Antifaschistischer Alarm in Kiel

Victor Jalava 26.05.2008 13:07 Themen: Antifa
Am Samstag, dem 24. Mai, einen Tag vor den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, trafen sich gegen Mittag Antifaschistinnen und Antifaschisten allerlei Couleur vor dem Kieler Hauptbahnhof, um gegen die faschistische NPD und ihre „freien Kameraden“ zu demonstrieren. Besonders durch die Abschaffung der 5%-Hürde, sahen die FaschistInnen ihre Chancen gesteigert, mit ein paar Sitzen ins Kieler Rathaus einzuziehen.
Im Zuge ihres Wahlkampfes, der in bürgerlich-anpasslerischer Weise geführt wurde, zeigten die Nazis auch schon im Kleinen, was sie später Großes vorhaben: Anschläge auf linke Einrichtungen und Buchläden, ja sogar eine Kindertagesstätte blieb nicht verschont.

An die Folgen einer faschistischen Machtübernahme erinnerte auch das Grußwort eines Kieler Antifaschisten, der, 1928 geboren, solche Zustände vor 75 Jahren am eigenen Leibe erleben musste – wie der Vater verhaftet, „undeutsche“ Bücher verbrannt, der Nazi-Terror allumfassend wurde.

Zur Demonstration aufgerufen hatte der „Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus“, an dem VertreterInnen verschiedener antifaschistischer Gruppen und Gewerkschaften teilnehmen.

Dem Ruf folgten - nach Polizeizählungen - 1500 Menschen. Die politische Bandbreite der Teilnehmenden reichte von kommunistischen und anarchistischen Jugendgruppen über Migrantenorganisationen, ver.di und IG Metall bis zu den Jusos und den Grünen. Hinsichtlich der Mobilisierungsstärke einiger dieser Organisationen ist die erreichte Zahl von anderthalbtausend DemonstrantInnen sicher weniger beeindruckend. Dennoch war der „alerta antifascista“, die die Demonstration laut durch die Kieler Innenstadt trug, nicht aus dem Weg zu gehen.

Vom Bahnhofsvorplatz setzte sich der Zug in Bewegung und gelangte in einem Rundkurs in die Fußgängerzone, wo in der Nähe des Kieler Rathauses die Abschlusskundgebung stattfand. Auf den insgesamt vier Kundgebungen der Route wurde in den Redebeiträgen immer wieder der Ruf nach einem NPD-Verbot laut. Ein Redner der Gruppe Avanti nahm darauf Bezug und machte die Anwesenden darauf aufmerksam, dass Antifaschismus sich nicht in Appellen an den Staat erschöpft, sondern selbstständige, aktive politische Arbeit von Allen erfordert. Solidarität war das Stichwort, dass auch ein Vertreter von DIDF hervorhob, als er auf die gemeinsamen Interessen migrantischer wie nicht-migrantischer Lohnabhängigen hinwies.

Nach Ende der Abschlusskundgebung, um kurz nach 14 Uhr, gingen die AntifaschistInnen auseinander, viele mit einem kleinen Zettel in der Tasche und der Überzeugung, dass sie, sollte die NPD Tags darauf Ratssitze erringen, zu einer Spontandemonstration wieder zusammenkommen würden.

von Victor Jalava, Kiel
von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION ( http://www.revolution.de.com)

Bilder:  http://uste.myjalbum.net/Runder%20Tisch%202008-05-24/

Weitere Berichte:  http://de.indymedia.org/2008/05/218132.shtml
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Ergänzungen

sie rufen "revolution" - wer geht hin?

