Bertelsmann und DER SPIEGEL

Wiebke Priehn 17.06.2008 18:03 Themen: Medien
Immer noch wissen viele Menschen nicht, welche Unternehmen alle zum Medienmoloch Bertelsmann gehören – allen voran nämlich das sog. Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Der Grund: Bertelsmann verschleiert in der Öffentlichkeit aktiv die Eigentumsverhältnisse. Schließlich hatte schon Axel Springer den Bertelsmann-Eigner Reinhard Mohn beizeiten gewarnt, dass Größe für Medienunternehmen auch eine Gefahr bedeute. Unabhängige Berichterstattung bei für den Bertelsmann-Konzern relevanten Themen (und das sind so ziemlich alle) ist also vom Spiegel nicht zu erwarten.
Der letzte unabhängige Spiegel-Artikel ÜBER Bertelsmann datiert sich auf 1970 und ist immer noch sehr lesenswert! Damals war der Spiegel vorübergehend nicht mit Bertelsmann finanziell verflochten. (Titel: Freundlicher Moloch, Spiegel Nr.11 vom 9. März 1970, S. 99 – 111,  http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Freundlicher_Moloch Vergrößern geht durch mehrfaches anklicken).

Also, SEIT 38 JAHREN gab es im Spiegel KEINE ERNSTZUNEHMENDE KRITIK an Bertelsmann!!!
Seither hat sich viel getan: Die Bertelsmann Stiftung, der der Medienkonzern mehrheitlich gehört, konnte Anfang der neunziger Jahre heimlich zu einer dominierenden Politikberaterin der Bundesrepublik aufsteigen und Privatisierung, Sozial- und Bildungsabbau und zunehmender Militarisierung den Weg ebnen, während der Konzern genau auf diesen Feldern neue Geschäftsbereiche schafft. So war die Bertelsmann Stiftung führend an der „Reform“ des Hochschul- und Schulwesens beteiligt, jetzt drängt der Konzern in den Bildungsbereich und will durch Aneignung des öffentlichen Bildungswesens, mit Studien-, Schulgebühren, mit Nachhilfe und e-learning Profite machen und Steuern sparen und Lern- und Forschungsinhalte beeinflussen. Der Medienkonzern konnte Schröder und Merkel bei der KanzlerInnenwahl helfen und darüberhinaus durfte Bertelsmann jahrzehntelang die eigene Geschichte fälschen und lügenhaft die Mähr verbreiten, der Verlag habe Widerstand gegen die Nazis geleistet, wo Bertelsmann in Wahrheit „Hitlers bester Liferant“ (FAZ) war.
Der Spiegel schwieg zu alledem.

Der Spiegel wird von Bertelsmann dominiert, und zwar über die Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr mit einer Sperrminorität von 25,5 Prozent.

Dabei gehört es zur Bertelsmann-Firmenpolitik, die Größe und die Beteiligungen des Konzerns vor der Öffentlichkeit zu verheimlichen. In den Medien ist immer nur von Einzelunternehmen die Rede, z. B. von RTL oder einzelnen Sendern, Zeitschriften, Verlagen. Das alle jeweils zu Bertelsmann gehören, wird – außer bei dem bekannten Buchclub - nicht ersichtlich. Es ist doch allerhand, dass die Eigentumsverhältnisse an Deutschlands größtem sog. Nachrichtenmagazin und (immer-noch-)Leitmedium nicht offen zu Tage liegen und allgemein bekannt sind!!!

So gibt die 74,9-prozentige Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr bis heute einen FALSCHEN EignerInnenanteil am Spiegel an, nämlich 24,75 Prozent ( http://www.guj.de/index2.php4), anstatt richtige 25,5 Prozent. Der kleine Unterschied zwischen beiden Zahlen: Mehr als 25 Prozent bedeuten eine Sperrminorität, der Eigner/die Eignerin kann wichtige Entscheidungen verhindern.

Zumindest bezüglich des Gruner+Jahr-Anteils am Spiegel korrekt ist diese Grafik der Spiegel-Gruppe:
 http://media.spiegel.de/internet/media.nsf/21D9053343F9CB8CC12571AF00531FF0/$file/SP-Gruppe_Beteiligungen.jpg

Allerdings: Die Verflechtung mit Bertelsmann wird auch aus dieser Grafik nicht ersichtlich. Das Bertelsmann Haupteigner von Gruner+Jahr ist, verschweigt die Grafik!

Außer Bertelsmann, bzw. Gruner+Jahr (wo die Familie Jahr eine Sperrminorität besitzt), hat beim Spiegel die MitarbeiterInnen-KG noch was zu sagen, mit 50,5 Prozent. Die restlichen 24 Prozent gehören Augsteins ErbInnen, die allerdings stimmrechtmäßig keinen Einfluss haben, sondern nur an den Gewinnen beteiligt werden.

