesprochen habe. Dass dies eine grandiose
Selbsttäuschung sei, ja dass es harmlose Kontakte mit Überwachungs- und
Repressionsbehörden überhaupt nicht geben könne, wurde ihm
unmissverständlich deutlich gemacht. Doch darauf wollte bzw. konnte sich
der nunmehr (selbst enttarnte) Informant nicht wirklich einlassen.

Am Ende des knapp dreistündigen Gespräches wurde schließlich ein
weiteres Treffen vereinbart. Dort hätte es darum gehen sollen, wie
mensch politisch damit umgehen könne, dass das BKA – jedenfalls wenn man
dem Informanten Glauben schenkte – im Rahmen des
G8-Ermittlungsverfahrens Beweise manipuliert und somit eine schwere
Straftat begangen habe. Allein: Zu diesem weiteren Treffen kam es nicht
mehr. Vielmehr sagte der Informant ein zweites Treffen unter äußerst
fadenscheinigen Gründen kurzfristig ab und war auch ansonsten nicht mehr
bereit, den Kontakt zu halten. Hierzu gehört auch, dass er darauf
verzichtet hat, die Veröffentlichung des vorliegenden Textes zu
verhindern bzw. mitzugestalten. Denn diese Möglichkeit hatten wir ihm
eingeräumt, indem wir ihm den Text zwei Wochen vor seiner
Veröffentlichung vorgelegt und dies mit dem Angebot verknüpft haben,
eine Stellungnahme abzugeben (auch hier mit der Überlegung, dass er
sich entweder doch noch zu glaubwürdigen und juristisch belastbaren
Aussagen gegen das BKA entschließen oder umgekehrt zu dem Eingeständnis
durchringen würde, dass die Zeugenvernehmung sehr wohl stattgefunden habe).

Es dürfte sich von selbst verstehen, dass spätestens an diesem Punkt das
weite Feld der Spekulation beginnt. Denn natürlich wissen wir nicht,
weshalb sich der Informant zurückgezogen hat. Prinzipiell gibt es zwei
Möglichkeiten: Die eine Möglichkeit ist, dass der Informant bewusst mit
der Polizei zusammengearbeitet hat – ob bezahlt oder aus Überzeugung.
Wäre das der Fall, dann hat es sich bei der durchaus glaubwürdig
vorgetragenen Erzählung des Abgeschöpft-Werdens lediglich um eine
Schutzbehauptung gehandelt, d.h. um eine mit seinen Kontaktpersonen beim
BKA abgesprochene Verteidigungslinie. Die andere Möglichkeit ist, dass
er auf die von ihm geschilderte Weise tatsächlich abgeschöpft wurde und
dass ihm das BKA sodann ein aus seinen Aussagen zusammengebasteltes
Gespräch zur Absegnung vorgelegt hat. Das Druckmittel könnte in diesem
Fall die Androhung gewesen sein, dass er ansonsten als namentlich
benannter Zeuge in den Akten auftauchen würde – mit der Konsequenz, dass
die Beschuldigten spätestens nach gewährter Akteneinsicht von seinen
Aussagen erfahren würden. Auch wenn es verleitend ist, letztlich muss
mensch anerkennen, dass es in dieser Angelegenheit nicht möglich ist,
eine definitive Antwort zu geben. Das ist auch der Grund, weshalb wir
darauf verzichten, im Detail vorzutragen, welche 'Argumente' eher für
das eine bzw. das andere sprechen (denn es wird nicht überraschen, dass
es für beide Interpretationen Hinweise gibt). Lediglich eine Deutung
haben wir mehr oder weniger ausgeschlossen: Wir glauben nicht, dass der
Informant wider Willen abgeschöpft wurde und erst in dem Gespräch davon
erfahren hat. Zum einen haben die Ermittlungsbehörden eine solche
Manipulation von Beweisen gar nicht nötig – denn sie hatten ja seine
Aussagen bereits, zum anderen wäre bei dieser Interpretation nicht
verständlich, weshalb der Informant den Kontakt derart schroff
abgebrochen hat (einmal abgesehen davon, dass es natürlich immer auch
persönliche Gründe wie z.B. Krankheit geben kann, die plötzliche
Kursänderungen nach sich ziehen).