Sandy Krueger 26.05.2008 - 20:02
Extremismus von links? vielleicht ein wichtiges Korrektiv im politischen Spektrum... aber hier im Rahmen einer Bündnisdemo so auf den "bürgerlichen" rumhacken ist ja nun wirklich vollkommen blödsinnig. Meiner Meinung nach sollten sich einiger derer die meinen zu so einem Anlass vermummt auf die Straße gehen zu müssen und danach über die Teilnahme von etablierten Parteien und Gewerkschaften bzw deren Fahnen zu schimpfen, überlegen wer überhaupt bei ihrer Revolution mitmachen soll! Wenn ich nicht mehr fingerspitzengefühl entwickelt wie ihr mit euren Botschaften und Anliegen auf die breite Masse zugeht, werdet ihr weiterhin nur Unverständnis ernten. Die Zeiten von klassischen Revolutionen sind wirklich vorbei, da muss ich meinen Vorrednern recht geben, wenn ich auch meine das die aktuelle Lage nicht nach Veränderungen schreit. Die Individualisierung der Gesellschaft schreitet immer mehr vorran, politisches Engagement? "Dafür haben wir keine Zeit/Lust/bringt eh nichts. Schon in den 70ern hat die breite Masse kein Verständnis für militanten Widerstand gehabt aber das haben die Protagonisten auf der militanten (Widerstand) Seite damals schon nicht begriffen.
Also, statt zu überlegen wie ihr auf der nächsten Demo am besten euer Weltbild verbreitet und alles was es sonst gibt ausgrenzt, überlegt doch mal ob es nicht ein paar Botschafter der Antifa oder des "schawarzen Blocks" ohne Uniform mitlaufen, die auf die Menschen zugehen und nicht ein unangenehmes Gefühl bei den Passanten hervorrufen.
Sicherlich gibt es auch Situationen wo ich das Verhalten (Vermummung z.B) verstehen kann. In einer anderen Meldung auf dieser Plattform schlägt jemand vor, die schwarzen Pullover einfach vorsichtshalber im Rucksack mitzuführen.
Trotzdem, ich war begeistert von der Demo am Samstag, gerade weil sie so bunt war! So kann es doch weitergehen, natürlich nicht ohne kritische Auseinandersetzungen mit den Mitstreitern gegen die Nazis.

Redebeitrag von Avanti

Avanti – Projekt undogmatische Linke/Kiel 28.05.2008 - 12:15
Redebeitrag von Avanti – Projekt undogmatische Linke/Kiel auf der Demonstration am 24. Mai 2008 in Kiel

Wir begrüßen alle Kielerinnen und Kieler, Antifaschistinnen und Antifaschisten, Genossinnen und Genossen.

Seit 1997/1998 gibt es in Kiel der Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus, an dem wir uns von Anfang an beteiligt haben. Seit dem Versuch einer Demonstration am 30. Januar 1998 durch die NPD und die so genannten Freien Nationalisten, der an unserem gemeinsamen und massiven antifaschistischen Widerstand scheiterte, haben wir alle Demonstrationen und Kundgebungen der Nazis für diese zu einem Fiasko und für die antifaschistische Bewegung zu einem Erfolg gemacht.

In Kiel sehen wir, dass es praktisch keine Trennung zwischen NPD und dem so genannten Freien Widerstand, also den offen nazistisch auftretenden, militanten Neonazis gibt. Für die NPD verkündet beispielsweise der Parteichef Udo Voigt ein Bekenntnis zu Adolf Hitler als „großem Staatsmann“, er begrüßt die Militanten in seiner Partei und als Bündnispartner. In Schleswig-Holstein war noch vor wenigen Jahren der Landesverband der NPD vollständig in der Hand von Schlägern, Waffenhändlern und Hitlerverehrern. Für die NPD treten in Kiel zu dieser Kommunalwahl wegen Körperverletzung gegen Antifaschisten vorbestrafte Schläger neben spießbürgerlichen Parteimitgliedern an.

Während sich die NPD noch vor wenigen Jahren zumindest öffentlich von denjenigen abgegrenzt hat, die mit Überfällen und Brandanschlägen gegen ihre Gegner vorgehen, unterstützte die NPD Hamburg am 1. Mai das gewalttätige Vorgehen der Nazidemonstration gegen Journalisten und rechtfertigt dies auch im Nachhinein.

Die Naziszene hat eine Entwicklung hin zu einer politischen Bewegung gemacht. Sie erlebt zur Zeit eine Dynamik, in der ein neues Selbstvertrauen direkt in gemeinsame Gewalttätigkeiten mündet. Vorbei ist die Zeit, in der sich die Nazis aus Angst vor Demonstrationsverboten oder vor einem NPD-Verbot zumindest öffentlich eine gewisse Zurückhaltung auferlegt haben. Jetzt geht es der NPD darum, ihren seit langem geführten Kampf um die Straße auch offensiv und öffentlich zu führen.

