Freiburg: Utopie leben Part 3

Utopist@s von hier und dort 13.06.2008 00:21 Themen: Antirassismus Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
In der dritten Woche des Aktionsmonat Utopie leben fanden eine Fülle von Veanstaltungen zu den Themen: Flüchtlingspolitik, Widerstand im Nationalsozialismus, alternative Wohnformen und Mietkritik, verschiedene kreative Akionen sowie die Dreiländerdemonstration statt.

Montag 2.Juni





Die Inszenierung roter Teppich für die Unerwünschten nahm unangemeldet den Platz vor dem Bürgeramt für die Instalation eines Hindernisparkours in Anspruch. Der Weg über den roten Teppich wurde mit zahlreichen Hürden verstellt, die über jeweils eins der vielen Hindernisse auf dem Weg nach Europa und für ein würdiges und erfülltes Leben, informierten. Mithilfe dieser Aktion sollten die zahlreichen Repressionsformen gegen Flüchtlinge öffentlich sichtbar gemacht werden. Längst wurde in der Bundesrepublik Deutschland ein System der Entrechtung, der Bevormundung und der Angst gegen MigrantInnen , insbesondere aber g egen Asylsuchende, mit breiter gesellschaftlicher Toleranz etabliert. Ein System, das den Betroffenen das Recht auf die Bewegungsfreiheit nimmt, sie zwingt, in Lagern zu leben, mit Sachleistungen anstatt mit Geld versorgt, zu Zwangsarbeit verpflichtet, als Billigstarbeitskräfte dem Arbeitsmarkt zuführt und sie unschuldig monatelang in Abschiebegefägnisse einsperrt.


Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Wiederstand im Nationalsozialismus referierte Prof. Wolfram Wette über Zivilcourage, Rettungswiederstand aus Wehrmacht, Polizei und SS in der KFH Freiburg. Vor rund 100 Zuhörern stellte er die Möglichkeiten der Mitglieder der Repressionsorgane, verfolgten Juden aktiv zu helfen, dar. Die behandelten Schicksale reichten vom aktiven Wegsehen einer SS – Wache in einem Sammellager bis zum Umbau einer Wehrmachtsfarm zu einem Versteck für jüdische Menschen durch einen Offizier. Der weit häufigere passive Widerstand, etwa durch die Verweigerung der Teilnahme an Erschießungen, welcher im Gegensatz zu aktiven Handlungen gegen das unmenschliche Naziregime meist ohne Folgen blieb, kam ebenfalls zur Sprache.


Donnerstag 5.6.





Die Kulisse für das Improvisationtheater 'demokratisches Theater' - von allen, mit allen, für alle, um alles bot der vollbesetzte Augustinerplatz. Verschiedene Improvisationsgruppen waren eingeladen zusammen mit den Anwesenden spontan in andere Rollen zu schlüpfen. 100 Menschen haben gemeinsam den Augustinerplatz als und für großes Theater genutzt. Die Veranstaltung fand so großen Anklang, dass vereinbart wurde sie in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.


Am Abend gab es auf dem Wagenplatz der Schattenparker wiedereinmal die WagenheBAR mit Pizza ausm Steinofen, guter Musik und Bier. Gezeigt wurde diesesmal auch der Film We Feed the World von Erwin Wagenhofer. Nachdem er letzte Woche wegen sinnflutlicher Regengüsse abegsagt werden musste fand er diese Woche im Wohnzimmer der Bar endlich statt.

Freitag 6.6.




Die Gruppe zuviel Arbeit bot eine gutbesuchte Veranstaltung unter dem Titel Wohnen und Mieten an. Die Themen waren: Wohnen als Menschenrecht, kapitalistischer Wohnungmarkt, selbstverwaltete Wohmformen (Freiräume) und aktuelle Entwicklungen der Mietersituationen in Freiburg. Insgesamt musste festgestellt werden das der Wohnungmarkt für einkommenschwache Menschen weiterhin negativ ist. Die Möglichkeiten zu selbstbestimten freien Wohnformen werden immer weiter beschränkt, um so wichtiger ist es, im Wohnbereich neue Freiräume zu schaffen.


