Nachlese: Der EM-Patriotismus in Marburg

und 17.07.2008 11:08 Themen: Antifa

GanzDeutschland ist „schwarz-rot-geil“! Seit nunmehr über 2 Jahrenbefindet sich die deutsche Nation aufgrund von „besonderen“Fußballveranstaltungen und den Spielen der deutschenNationalmannschaft im nationalen Freudentaumel. Schwarz-rot-goldeneFahnen, Trikots, T-Shirts, Perücken, Badelatschen, Blumenketten undandere nationalfarbene Skurrilitäten sind momentan in jeder Straße,jeder Stadt, jedem Ort dauerhaft präsent.

Die Mehrheit des „deutschen Volks“ liegt sich bei Siegen derNationalmannschaft nun fast ausnahmslos in den Armen, schwenkt dieNationalfahne und feiert „unsere Jungs“. Wer hingegen aber keinenBock darauf hat, sich mit den Farben der Nation zu schmücken, wer eswagt als Deutscher nicht naturgemäß zur deutschen Mannschaft zustehen oder sogar Kritik am überall vorherrschenden Deutschlandhypezu üben, der wird – wenn nicht gleich als Vaterlandsverräter –dann doch wenigstens als Spielverderber, Spaßbremse oderDauernörgler abgetan. Schließlich sei doch alles nur eine völliginhaltsleere, unpolitische und sowieso absolut geile Party.

Doch wie unproblematisch und unpolitisch sind die„schwarz-rot-geilen“ Fußballübertragungs-Partys, fragten sichmehrere Studierende der Philipps-Universität und begaben sich neutral gekleidet mit Notizblock, Camcorder und Fotoapparat zubestimmten hoch frequentierten „Public Viewings“ in Marburg.Akkustisch wahrnehmbare Gesänge wurden notiert, bestimmteAktivitäten von Gruppen oder Einzelpersonen dokumentiert. DieUntersuchungen wurden während der Länderspiele der deutschenNationalelf gegen Polen, Österreich und die Türkei durchgeführt.

An allen 3 Spieltagen waren bei genauerem Hinsehen interessanteErgebnisse zu verzeichnen. Während Schlachtrufe wie „Wer nichthüpft, der ist kein Deutscher“ und „Hurra hurra dieDeutschen die sind da“ oder aber auch „Wixer“- und„Hurensohn“-Gegröhle allgemein mehrheitsfähig waren undbei solchen Veranstaltungen wohl als Normalzustandakzeptiert werden müssen, konnte man bereits mit ein wenigSensibilität, Neugier und Beobachtungsgabe in kürzester Zeitbestimmte einzelne Personen oder Cliquen ausmachen, welche (meistdeutlich angetrunken) die Unerträglichkeit auf die Spitze trieben.


Deutschland – Polen

Weite Teile der anwesenden Deutschlandfans begleiteten bspw. auf derLeinwand eingeblendete Polenfans oder die polnische Nationalhymne mitfanatischen Pfiffen und Mittelfingerparaden. Während desSpielverlaufs gaben des Weiteren einzelne Fans grölend von sich,dass „alle Polen Schweine sind“ oder sangen „Wer aufPolen scheisst, der klatsche in die Hand...!“ um dann das Liedmit dreimaligem Klatschen abzurunden. Nach dem Länderspiel gegenPolen schrie uns bei der Beobachtung des darauffolgenden Autokorsosein deutscher Fan mit einem Megaphon ein stolzes „Wir sindwieder einmarschiert!“ entgegen. Rund um den „Public Viewing“Ort waren aus der anonymen Masse heraus zudem „Sieg Heil“Rufe zu vernehmen.


