Nazübergriff im Zug nach Bonner Demo, 12.07.

Gedächtnisprotokoll zu einem Naziübergriff nach der Demonstration der Nazis am 12.07.2008 in Bonn


Am 12.07.2008 war ich (18) morgens mit meiner Freundin(16) und zwei weiteren Freundinnen (beide 16) nach Brühl (eine Haltestelle nach Bonn in Richtung Köln) ins Phantasialand gefahren, da ich dies meiner Freundin zum Jahrestag geschenkt hatte.
Allesamt war bei uns zu erkennen, dass wir Antifaschisten sind !!!
Ich wusste, dass an diesem Tag in Bonn eine Demonstration von Nazis stattfinden würde, rechnete jedoch mit keinen Problemen.
Wir verbrachten einen schönen Tag im Phantasialand und fuhren um 18.46h wieder in Brühl los. Unser Zug fuhr über Bonn Hbf nach Koblenz.

Auf der Strecke zwischen Brühl und Bonn (12 Minuten Fahrzeit) machte ich mir Gedanken, was den nun wäre, wenn die Polizei uns die Nazis in den Zug setzen würde. Aber ich verwarf diesen Gedanken ganz schnell wieder und versuchte auf unseren „Freund und Helfer“ zu vertrauen.
Als der Zug nun um 18.58h in Bonn Hbf einfuhr, sah ich, dass auf zwei Gleise verteilt etwa 150 unverkennbare Nazis (Pullover der NPD usw.) auf ihre Züge warteten.

Anscheinend hat die Deutsche Bahn AG nicht mehr genug Geld, sodass die Nazis nun immer wieder NICHT mehr mit Sonderzügen, sondern in zivilen
Zügen gefahren werden.

Als ich beim Einfahren des Zuges sah, dass die Polizei wohl gleich anfangen würde, die Nazis in unseren Zug zu setzen, sagte ich meinen Begleiterinnen, sie sollen sich ruhig verhalten und hier oben warten (es war einer dieser Doppeldeckerzüge und wir saßen oben), während ich die Polizei über die Situation informieren würde.

Als ich die Tür erreichte blieb mir bereits nichts mehr anderes übrig, als mich durch die Nazis durchzudrücken und mich gegen Schläge und Tritte zu wehren, um die Polizei zu erreichen.
Als ich dies geschafft hatte, sagte ich einem Polizisten, welche wohl für die Leitung auf dem Gleis zuständig war, dass sich Antifaschisten und Ausländer in dem Zug befinden. Er antwortete mir nur mit der Gegenfrage, was er denn nun machen solle und dass mit nicht sehr freundlichen Tonfall.
Als ich bemerkte, dass hinter uns immer mehr Nazis in den Zug einstiegen, rannte ich unter Tritten und Schlägen von Nazis zurück nach oben.
Bis jetzt unternahm die Polizei NICHTS !!!
Oben angekommen, musste ich erkennen, dass meine Freundinnen und unsere zwei weiteren Freundinnen sich zu dritt auf 1 ½ Plätze gezwängt zurückgezogen hatten.

Sie, wie auch ich, wurden von etwa 50 Nazis umringt und von jenen beschimpft, bespuckt, geschlagen, getreten und es wurden Antifaschistische Aufnäher von dem Rucksack meiner Freundin gerissen (diese „Abreiss-Anschläge“ wurden von weiblichen Nazis verübt).
Alles in allem befanden wir uns zu viert (3 Mädchen und ich als einziger Junge) zwischen den Nazis und waren ihnen aufgrund dessen, dass die Polizei nicht eingriff (nicht einmal, als ich die Zugscheibe oben halb einschlug, um die Polizei endlich auf mich aufmerksam zu machen) hilflos ausgeliefert.

Die Nazis sagten immer wieder, dass wir uns doch verpissen sollen. Das war bei dem hin-und hergeschubse und den Schlägen und Tritten jedoch nicht
sehr leicht.

Da die Nazis immer aggressiver wurden, holte ich mein Pfefferspray raus (ich würde es aber hier nie einsetzen, da es zu viele Unbeteiligte im Zug gibt, welche durch die Nazis selbst schon genug Sorgen haben. Der Anblick der Pfefferspraydose beeindruckte die Nazis jedoch keineswegs.
Wir fingen nun unter andauerndem Getreten-und Geschlagen werden an, uns zur Treppe welche nach unten führt zu bewegen.
Dort angekommen wurden wir (wirklich jeder von uns) von den Nazis mit massiven Tritten (hauptsächlich in die Rückengegend) die Treppe hinunter getreten. Selbst als wir aus dem Zug herausGETRETEN wurden und die Polizei direkt davor stand, unternahm sie NICHTS !!!

Meine Freundin sackte weinend vor der Polizei zusammen, die beiden anderen Freundinnen hatten einen massiven Schock, da eine solche körperliche Konfrontation mit Nazis sowohl für sie als auch für meine Freundin neu war.

Ich schrie den Polizisten, mit dem ich vorher schon geredet hatte, an, wann er denn nun anfangen würde, endlich mal seinen Job zu machen. Er Schubste mich zurück und meine Freundin versuchte mich zu beruhigen, nachdem der Polizist mich rumgeschubst hatte und mir mit der Fahrt auf das Revier gedroht hatte (dazu hat er auch zwei Polizisten mit Hunden extra näher kommen lassen).
Wir durften nicht weiterfahren und nicht auf das andere Gleis, saßen also fest. Wir wurden nur unfreundlich hin und her kommandiert.
Als ich die Dienstnummer erfragte, bekam ich nur die Standardantwort: „Die geht dich einen Scheißdreck an!“ .

Als ich mich nun um meine Freundin kümmerte, fingen die Nazis auf dem anderen Gleis an zu johlen und zu lachen. Die Nazis im Zug hinter uns filmten mit mindestens 3 Kameras (die Polizei unternahm auch hier nichts, als ich um Unterbindung der Filmaufnahmen bat).
Erst nachdem noch mindestens fünf Personen, teilweise Ausländer, mit Gewalt von Seiten der Nazis aus dem Zug geprügelt worden waren und niemand mehr herauskam, ging die Polizei mit ein paar Mann rein und sah nach, ob nun noch irgendjemand ein Problem mit der Anwesenheit der Nazis hatte.
Der Zug fuhr mittlerweile ab und die Polizei hatte niemanden der Nazis für Körperverletzung belangt.

Es befanden sich immer noch Nazis am und um den Bahnhof, doch die Polizei packte zusammen und fuhr davon.

Um 20.58h konnten wir dann endlich weiterfahren und kamen um etwa 01.40h in der Nacht an.

Dieser Übergriff hat mal wieder zwei Dinge bewiesen:

Vertraue niemals auf die Hilfe der Polizei, die Hilft dir sowieso nicht und Kompetenz scheint dort ein Fremdwort zu sein.

Nazis sind nicht mehr wie früher-> Skrupel Frauen zu schlagen sind dort nicht mehr vorhanden.


Ich hoffe, dass das alles ein Nachspiel haben wird.

Marius, 18 Jahre