Bericht zur Kundgebung in Aschaffenburg

EineR 29.06.2008 12:04 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Aschaffenburg: Kundgebung gegen das bayerische Versammlungsgesetz


Am gestrigen Samstag fand von 11 – 12 Uhr eine Kundgebung gegen den aktuellen Vorschlag für das neue Versammlungsgesetz in Bayern statt. Aufgerufen hatte ein lokales Bündnis aus Vertreter von DGB, SPD, Grüne und die Linke, kirchliche Gruppen und das Bündnis gegen Rechts. Bei leichtem Regenwetter fanden sich rund 50 TeilnehmerInnen ein. Im Anschluss demonstrierten 40 Menschen spontan in der Innenstadt.
Ablauf

Bereits gegen 10 Uhr bauten eine Handvoll Gewerkschaftsmitglieder einen Infotisch in der Herstallstraße (Fußgängerzone) auf und informierte PassantInnen über den Anlass der Kundgebung. Im laufe der nächsten Stunde trafen weitere TeilnehmerInnen ein sodass da die Menge auf etwa 50 Personen an stieg. Ein paar Transparente und Schilder wiesen auf die Thematik hin und langsam gewann man den Eindruck das es sich hier nicht um eine zufällige Ansammlung von Menschen handelt sondern um eine politische Versammlung.

Kurz nach Elf Uhr wurde per Megaphon die ersten Redebeiträge gehalten, die inhaltlich nicht weiter spektakulär waren. Die Vertreter von Gewerkschaften und Parteien bliesen fast alle ins selbe Horn und schimpften auf die CSU. Die eigentliche Message an Passantinnen und Passanten war entweder sich an die lokalen Abgeordneten zu wenden und Protest zu äussern, oder bei der nächsten Landtagswahl der CSU eine „Wahlklatsche“ zu verpassen. Beides Appelle die wenig erfolgversprechend sind und den Beigeschmack von plakativem Wahlkampf mit sich bringen. Zum Schluss kam auch noch ein Mitglied der anarchistischen Gruppe Aschaffenburg zu Wort, welche noch auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen Misstände und Widersprüche hinwies und das neue Versammlungsgesetz in einen Kontext mit allgemeiner Zunahme an Überwachung, Repression und sozialen Konflikte stellte.

Nach Auflösung der Versammlung setze sich der Großteil der Teilnehmer noch als Spontandemo in Bewegung. Etwa 40 Menschen zogen mit Transpis und Sprechchören durch die Fußgängerzone Richtung City Galerie. Nach kurzer Überlegung stimmten sich die DemoteilnehmerInnen darauf ab, dem riesigen Kaufhaus auch von Innen einen Besuch abzustatten. Also einmal durch, etwas Krach gemacht und am anderen Ende wieder raus.

Nach dem alle 200 Flugzettel an PassantInnen verteilt waren, wurde noch einmal Geld gesammelt und ab in den nächsten Copyshop und weitere Flugis kopiert. So zog der Mob zurück Richtung Kundgebungsplatz und löste sich danach auf. Schön dabei, das keine Polizei anwesend war und stresste (bis auf 3 Zivicops die sich am Rande ruhig verhielten).




Fazit:


Betrachtet man den Anlass der Kundgebung genauer und nimmt auch das aufrufende Bündnis unter die Lupe, sind 50 TeilnehmerInnen eine Farce. Gerade die Gewerkschaften haben es nicht geschafft ihre „Genossinnen und Genossen“ auf die Straße zu bringen. Der Überwiegende Teil der DemonstranntInnen waren junge Antifas, Punks und sonstige „Linke“. Zwar war auch die Mobilisierung sehr regional ausgerichtet, doch da hätte definitiv mehr gehen müssen.

Vielleicht mögen die ein oder anderen von einem Erfolg sprechen, da 50 Leute für eine Stadt wie Aschaffenburg nicht selbstverständlich sind. Aber, es zeigt sich auch, das ein politisches Bewusstsein weder bei Gewerkschaften noch einem Großteil der Bürgerinnen und Bürger vorhanden ist.

Die Kräfteverhältnisse im bayerischen Landtag lassen vermuten dass das neue Versammlungsgesetz noch vor der Sommerpause durchgebracht wird. Zwar kündigten Gewerkschaften an Verfassungsklage einzureichen, doch bei den Bayerischen Zuständen dürfte dies auch schon die einzige und letzte Hoffnung auf einen Erfolg sein.

Bleibt im Moment also nur abzuwarten wie sich die Dinge entwickeln und weitere gegen ein neues Gesetz mobil zu machen, dass das Nähergekommen eines Polizeistaats immer wahrscheinlicher macht.
Sollte es also im Herbst soweit sein, werde bayerische AktivistInnen Wege und Mittel finden müssen, wie zukünftige Versammlungen trotz der repressiven Vorgaben abzuhalten sind.

Die unangemeldete Spontandemo im Anschluss der Kundgebung hat eines dieser Mittel vor Augen geführt. Zwar keine wirklich große Masse, dafür aber bunt, anonym und ohne Bullenspalier!



Infos zum geplanten Versammlungsgesetz gibt es unter:  http://versammlung.blogsport.de/

Anmerkung:

Bevor zur Kundgebung gar nichts mehr zu lesen ist, habe ich auf die Schnelle ein paar Zeilen getippt. Ergänzungen und Bilder (bitte mit unkenntlichen Gesichtern) sind ausdrücklich erwünscht.
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Ergänzungen

Redebeitrag: Anarchistische Gruppe

teilnehmer 30.06.2008 - 11:19
Das geplante „Versammlungsrecht“….


