Bericht zur Demonstration in Pinneberg

TyPi 29.06.2008 12:06 Themen: Antifa
Am Samstag den 28.06.08 haben an die 300 Menschen in Pinneberg an einer antifaschistischen Demonstration unter dem Motto „Kampf gegen jeden Antisemitismus – Solidarität mit der jüdischen Gemeinde Pinneberg“ teilgenommen. Der Anlass für diese Demonstration war der am 16.06.08 verübte feige und antisemitisch motivierte Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Pinneberg.
Die Demonstration wurde angemeldet vom Deutsch-Israelischen-Jugendforum und organisiert von der Antifa Pinneberg in enger Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert. Durch die gute Zusammenarbeit zwischen linken AntifaschistInnen und der jüdischen Gemeinde Pinneberg konnte auch erreicht werde, dass ein relativ großer bürgerlicher Teil innerhalb der Demonstration vertreten war. Der Protestzug formierte sich dann um ca. 12:30 Uhr am Pinneberger Bahnhof und zog über die Bahnhofsstraße, Friedrich-Ebert-Straße und Bismarckstraße zum Drosteiplatz, auf dem eine Zwischenkundgebung stattfand. Während der ganzen Demonstration wurden die oftmals verblüfften Pinneberger Bürger mit Hilfe von Flugblättern über die Geschehnisse und die Zustände in ihrer Stadt informiert und aufgefordert sich an der Demonstration zu beteiligen.

Die Polizei war die ganze Zeit über mit massiven Kräften vor Ort. Insgesamt waren ca. 4 Hundertschaften, zweit BF-Einheiten und völlig übertriebenermaßen zwei Wasserwerfer in Pinneberg vertreten. Bis auf einige Durchsuchungen im Vorfeld der Demonstration blieb die Polizei jedoch friedlich und es kam auf beiden Seiten zu keinerlei Provokation. Bei allen Differenzen die man mit den Hütern dieser staatlichen Ordnung haben mag, muss man ihnen diesmal zumindest anrechnen, dass sie während der Zwischenkundgebung auf dem Drosteiplatz, den RednerInnen ihren Lautsprecherwaagen zur Verfügung stellten. Durch die kurzfristige und spontane Organisation der Demonstration hätte den RednerInnen sonst lediglich ein Megaphon zur Verfügung gestanden. Dieser überraschende Vorgang mag aber auch nicht zuletzt mit dem durchaus noch „heiklen“ Thema und dem teilweise bürgerlichem Charakter der Demonstration zusammenhängen.

Zu einem kleinen Zwischenfall kam es jedoch, als bei der besagten Zwischenkundgebung der Redner der Antifa Pinneberg die Geschehnisse aus seiner Sicht beleuchten wollte. Als er es wagte in seiner Rede nur kurz die Frage zu formulieren, ob der Zeitpunkt dieses widerlichen antisemitischen Naziterrors vielleicht irgendwie im Zusammenhang mit dem durch die EM bedingten nationalen Wahn stehen könnte, da wurde es dann einigen bürgerlichen Demonstrationsteilnehmern offensichtlich zu viel mit der Kritik am deutschen Konstrukt und 2-3 dieser Herren versuchten mit Zwischenrufen zu stören. Die Situation konnte dann aber von dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, beruhigt werden, der darauf hinwies, dass man doch nicht den selben Fehler wie 1933 begehen sollte und sich speziell im Kampf gegen Antisemitismus nicht an seinen politischen Differenzen aufreiben lassen sollte.

Nachdem die Herren ihre Störungen daraufhin einstellten, hatten dann noch weitere Redner die Gelegenheit ihre Sicht der Dinge zu schildern und der Jüdischen Gemeinde Pinneberg ihre Solidarität auszusprechen. Es sprachen neben Wolfgang Seibert noch eine Vertreterin des Deutsch-Israelischen-Jugendforums, eine Vertreterin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und ein lokaler Vertreter der Kirche.

Als dann auch diese Redebeiträge ohne weitere Störungen beendet waren, zog die Demonstration über die Moltkestraße und die Rockvillestraße weiter und endete dann schließlich um ca 13:45 Uhr wieder am Pinneberger Bahnhof.

