Japan: Internationaler G8-Widerstand beginnt

Gipfelsoli 27.06.2008 09:57 Themen: G8 G8 Heiligendamm Globalisierung Repression Weltweit
* Camps, Demonstrationen, Aktionstage
* Polizei sieht Protest als Terrorismus und verhängt Einreiseverbote

Die Proteste gegen den G8-Gipfel in Japan haben begonnen. Am Donnerstag fand eine Demonstration gegen das Außenministertreffen in Kyoto statt. Drei Camps in Sapporo, der nächstgelegenen Stadt zum G8-Gipfel am Lake Toya, sind fertiggestellt. Alternative Medienzentren in Sapporo und Tokyo nehmen ihre Arbeit auf, ein Netzwerk kritischer AnwältInnen unterstützt DemonstrantInnen.
Für die nächsten Tage sind Veranstaltungen, Konferenzen und Demonstrationen geplant. Viele AktivistInnen aus dem Ausland sind bereits jetzt angereist, unter ihnen anarchistische und gewerkschaftliche Gruppen aus asiatischen Ländern.
Ein Netzwerk aus Nichtregierungsorganisationen will die G8 zu Korrekturen ihrer Politik bewegen. Das Bündnis "No G8!" hingegen lehnt die G8 als illegitim ab und organisiert die übermorgen beginnende antikapitalistische Konferenz "Counter-G8 International Forum" in Tokyo und Hokkaido oder die "Anti-G8 Tokyo Sound Demonstration" am Sonntag.
Wie beim G8 2007 arbeiten viele der beteiligten Gruppen und Organisationen trotz unterschiedlichem Focus an einer gemeinsamen Mobilisierung.

Indes versucht die Polizei den Protest wie in Heiligendamm zu delegitimieren und zu spalten. Bereits vor zwei Wochen sind mehr als 40 Personen festgenommen, Häuser und Büros von HausbesetzerInnen und Gewerkschaften im Arbeiterviertel Kamagasaki in Osaka durchsucht worden. Daraufhin kam es zu tagelangen Straßenkämpfen mit der Polizei.

Seit Dienstag sind die Kontrollen am Narita International Airport in Tokyo verschärft worden. AusländerInnen werden bis zu 12 Stunden verhört und durchsucht. Teilweise wird verlangt einen Reiseplan für jeden Tag des Aufenthaltes vorzulegen. Die japanische Regierung hatte erst im Frühjahr die Einreisebestimmungen geändert.

Das Bundeskriminalamt hat den japanischen Verfolgungsbehörden bereits im August letzten Jahres Informationen fast aller am Protest in Heiligendamm beteiligter Netzwerke und Bündnisse übermittelt. Japanische Polizisten wurden in Berlin über Maßnahmen gegen Gipfelprotest unterrichtet. BKA-Präsident Ziercke versprach, auch weiterhin "alle erforderlichen Daten" weiterzugeben.

Beim G8 2007 hatte die Polizei einen umfangreichen Datenbestand mit Fotos und Fingerabdrücken aufgebaut, in dem vermutlich alle 1.800 Festgenommenen gespeichert sind. Obwohl letztlich nur wenige rechtskräftig verurteilt wurden, werden diese Daten nicht gelöscht. Für gewöhnlich reicht diese Registrierung, um ein Einreiseverbot während eines Gipfeltreffens auszusprechen.

GewerkschafterInnen der koreanischen "Confederation of Trade Unions" wurden mit einem generellen Einreiseverbot belegt. Auch dem italienischen
linksradikalen Philosoph und Aktivist Toni Negri wurde die Einreise verweigert. Erst gestern wurden zwei Medienaktivisten des Kollektivs "In-Media" aus Hong Kong am Flughafen verhaftet.

Mit verschiedenen Plakaten warnt die Polizei vor den Protesten, die sie mit den Bombenanschlägen 2005 in Großbritannien gleichsetzt. Auf einem Foto ist einer der zerstörten Busse in London neben einem ausgebrannten Auto am Rostocker Hafen zu sehen. Die Bevölkerung wird aufgefordert, verdächtige Personen umgehend der Polizei zu melden. Hotels in ganz Japan sollen Kopien der Pässe ausländischer Gäste an die Polizei schicken.