Samstag 7.6.





An diesem Wochenende lief die Dreiläderdemonstration (Indybericht über die Demo) über Freiburgs Straßen. Ein breites Bündnis aus rund 40 Initiativen unterstützen und beteiligten sich an Kundgebungen zu den Themen Asylrecht, Prekariat, Wohnungsnot und soziale Ausgrenzung. Die rund 350 Menschen zogen bunt, kreatriv, kraftvoll und vor allem laut durch die Freiburger Innenstadt. Im Anschluss begaben sich viele DemonstrantInnen unter den heissen Klängen der Freiburger Sambaband in Richtung des Stadtteils Grün. Hier versammlten sich mehr als 100 AktivistInnen auf einem Strassenfest um bei VoKü und Musik die Demo ausklingen zu lassen. Am Abend fand dann im Hof des Grethergeländes ein Fest des freien Radio Dreieckland statt..


Sonntag 8.Juni




2 AktivistInnen der Projektwerkstatt Saarsen veranstalteten im Cafe der KTS ein Workshop zurm Thema Beziehungen neu definieren. In einem lebhaften persönlich geführten Diskurs wurden polygame Beziehungen, Eifersucht, Freiheit und Liebe thematisiert. Dabei wurde deutlich, dass sich typische Schwierigkeiten der zweier Beziehung-Zweierbeziehung?- auch in polygamen Arrangements finden. Einigen TeilnehmerInnen wurde bewusst, dass multiple Beziehungen teilweise sogar höhere persönliche Anforderungen stellen können. Was unter anderem auch daran liegt, dass die meisten Menschen hinsichtlich Beziehungen über zu wenige erlernte Strategien und Lösungsmuster verfügen. Liebe und Freiheit bedingen einander! Dabei dürfen formulierte Bedurftnisse nicht aus Erwartungen entspringen.




Zur selben Zeit fand im Stadtgarten das Kinder und Familienfest statt. Rund 50 Kinder malten, sangen, hüpften, rutschten, liefen auf Stelzen oder spielten einfach nur mit den anwesenden AktivistInnen. Auch die Eltern saßen nicht einfach nur so am Rande. In einer Ausstellung wurden die Resultate des Kinder malen Ihre Utopie Projektes vorgestellt, was zu regen Diskusionen führte. Als dann am späten Nachmittag ein Gewitter sich über dem Stadtgarten abregnete, zog die gesammte Gesellschaft kurzerhand mit sämtlichen Spielen unter das Dach der Open-Air Theaterbühne und spielte einfach weiter.


Am späten Abend gaben die Die Erbsen der Prinzessin ein Sofakonzert im Café der KTS. Die drei Brüder und ihr Neuzuwachs aus Spanien spielten zwei Stunden lang feinsten Sofarock mit Perkussion, Trompete, Charango und Gitarre. Emsig wühlten sie sich durch eigenkomponiertes Liedgut, mit Texten, die einiges auf den Punkt bringen und durchaus auch den einen oder anderen Menschen zum Nachdenken angeregt haben sollten.




Bisher sind folgende Artikel über den Aktionsmonat Utopie leben erschienen:

Utopischer Aktionsmonat beginnt in Freiburg
Freiburg: Die ersten Tage der Utopien
Freiburg: Solicamp beim Flüchtlingswohnheim
Freiburg: Der 2. Akt von Utopie leben
Utopie-Aktionen in Freiburg
Freiburg: Dreiländerdemo


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Ergänzungen

Beziehungen neu definieren?

anders 13.06.2008 - 10:22
Hier ein paar Anmerkungen zu dem workshop "Beziehungen neu definieren":

Die ReferentInnen waren NICHT AUS SAASEN. Die Ankündigung im Vorfeld war falsch, wurde aber in der Vorstellungsrunde korrigiert.