Deutschland - Österreich

Beim entscheidenden Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaftgegen Österreich wiederholten sich ähnliche Szenen: EinJugendlicher im Deutschland-Dress zeigte bspw. beim Abspielen derHymne mehrfach einen strammen Hitlergruß, ohne dass seine sozialeBezugsgruppe oder irgendein anderer Fan intervenierte. An einemBierstand prostete sich eine Gruppe von Deutschlandfans genüsslichmit dem Wunsch die „Zecken plattzuhauen“ zu. Die abschließendenFeierlichkeiten auf einer zentralen Marburger Kreuzung, welche u.a.die gemeinschaftliche Demolierung eines Linienbusses enthielt,schufen eine solch’ besoffen deutsch-euphorische Atmosphäre, dasssich letztlich auch ein bundesweit bekannter Neonaziaktivist unterdie Feiernden mischte und offensichtlichen Spaß daran hatte,jugendliche Deutschlandfans anzuquatschen.


Deutschland – Türkei

Das einschneidenste Erlebnis war allerdings das Länderspiel gegendie Türkei am 25. Juni 2008. Dieser Versuch musste bereits in der20. Minute abgebrochen werden, da die untersuchenden Personen vollerEkel keine Lust mehr darauf hatten, sich noch länger in derdeutschen Fanmasse aufzuhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt begab mansich in die unmittelbare Nähe einer ca. 20 Personen umfassendenjugendlichen Problemgruppe, die bereitsin den vorherigen Spielen immer wieder durch verbale Ausfälleaufgefallen war.

Von Beginn an verbrachte diese Gruppe ihre Zeit damit, fast minütlichin einem relativ bekannten Fanlied (nach einer Aufzählung bekanntertürkischer Vereine) ihren Türkeihass feierlich und lautstark zuzelebrieren. Das Liedrepertoire der Gruppe war damit allerdings nochlange nicht erschöpft. So wünschte sich die beobachtete Gruppelauthals „Pflastersteine für die Türkenschweine“ herbei,beschimpfte „alle Türken als Schweine“ oder sang sogarein Lied der verbotenen rechtsextremistischen Band „Landser“(„Wieder mal kein Tor für Türkiyemspor“). EinJugendlicher dieser Clique trug zweifellos rechtsextremistischeKleidung.


Ergebnisse

Die Liste an rassistischen, sexistischen und nationalistischenGesängen und Parolen, die man im Laufe der „Public Viewings“von Einzelpersonen und einzelnen Gruppen zu hören bekam isterschreckend vielfältig und lang. All diese Gesänge zogen aberkeinerlei „selbstreinigende“ Sanktionen von anderenDeutschlandfans nach sich und wurden in allen Fällen absolutwiderspruchslos hingenommen.

Das einzig positive, was dennoch herausgehoben werden muss ist dieTatsache, dass solche Gesänge oder Parolen nicht mehrheitsfähigwaren. Dennoch waren die einzelnen Personen oder Gruppen keineswegseine marginalisierte oder ausgegrenzte Randgruppe, sondern warenvielmehr in die feiernde Masse, an zentralen Stellen, integriert. Diegeäußerten rassistischen oder nationalistischen Gesänge wurdenzudem in keinem einzigen Falle von den umstehenden Personenwahrnehmbar als ein Problem thematisiert, sanktioniert oderkritisiert. Schockierend war auch die Anzahl an relativ jungenSchüler_innen, welche die beschriebenen Gesänge mit einerNormalität und Gelassenheit entgegennahmen oder sogar mittrugen.


Von wegen „alles nur Party“- Der Blick über den MarburgerTellerrand

Auch in einer kleinen Stadt wie Marburg, welche – aufgrund eineshohen Anteils an Studierenden, der zentralen Bedeutung derUniversität oder auch mangels aktiver organisierter neonazistischerStrukturen – gewiss nicht als ein besonders problematischerBrennpunkt für rassistische oder nationalistische Aktivitätenbezeichnet werden kann, kam es also während der besoffendeutsch-nationalen Feierlichkeiten zu verbalen Ausfällen gegenPolen_innen, Türk_innen und „Zecken“. GewalttätigeAusschreitungen oder Übergriffe hingegen blieben in Marburg aus oderwurden nicht bekannt. In anderen Städten verhielt sich diesallerdings gegenteilig. Fast unbemerkt gab es nach nahezu jedemDeutschlandspiel Ausschreitungen, die sich nicht selten gegen Fansanderer Nationalität richteten:

