Spanien verbietet baskische Volksbefragung

Ralf Streck 30.06.2008 10:08 Themen: Weltweit
Das baskische Regionalparlament hat am Freitag ein Gesetz beschlossen, das eine Volksbefragung am 25. Oktober vorsieht, um eine definitive Lösung des Konflikts mit Spanien auf den Weg zu bringen. Die Koalition aus der christdemokratischen Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV), der sozialdemokratischen sie Solidaritätspartei (EA) und der Vereinten Linken (IU) hatten sich zuvor auf den Vorschlag geeinigt ( http://de.indymedia.org/2008/01/204314.shtml), der die Zustimmung von Aralar und die teilweise Zustimmung der Kommunistischen Partei der Baskischen Territorien (EHAK) erhielt. Trotz allem kritisierte die linke Unabhängigkeitsbewegung das Projekt scharf, allerdings greift der Vorschlag ( http://www.gara.net/agiriak/20080529_Acuerdo_Consulta_eu_gazt.pdf) die Methode auf, die Batasuna (Einheit) im gescheiterten Friedensprozess vorgeschlagen hatte, die ebenfalls weiter für eine friedliche Lösung ( http://de.indymedia.org/2008/03/209441.shtml) eintreten will. Die sozialistische Regierung will das "illegale" Projekt verbieten und den Basken nach den zahllosen Parteiverboten ( http://de.indymedia.org/2008/02/207537.shtml), Verhaftungen ( http://de.indymedia.org/2008/02/207770.shtml) nicht einmal eine Volksbefragung erlauben.
Das Wort "illegal" wird in Spanien gerne benutzt, wenn es um Basken geht ( http://de.indymedia.org/2008/02/208365.shtml). Derzeit hat es Hochkonjunktur, um ein Gesetz des baskischen Parlaments zu benennen. Es sieht vor, am 25. Oktober eine unverbindliche Volksbefragung durchzuführen, um eine friedliche Konfliktlösung auf den Weg zu bringen. "Die Idee, weder ein Plan noch ein Projekt, ist illegal", sagte Ministerpräsident Luis Rodríguez Zapatero. Seine Vize, Teresa Fernández de la Vega, kündigte an, nach seiner Veröffentlichung sofort Verfassungsklage einzureichen, um sie zu verhindern.

Wie nicht anders zu erwarten war, hat die linke Unabhängigkeitsbewegung dem Gesetz eine Mehrheit im Parlament verschafft, wie es einst dem Plan Ibarretxe eine Mehrheit verschaffte ( http://de.indymedia.org/2005/01/103196.shtml) oder auch zur Wahl von Ibarretxe beitrug ( http://de.indymedia.org/2005/06/121583.shtml. Die nötige eine Stimme gab EHAK dem Vorschlag, die übrigen sieben anwesenden Parlamentarierinnen von EHAK enthielten sich. Die baskische Linke wollte nicht verhindern, dass ein Teil der Basken über die Zukunft des Landes befragt wird. Sie ließ sie auch nicht abschrecken, dass in der ersten der beiden Fragen die Untergrundorganisation ETA aufgefordert wird, "die Gewalt ein für alle Mal zu beenden". Immer wieder wird ihr die Unterstützung der ETA vorgeworfen, weshalb auch gegen EHAK ein Verbotsverfahren eingeleitet wurde ( http://de.indymedia.org/2008/02/207537.shtml).

Warum der Vorschlag, den der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe in gut 20 Minuten vorgetragen hat, nicht deren definitive Zustimmung erhielt, erklärte deren Sprecherin Nekane Erauskin. Sie kritisierte, dass die Provinz Navarra und die drei baskischen Provinzen in Frankreich ausgeklammert werden. Sie warf vor allem der großen PNV vor, nur ein neues Autonomiestatut zu fordern, um ihre Vormachtstellung in den drei Provinzen der Autonomen Baskischen Gemeinschaft (CAV) zu sichern und die CAV weiter für Spanien verwalten zu können. Es handele sich um einen neuen "Betrug an den Basken" .

Abgelehnt wurde das Gesetz von den spanischen Nationalisten. Für die 33 Parlamentarier der Sozialisten (PSOE) und der ultrarechten Volkspartei (PP) sei der Vorschlag verfassungswidrig und spalte die baskische Gesellschaft. Die Position der PSOE ist widersprüchlich, wie auch Ibarretxe erklärte: "Es spaltet nicht der, der Fragen stellt, sondern der, der ein Volksbefragung verbietet". Artikel 149 behandele nur verbindliche Referenden. "Ähnliche Befragungen zu Autonomiestatuten wurden erlaubt, ohne dafür die Verfassung zu ändern" fügte er an.

Für diese Art der Beteiligung spreche sich auch der Europarat aus. Eine Entscheidung von 44 Staaten aus dem Jahr 2001, auch von Spanien getragen, zitierte er zu Beginn der Rede: "Wenn es darum geht, die Beteiligung der Bevölkerung für eine bestimmten Entscheidung von direktem und konkretem Interesse zu fördern, ist die Volksbefragung das ideale Mittel". Außerdem sehe dies auch das baskische Autonomiestatut vor, doch "seit 30 Jahren werden die Bürger auf den Arm genommen", sagte Ibarretxe, weil es im ständigen Verfassungsbruch nicht umgesetzt wird. Zentrale Kompetenzen wie die Sozialversicherung, Küsten und Bahn wurden nie übertragen. Hier ist den Sozialisten die Verfassung offenbar völlig egal. Erst kürzlich machte dies der spanische Regierungschef mehr als deutlich. Luis Rodríguez Zapatero, der sich beharrlich weigert ( http://de.indymedia.org/2007/10/197247.shtml), mit Ibarretxe über die Neubestimmung der Beziehungen zu verhandeln  http://de.indymedia.org/2008/05/217779.shtml), hatte ihn aufgefordert, seine Initiative zurückzunehmen. Danach könne über die Umsetzung des Statuts verhandelt werden.

PP und die PSOE haben eine Verfassungsklage gegen das baskische Gesetz angekündigt, womit die Durchführung der Befragung ausgesetzt werden muss. Ibarretxe fragte: "In welcher Demokratie, die sich als solche versteht, wird es verboten, die Bevölkerung zu befragen". Die Haltung von PP und PSOE ist schon deshalb erstaunlich, weil sie stets behaupten, für die Vorschläge gäbe es keine Mehrheiten. Das Verhalten der PSOE ist noch unverständlicher, da sie bis vor einem Jahr mit der ETA über eine Konfliktlösung verhandelte. Die Methode, welche die Unabhängigkeitsbewegung im Friedensprozess vorgeschlagen hatte, sah ebenso vor, dass die Parteien einen definitiven Lösungsvorschlag ausarbeiten sollen, über den die Bevölkerung in einem Referendum entscheiden soll. Genau das ist der Inhalt der zweiten Frage, über welche die Basken befragt werden sollen. Das Ergebnis der Allparteiengespräche, die über das Gesetz nun angestoßenen werden sollen, sollen die Basken 2010 definitiv per Refendum in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ( http://de.indymedia.org/2007/10/195732.shtml) entscheiden können.

© Ralf Streck den 27.06.2008
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