Wenn sich überhaupt das Thema klar benennen lässt, ging es um POLYAMORY. UND NICHT POLYGAMY!! (Unterschiede z.B auf Wikipedia nachzulesen  http://de.wikipedia.org/wiki/Polyamory)

Meiner Meinung nach lassen sich auch keine generellen Ergebnisse dieses workshops festhalten, da es kein richtig und falsch gibt, bzw. auch in der Diskussion nicht gab! Außerdem die Ansichten, Erfahrungen etc. weit auseinander gingen.

Danke denoch für den Artikel.

Wie die Antifa einen Neonazi reinlegte

http://fudder.de 17.06.2008 - 20:07
In Freiburg gibt es keine Neonazi-Szene, so heißt es jedenfalls in einer Stellungnahme der Polizei gegenüber der BZ. Die Autonome Antifa hält dagegen: Zwar sei die Szene im Vergleich zu anderen Regionen überschaubar und schlecht organisiert, dennoch müsse den Anfängen gewehrt werden. Mit einigem Aufwand gelang es der Gruppierung Anfang des Jahres, einen potentiellen Neonazi in die Falle zu locken.

Per E-Mail nahm die Autonome Antifa unter falschem Namen Kontakt zu mehreren NPD-Sympathisanten in der Region auf. Als Ortsvorsteher Jens Bekel (Name von der Redaktion geändert) gab sie an, den Kreisverband Freiburg neu organisieren zu wollen, bot Infomaterial im Tausch von Postadressen – die auch bald bereitwillig eintrudelten – und regte Gedankenaustausch an.

Monatelang gelang es ihr so unter anderem, den Unternehmensberater Wolfgang G. aus einem Ort südlich von Freiburg zu täuschen und sein Vertrauen zu gewinnen – so weit, dass er in den mails bereitwillig seine Gesinnung offen legte und über die Probleme sprach, die dem Aufbau eines stabilen NPD-Verbandes in Freiburg entgegenstünden, wie etwa interne Grabenkämpfe oder auch das Vorgehen von Stadt und Gewerkschaften gegen Demonstrationen. Umso entscheidender sei es daher, so sein Fazit, den Kontakt der wenigen Übriggebliebenen bei regelmäßigen Veranstaltungen zu pflegen.

Der Plan der Antifa schien zu glücken. Mit Schmeicheleien zu Wolfgang G.s Artikeln in der „Jungen Freiheit“ und Beiträgen in der „germanischen Weltnetzgemeinschaft“ des Thiazi-Forums gelang es ihr, ihn zu einem Vortrag zum Thema „Heuschrecken-Kapitalismus – sind Arbeitslosigkeit und Verelendung ein unabänderliches Schicksal?“ zu bewegen. Ort der Veranstaltung sollte ein Lokal im elsässischen Fessenheim werden. Ortsvorsteher Bekel wolle sich selbst um Organisation und Einladungen kümmern.

Ergebnis der Täuschung: Wolfgang G. kam zum vereinbarten Termin mit voller Ausstattung, Beamer und Leinwand – und blieb alleine. Beim Wirt stieß er auf Unwissen. Mit dabei waren aber auch einige Späher der Antifa, die den Verwirrten fotografierten und die Fotos, ebenso wie den kompletten E-Mailverkehr, ins Netz stellten. Sinn der Aktion: „Neonazis aufdecken und nachhaltig verunsichern.“

Szene in Freiburg?

Zwar sind es nach Meinung der Autonomen Antifa nur einzelne Personen, die in und um Freiburg konkret den Aufbau faschistischer Strukturen anstreben – „zehn, vielleicht fünfzehn Leute“ –, dennoch müsse man bereits hier ansetzen, um ebensolche zu verhindern. Eine Neonazi-Szene gebe es in jedem Fall, nur sei sie vergleichsweise schlecht organisiert. Nachdem in der Vergangenheit bei öffentlich angekündigten Veranstaltungen Antifa-Leute mit Fotoapparaten aufgetaucht waren – durch die Presse ging zum Beispiel 2007 die Aktion anlässlich einer Versammlung im Zähringer Gasthaus „Türmle“ –, hätten sich faschistische Bestrebungen ins Konspirative verlagert.