  • In Klagenfurt wurden rund um das Spiel der deutschen Nationalelf gegen Polen etwa 140 deutsche Hooligans festgenommen; der größte Teil der Festgenommenen hatte am Spieltag versucht, polnische Fans mit „Nazi-Parolen“ zu provozieren.1 Eine Fangruppe skandierte nach Presseangaben bspw. die Hasstirade „Deutsche wehrt euch – Kauft nicht bei Polen.“2 Zu Gewalttätigkeiten kam es hingegen in Frankfurt (Oder), wo deutsche und polnische Hooligans aufeinander losgehen wollten. Die Polizei musste nach dem Spiel circa 300 deutsche Fans zurückdrängen, um ein direktes Aufeinandertreffen zu vermeiden.3 Ähnliche Szenen ereigneten sich in den Grenzorten Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland) und Guben.4 Auch in Hagen und Hamburg kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen teils hunderten mehrheitlich deutschen und polnischen Fans.5

  • Nach dem verlorenen Vorrundenspiel gegen Kroaten ließen einige deutsche Fans ihren Frust gewalttätig an feiernden kroatischen Migrant_innen aus. Meist alkoholisierte deutsche Anhänger griffen in mehreren Städten (scheinbar) kroatische Fußballfans an. In Leinfelden wurde ein Slowene mit einer Fahnenstange von einem Deutschen attackiert.6 Ein Autokorso mit feiernden Kroat_innen wurde in Heilbronn zunächst von 120 deutschen Fans zum Anhalten gezwungen, danach ein Auto mit Eisenstangen demoliert.7 In Karlsruhe wurden feiernde Kroat_innen auf einem zentral gelegenen Platz zunächst von 50 Deutschen heftig provoziert, danach angegriffen.8 Auch am Rand der Hamburger Fanmeile kam es zu Rangeleien und Flaschenwürfe zwischen den Fangruppen.9

  • 23 Hooligans wurde in der Wiener Innenstadt festgenommen, um im Anschluß an das letzte deutsche Vorrundenspiel Schlägereien zwischen den Deutschen und Österreichern zu vermeiden.10 Auch beim Wiener „Public Viewing“ musste die Polizei eingreifen, um handfeste Streitereien zwischen deutschen und österreichischen Fans zu verhindern.11

  • Im Anschluss an das Länderspiel gegen Portugal versammelten sich im sächsischen Bautzen nach Presseangaben nach Presseangaben 75 Neonazis zu einem Aufmarsch und skandierten Parolen wie „Sieg Heil“ oder „Deutschland über alles“.12 Auch in Pforzheim kam es zu „Randale und Provokationen aus der rechten Szene“.13 Etwa 10 Personen machten durch entsprechende Parolen auf sich aufmerksam.

  • Bereits im Vorfeld zum Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Türkei wurden in Berlin-Kreuzberg die Reifen von 18 Autos beschädigt, welche durch eine türkische Autofahne erkenntlich waren. Auch die entsprechenden Fahnen wurden anschließend zerschnitten oder entwendet.14 Während der „Feierlichkeiten“ anlässlich des Sieges der deutschen Nationalmannschaft über die türkische Nationalmannschaft demolierten circa 20 bis 30 jugendliche deutsche Fußballfans insgesamt drei türkische Imbisse in Dresden. Dabei schlugen sie Scheiben ein, demolierten das Inventar und griffen türkische Dönerlädenbesitzer an, wobei sich 2 Türken verletzten. Auch wurden unter den Augen mehrerer Schaulustiger türkische Nationalfahnen verbrannt.15 Im thüringischen Brotterrode spielten sich ähnliche Szenen ab. Ein Dönerimbißbesitzer wurde nach dem Länderspiel von drei Jugendlichen attackiert und verletzt; in Weimar wurde die Verbrennung einer türkischen Fahne zur Notiz genommen.16 In Hannover wurden 20 Personen verhaftet und wegen Volksverhetzung angezeigt, da sie rechtsextremistische Parolen gerufen hatten.17 Zu Massenschlägereien mit Schwerverletzten kam es beim Bremer „Public Viewing“, zudem wurden in Bremen etwa 30 Personen des extrem rechten Spektrums von der Polizei präventiv eingekesselt.18 In Karlsruhe bewarfen sich deutsche und türkische Anhänger gegenseitig mit Flaschen.19