Trotz einer kurzen Mobilisierungs und Organisationszeit konnte durch diese Demonstration erreicht werden, dass viele Menschen aus den verschiedensten politischen Spektren in Pinneberg ein Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt haben.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Aufregung zu den Rednern

vodkaredbullantifa 29.06.2008 - 15:23
Ich habe die Aufregung über den Redner anders verstanden. Schon ziemlich am Anfang seines Redbeitrages kam nämlich die Empörung durch, dass als erstes ein Redner der Autonomen Antifa redet, was wirklich als Verfehlung gewertet werden muss, da man beispielsweise der jüdischen Gemeinde der Vorzug überlassen hätte sollen.
Dass der Redebeitrag auch noch einigermaßen platt war, bestärkte dann nochmal die Entrüstung. Als der Polizei vorgeworfen wurde, das Naziproblem in Pinneberg zu ignorieren, obwohl auch sie wohl kaum Handlungsmöglichkeiten gegen Nacht-und-Nebel-Aktionen von Nazis, deren Zahl noch nicht mal bekannt ist, hat und die bürgerliche Rechtsprechung dafür kritisiert wurde, Nazis, die eine „schwere Kindheit“ durchlebt hätten, nicht lang genug ins Gefängnis zu stecken, regten sich dann doch mehrere Menschen über den Redner auf.
Die Intervention Wolfgang Seiberts, die Nazigegner sollten sich nicht Spalten wie einst 1933, verweist auf die geschichtswissenschaftlich überholte These, dass die NSDAP 1933 von einem breiten Bündnis hätte gestoppt werden können.
Viel bedenklicher erschien mir jedoch der Redebeitrag des Probstes der örtlichen Kirche, der übrigens auch zu jenen gehörte, die sich über den Redner der Antifa aufregten, der erstmal das bekannte Zitat Martin Niemöllers vom „Als die Nazis die ... holten“ herunterratterte um danach zu beweisen, dass er vom Antisemitismus überhaupt keinen Begriff hat. Nach ihm würden sich Nazis zu erst gegen Juden richten und danach „gegen alle Religionen“. Schlau schloss er von dieser Grundannahme darauf, dass er als Christ im Prinzip genau wie die Juden ein Opfer der Nazis sei und verdrehte so die unter anderem christlichen Wurzeln des Antisemitismus um sich selbst zu viktimisieren.
In Anlehnung an Martin Niemöller und ganz offensichtlich mehr auf seine Christenheit als auf das Judentum bezogen, meinte er nun „rechtzeitig“ Nein zu sagen, bevor es ihm noch selbst an den Kragen ginge.
Was er wohl sagen würde, wenn sich Antisemitismus nur gegen Juden richten würde und so seine körperliche Unversehrtheit sichergestellt wäre...
Übrigens wurde gar nicht erwähnt, dass der Black Block löblicherweise noch hinter der mit Israelflaggen bestückten ersten Reihe und dem bürgerlichen Block laufen musste, für die Israelkritiker hier auf Intifadamedia sei das nur nochmal erwähnt.

Chaos in Flensburg

TomTom 29.06.2008 - 16:14
Vandalismus pur: Acht Täter richteten durch massive Farbschmierereien in der Flensburg City einen Schaden von etwa 40.000 Euro an. Die Polizei nahm zwei verdächtige Personen fest.

Sie waren schwarz vermummt und hinterließen eine Schneise der Verwüstung. Vom Norder- bis zum Südermarkt: Gebäude und Schaufenster mit Farbe besprüht, Schaufenster zerkratzt, parkende Autos beschädigt. Die Nacht zum Sonnabend, wenige Stunden vor der "Endspurt-Party" in der Innenstadt - für Flensburger Geschäftsleute wurde sie zum Albtraum.

Die Zerstörungswut machte vor nichts Halt. Betroffen waren Sportgeschäft, Schuhladen und Boutique genauso wie Reformhaus, Optiker oder Arzt. Auch die Flensburger Sparkasse war bevorzugtes Ziel der vermutlich politisch motivierten Täter. Genauso bunt das Spektrum der Farben. Gesprüht wurde schwarz, der Inhalt der Farbbeutel, der sich über die Fassaden ergoss: rot, rosa, grün oder ockerbraun. Anwohner alarmierten in der Nacht die Polizei, die gegen zwei Uhr eine 18-jährige Frau und einen 19-jährigen Flensburger in der Nähe der Schiffbrückstraße festnehmen konnte. Gegen sie besteht dringender Tatverdacht.