Geht es nach dem Willen der bayerischen Landesregierung, soll zum ersten Oktober ein neues Versammlungsgesetz in Bayern etabliert werden.
Dieses geplante Gesetz schränkt die letzten, schon ohnehin stark beschnittenen, politischen Freiheiten endgültig ein. Das Ganze liest sich dich beinahe wie der polizeistaatliche Wunschtraum. Wichtigste Änderungen sind somit die veränderte Rolle des/der VersammlungsleiterIn. So werden ihm/ihr künftig Polizeiaufgaben zufallen, wie die Unterbindung von Gewalttätigkeiten – kann er/sie dem nicht nachkommen, ist man verpflichtet, die Versammlung aufzulösen. Die Polizei selbst darf VersammlungsteilnehmerInnen abfilmen und diese Daten unbegrenzt speichern – was jetzt schon Praxis ist, wird somit gesetzlich legitimiert und macht eine umfassende Überwachung und Kontrolle möglich.
Sich dagegen zu schützen, und zum Beispiel die gleiche Farben zu tragen, um eine Identifikation zu entgehen, wird durch das ausgeweitete Verbot der Uniformierung zunichte gemacht. Dieses soll insofern verboten werden, wenn es „einschüchternde Wirkung“ hat. Dieser schwammige Begriff soll ins Positive umgedeutet werden, da es doch vor allem die „Nazis“ in ihrem Demonstrationsauftreten einschränke. Aber in erster Linie betrifft es auch alle anderen Versammlungen, wenn nicht definiert werden kann, wo der Selbstschutz aufhört und die „Einschüchterung“ anfängt.
Dass das neue Gesetz auch wirtschaftliche Interessen schützt, macht spätestens die Auflage deutlich „wenn Rechte Dritter unzumutbar beeinträchtigt werden“, und dies sind vor allem Kaufhäuser und Läden in unmittelbarer Nähe von Versammlungen, die durch diese Einbußen befürchten.

Bayern nimmt in diesem Prozess von Einschränkung elementarer Grundrechte mal wieder eine Vorreiterrolle ein. Als erstes Bundesland nimmt es die Möglichkeit wahr, die die Förderralismusreform ihm beschert hat: die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz in Sachen Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder.
Wahrscheinlich scheint es, dass dieses Gesetz noch vor der Sommerpause durch den Landtag geht – wenn es keinen entsprechenden Widerstand gibt.


Überwachung und Kontrolle


Dieser Prozess steht keinesfalls isoliert – täglich spürt man den Ausbau der Überwachung und Kontrolle. Das Versammlungsrecht ist also nur ein Teil von herrschenden Kontroll – und Überwachungsmechanismen, die eine gesamtgesellschaftliche Überwachung aller Lebensbereiche möglich machen wollen.
Die Polizeistaatlichen Methoden wie die Erfassung sämtlicher Autokennzeichen auf deutschen Autobahnen, die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes, die Handyüberwachung usw. gehen dabei Hand in Hand mit dem zunehmenden Sozialabbau. Hierbei wird ein riesiger Billiglohnsektor auf dem Arbeitsmarkt geschaffen, weite Teile der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze und auch nach Außen hin wird eine härtere repressive Abgrenzung geschaffen. Das Stichwort heißt Festung Europa, und bedeutet für viele Flüchtlinge eine rassistische und unmenschliche Abschottungs – und Abschiebepolitik von Seiten Europas.
Das geplante bayerische Versammlungsgesetz ist somit Ausdruck eines weltweiten Trends der Verschärfung gesellschaftlicher Widersprüche.


>>Wer hat gesagt, es muss so bleiben?<<


Trotz dieser sich verschärfenden gesellschaftlichen Realität wird uns weiterhin der Kapitalismus und die freie Marktwirtschaft als beste aller möglichen Systeme verkauft.
Dass die Parole „Wohlstand für alle“ in diesem System jedoch weder eine Realität noch eine Zukunft sein kann, liegt bei den herrschenden Verhältnissen auf der Hand.
Vielmehr wird durch das geplante Versammlungsgesetz, durch die steigende Überwachung und Repression, gegen jene Menschen, die sich der kapitalistischen Verwertungslogik entziehen wollen und die aggressive Abschottung nach Außen deutlich, dass es sich um präventive Sicherheitsmaßnahmen handelt, die soziale Konflikte und Widerstand unterbinden wollen.
Aber gerade das macht ein gemeinsames Vorgehen gegen diese Sicherheitsmaßnahmen, die lediglich dem Staat und der Sicherheit seines Kapitals dienen, umso wichtiger.
Genauso wichtig ist nicht bloß ein entschiedenes Vorgehen gehen die Symptome der herrschenden Verhältnisse, sondern auch der Angriff auf deren Ursache.
Denn Kapitalismus ist nicht reformierbar!

Bilder

teilnehmer 30.06.2008 - 13:09
es gibt ein paar bilder auf  http://auszeitnews.blogsport.de/

mehr teilnehmer

zeitung 01.07.2008 - 12:28
Demo gegen geplantes Gesetz
Aschaffenburg Gegen die Verschärfung des Versammlungsrechts in Bayern haben rund 100 Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbunds am Samstagvormittag in der Aschaffenburger Herstallstraße demonstriert.
Laut Staatsregierung sollen Kundgebungen künftig mindestens 72 Stunden vorher angemeldet werden. Außerdem sollen die Veranstalter den Behörden melden, wie viele Teilnehmer sie erwarten sowie Namen und Adressen der Leiter und Ordner nennen. Die Polizei dürfte alle Teilnehmer filmen und fotografieren. Bei Verstoß gegen die Vorschriften drohen Strafen. Die Verschärfung soll angeblich vor allem Neonazis am Demonstrieren hindern. Kritiker befürchten eine übermäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit aller. Verfassungsexperten bezweifeln, dass das geplante Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. SMdA

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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wenn die den — zentristen