Die Anzahl und Vielfalt der Vorfälle rund um die Länderspiele derdeutschen Nationalmannschaft sollten zu denken geben. Sie fandenweder in einer einzelnen bestimmten abgenzbaren ProblemregionDeutschlands statt noch während eines bestimmten einzelnen Spiels.

Die große deutsche Nationalparty – wirklich nur eine reinunpolitische, inhaltsleere, hedonistische Angelegenheit? Alles nureine geile, total ungefährliche und unbedenkliche Spielerei mitNationalfarben und Nationalfahnen? Die Ergebnisse der Beobachtungensprechen eine andere Sprache. Betrunkene deutschnationale Jugendlichegingen mit ihren nationalistischen und rassistischen Grölereien alsallgemein akzeptierter und integraler Bestandteil in der feierndenMasse auf; sie wurden weder gestoppt noch ausgegrenzt oder aufirgendeine Weise sanktioniert. Die restlichen Deutschlandfans hattenweder ein Problembewußtsein für die zahlreichen Äußerungen nochfühlten sie sich in irgendeiner Weise dazu berufen, die „Party“durch entschiedene Intervention zu stören.

Angesichts dieser Beobachtungen – aber auch unter Berücksichtigungvon sozialwissenschaftlichen Studien zu fremdenfeindlichen undnationalistischen Einstellungspotentialen in der deutschenBevölkerung – fällt es deshalb schwer, diese besondersproblematischen Personengruppen nur als eine isolierte, ausgegrenzteund marginalisierbare Minderheit zu charakterisieren. Vielmehr warendiese Personen, ihre Äußerungen und Taten die fast logischeKonsequenz einer betrunken deutschnationalen Masseneuphorie.

Natürlich ist nicht jeder einzelne Deutschlandfan aufMassenveranstaltungen als ein böser Nazi einzustufen. Dennoch mussjeder einzelne nationale Fußballfan zumindest hinterfragen, ob manmit Deutschlandhype, Fahnenschwenkerei und Deutschlandgrölerei nichtein gesellschaftliches Klima mitverursacht, indem sich Nationalistenund Rassisten pudelwohl fühlen, sich zum Handeln ermutigt fühlenund letztlich auch entsprechende Aktivitäten entfalten können.

1Vgl. bspw. STERN online (2008): Klagenfurt. Deutsche grölen Nazi-Parolen. http://www.stern.de/em2008/analyse/hintergrund/:Klagenfurt-Deutsche-Nazi-Parolen/623111.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

2Vgl. bspw. Frankfurter Rundschau online (2008): Fan-Krawalle. Festnahmen nach Nazi-Sprüchen. http://www.fr-online.de/in_und_ausland/em_2008/?sid=a8d85c9ac86a13b425e47771901de597&em_cnt=1347671 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

3Vgl. bspw. Der Tagesspiegel online (2008): Angriff ohne Ball. http://www.tagesspiegel.de/sport/;art272,2547692 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

4Vgl. bspw. Lausitzer Rundschau online (2008): Ausschreitungen in Guben, Frankfurt und Küstrin. Fußballfans randalieren an Grenze zu Polen. http://www.lr-online.de/regionen/cottbus-spree-neisse/Guben;art1051,2063194 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