Auf dieser interessanten Seite, wo es übrigens um die zweifelhafte Kooperation von Wikipedia mit Bertelsmann „und“ Spiegel (also Bertelsmann und Bertelsmann) geht, gibt es ebenfalls eine schöne selbsterstellte Grafik zu den Eigentumsverhältnissen von Bertelsmann und Spiegel (zum Vergrößern anklicken):
 http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Schwarze_Feder/Bertelsmann-Kooperation#Wem_geh.C3.B6rt_SPIEGELWissen.3F

mehr:  http://www.anti-bertelsmann.de
 http://www.bertelsmannkritik.de
 http://www.anti-b.de/
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

"kinderuniversität"

Kribbl 18.06.2008 - 04:34
Seht euch das mal an:

 http://www.junioruni-wuppertal.de

Offenbar haben Bertelsmann-Konzepte das direkte Umfeld des Konzerns längst verlassen.

Reinhard Mohn

Güterslohe 18.06.2008 - 13:31
An dieser Stelle lohnt es sich vielleicht, einmal darauf hinzuweisen, dass der greise Reinhard Mohn schon seit geraumer Zeit nicht mehr die Geschicke Bertelsmanns lenken kann. Zu seiner aktiven Zeit spielten meines Wissens ethische Grundsätze im Unternehmen eine große Rolle; etliche machttrunkende Vorstandsvorsitzende wurden von ihm immer wieder abserviert.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass der greise Reinhard Mohn nur noch als Aushängeschild von genau solchen Personen mißbraucht wird, die das von ihm aufgebaute nun offenbar für unethische Zwecke nutzen. Ein Medienunternehmen darf nicht gleichzeitig in Politikberatung und Oursourcing von staatlichen Dienstleistung tätig sein. Der Grundsatz der Gewaltenteilung muß auch in der Wirtschaft gelten.

Nachtrag zu dem Link ("Kinderuniversität")

Kribbl 19.06.2008 - 01:23
Was der Link:

 http://www.junioruni-wuppertal.de

deutlich machen soll, daß es eine etwas hilflose Strategie ist, sich so auf den Konzern "Bertelsmann" zu fixieren. Die anti-bertelsmann - Seite ist sehr empfehlenswert, aber nur weil sie auch die gesellschaftlichen Bedingungen solcher Entwicklungen thematisiert.

Und die sind doch das eigentlich krasse, wofür auch solch ein Konzern nichts kann.
Z.B. die Kinderuni: ist ja bekannt, daß Kinder ab 4 Jahren noch nicht die Kapazitäten entwickelt haben, komplexe naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu begreifen, geschweige denn gesellschaftliche Implikationen. Was also soll das Ganze? Offensichtlich geht es hier um das soziale Lernen. Die Kinderuni richtet sich ganz gezielt an Kinder aus ärmeren Familien. Was hier geschieht, ist ihre Zurichtung für die Ausbeutung und Unterdrückung von Kinderalter an, gesteuert durch die Profiteure.

Mehr über Bertelsmanns Medienmanipulation

Wiebke Priehn 19.06.2008 - 13:32
Bertelsmann manipuliert nicht nur in den eigenen Medien. Hier zum Fall Elmar Brok (MdEP):

EU-Parlaments-Hobbyist (CDU) bei Bertelsmann
 http://de.indymedia.org/2006/12/163795.shtml
Wie Bertelsmann versuchte, Gebühren für Bildung in der EU-Verfassung zu zementieren – und wie manche Medienschaffende (z.B. FAZ, ZDF) vor der Bertelsmacht kuschen.

Zitat:
"Hajo Friedrich ist seit ca. zehn Jahren fester freier FAZ-Mitarbeiter und Brüssel-Korrespondent. Am 11.01.2005 hatte Friedrich unter dem Titel „Nebeneinnahmen im Zwielicht“ Broks Arbeit für Bertelsmann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kritisch beleuchtet. Ein Anruf von Elmar Brok bei Günther Nonnenmacher, FAZ-Herausgeber und zuständig für das Politikressort, hatte dann Konsequenzen. Nonnenmacher rief im Brüsseler FAZ-Büro an. In der Folge durfte Hajo Friedrich nicht mehr für das Politkressort schreiben, wie er es vorher gelegentlich getan hatte, sondern nur noch für das Wirtschaftsressort, für das er ursprünglich einmal engagiert worden war. Dabei hatte Elmar Brok nicht etwa den Inhalt des Artikels von Hajo Friedrich kritisiert, sondern er fühlte sich durch die Berichterstattung - ausgerechnet über ihn - ungerecht behandelt - wo es doch so viele andere Fälle gebe.
Diese Vorgänge enthüllte der Journalist Lutz Mükke in dem Artikel „Der Parlaments-Broker“ ( http://www.eu-media.info/documents/S034-040.PDF, Artikel vom 07.10.2005)..."
 http://de.indymedia.org/2006/12/163795.shtml

Manipuliert Bertelsmann auch google?