3. Wer ist der Informant?

Bei dem Informanten handelt es sich um den 74-jährigen Peter A. aus Kiel
– seine Email-Adresse, unter der er beim G8-Protest meist aufgetreten
ist, lautet: „ Normalverbraucher@t-online.de“. Peter A. ist in seinem
ersten Berufsleben Offizier bei der Bundeswehr gewesen, anschließend war
er als Verwaltungsbeamter und in der Erwachsenenbildung tätig. Politisch
war er lange Mitglied der CDU, später hat er bei den Grünen angeheuert.
So weit wir in Erfahrung bringen konnten, ist Peter A. in den letzten
Jahren auf regionaler Ebene lediglich bei attac aktiv gewesen – doch
auch das nicht sonderlich intensiv. Auch das lokale „Kieler Netzwerk
gegen den G8-Gipfel“ besuchte er nur einmalig. Weshalb Peter A. – ohne
Mandat der Kieler attac-Gruppe – in mehreren bundesweiten G8-Bündnissen
aufgetaucht ist (eine zeitlang im Hannoveraner Koordinierungskreis, ab
und zu bei dissent, im Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft, bei
antirassistischen Netzwerk-Treffen, mindestens einmal beim
Rostock-Laage-Zusammenhang etc.) wissen wir nicht. Unser Eindruck ist
allerdings – auch nach Gesprächen mit diversen Leuten, die ihn erlebt
haben, dass Peter A. nirgendwo tiefere Einblicke erhalten hat.
Einerseits weil er meist nur kurz auf Treffen anwesend war (oft hat er
bereits nach ein bis zwei Stunden die Treffen wieder verlassen),
andererseits weil er sozial relativ merkwürdig bzw. nervig agiert hat
und auch dadurch keine engen persönlichen und politischen Kontakte
entwickeln konnte. Hinzu kam, dass er zwischenzeitlich sehr persönlich
gehaltene Emails über Mailinglisten oder an willkürlich ausgewählte
Einzelpersonen geschickt hat, was verschiedentlich als Belästigung
aufgefasst wurde. Das war im Übrigen auch der Grund, weshalb er von
mindestens einer Mailingliste explizit gestrichen wurde. Mit anderen
Worten: Unsere Einschätzung ist, dass Peter A. zwar mit der 'Gegenseite'
kollaboriert hat, dass sich der dadurch entstandene Schaden allerdings
sehr stark in Grenzen hält – von persönlichen Enttäuschungen,
Verunsicherungen etc. einmal abgesehen.


4. Wie sollte mit Peter A. weiter umgegangen werden?

Wir haben Peter A. wissen lassen, dass er nicht mehr auf linken Treffen
auftauchen darf – und zwar deshalb, weil er sich jeder
Auseinandersetzung entzogen hat. Dort, wo er das doch tut (und erkannt
wird), sollte er sofort aufgefordert werden, das Treffen bzw. die
Veranstaltung zu verlassen; notfalls muss dies gegen seinen Willen
durchgesetzt werden (was allerdings nicht all zu kompliziert sein dürfte).
Es bleibt: Was wir hier vorgetragen haben, ist zwar das Ergebnis
intensiver Recherche, aber natürlich können wir nicht ausschließen, dass
sich Peter A. mittlerweile in ganzen anderen, uns nicht bekannten
Zusammenhängen bewegt. Insofern möchten wir alle bitten, etwaige
Informationen oder Rückfragen in Sachen Peter A. an den Berliner
Ermittlungsausschuss zu richten. Dort sind zum einen Menschen aktiv, die
sich mit derartigen Fragestellungen schon oft und intensiv beschäftigt
haben, zum anderen sind auch wir über den Berliner Ermittlungsauschuss
erreichbar (Tel.: 030/ 692 22 22 Sprechstunde: Dienstag: 20 bis 22 Uhr
im Mehringhof)

Einige Leute aus dem G8-Widerstand

Perter A.

jau 01.08.2008 - 19:32
moin leute Is ja alles schön un d gut aber dieser Peter A. ist Verfassungsschützer in Kiel er hatte mich im jahre 2006 aufgesucht zur Fussball WM und wollte einige Informationen über Hooligans haben.

jW

vom 2.8.2008 02.08.2008 - 15:41

Inland / Seite 4

Belastungszeuge ohne Durchblick
Anonymer »Aktivist« in 129a-Ermittlungen gegen G-8-Gegner enttarnt. Aussagen dürften kaum verwendbar sein
Jakob Huber, Wera Richter

Nach der Einstellung des 129a-Verfahrens (Bildung einer terroristischen Vereinigung) gegen G-8-Gegner aus Bad Oldesloe Mitte vergangener Woche kündigt sich die nächste Farce in Sachen Justiz contra Gipfelstürmer an. Der einzige bisher benannte Belastungszeuge der Ermittlungen nach Paragraph 129a (StGB), die in den Razzien gegen die G-8-Bewegung am 9. Mai 2007 u.a. in Hamburg und Berlin gipfelten, ist möglicherweise enttarnt. Das zumindest erklärte die Gipfelsoli-Infogruppe am Freitag.

