Demo gegen Holocaustleugner in Radolfzell

Dain Bramage 08.06.2008 18:36 Themen: Antifa
Radolfzell – Am heutigen Sonntag fand in Radolfzell am Bodensee eine antifaschistische Spontandemonstration statt, an der sich 50 Personen beteiligten. Sie richtete sich gegen die für heute vorgesehene Naziveranstaltung in der Stadt.
Bernhard Schaub – Kein unbeschriebenes Blatt

Die NPD hatte eine Veranstaltung mit dem Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub geplant, der einen Vortrag mit dem Titel „Das Deutsche Reich. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ halten wollte. Schaub wohnte bis 2005 in Kreuzlingen, der Nachbarstadt von Konstanz an der Deutsch-Schweizer Grenze, heute lebt er in Dornach. In der internationalen Revisionistenszene ist er mitnichten ein Unbekannter. Seit Beginn der Neunziger veröffentlicht Schaub Schriften, die hauptsächlich die Leugnung des Holocaust, also der industriellen Massenvernichtung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden durch Nazideutschland, zum Thema haben. All seine Aktivitäten aufzuzählen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Nur soviel: Schaub war Vorsitzender der internationalen Neonaziorganisation mit dem zungenbrecherischen Namen „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV). Dieser gehörten u.a. Horst Mahler, Ernst Zündel und der „Nazibarde“ Frank Rennicke an. Das rechte Zentrum „Collegium Humanum“ zählte ihn ebenfalls zu seinen führenden Mitgliedern. Beide Organisationen wurden im Mai 2008 verboten. Darüber hinaus nahm Schaub 2006 an der „Holocaustleungerkonferenz“ in Teheran teil, die international für große Empörung sorgte. Mehr zu Schaub findet sich auf Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Schaub).

Den Nazis das Spiel verdorben

Der Veranstaltungspunkt war jedoch zunächst nicht bekannt. Die Neonazis hatten auf einem Parkplatz in Innenstadtnähe einen Schleusungspunkt angekündigt, von dem aus das Veranstaltungslokal angesteuert werden sollte. Dies war im Vorfeld durchgesickert und auf Indymedia öffentlich gemacht worden ( http://de.indymedia.org/2008/06/219075.shtml).
Die Stadt Radolfzell übte daraufhin wohl sanften Druck auf den Gastronomen aus, der den Faschisten seine Wirtschaft zur Verfügung stellen wollte . Letzterer nahm schließlich von diesem Vorhaben Abstand, so dass die Neonazis ohne Lokalität dastanden. Laut der Homepage des NPD-Kreisverbands Bodensee-Konstanz wurde die Veranstaltung „aus organisatorischen Gründen“ kurzfristig abgesagt.
Da es AntifaschistInnen jedoch für möglich hielten, dass sich hinter der Absage ein Täuschungsversuch verbergen könnte, zeigten sie am angekündigten Treffpunkt Präsenz.
Da sich aber auf jenem Parkplatz nur gewohnt „unauffällige“ ZivilpolizistInnen aufhielten, entschieden sich die Anwesenden dazu, eine Spontandemonstration durch die Innenstadt von Radolfzell durchzuführen.
Diese führte bis zum Startpunkt des Radolfzeller Altstadtlaufs. Ein Antifaschist hielt vor den wartenden BürgerInnen mit Hilfe eines Megafons eine kurze Rede (Text siehe unten) über den avisierten Vortrag des Holocaustleugners Schaub und die ehemalige SS-Kaserne in Radolfzell, die in der NS-Zeit als Außenlager des KZs Dachau gedient hatte.
Drei Neonazis versuchten, die Rede zu stören (siehe untenstehendes Foto). Er konnte jedoch mit verbalen Mitteln vertrieben werden. Nach der Rede bewegte sich der Demonstrationszug zurück zu seinem Ausgangspunkt am Milchwerk. Um Personenkontrollen durch die Polizei zu vermeiden, löste sich die Demonstration auf.

Fazit

Ein gelungenes Wochenende für die Antifa am Bodensee! Die Neonazis von der NPD konnten ihren geplanten Vortrag nicht durchführen und die anwesenden Antifas konnten durch eine kraftvolle Demo zeigen, dass in Radolfzell (und anderswo) kein Platz für faschistisches und antisemitisches Gedankengut ist.
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Ergänzungen

So überragend wars jetzt doch nicht...

megatherium 08.06.2008 - 22:53
(im Nachhinein) kommt die Einsicht, daß man sich nicht unbedingt am Messeplatz hätte treffen sollen. Klar, daß die Faschos so dort nicht auftauchen, hätten sich halt sonstwo gesammelt.
Eigentlich hatte ich gehofft, daß mehr Leute kommen und ihre Stimme erheben, auch wenn die Mobilisierungzeit denkbar knapp war.

In dem Artikel wird auf Bilder und Text verwiesen, der nicht genannt wird.
Die Rede griff im Wesentlichen dieses Flugblatt auf:
 http://www.attac-netzwerk.de/uploads/media/bs-1.pdf

Was mir an der Demo nicht so recht gefallen hat, ist, daß Parolen gerufen wurden, ala:
"Nie wieder Deutschland!"

Dieser Spruch paßt überhaupt nicht zum Thema, und führt in keiner Weise weiter, jeder zuschauende Bürger ist erstmal verschreckt, wenn nicht gar angewidert.
(Mir ist klar, daß wir Linken/Alternativen/Autonomen/Black-Blocks gerne den Bürgerschreck spieln, aber das schadet in dieser Situation dem Anliegen)


das schreibt der Südgeschmier dazu (sogar ziemlich zeitnah):


08.06.2008 16:16

Radolfzell
Neonazis bleiben zuhause
Vorsorglich wurden am Sonntag 60 Polizisten nach Radolfzell beordert. Im Internet gab es Hinweise auf ein Treffen von Neonazis.

Das Treffen der Neonazis sollte dem Zweck einer gemeinsamen Fahrt zu einer Veranstaltung in Windegg bei Zizenhausen dienen.

Kurzfristig wurde das Treffen dann aber abgesagt. In Radolfzell hatte sich die beabsichtigte Zusammenkunft der Rechtsradikalen schnell herumgesprochen, so dass es spontan zu einer Gegendemonstration kam. Nach Angaben der Polizei trafen sich am Sonntag gegen 14 Uhr etwa 50 Menschen auf dem Marktplatz zu einer etwa zehnminütigen Demonstration. Sie verlief ohne Zwischenfälle.

 http://www.suedkurier.de/region/teaser/radolfzell/art3813,3249100


wunderprächtigen Gruß

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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bla

megatherium 08.06.2008 - 23:09
hab den Link zur Rede nicht gesehn...