Streik in Berliner KiTas & Schulhorte

Autonome Anarchist_In 12.06.2008 18:40 Themen: Soziale Kämpfe
Heute am 12.06.2008 war der zweite Streik-Tag infolge bei den Süd-Östlichen Berliner Kindertages-Stätten (KiTas) und Schulhorten in Berlin Wedding nachdem gestern schon in Berlin Schöneberg von den Kolleg_Innen demonstriert wurde.
Die Südöstlichen Bezirke sind z.B. Neukölln, Treptow-Köpenick. Die aus Mitte waren auch dabei. Es sind im Wesentlichen die KiTas die noch nicht durch den Senat privatisiert wurden, die streiken! Viele Kolleg_Innen kennen sich von früheren Kindergärten (durch die Privatisierung und den damit verbundenen Überhang im öffentlichen Dienst vieler Kolleginnen kamen einige viel rum). Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen an Schulen sind ausschließlich Frauen. Der Anteil der männlichen Arbeiter in diesem sozialen Beruf lässt sich in Promille angeben. Es liegt wahrscheinlich auch sehr viel an den patriarchalen Rollenzuschreibungen das gerade in diesem Berufszweig im Sozialwesen ausschließlich Frauenberufe sind. Auf jeden Fall ist es auch mal angenehm zur Abwechslung auf solch einer von Frauen dominierten Streikdemo zu laufen als auf so manche Testosteron-Vergifteten Autonomen Demos wo ausser der militantem Rumgeposerei und dem vorherrschendem Mackerkult kaum politische Botschaften (ausserhalb von "Ich hau dir aufs Maul") transportiert werden.

Gut, die sozialdemokratischen Pfeiffen und Ratschen ersetzen freilich nicht die Politischen Losungen und Forderungen der Radikalen Linken, die sonst gerufen würden, aber die war ja auch nicht "organisatorisch" anwesend. Wenn auch vereinzelte Individuen von diversen Gruppen allein aus dem Grund da sind weil sie in der Branche arbeiten, so kann doch nicht behauptet werden, das irgendjemandes in diesen Kampf interveniert. Ausserdem wird bei solchen Streikdemos ungenügend nach aussen vermittelt worum es geht. Aber da viele Berliner_Innen jemandes kennen der Kinder hat kommt es dann doch bei ihnen an.

Mittlerweile gibt es einige Streikbrecher_Innen, die aus verschiedensten Gründen nicht mitstreiken. Mensch hört von so manchen Kolleg_Innen: "Die müssten ein Jahr lang kein Geld kriegen!". Es ist halt so einige wenige erkämpfen den Lohn, aber alle - auch die Verräter_Innen die nicht mitstreiken - haben ein Anrecht auf den erkämpften "Tariflohn".

Es bilden sich schon informelle Netzwerke unter den Kolleg_Innen. Früher war es wesentlich ob zu einer Aktion nur die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) oder die Ver.di aufrief, weil nur die Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft Streikgeld bekamen. Nun rufen halt immer beide Gewerkschaften auf und die Kolleg_Innen aus einem Betrieb trennen sich nur noch zum eintragen in die Streiklisten.

Warum gehts nicht so ab wie in Frankreich? Bei manchen fehlt sicherlich die Motivation. Bei den meisten ist es aber sichtlich die Demounerfahrenheit. Wenn demonstriert wird ist bei einigen wohl so als ob sie irgendwas krasses machen. Die Führungsschicht der Gewerkschaft teilt den Kolleg_Innen mit wann sie wo sein sollen. Dann wird irgendwohin ndemonstriert und am Endpunkt kann mensch sich in die Streiklisten eintragen, Ne Wurscht essen und n Kaffee trinken.

Mittlerweile durch die andauernden Demos und das Wiedertreffen von Kolleg_Innen, die sich schon Jahrelang nicht mehr gesehen hatten und ihre Abgrenzung zu den Lehrerern und den Streikbrechern in den eigenen Reihen geht natürlich eine Stärkung des kämpfenden Zusammenhalts- (und) Gemeinschaftsgefühls einher und der Solidarität untereinander.

Um 10 sind wohl die meisten mit der U-Bahn am Leopoldplatz (U9 und U6) angekommen. Von dort direkt zum Rathaus Wedding das an der Müllerstraße ist. 4 Six Packs waren wohl insgesamt da. Strategisch günstig ein Verteiler der "BüSo" der einige hundert "Anti-EU"-Zeitungen verteilte.