In E-Mails werde von „Stigmatisierung“ durch die Antifa und ihre Veröffentlichungen gesprochen, Veranstaltungen würden nur noch intern bekannt gegeben. Um ihrem Ziel, der Bloßstellung von Neonazis, nachzukommen, musste die Autonome Antifa daher diesmal zur List greifen.

Der Aufwand war enorm: Über Wochen hinweg wurde in sorgfältig konstruierten E-Mails der Neonazi-Jargon kopiert und mit Insider-Informationen und typischen Formeln wie dem „prodeutschen Gruße“ garniert, um Wolfgang G. mit seiner Mission in die Öffentlichkeit zu locken. Inzwischen läuft er unter der Bezeichnung „Unternehmensnazi“ und ist damit bereits der dritte Rechte aus Freiburg und Umgebung, dem die Autonome Antifa die zweifelhafte Ehre eines Beinamens zuteil werden lässt. Auch die Aktionen um den „Mensanazi“ und den „Kliniknazi“ sind genauestens aufgeschlüsselt auf ihren Internetseiten nachzulesen.

Rechtslage

Rechtlich befindet sich die Gruppe damit nicht nur nahe am Rand der Legalität, sondern schrammt oft genug darüber hinaus: Neben Fotos, Namen und E-Mailverkehr werden sogar die Adressen der Beschuldigten online gestellt. Sowohl das Fotografieren von Personen als auch die anschließende Veröffentlichung auf der Website seien jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt – etwa bei Versammlungen oder Personen der Zeitgeschichte – und im Fall Wolfgang G. rechtswidrig, erklärt Phillip Brunst, Referatsleiter "Informationsrecht & Rechtsinformatik" am Max-Planck-Institut, der auf § 22KunstUrhG verweist.

Komplizierter wird es beim veröffentlichten E-Mail-Verkehr: Hier komme es zwar auf den Inhalt und die Gestaltung an, ob er als Schriftwerk geschützt sei. Selbst eine neutrale E-Mail-Korrespondenz sei jedoch bereits Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers: „Daher steht ihm in aller Regel die alleinige Befugnis zu, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.“

Unter anderem setzen hier zwei Urteile vom Bundesgerichtshof und vom Landgericht Köln klare Grenzen. Zwar lege letzteres eine Interessenabwägung nahe – Geheimhaltungs- versus Informationsinteresse –, im vorliegenden Fall könne jedoch besonders auch deswegen von einer Rechtswidrigkeit ausgegangen werden, da die E-Mails unter falschem Namen erschlichen wurden und Wolfgang G. sonst vermutlich gar nicht oder zumindest mit anderem Inhalt geantwortet hätte.

Auch der sogenannte „Mensanazi“ hat bereits Anklage gegen die Autonome Antifa erhoben. Die Gruppierung selbst ist sich der Problematik durchaus bewusst: „Als Linke setzen wir uns eigentlich für Persönlichkeitsrechte und Datenschutz ein. Es ist uns klar, dass wir diese verletzen, wenn wir Fotos und Namen ins Netz setzen. Dennoch versuchen wir, die Verhältnismäßigkeit im Auge zu behalten und die Relationen zu wahren. Wir geben vor allem zu den Nazis genaue Infos preis, die aktiv versuchen, eine faschistische Organisation aufzubauen.“

Daneben gebe es aber auch viele Mitläufer, die Hakenkreuze schmierten oder Aufkleber klebten. „Hier greifen wir eher zu direkten Aktionen, entfernen die Zeichen und versuchen auch, die Leute schon an der Tat zu hindern."

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