Für die nächsten Tage sind in vielen Ländern Proteste gegen den G8-Gipfel angekündigt, darunter Frankreich, Deutschland, Belgien, Holland, Spanien, Baskenland.

Hintergrund

* No G8! Japan:  http://a.sanpal.co.jp/no-g8
* Verschärfte Einreisekontrollen:  http://www.debito.org/?p=1752 und  http://watch08summit.blogspot.com/2008/06/protestation-against-tightening-of.html
* Anweisung an Hotels:  http://www.debito.org/?p=1764
* Polizei-Plakate: www.gipfelsoli.org/rcms_repos/images/38/roppongisummitpolice001.jpeg und www.gipfelsoli.org/rcms_repos/images/38/g8-poster-1-of-1.jpeg
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Proteste in Deutschland

Anarcho 27.06.2008 - 10:28
Hallo,

Wo finden die Proteste gegen den G8-Gipfel, in Deutschland statt?

@anarcho

ich 27.06.2008 - 10:34
Samstag, 5. Juli, 14 Uhr in Lindau / Bodensee am Rathausbrunnen, zum Beispiel.

For protests see here...

... 27.06.2008 - 10:57
* Berlin Fight G8! www.gipfelsoli.org/static/Media/080705_actionday_berlin.pdf
* Stuttgart gegen G8 www.stuttgart-gegen-g8.de
* London Fete Against The G8  http://londonfete.ucrony.net
* Enter Fort Europa (NL) www.enterforteuropa.org
* dissent France www.dissent.fr
* Liége  http://tchantchescross.over-blog.com
* Acción global anticapitalista  http://anticapitalistas.net
* G8 AKATU www.g8akatu.org

Alte Rezepte und neue Desaster

Attac Deutschland 27.06.2008 - 13:31
"Wash down G8, throw down neoliberalism" - unter diesem Motto ruft Attac
Japan zu Protesten gegen den G8-Gipfel in Toyako auf.
Auch Vertreter von Attac Deutschland werden sich an der Protestwoche vom
2. bis 9. Juli sowie dem Alternativgipfel beteiligen. "Die G8 vertreten 13
Prozent der Weltbevölkerung. Sie sind nicht legitimiert, in ihrem
exklusiven Club für die Welt derart folgenreiche Entscheidungen zu
fällen", stellte Alexis Passadakis vom bundesweiten
Attac-Koordinierungskreis fest. Attac fordert ein Ende der Gipfeltreffen.
Stattdessen gelte es, die UNO zu stärken und zu reformieren.

"Ob Finanzmarktkrise, Klimachaos, Hunger- oder Energiekrise - die G8 ist
nicht Teil der Lösung, sondern des Problems. Für ihre diesjährige Agenda
gilt: alte Rezepte und neue Desaster", sagte Alexis Passadakis. Wie wenig
von dem Treffen der acht Staats- und Regierungschefs erwartet werden kann,
zeige die Bilanz von Heiligendamm. "Die G8 ist auf ganzer Linie
gescheitert. Von den vollmundigen Ankündigungen des Gipfels vor einem Jahr
ist nur ein Scherbenhaufengeblieben."

Wie voraus zu sehen war, hätten die acht Staaten weder ihre Hilfszusagen
für Afrika eingehalten, noch einen wirksamen Klimaschutz vorangetrieben.
Im Gegenteil: Besonders zynisch sei die kürzlich veröffentlichte
Empfehlung der G8-Finanzminister, die Ölförderung weltweit zu steigern.

Bereits 2005 beim G8-Gipfel im schottischen Gleaneagles hatte die G8
verkündet, die Entwicklungshilfe um 50 Milliarden US-Dollar bis 2010
aufzustocken. Das wären dann 0,38 Prozent des Bruttosozialprodukts der G8.
Laut einer OECD-Prognose werden die acht Staaten dieses Ziel allerdings
voraussichtlich um etwa 30 Milliarden verfehlen.

"Im Jahr 2007 Versprechungen in Heiligendamm sogar gesunken. Aber wir
haben nichts anderes erwartet. Die G8 stehen für große Worte, große Feste
und große Limousinen. Nur die Taten, die sind ganz klein", sagte Sabine
Zimpel, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis.

