Boesner Bosse Böse?

J. Hägglund 11.06.2008 18:34 Themen: Soziale Kämpfe
Protestaktionen vor Boesner-Fililaen in 5 Städten: Gegen die Verhinderung betrieblicher Interessensvertretung, gegen unbezahlte Mehrarbeit
Am vergangenen Samstag, den 7. Juni, kam es in 5 Städten (Köln, Frankfurt, Berlin, Wien und Graz) zu Protestaktionen vor Filialen der Künstlerbedarfskette Boesner. Es ging um die Verhinderung einer Betriebsratswahl im Januar 2008 in Köln und die Einführung der Samstagsarbeit am 7. Juni 2008 in der Kölner Filiale. Zwischen beiden Ereignissen besteht ein direkter Zusammenhang.

Aufgerufen hierzu hatte die IWW (Industrial Workers of the World) Köln, die in der Kölner Filiale eine Betriebsgruppe hat. An dem Protesttag beteiligten sich neben der IWW Gruppen und Mitglieder der FAU und der neugegründeten österreichischen Föderation der ArbeiterInnen-Syndikate (FAS).

Es wurden Flugblätter an die Kundschaft verteilt, Redebeiträge gehalten, lautstark und sichtbar auf die Behinderung und Einschüchterung aktiver und kritischer ArbeiterInnen durch die Geschäftsleitung bei Boesner Köln hingewiesen. Nicht wenige Kundinnen und Kunden fühlten sich angesprochen und solidarisierten sich mit den Protestierenden.


Betriebsratsgründung verhindert

In der Kölner Boesner-Filiale arbeiten ca. 25 abhängig Beschäftigte. Laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dürfen sie einen Betriebsrat mit drei Mitgliedern (und drei Stellvertretern) wählen. Als eine Gruppe von Angestellten Anfang 2008 von diesem demokratischen Recht Gebrauch machen wollte, führte sich die Geschäftsführerin und Gründerin der Kölner Filiale, Carmen Gieselmann, auf, als wollte man sie enteignen und ihr Privatvermögen in eine gemeinnützige Stiftung überführen.

Der Paragraph 119 des BetrVG stellt zwar jegliche Beeinflussung einer Betriebsratswahl unter Strafe. Das kümmerte Frau Gieselmann allerdings wenig. Sie setzte zwei außerordentliche Betriebsversammlungen nach Feierabend an, auf denen sie - flankiert von ihren Günstlingen - die Belegschaft mit Drohungen und rhetorischen Manövern in die Ecke trieb und unter Rechtfertigungsdruck setzte. Es gab im wörtlichen Sinne Geschrei und Geheule. Zudem wurden Beschäftigte in Einzelgesprächen unter Druck gesetzt. Die massive Einflussnahme verfehlte ihre Wirkung nicht. Der aktive Teil der Belegschaft zog die Betriebsratswahl entnervt zurück, nachdem eine zunächst sicher scheinende Mehrheit abschmolz.


Zur Strafe: Samstagsarbeit

Die Einführung der Samstagsarbeit ist nun die Quittung für die abgebrochene Betriebsratswahl. Zur Abdeckung des 6. Arbeitstages gibt es bislang keine Neueinstellungen oder Wochenendzuschläge. Vielmehr wird die Personaldecke an den einzelnen Tagen verkleinert, so dass z. B. an der Kasse fortan 4 Leute stehen, anstatt wie bisher 5. Der Arbeitsdruck, der zu Stoßzeiten schon erheblich ist, wird sich somit weiter steigern.

Die Boesner-Kette hat in Deutschland momentan ca. 24 Filialen. Nach unseren bisherigen Informationen gibt es lediglich in der Filiale Witten einen Betriebsrat. Warum ist das so? Über eine Holding versucht Boesner sein Business offenbar nach amerikanischen Vorbildern umzugestalten und weiter zu expandieren. So stoßen Pläne in der Belegschaft auf Ablehnung, nach dem Vorbild von Hamburger-Ketten und Baumärkten eine einheitliche Berufskleidung einzuführen, die aus selbstbewussten und individuell gekleideten Angestellten zum Verwechseln ähnliche durchgestylte Service-Sklaven machen soll. Betriebsräte sind vermutlich unerwünscht, weil sie die ungehemmte Expansion und beliebige Umgestaltung der Boesner-Kette bremsen könnten.
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Ergänzungen

Warum hat sie die Strafe nicht bekommen?

Beiträgs 12.06.2008 - 10:36
Wenn die Beeinflussung der Beschäftigten zur Verhinderung eines Betriebsrates unter Strafe steht, warum hat sie die Strafe nicht bekommen, das sie einfach so weiter machen kann?

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Höchstinteressant ... — wattndatt

@wattndatt — FAUista