Demnach handelt es sich um den 74jährigen Peter A. aus Kiel. Der ehemalige Bundeswehroffizier war der Pressemitteilung zufolge sporadisch aktiv bei ATTAC in Kiel und tauchte ab 2006 auf verschiedenen Treffen der Protestbewegung gegen den G-8-Gipfel im Sommer 2007 in Heiligendamm auf. Darunter waren teilweise recht überschaubare Veranstaltungen des »Hannoveraner Koordinierungskreises«, vom Netzwerk dissent und dem Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft. Eine Recherchegruppe der Gipfelgegner meint nun, daß Zeugenaussagen aus den bislang zugänglichen Ermittlungsakten nur von A. stammen könnten. Bisher sind es 33 Aktenordner – knapp zehn Prozent des gesamten Materials –, die die Anwälte der Beschuldigten einsehen können. Darin taucht nur ein einziger Zeuge auf, der anonymisiert ist. Sowohl Wortwahl und Formulierungen seiner Aussagen, als auch Ereignisse und Veranstaltungen, von denen der Zeuge berichtet, könnten laut Recherchegruppe nur A. zugeordnet werden.

In einem längeren Bericht schildert die Gruppe die weiteren Ereignisse. Nachdem sie A. mit den Vorwürfen konfrontiert hätten, habe er ohne weiteres zugegeben, daß die Aussagen von ihm seien. Er behauptete, systematisch »abgeschöpft« worden zu sein. Nach entsprechenden Treffen sei er auf dem Rückweg, auf der Straße, vor dem Taxi oder im Zug von Zivilbeamten angesprochen und ausgefragt worden. Die Gespräche hätten teilweise über eine Stunde gedauert, seien aber harmlos gewesen. Zum einen habe er die Beamten stets erkannt und zum anderen immer nur Positives über Teilnehmer des Treffens gesagt. Einem zweiten Treffen mit der Recherchegruppe sei A. dann allerdings fern geblieben. Auch eine schriftliche Stellungnahme, um die er gebeten worden sei, habe er nicht abgegeben.

Die Aktivisten glauben nicht an die Geschichte, daß A. mehr oder weniger unbewußt abgeschöpft wurde, weisen aber darauf hin, daß auch sie sich im Bereich der Spekulation befänden. Die Möglichkeit, daß A. bewußt mit der Polizei zusammengearbeitet hat – ob bezahlt oder aus Überzeugung –, wollen sie nicht ausschließen. Gleichzeitig sind sie der Meinung, daß A. nirgendwo tiefere Einblicke erhalten habe – nicht zuletzt »weil er sozial relativ merkwürdig bzw. nervig agiert hat und auch dadurch keine engen persönlichen und politischen Kontakte entwickeln konnte.« Demnach scheinen auch seine Aussagen nicht viel wert zu sein. Die Recherchegruppe geht jedenfalls davon aus, daß die Ermittlungen ähnlich wie in Oldesloe über kurz oder lang eingestellt werden müssen.
gipfelsoli.org/Repression

Flugblatt als PDF

Avanti Kiel 03.08.2008 - 18:39
Die Dateien sind der Bericht der Recherchegruppe als beidseitig auf A3 angelegtes PDF bzw. drei Seiten A4 (also ggf. auch zur Verteilung ohne unsere Einleitung).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 7 Kommentare

warum anonymisiert?

Ema N. Neid 01.08.2008 - 12:43
aber natürlich können wir nicht ausschließen, dass sich Peter A. mittlerweile in ganzen anderen, uns nicht bekannten Zusammenhängen bewegt.(Bericht Recherchegruppe)

Und wie sollen diese Zusammenhänge es merken, wenn ihr ihn weiter anonymisiert und kein Foto veröffentlicht? Ihr sagt doch selber, dass ihr euch ziemlich sicher seid, dass er ein Spitzel ist. Egal ob aus Überzeugung oder weil er erpresst wurde.

gebt dem spaltpilz

name und gesicht 01.08.2008 - 14:28
manchmal verstehe ich euch nicht.

Bild von Stephan Humer

re*search 01.08.2008 - 14:29
in dem video hält stephan humer einen vortrag:
 http://0null.net/WTH2005/rawtapes/wth-digital-identities-and-the-power-of-hacking/wth-digital-identities-and-the-power-of-hacking-62.mp4

wir erinnern uns:
 http://www.gipfelsoli.org/Heiligendamm_2007/3326.html

Die Denic und sein wiki sagen zu ihm:
Stephan Georg Humer
Kurfuerstendamm 21
 humer@udk-berlin.de  stephan@humer.de 0176 6719 3413

In der vorlesungsfreien Zeit oder an anderen Wochentagen nur nach vorheriger verbindlicher Terminabsprache im Büro Unter den Linden 21, 10117 Berlin.