Wiebke Priehn 19.06.2008 - 14:51
Ts, ts, ts, eben, als ich meinen Kommentar "Mehr über Bertelsmanns Medienmanipulation" einfügte, also um 13.32 Uhr, war dieser Artikel auf den google-Nachrichten zu Bertelsmann noch an erster Stelle ("Nach Relevanz") gerankt. Jetzt, eine gute Stunde später (14.47 Uhr) ist er plötzlich ganz bei google-News verschwunden... Immerhin eine Kopie der Linken Zeitung ist noch sichtbar.

Wurde bei google interveniert? Hat Bertelsmann Angst?

Gruner+Jahr veröffentlicht neue Zahl

Wiebke Priehn 19.06.2008 - 20:36
Inzwischen hat Gruner+Jahr auf der Unternehmenswebsite einen neuen Kaptital-Anteil am SPIEGEL-Verlag angegeben, der mit 25,25 Prozent, also einer Sperrminorität, beziffert ist. Dort heißt es:
"Neben diesen Auslandsaktivitäten ist Gruner + Jahr in Deutschland am Dresdner Druck- und Verlagshaus (60 %), der Motor-Presse Stuttgart (56,5 %), am SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG (25,25 %), und an der Hamburger Journalistenschule (95 %) beteiligt."
Die Seite findet sich unter  http://www.guj.de/index2.php4, "Unternehmerisches Denken und Handeln": "Daten und Fakten".

Auch dieser indymedia-Artikel findet sich wieder unter den google-News bei der Suchanfrage "Bertelsmann" auf der ersten Seite.

Die US-Connection von Reinhard Mohn

Ein Katzenfreund 23.06.2008 - 20:23
Im obeigen Kommentar wird Reinhard Mohn als netter greiser Mann dargestellt. Das ist bemerkenswert, denn wir kennen alle die Ergebnisse des Wirkens dieses netten Mannes und seiner Frau Liz. Zu Reinhard MOhn, der über die Bertelsmann Stiftung nach wie vor das Unternehmen kontrolliert, steht im Parteibuch Wiki folgendes:
Mein Parteibuch nahm am 07.04.2008 auf einem von "Sterling Seagrave" abgebenen Forenbeitrag wie folgt bezug: "Im Parteibuch war im Artikel “Zur Geschichte der Mediensteuerung” gestern zu lesen, dass ein “Sterling Seagrave” in einem Forumsbeitrag schrieb, der spätere CIA-Chef Bill Casey sei (im US-Geheimdienst) eine der Schlüsselfiguren bei der Akquisition von Medien nach dem zweiten Weltkrieg gewesen und ein junger Deutscher, der nach dem Krieg nach Deutschland geschickt wurde und Bertelsmann übernommen habe, sei einer seiner Schützlinge gewesen. Ein Schelm, wer nun denkt, Bertelsmann sei eine Tarnfirma der CIA und Reinhard Mohn ein CIA-Agent."
Für diesen Verdacht gibt es nur einen sehr vagen Hinweis. Dieser Verdacht muss also nicht stimmen, aber vielleicht mag der eine oder andere überprüfen, ob mit diesem Gedankengang andere Handlungen der Geschichte schlüssig erklärbar sind. Es git da erstaunliches zu entdecken. Reinhard Mohn war laut eigener Darstelleung in seiner Biografie in den USA in einem Offizierslager in Kriegsgefangenschaft. Es war die amerikanische Militärverwaltung, die nach dem Krieg dafür gesorgt hat, dass Reinhard Mohn die Führung von Bertelsmann übertragen bekam. Den Forenbeitrag von Sterling Seagrave gibt es hier. In dem Thread geht es um die von der US-Regierung zwischenzeitlich eingestandene Operation Mockingbird, mit der die CIA in den 60er Jahren mit einem Budget von mehr als 250 Mio Dollar jährlich Mediensteuerung im In- und Ausland betrieben hat. Die Operation Mockingbird mal zu googeln ist sicher in jedem Fall interessant. Wer dann noch weiß, welche Bedeutung Propaganda für Militärs hat und die geheimen Stay-Behind-Armeen der NATO kennt, der mag die Medien von Bertelsmann für psychologische Kriegsführung halten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Danke — .

@Danke — Wiebke Priehn

Danke! — superArtikel!