Nazipleite am 1. Mai 2008 in Barmbek

lara 19.06.2008 13:28 Themen: Antifa
Die Nachbereitung des 1. Mai 2008 in Barmbek ergab vor allem, dass die Nazis ihre Ziele nicht erreicht haben, auch wenn sie es anders darstellen. Jetzt heißt es nachsetzen, um neuen Aktivitäten das Wasser abzugraben.
Global denken – lokal handeln!
Das Hamburger Bündnis gegen Rechts lud ein - Nachbereitungsveranstaltung zum 1. Mai in Barmbek. Trotz Fußball EM und gutem Wetter kamen etwa 45 Menschen zum Treffen am 17. Juni 2008 in der Barmbeker Zinnschmelze.
Zur Erinnerung: Am 1. Mai 2008 wollten Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet im Hamburger Stadtteil Barmbek demonstrieren und damit den internationalen Kampftag der Arbeiter/innenbewegung für sich vereinnahmen. Nicht nur deswegen bildete sich dagegen Protest. Es demonstrierten über 10.000 Menschen am gleichen Tag gegen diesen Aufzug des Schreckens. Und gerade auch aus dem Stadtteil heraus wurde der Protest sichtbar: AnwohnerInnen, Geschäftsleute, Stadtteilinitiativen und Kirchen protestierten fantasievoll gegen die Nazis. Auf der anderen Seite zogen marodierende Horden von Nazis durch den Stadtteil. Auch die Polizei konstatierte, dass sie mit einem solchen Gewaltpotential nicht gerechnet habe. Das ist zum Teil eine Schutzbehauptung, weil sie zu wenig gegen die Nazis unternahm.
Der Naziaufmarsch wurde im Vorfeld nicht verboten. Die Nazis konnten trotz vieler praktischer Einschränkungen und dem von uns allen gemeinsam verhinderten „Marsch durch das Barmbeker Kerngebiet“ doch einen Teil ihres Vorhabens durchführen.
Barmbek hat am 1. Mai viel bewegt und Gesicht gezeigt.
Viele Menschen haben gemeinsamen Protest gegen die Nazis unternommen und Erfahrungen gesammelt.
Drei Bereiche wurden behandelt:
1. Wie schätzen wir gemeinsam die Aktivitäten am 1. Mai ein?
Andrea Krieger vom Hamburger Bündnis gegen Rechts wird eine kurze Einschätzung geben, die gemeinsam ergänzt und diskutiert werden soll.
2. Was wollen die Nazis, was steckt dahinter?
Informationen über Inhalte und Strukturen der Nazis wurden gegeben.
3. Wie wollen wir gemeinsam weitermachen?

Jürgen Boenig vom Museum der Arbeit sprach für den Barmbeker Ratschlag, über „Barmbek blüht“ und schildert seine Eindrücke von Barmbek am 1. Mai.
Lob gab es für die örtliche Presse (sprich Barmbeker Wochenblatt) und für das Lkw-Konzert für junge Leute, einige Tage vor dem 1. Mai. Einen solch großen Erfolg habe mensch lange nicht erlebt, war die von allen geteilte Einschätzung der Manifestation der 10.000 plus. Die Zivilcourage der Menschen war groß. Schon immer gibt es in Barmbek einen latent antifaschistischen Konsens. In Barmbek gibt es viele Beziehungen zwischen nichtdeutsch- und deutsch. Unklar war nur, wie dies sich am 1. Mai 2008 praktisch zeigen würde.

Die Gewaltbereitschaft der Autonomen Nationalisten war erheblich, auch wenn die Gewaltbereitschaft von Nazis an sich schon immer ausgeprägt war, vor allem in den Freien Kameradschaften, die etwa 1995 entstanden. Es gibt bundesweit gegenwärtig ca. 160 Kameradschaften.
Jürgen Boenig erläuterte seine Meinung, wonach die antifaschistisch eingestellten Menschen am 1. Mai 2008 an vielen Stellen großes Glück gehabt hätten. Die Nazi-Veranstaltung glich einer Kopie des 1. Mai 1933. Der DGB kniff und die Nazis nutzten die sozial prekäre Lage in Barmbek und Steilshoop für ihre Zusammenrottung aus.
Antifaschismus lebt. Das bezeugt die Haltung einer Verkäuferin im Buchhandel, die sich etwa weigerte, für einen Nazi ein Buch zu bestellen. Auf der Fuhle gab es Gratis-Kaffee für Antifas. 43 soziale Einheiten (Politische Gruppen, Geschäfte, Vereine, Kirche, Einrichtungen wie die Öffentliche Bücherhalle Barmbek) haben sich zusammengeschlossen und das öffentlich gemacht, ohne dass sie Gründe dafür dargelegt haben. Der Wille war einfach da. Nach Drucklegung einer Protestkarte mit 10.000 Auflagenhöhe und 2.000 Plakaten meldeten sich noch mehr Interessierte.
Die Polizei verhielt sich vor Ort defensiv. Sie hätte die Nazidemo jederzeit verbieten können und hat die Nazis dennoch marschieren lassen.
Im Gegensatz dazu das Verhalten der Demonstrierenden, die sehr diszipliniert waren und sich an die Absprachen hielten. Viele Medien haben danach unfair und falsch berichtet und Behauptungen zu Tatsachen umfunktioniert.
In der Bürgerschaft gab es danach eine aktuelle Stunde. Der CDU-Sprecher war am 1. Mai in Barmbek vor Ort und bekräftigte das auf Nachfrage. Eine im Ansatz produktive Haltung.
Der Sprecher der Grünen sagte dagegen, man müsse eine Nazidemonstration aushalten. Am besten man ignoriere sie.
Die Veranstaltung kritisierte den DGB stark. Seine Funktionäre veranstalteten ein Familienfest weitab, aber seine Mitglieder waren 3-4000 Mitglieder stark in Barmbek vor Ort.
Die Nazis versuchten über ihre Medien den 1. Mai 2008 in Barmbek zum Erfolg umzulügen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: sie kamen lange Zeit überhaupt nicht zum Startpunkt ihrer Demonstration, einige Pkw wurden flambiert, Busse entglast, sie mussten dann stundenlang gefrustet zuwarten, kamen alsdann nicht auf die Fuhle und wurden schließlich weit weg geleitet.
Ob es gelingt, in Barmbek ein regelmäßiges Anti-Nazi-Treffen einzurichten, bleibt abzuwarten. Fazit: der Wille der 10.000 Menschen vor Ort wurde am 1. Mai durchgesetzt.
Global denken – lokal handeln, brachte es ein Teilnehmer an der Diskussion auf den Punkt.
Entschlossenes Handeln und die ständige Diskussion um das weitere Vorgehen gegen den organisierten und unorganisierten Nazi-Mob bleiben wesentlich.

Quellen:  http://www.keine-stimme-den-nazis.org/, Barmbeker Wochenblatt vom 28. Mai 2008, S. 16, Die Welt, DGB, lotta, Rowi. Nachweise und Verlinkungen auf der Webseite.

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