5Vgl. bspw. ARD Sport online (2008): Polizeieinsätze. Deutsche Hooligans festgenommen.http://sport.ard.de/euro2008/news200806/08/polizei-klagenfurt.jsp [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

6Vgl. bspw. Südwestrundfunk SWR online (2008): Stuttgart/Heilbronn. Deutsche Krawalle nach Kroatiens Sieg. http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=3612218/x6osgg/index.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

7Vgl. bspw. Der Tagesspiegel online (2008): Fans nicht überall friedlich. Mit Eisenstangen gegen kroatische Fans. http://www.tagesspiegel.de/sport/EM-2008-Hooligans-Fanmeile;art17482,2550138 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

8Ka-news.de (2008): Krawalle auf Stephanplatz. Deutsche Fans provozieren Kroaten. http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=wai2008613-147D [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

9Vgl. bspw. WELT online (2008): Rangeleien am Rand der Hamburger Fanmeile. http://www.welt.de/hamburg/article2098906/Rangeleien_am_Rand_der_Hamburger_Fanmeile.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

10N-tv.de (2008): Ruhe nach dem Sturm. 23 Hooligans festgenommen. http://www.n-tv.de/Ruhe_nach_dem_Sturm_23_Hooligans_festgenommen/170620084906/980594.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

11pr-inside.com (2008): 200.000 Fans in Wien - 23 Festnahmen - Polizei vereitelt Angriff von Hooligans auf Deutsche. Österreich trauert weitgehend friedlich. Zweite Zusammenfassung. http://www.pr-inside.com/de/oesterreich-trauert-weitgehend-friedlich-zweite-r647191.htm [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

12Yahoo! Deutschland (2008): Neonazis in Bautzen skandieren nach EM-Sieg rechte Parolen. http://de.news.yahoo.com/ap/20080620/tde-neonazis-in-bautzen-skandieren-nach-975c243.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

13Pforzheimer Zeitung online (2008): Pforzheimer Korso mit 700 Fahrzeugen - Randale und Provokationen aus der rechten Szene. http://www.pz-news.de/Home/Nachrichten/Pforzheim/Pforzheimer-Korso-mit-700-Fahrzeugen---Randale-und-Provokati_arid,46410_puid,1_pageid,17.html [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

14Mut gegen rechte Gewalt online (2008): Deutsche Peinlichkeiten... http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/debatte/rechtsblog/fussball-rassismus-bei-bild/ [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

15Vgl. bspw. Mitteldeutsche Zeitung online (2008): Spiel ums Halbfinale. Randale in Döner-Läden nach Sieg der DFB-Elf. Vor allem in Sachsen schwere Ausschreitungen - Verletzte und Festnahmen. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1214460324098 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

16Südthüringer Zeitung online (2008): Fußball-Fans feiern. Prügel am Dönerstand, türkische Flagge in Flammen. http://www.stz-online.de/nachrichten/thueringen/seite3thueringenstz/art2448,809653 [online] abgerufen am 08.07.2008.

17Vgl. bspw. Die Zeit online (2008): Fankrawalle trüben friedliche Siegesfeier. http://www.zeit.de/online/2008/27/fan-krawalle [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

18nonstopnews.de (2008): Mehrere Verletzte am Rande von Fanfeiern in Bremen. http://www.nonstopnews.de/?page=meldung&newsnr=7320 [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

19ka-news.de (2008): Zehntausende Fußballfans. Flaschen und Feuerwerkskörper geworfen. http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=mia2008626-1261B [online] abgerufen am 26. Juni 2008.

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Ergänzungen

Text als PDF

und 17.07.2008 - 14:43
Zur besseren Lesbarkeit, der Text nochmal als pdf

Was ist norm, was ausnahme?