Für den Kommunal-Wahlkampf in Kiel hat dieses Verhalten allerdings dazu geführt, dass praktisch keine normalen Wahlkampfaktionen der NPD möglich waren. Durch die massiven Angriffe und Attacken gegen fortschrittliche Projekte ist eine Stimmung entstanden, die für die NPD den Spielraum extrem eingeschränkt hat. Die Nazischläger hatten die aktiven Antifaschistinnen und Antifaschisten unterschätzt. Anstatt uns auf einen bloßen Schlagabtausch einzulassen, oder uns ängstlich zu verkriechen haben wir gemeinsam eine große Informationskampagne in Kiel durchgeführt. Die NPD hätte keine öffentliche Flugblattaktion oder ähnliches in Kiel durchführen können. So blieb es bei einigen frühmorgendlichen Flugblattaktionen an Schulen und einigen hundert heimlich in die Briefkästen geworfenen Flugblättern.

Einige Worte aber dennoch zu den antifaschistischen Aktivitäten:
Wir dürfen uns nicht allein darauf beschränken, Nazis und ihre Propaganda aus Gaarden zu vertreiben. Allein ein Blick auf die Kandidatenliste der NPD zeigt, dass im gesamten Stadtgebiet verteilt aktive Nazis leben und ihre Propaganda betreiben. Es muss also darum gehen, antifaschistische Aufklärung und Aktivitäten überall durchzusetzen.

Dazu müssen wir stärker als bisher auf allen gesellschaftlichen Ebenen Informationen verbreiten, Positionen vertreten und Stellung beziehen. Es reicht nicht, nach Verboten zu schreien oder das Problem an die Polizei und den Verfassungsschutz zu delegieren. Ein solches Vertrauen ist nicht gerechtfertigt. Die NPD könnte verboten sein, wenn die Bundes- und Landesregierungen bereit wären, ihre V-Leute aus der Partei zu ziehen.

Wir lernen hieraus: wir können diese Partei nur selbst bekämpfen. Wir müssen selbst dafür sorgen, dass Nazis nicht öffentlich auftreten können, dass sie ihre Propaganda nicht verteilen können, dass sie nicht unwidersprochen ihre Parolen verbreiten können, auch nicht auf dem Schulhof, an der Straßenecke oder in der Kneipe. Wir müssen also selbst dafür sorgen, dass Nazis kein ruhiges und ungestörtes Leben haben. Wir müssen dafür sorgen, dass eine Mehrheit der Menschen die Naziideologie als das begreift, was sie ist:

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen.

Deshalb ist es auch wichtig, dass nicht nur denjenigen entgegengetreten wird, die offen nazistische Propaganda betreiben, sondern auch solchen PolitikerInnen, die am Rechten Rand ihr Süppchen kochen. Wir bedanken uns daher ausdrücklich – und wer uns kennt, weiß, dass dies sehr selten vorkommt – bei Cathy Kietzer von der SPD und Lutz Oschmann von den Grünen, die mit dafür gesorgt haben, dass vor wenigen Wochen eine Veranstaltung des CDU-Direktkandidat für den Ravensberg und CDU-Listenplatz Nummer 11, Stefan Ehmke, abgesagt werden musste, die dieser als Regionalbeauftragter für Schleswig-Holstein der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ durchführen wollte. Eingeladen war der russische Faschist Daschitschew. Daschitschew arbeitet beispielsweise in der Kontinent Europa Stiftung mit Andreas Molau, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD Niedersachsen, zusammen. Die vielfältigen Aktivitäten der SWG unter dem CDU-Ratsherrn Ehmke müssen in der Zukunft genau beobachtet werden.

In diesem Sinne rufen wir alle Kielerinnen und Kieler auf:
- Erteilen Sie der NPD und anderen faschistischen, rassistischen und nationalistischen Gruppen eine klare Absage.
- Informieren Sie FreundInnen und KollegInnen über Aktivitäten und Ereignisse.
- Widersprechen Sie, wenn in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis rassistische Äußerungen fallen.
- Sprechen sie mit Ihren Kindern und deren Lehrerinnen und Lehrern über rechte Propaganda an der Schule.
- Seien Sie aufmerksam gegenüber rechten Provokationen und Gewalttätigkeiten.
- Informieren Sie uns über Beobachtungen, schreiten Sie wenn möglich ein. Die Erfahrungen der letzten Zeit zeigen, dass Neonazis von Angriffen absehen, wenn sie sich beobachtet fühlen, dass sie ihre Propaganda sein lassen, wenn ihnen öffentlicher Gegenwind ins Gesicht bläst.