Durchgestrichene Hakenkreuze und das Dollar-Zeichen

Laut Björn Goos, Pressesprecher der Bezirkskriminalinspektion Flensburg, ist eindeutiges Beweismaterial beschlagnahmt worden. Reaktion der Beschuldigten: beharrliches Schweigen. Sie wurden nach Feststellung ihrer Personalien auf freien Fuß gesetzt.
Wegen des mutmaßlich politischen Hintergrundes hat die Abteilung Staatsschutzdelikte die weiteren Ermittlungen übernommen. Symbole wie durchgestrichene Hakenkreuze und das Dollar-Zeichen sind nahe liegende Indizien dafür, dass die Täter dem linken Spektrum zuzuordnen sind, so Goos. Allerdings sei dies eine vorläufige Einschätzung: "Vielleicht läuft alles auch auf einfache Sachbeschädigung hinaus."

City-Managerin Wiebke Stitz zeigte sich wenig begeistert davon, dass die Innenstadt-Baustelle sich vollends zum Schlachtfeld entwickelt hatte. „Die Geschäftsleute haben sich unheimlich geärgert.“ Einige Farbpigmente hätten sich gar nicht mehr entfernen lassen. Sie sieht allerdings, genau wie die Polizei, zwischen dem Vandalismus und dem Endspurt-Fest keinerlei Zusammenhang. "Die hatten einfach Bock auf Randale."

Reden!

Antinational 29.06.2008 - 16:16
Zugegebenermaßen hätte die jüdische Gemeinde Pinneberg wohl zuerst reden sollen, daran ändert wohl auch die Tatsache nichts, dass der Antifaredebeitrag eigentlich bereits am Bahnhof gehalten werden sollte! Und der Inhalt mag auch für den durchaus „bürgerlichen“ Charakter der Demo etwas zu überspitzt gewesen sein!

Aber:
1. Die „bürgerliche“ Rechtssprechung wurde nicht dafür kritisiert, dass sie Nazis nicht lange genug wegsperrt!!! Es wurde lediglich kritisiert, dass auf „bürgerlicher“ Seite oft versucht wird Antisemitismus und andere Formen des Rassismus damit zu erklären, dass die jeweiligen Täter halt alle „dumm“ sein oder auch eine „schwere Kindheit“ hatte! Das man mit solchen Analysemustern Antisemitismus nicht erklären kann sollte dargestellt werden. Man hätte das aber auch durchaus weglassen können!


2. Außerdem wurde der Polizei auch nicht vorgeworfen, dass sie den Anschlag nicht verhindert hat. Denn wenn man das von der Polizei erwarten würde, dann müsste man ja gleichzeitig den totalen Überwachungsstaat fordern. Es wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Pinneberger Polizei noch im März diesen Jahres in einem Zeitungsartikel das „Naziproblem“ in Pinneberg geleugnet hat!


Antisemitismus in der evangelischen Kirche

egal 29.06.2008 - 21:20
Mehr zu den Abgrenzungsproblemen der evangelischen Kirche Nordelbien zu den antisemistischen Hetzschriften Martin Luthers:

 http://de.indymedia.org/2005/11/131275.shtml?c=on#c332297

Und wenn wir schon dabei sind:
Karl Marx ein Antisemit?
 http://husuma.punk-am-ring.de/index.php?print=&aktion=eintrag_anzeigen&menue_id=51&eintrag_id=182

wo

hateheino 30.06.2008 - 17:27
wo kommen denn die anderen 100-150 demonstranten her??? in allen pressen sowie polizeibericht schwanken die zahlen zwischen 150-200 und nicht 300 wie hier geschrieben.
Bitte sachlich bleiben!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 10 Kommentare an

spontan?? — Pittiplatsch

blllllllllllllliii — bllllllllllllllaa

Na ja! — DoX

Deutschlandfahnen — Muss das sein

was positives — Hänschen

Probstrede — Alerta

Frage von — einem nicht-linken

zum thema nationalfahnen... — knollebolle

Viktimisieren? — Nichtwähler