Ausflug in's Blaue

Dieter 02.08.2008 - 03:16
Was hier bekannt wird, ist nur ein Bruchteil dessen, was seit einem Jahrzehnt betrieben wird, und mit dem neuen BKA-Gesetz wenigstens zum Teil legalisiert werden soll. Von wegen "G-8". Daß die militante und radikale Linke generell Hauptzielscheibe des deutschen "Anti-Terrorismus" - Kampfes darstellt, dürfte mittlerweile allen klargeworden sein. Die Aufhebung der Trennung von Informationsbeschaffung (Geheimdienste) und Strafverfolgung (Polizei) bedeutet dabei in der Praxis einen fließenden Übergang, der von der Ausforschung der sozialen und politischen Zusammenhänge, in denen sich eine Person mit einer unerwünschten politischen Überzeugung und Aktivität bewegt, über deren Delegitimierung und Isolation (= operative Maßnahmen) bis zu Formen der extralegalen Bestrafung und der Folter reichen kann.
Es scheint allerdings so zu sein, daß diese polizeilichen Maßnahmen in Zukunft - also nachdem die "Altautonomen", und wie die anderen Haßobjekte heißen, fertig sind - verstärkt über den Weg der Erziehung von Kindesbeinen an (auch in Kooperation mit der Polizei) ersetzt werden sollen. Kurz, das Ziel heißt, auch ohne daß ein derartiger Beschluß jemals gefasst worden wäre, über polizeiliche und pädagogische Interventionen einen Staat zu schaffen, in dem kritische, linke Leute keine Zukunft haben.

Olle Kamellen

egal 02.08.2008 - 13:33
werden hier jetzt erneut geschichten aufgewaermt, die schon in der vergangenheit niemanden interessiert haben? persoenliche animositaeten werden als ''spitzel-outing'' getarnt, damit sie ernsthaft aussehen. warum hat wohl schon das berliner sozialforum die vermeintlichen schnueffler nicht geoutet??? vielleicht, weil die ganze geschichte ohnehin auf toenernen fuessen stand? schon mal darueber nachgedacht? waere auch bei peter a. besser gewesen, oder?

Ja,so siehts aus

icke 02.08.2008 - 13:57
Unsere Einschätzung ist, dass Peter A. zwar mit der 'Gegenseite'
kollaboriert hat, dass sich der dadurch entstandene Schaden allerdings
sehr stark in Grenzen hält – von persönlichen Enttäuschungen,
Verunsicherungen etc. einmal abgesehen.

...Das sieht ganz nach persönlichen Zickereien aus.

Toll...

Spitzelvorwürfe um Leute loszuwerden

Holunder 03.08.2008 - 10:44
Nervige egozentrierte linke Machtspielchen - mehr gibt es hier nicht zu entdecken. Es ist immer dasselbe Schema. Beweise gefällig? Bitteschön.....

''Der Bescholtene will zwar "nie für solche Dienste tätig gewesen sein". Beweise gibt es ebenfalls keine. Doch für den Stadtvorsitzenden und linken Landtagsabgeordneten Volker Külow erhärteten die Ausflüchte M.s und dessen sofortiger Austritt aus dem Stadtverband und seine Unerreichbarkeit danach aber den Verdacht.''

''"Ein Hochstapler und Wanderer", heißt es im Stadtverband Leipzig, "der gut als Allzweckwaffe des Verfassungsschutzes taugen könnte."''

Steht hier:  http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/der-james-bond-von-leipzig/

Und hier in den Kommentaren zu diesem Posting steht geschrieben:

''Die Aktivisten glauben nicht an die Geschichte, daß A. mehr oder weniger unbewußt abgeschöpft wurde, weisen aber darauf hin, daß auch sie sich im Bereich der Spekulation befänden.''

Na, fällt euch Superenttarnern und Verfechtern der moralischen Sauberkeit was auf?

Austritt und Unerreichbarkeit ''erhärten den Verdacht''.
Ein Typ, der als ''Allzweckwaffe taugen könnte''.
Die Aktivisten befinden sich ''im Bereich der Spekulation''.

Verdacht. Könnte. Spekulation. Das sind ja knallharte Fakten für solch deftige Anschuldigungen, muss ich schon sagen. Bevor ihr hier also verantwortungslos spekuliert und Namen nennt, solltet ihr euch an die unheilvolle Geschichte linker ''Enttarnungen'' erinnern. Das hier sieht in allen Fällen immer wieder so aus als ob einer Gruppe einfach eine Nase nicht gepasst hat. Klar, ein skurriler Typ wie der in Leipzig ist schwer zu handhaben - aber anstatt sich mit ihm auseinander zu setzen wird er durch einen Spitzelverdacht mundtot gemacht.

Tolle Leistung!