Val Danestani 17.07.2008 - 15:21
Also bitte: waren bei dem D-türkei-spiel die rassistischen sprüche norm oder die verbrüderungsszenen? ich behaupte mal ganz klar das zweite - interessant war doch, wie die springerpresse im vorfeld voll auf antirassismus gemacht hat (unter anderen ein ganzseitiges poster bei BILD: "Am ende siegt die freundschaft" mit D-Türkische fahnen).
Der Hinweis auf ander Fangruppen ist sehr hilfreich - in kaum ein anderes lnd würde man so mit dem gegner umgehen, wie hier mit der türkei - abgesehen vom rechten rand (höchstens 10% der bevölkerung). ich schreibe das nicht nur als jemand, der in kreuzberg bis 4 uhr morgens mit türk-deutschen und deutsch-deutschen gefeiert hat. die eindrücke habe ich auch aus provinzorten in westdeutschland, wo ich leute gefragt habe.
dass in fussball nationale idetität kreiert wird, ist völlig klar - der in deutschland ist in seinem mainstream aber inklusiv (gut dass alle hier sind und wir gemeinsam deutschland sind) und nicht exklusiv (die gehören nicht hier her, die mannschaft ist zu undeutsch etc.)

Wichtig

Schwarz-Rot- - - -(schnippschnapp)- - - gold 17.07.2008 - 17:05
Meiner meinung nach ist es ein sehr wichtiger Aspekt der hier beleuchtet wird. Dieser "deutsche Mob" ist für mich politisch gefährlicher als (abgesehen von der Gewalttätigkeit) die bestehenden rechtsradikalen Strukturen.
Ich glaube nicht, dass es in der Stadt in der ich wohne, in der ca. 80.000 Menschen leben, es soviele "klassische" Nazis gibt, dass an einem Vorrundenspieltag ca. 50 Personen durch die Innenstadt ziehen können und die 1.Strph der Nationalhymne singen. Ebenfalls mit dieser Strophe in der Kehle sah ich nach einem anderen Spiel im Autokonvoi ca. 7Autobesatzungen hintereinander weg ohne dass die beistehende Polizei eingriff. Diese Autofahrer sahen keineswegs "rechts" aus sondern entsprachen mehr dem typischen "diskogänger". Später wurde mir von einem Sparkassenangestellten berichtet, dass einige hundert meter weiter ein Trommler mit im Pulk ging welcher immerwieder "sieg heil"-Sprechchöre anstimmte in denen sich eine große anzahl von "Mitläufern" einklinkten. Kurz zuvor beobachtete er ebenfalls die Verbrennung einer Türkeifahne (hier ist auf keinen Fall zu vergessen, dass auch die Türkei ein ein Staat ist den es sehr stark zu kritisieren gilt, allerdings ging es meiner ansicht nach bei diesem Akt nicht gegen die politischen Zustände in der Türkei sondern eher gegen Menschen mit türkischer Abstammung).
Auch die Auswirkungen des Natinoalgefühls auf die "NormalbürgerInnen" wurden sehr schnell sichtbar. Vor den Spielen hieß es immer wieder "Wie du guckst kein Fußball?", "Wir machen das..." oder "Hier ist mal nen bisschen Nationalstolz angesagt".
Als ich nach dem Türkeispiel zur Arbeit kam konnte ich ein Gespräch belauschen in dem es darum ging, dass wir zu viele Ausländer in Deutschland haben. Das Gespräch begann damit, dass es wohl nach dem Spiel zu Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Türken kam und endete mit dem Satz "Da muss man doch endlich handeln, sonst ist es bald zu spät". Auch wurde der Denkweise von Nazis (eingeschränktes) Verständnis entgegen gebracht.
Diese Aussagen und Verhaltensweisen habe ich bei Menschen beobachtet, die zuvor Rechtsradikalismus mit großer Ablehnung gegenüberstanden und nicht, wie man erwartet hätte bei typischen rechts-konservativen BildleserInnen.
Auch viele Jugendliche mit "anti-Nazi-Emblemen" waren in den Jubelorgien zu sehen. Einige habe ich angesprochen und sie darauf hingewiesen, dass ihre schwarz-rot-goldene Fahne ja nicht nur für eine Fußballmanschafft steht, sondern für diesen Staat. Als ich sie fragte, ob sie hinter einem Staat stehen, welcher für Abschiebung, Völkerrechtswiedrige Kriege usw. steht, lagen die Antworten zwischen "Ist mir doch egal" bis zu "Ja, tue ich".
Da ich auf der Arbeit den ganzen Tag Radio höre, habe ich mal aufmerksam die Nachrichen verfolgt, und mir ist aufgefallen, dass es viel mehr Nachrichten gab, die die BürgerInnen negativ betreffen. Es wurden Armutsstudien vorgestellt, hier Kürzungen von Geldern, da Erhöhungen von Beiträgen, dies wird teurer, das wird teurer, und, achja da hat die Regierung auch nen nen "kleinen" Feheler gestanden. In der Zeit des schwarz-rot-goldenen Freudentaumels, nahm dies allerdings kaum jemand zur Kenntnis geschweigedenn interessierte sich dafür.
Dies sind die Erfahrungen von nur einer Person, und ich hab mich nur 2x, gezwungendermaßen, im Randgebiet der Innenstadt aufgehalten da dies mein Heimweg ist. Einmal bin ich umgedreht und garnicht bis nach Hause gegangen sondern habe woanders genächtigt, da ich bei diesem gröhlenden deutschen Mob ein zu mulmiges Gefühl bekam und mich einfach nicht mehr sicher und hilflos fühlte. Die Pöbeleinen, dummen Sprüche und Beleidigungen am Rande, habe ich garnicht erst aufgeführt.
Ein solcher Deutschlandjubelkorso der wiederstandslos Deutschland feiern kann ist für mich persönlich schlimmer als ein Naziaufmarsch, der trotz massiver Proteste stattfinden konnte.