Es stach sofort ins Auge das die "Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG)" und die DGB Gewerkschaft "Gewerkschaft der Polizei (GdP)" auch zum Streik aufriefen. Klar sollte mensch hier erwähnen das "Mitarbeiter von staatlichen Repressionsorganen" nichts in der Arbeiter_Innen-Bewegung zu suchen haben. Syndikalistische Forderung muss daher bleiben: "Bullen Raus aus der Gewerkschaft!", "Keine Zusammenarbeit mit staatlichen Repressionsorganen!" und würde ich denken der DGB sei eine Arbeiter_Innenorganisation: "Bullen Raus ausm DGB". Offensichtlich sind Mitarbeiter des mittleren, höheren Dienstes, Feuerwehrleute und Ordnungsamt-Leute in DPolG und GdP.

Von den 3000 Demonstranten waren mindesten 1000 bis 1500 von diesen Organisationen. Die Erzieher_Innen halt GEW und Ver.di. Mir scheints, als würden die als reaktionäre Masse benutzt um die Erzieher_Innen im Zaum zu halten.

Wie auch immer. Vor dem Rathaus fanden kämpferische Reden statt. Als sich die Streikdemo dreiviertel Elf formierte und nach Süden in Richtung SPD-Zentrale flanierte wurde von der Bühne her "Wir streiken" von Ton Steine Scherben gespielt: "Maschinen stopp und raus aus der Fabrik! Wir werden kämpfen und uns, uns gehört die Fabrik!"

An der Spitze Fuhr ne Ver.di-Pritsche und die Demo-Spitze hielt vor der SPD-Zentrale (Gegenüber vom Arbeitsamt), aber nicht das irgendwelche Reden geschwungen worden wären. Ich schätze mal die Demo stnd da ne halbe Stunde einfach rum. Beide Fahrbahnen der Müllerstraße waren zwischen Reinickendorfer und Schulstraße gesperrt obwohl nur die Fahrbahn Richtung Süden Leute standen. Da stellten sich Leute der traditionell eher Rechten DPolG auf die Fahrbahn in Richtung Norden und blockierten sie "symbolisch", obwohl eh nur die ausparkenden Autos langfuhren... Ein Recht absurdes Bild halt!

Ick schätz mal viertel Zwölf ging die Demospitze in Richtung zur Reinickendorfer und wendete dort um dann wieder auf der Gegenfahrbahn in Richtung Norden zu gehen. Natürlich gab es dann das absurde Bild das Erzieher_Innen und DPolG und GdP-Anhänger einfach über den Mittelstreifen gingen und die meisten schon S+U Wedding auf die Gegenfahrbahn gingen. Keine Ahnung ob die DPolG vorher schon Streiklisten ausfüllte. Die warteten einfach ganz dreist auf Mittelstreifen bis die Demo wieder vorbeikam. Wahrscheinlich weil ab da die "Streiklisten" auslagen wuchs die Demo meines erachtens sogar auf 4.000 bis 5.000 an. Einfach um zu unterschreiben und nach Hause zu fahren.

Einige Erzieher_Innen gingen noch ans Büffee oder tranken Kaffee oder plauschten mit lange nicht gesehenen Kolleg_Innen. In Hintergrund rappte einer gegen "den scheiss Staat", "hebt den Mittelfinger gegen den Scheiss Staat" Yo! Anarchistischer Inhalt!!! Der Gewerkschaftsmensch bat den Rapper das er doch beim nächsten Mal auch wieder rappt...

Gegen 12 Uhr spukte es sich schnell aus. Das Wetter war wechselhaft, hat aber nicht geregnet!!!

Eine Autonome Linke, Radikale Linke, Kommunistische Splittergruppen usw usf war nicht wahrnehmbar, bzw. intervenierte nicht. Anarchistische Inhalte hingegen eher aus der Kulturellen Ecke die Selbstorganisation usw. besangen und den "Scheiss Staat" beschimpften war schon wahrnehmbar, die schwer einzuschätzende Frage ist natürlich inwieweit das bewusst wahrgenommen oder reflektiert wird oder ob es eher unterschwellig wirkt. Einerseits wird ein Bürokrat wohl denken: "Wenn es nicht bis ins kleinste Anweisungen und Verordnungen gibt, geht alles schief!" (Ganz einfach weil sich ein General keine Gesellschaft ohne Befehle vorstellen kann), Andererseits ist das für mich heute wiedermal der Beweis das "Lokalismus" (die Gewerkschaftliche dezentralistische Strömung, nicht Urbanismus), "Selbstorganisation", lockere "Vernetzung" und Selbstbestimmung klappt.
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Ergänzungen

Normale Menschen...

Dagewesener 12.06.2008 - 18:56
... kamen und fragten Erieher_Innen ob die drinnen im Bürgeramt streiken würden. Offensichtlich taten es nicht alle. Aber ist schon krass, das die Leute trotzdem Reingehen, auch wenn davor ne Streikdemo ist.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Cooler Bericht — auch Anarchist