"Die Politikkonzepte aller G8-Staaten, deren Lieblingskinder
Liberalisierung und Deregulierung sind, haben sich als Katastrophe
herausgestellt", betonte Sabine Zimpel. Die von den USA ausgehende
Krise des Finanzmarktkapitalismus, aber auch die Lebensmittelkrise seien
nur zwei Beispiele. Und ohne die Knebelverträge von Weltbank und
Internationalem Währungsfonds wäre es nicht zu einer derart drastischen
Verarmung der ländlichen Räume gekommen. Sabine Zimpel: "Das sind
Resultate dieser menschenverachtenden Politik."

Dennoch werden sich insbesondere die Vertreter der EU in Japan für eine
deutliche Forderung nach mehr Freihandel und einem Abschluss der laufenden
Runde der Welthandelsorganisation WTO stark machen.

"Angesichts dessen erwarten wir kräftige Proteste und viele Aktionen im
Umfeld des Gipfels, insbesondere in Sapporo", kündigte Sabine Zimpel an.
Gipfelproteste dienten aber auch dem inhaltlichen Austausch und der
Vernetzung. "Gespannt sind wir daher insbesondere auf die Zusammenarbeit
mit unsere Partnerorganisation Attac Japan, die Teil des G8 Action
Networks ist."

Übersicht über die geplanten G8-Proteste in Japan und in Deutschland:
 http://www.attac.de/aktuell/nog8/aktivitaeten/

G8-Seite von Attac Deutschland:
 http://www.attac.de/aktuell/nog8/g8-in-japan/

einreisverbot? paranoia wie bei jedem gipfel

komme wer kann 27.06.2008 - 15:21
wie bei jedem gipfelprotest begint mit den aktivitäten auch die paranoide stimmung unter manchen aktivistInnen. ohne beleidigen zu wollen, scheint dies auch bei der autorIn dieses artikels der fall zu sein. es geht soweit, dass autorIn schon fast der verlängerte arm vom bundeskriminalamt und der "japanischen Verfolgungsbehörden" wird. tatsächlich ist es so, dass sogar leute die wegen heiligendamm verfahren am laufen haben und auch sonst länge mal breite bekannt sind ohne probleme einreisen konnten. es stellt sich also die frage, was bezweckt mensch überhaupt wenn sie/er über mehrere absätze verfolgungsszenarien auftischt? ich glaube, ehrlich gesagt, dass sich der/die autorIn diese frage zuvor gar nicht stellt, sondern einfach drauf los tippt und dabei, ohne dessen bewusst zu sein, angst schürrt und womöglich leute daran hindert nach hokkaido zu kommen. und genau das bezweckt die repression, dass mensch sich selbst nieder knüppelt, um ja der angeblichen repression zuvor zu kommen. jedenfalls geht das psycholigische spiel der polizei auch in japan auf, dank der aktivistInnen selbst.

Feature auf at.indymedia und ch.indymedia

verlinkt 27.06.2008 - 16:14

@ komme wer kann:

... 27.06.2008 - 16:47
also, deine spontane aufforderung trägt hier sicher wenig, denn wer/ welche ein ticket hat wird wohl auch kommen. der gipfel in japan ist kaum ein ereignis für kurzentschlossene, oder?

vielmehr ist es wichtig den leuten zu erklären was sie erwartet und wie die stimmung ist. auf mailinglisten von aktivistInnen wird gerade viel über die situation auf dem flughafen berichtet, auch von der stimmung im land. warum möchtest du darüber schweigen? ein tabuisieren von repression ist nicht der richtige umgang. im gegenteil: für die bewegungen in europa sollten diese informationen möglichst weit gestreut werden, um ggf. soli-aktionen zu organisieren. oder wäre dir das auch zuviel repression?

Feature auf at.indymedia.org

((i)) 27.06.2008 - 17:52
反G8サミット北海道 - Global Action gegen G8 in Hokkaido
 https://at.indymedia.org/node/10656

Soli-Aktion in Köln

serge 27.06.2008 - 18:08
Am 05. Juli ab 12.00 Uhr, Rudolfplatz (Ringseite), Köln

falschinformationen

. 28.06.2008 - 04:35
die personen, die 12 stunden am flughafen warten mussten und befragt wurden, was sie die nächsten tage tun werde, hat damit zu, dass ihr ticket und ihre angaben auf dem einreiseformular (wo übrigens klar ersichtlich war, dass sie zu g8 fahren werden) nicht übereinstimmten. daraus einen generellen "AusländerInnen werden bis zu 12 Stunden verhört und durchsucht" zu konstruieren ist nicht wahr. am selben tag sind mehrere leute ohne zu warten oder sonstige probeleme eingreist.

falschinformationen 2

- 28.06.2008 - 04:41
es gibt in japan kein gesetzt, das ausländerInnen "politische betätigung" verbietet. allein die formulierung von solche einem paragraphen wäre unmöglich.