Inhaltliche Ergänzung/Frage

RedZack 17.07.2008 - 19:38
"Beim entscheidenden Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaftgegen Österreich wiederholten sich ähnliche Szenen: Ein Jugendlicher im Deutschland-Dress zeigte bspw. beim Abspielen der Hymne mehrfach einen strammen Hitlergruß, ohne dass seine sozialeBezugsgruppe oder irgendein anderer Fan intervenierte."
---------------

Hier stellt sich doch fast automatisch die Frage, wie IHR dagegen interveniert habt?

Okay, die soziale Bezugsgruppe und andere Fans haben auf ganzer Linie versagt, nicht interveniert, usw. Aber interessant ist doch nun, wie IHR interveniert habt? Was genau habt Ihr getan? Habt Ihr den Hitlergruß-Menschen zurecht gewiesen, Ihn abgedrängt, andere Menschen um Hilfe gegen ihn gebeten, oder zumindest die Polizei gerufen und ihn wegen einer Straftat gemäß § 86a StGB angezeigt?

Worin genau bestand EURE Intervention, denn Ihr wart ja ganz genau so anwesend wie die von euch genannten Fans, denen Ihr (wie ich meine, völlig zu Recht) Untätigkeit und Nicht-Intervention vorwerft. Aber aus diesem Beitrag, so lang er auch ist, geht leider mit keinem einzigen Wort hervor, worin eigentlich EURE ganz konkrete Intervention in den jeweils beschriebenen Fällen bestand (?).

Das ist etwas merkwürdig... bzw. verleiht dem (ansonsten ja recht interessanten) Artikel den etwas faden Beigeschmack, dass hier von anderen Leuten via Internet-Artikel etwas vollmundig erwartet/verlangt/eingefordert wird, was man aber in Wirklichkeit noch nicht einmal selbst getan/praktiziert/vorgelebt hat.

"polnische kampagne"

@fan 18.07.2008 - 03:13
deine böse polnische zeitung ist ein sportlich besonnenes springerkonzernprodukt.

Titel der Springerpresse

Überschriftenleser 18.07.2008 - 10:31
Die "Bild" titelte im Vorfeld des Spiels Deutschland - Türkei u.a. "Wir gegen die Türken!" was klar ersichtlich völkisch-hetzerischer Tenor ist.
Danach "Am Ende siegt die Freundschaft" zu schreiben, ist nur lächerlich heuchlerisch. Schlagzeilen wie die obengenannte geben scheinbar die schriftliche Legitimation, "gegen" alles türkische Vorzugehen. Ein Miteinander, welches sowieso fernab von Nation und Rasse stattfinden muss, wird ausgeschlossen.

Springer-Presse

Fan 18.07.2008 - 14:19
@ Überschriftenleser u.a.

Die Welt ist etwas komplizierter als so manche Leute glauben.
Dass der Springer-Konzern die besagte polnische Zeitung teilweise oder gar mehrheitlich besitzt, ändert nichts daran, dass die Forderung nach den zwei abgeschlagenen Köpfen von polnischen Redakteuren geschrieben wurde und in Polen auf keine große nachhaltige Kritik stieß. Der Trainer - ein Niederländer - hat sich öffentich gegen die Kampagne gewendet. Aber in Polen traf die Hetze leider auf fruchtbaren Boden (einfach mal Fangesänge und Fan-Aussprüche aus Polen recherchieren). Naionalismus und Rassismus sind keine deutschen Erfindungen und auch nicht auf Deutsche beschränkt.
Als östereichische Fans nach dem Spiel gegen deutschland in Wien deutsche Fans angriffen, kam erstens die Polizei und drängte die österreichischen Fans ab und perlustrierte diese (Durchsuchung, Festhalten und Identifizieren). Die Polizei und die österreichische Presse erklärten später dazu, "Die deutschen Fans ließen sich nicht provozieren. Der Ärger ging von den Österreichern aus und die Polizei hielt etwa 70 dieser österreichischen Fans im so genannten "Bermuda-Dreieck" (Kneipenviertel) von Wien vorläufig fest."

Aber darum geht es ja gar nicht wirklich. Wichtiger ist die Feststellung: Der Generalverdacht gegen deutsche Fans ist unbegründet und unerträglich. Man muss Fußball nicht mögen, aber deswegen alle Leute angreifen, die den Fußball mögen (auch wenn es nur alle zwei Jahre bei großen internationalen Turnieren ist), ist nicht zu akzeptieren.

hab ich auch so gesehen

Das A im O 19.07.2008 - 13:16
Kann die hier geschilderten Beobachtungen aus MR auf jeden Fall bestätigen. Habe ebenfalls sehen können wie sich des öfteren mehrere personenstarke, eindeutig identifizierbare Nazi-Gruppierungen relativ sicher durch Fanmassen bewegen konnten, dabei Hitlergruß gemacht haben und entsprechende Parolen ("Zecken platt machen!") gegröhlt haben. Während eines Autokorsos hing aus einem Gefährt eine Reichskriegsflagge. Nazis sind während der gesamten EM absolut salonfähig geworden. Es gab keinerlei Interventionsversuche von Fanseite aus. Auch dass kollektiv die andere Nationalhymne ausgepfiffen und verunglimpft wurde, war zu beobachten gewesen. Und zwar nicht nur beim großen Public-Viewing sondern auch in den Bars und Kneipen.

Anti-Schwarzrotgold-Song, Youtube. Live.

T1 21.07.2008 - 19:08
Hier, der Anti-Schwarzrotgold Song. Kommentiert auch von NPD Anhängern.
 http://youtube.com/watch?v=oSheXtAea5Q
Ist Live. Aber gut verständlich. Wer Zeit hat, kann ja mal Stellung beziehen damit die Vollidioten dort checken worums geht.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Bestätigung — Stew Pit

Text-Formatierung — Zappa

HEFTIG — heftig

Schwarz Rot Gold - Fußball oder Staat? — Wir kamen in`s Finale dann haben die verloren

wer?! — willi_wills_wissen

... — Der Ball

Argumentationsweise — verkalkt