(falls das gemeint ist, dass ausländerInnen nicht wählen und gewählt werden können, stimmt das, aber hat mit den g8 protesten nichts zu tun.)

Berlin G8 Infopoint

Bethanien 28.06.2008 - 13:11


Hallo zusammen,

wer in Berli eine Anlaufstelle für weitere Infos oder Kontakt sucht, ist im Bethanien richtig.

Jeden Dienstag von 19 - 21 Uhr im Südflügel, 1.Stock ist der PGA Infopoint für alle offen.

Direkte Fragen auch an:  carambolageNOSPAM@no-log.org

@falschinformation2

Informant_in 29.06.2008 - 11:44
Es gibt in Japan durchaus ein Gesetz, welches, wie hierzulande der §129a etc. per se gegen politische Betätigung eingesetzt werden kann, das sog. "Gesetz gegen subversive Aktivitäten" (  http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_gegen_subversive_Aktivit%C3%A4ten ). Kann sowohl gegen Japaner_innen als auch gegen Leute mit oder ohne anderen Pässen eingesetzt werden. War ursprünglich gegen die KP in Japan, um deren Einfluss einzudämmen. Mit dem Gesetz kann wohl auch die Einreise sofort abgelehnt werden bzw. bis zu 10 Wochen "Unterbindungsgewahrsam" verhängt werden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

Andere Länder, andere Sitten

Harpo Marx 27.06.2008 - 12:47
Was den meisten Leuten nicht bekannt bzw. klar ist: in Japan gibt es ein Gesetz (und das nicht erst seit letztem Monat), das Ausländern die politische Betätigung verbietet. Das gilt selbst für einfache verbale Äußerungen. wer also in geselliger Runde irgendwas politisches sagt, geht in den Knast und wird danach abgeschoben. das gilt seit mindestens 30 Jahren.
LEUTE SEID VORSICHTIG!

G8,G8,G8, auf die Müllkippe verbracht!

@...

komme wer kann 27.06.2008 - 18:32
es gibt einen unterschied zwischen informieren und paranoia verbreiten. bei zweiterem braucht es keine repression mehr, weil mensch bereits im eigenen kaefig sitzt und somit unfaehig ist zu jeglicher handlung, die den statuts veraendern koennte. paranoia reproduziert nicht nur repression sondern ist bereits die eigentliche repression! (man(n) stellt nicht kameras auf um leute zu beobachten, sondern damit sich die leute beobachtet fühlen und somit sich verhalten, wie es der aufsteller der kamera erwartet!) um es ganz trivial zu sagen: es ist besser mensch erleidet eine strafe als das es staendig sich die strafe vor augen hält und somit verinnerlicht, was ohnehin unwahrscheinlich ist.

die texte, die seit längerem bezüglich hokkaido verbreitet werden, sind genau in jener paranoiden stimmung geschrieben und machen mögliche aktivität bereits im voraus unmöglich.

und ja, es gibt haufenweise leute, die sich kurz vor protesten ueberlegen ob so nun tatsächlich kommen wollen oder nicht. so teuer ist der flug nach japan auch wieder nicht.

ps: das paranoide mehr solidaritätsaktionen bekommen, wenn sie im knast landen, wäre mir ganz neu. das ist ja so absurd wie, dass menschen die angst davor haben krank zu werden, die medikamente besser vertragen.

liebe "komme wer kann"

noattac 27.06.2008 - 19:18
es reden doch nicht alle nur über repression. aber es ist gut wenns wer macht. freu dich doch über den artikel von attac hier im posting. inhaltliches findest du auch auf vielen linx hier im artiekl + ergänzungen. also wo ist das problem?

@Harpo Marx

TVB 27.06.2008 - 19:29
Wo kann ich mehr über das Gesetz erfahren, dass den Ausländern in Japan einen politischen Maulkorb verpasst? Mir ist das völlig neu! Danke im Voraus!