Redebeitrag Bündnisdemo in Kiel, 24.05.2008

Autonome Antifa-Koordination Kiel 28.05.2008 - 21:35
Liebe Antifaschisten und Antifaschistinnen!
Liebe Kieler und Kielerinnen!

Wir sind hier heute auf der Straße, um dem Wahlkampf der faschistischen NPD eine angemessene Antwort entgegenzusetzen: Nämlich, dass wir ihrer Hetze auch dann keinen Raum gewähren, wenn sie versucht, sich im spießbürgerlichen und pseudosozialem Gewand zu präsentieren. Sollte morgen also tatsächlich eineR ihrer KandidatInnen in das Kieler Rathaus oder sonst wo in Schleswig-Holstein einziehen, so sei dieser Person gesagt, dass wir sie nicht in Ruhe lassen werden, bis sie voller Reue das Weite sucht. Wenn es für die NPD wirklich für einen Sitz reichen sollte, rufen wir zu diesem Zweck alle AntifaschistInnen trotz der letztwöchentlichen Drohungen von Polizeichef Tanck zu einer Spontandemo morgen Abend um 19.30 Uhr vom Kieler Bahnhof auf.

Einerseits haben wir uns als AntifaschistInnen in den letzten Wochen mit dem allerdings unerwartet unscheinbaren, offiziellen Wahlkampf der NPD auseinandersetzen müssen. Eine andere Sache, die für uns deutlich präsenter und weniger absehbar gewesen ist, ist das in jüngster Zeit für Kieler Verhältnisse ungewohnt offensive und vergleichsweise geplante Auftreten von Neonazis auf der Straße.

Auch wenn wir leider noch zu wenig das Gefühl haben, dass die Ereignisse der vergangenen Wochen wirklich im Stadtbewusstsein angekommen sind, dürften doch mittlerweile einige davon mitbekommen haben, dass es vermehrt zu Angriffen auf im weitesten Sinne linke Einrichtungen, zu größeren Ansammlungen von Nazis im Stadtbild und auch immer wieder zu faschistischen und rassistischen körperlichen Übergriffen gekommen ist. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Woche vom 16.-22. April, als Neonazis beinahe jede Nacht Scheiben im ganzen Stadtgebiet einwarfen. So z.B. bei der Arbeitsloseninitiative in Gaarden, beim Zapata-Buchladen, beim Kinderladen der Hansastr. 48 oder dem Wohnprojekt Dampfziegelei.

Parallel zu diesen sich häufenden Angriffen entwickelte sich ein Wohnhaus in der Gaardener Preetzer Str. kurzzeitig zu einem Sammelpunkt für dutzende Neonazis. In diesem Haus wohnten neben einigen Unbeteiligten, die beiden NPD-Kommunalwahlkandidaten Nils Hollm und Thomas Krüger. Das Haus war in Gaarden schon seit einiger Zeit als ein von Nazis bewohntes bekannt. Da ein solcher Umstand, erst recht in dem migrantisch und subkulturell geprägten Stadtteil Gaarden, eine dreiste Provokation für einen Großteil der AnwohnerInnen darstellt, kam es spätestens mit dem Bekanntwerden der Wahlkandidatur zu verschiedenen Aktionen gegen die beiden Nazis.

Dies veranlasste sie offensichtlich dazu, sich für das Wochenende um den 20.4., dem Geburtstag Adolf Hitlers, KameradInnen aus ganz Schleswig-Holstein einzuladen, um ihr Häuschen zu beschützen. In einem Akt der Selbstüberschätzung griff diese Nazi-Zusammenrottung von etwa 20 Personen dann auch am späten Abend des 18. April eine die Preetzer Straße passierende antifaschistische Spontandemo anlässlich der vorausgegangenen Angriffe gegen linke Läden an. Von deren entschlossener Gegenwehr schienen die Nazis allerdings dermaßen überrascht, dass sie sich nach nur kurzer Zeit hinter ihren Fenstern verbarrikadierten. Dieser ungewollte Rückzug der Nazis war der erste große Erfolg der Antifa gegen das Nazi-Haus mitten in Gaarden!

Von dem Abend scheinbar beeindruckt, mobilisierten Hollm und Krüger für die beiden folgenden Tage noch ein paar mehr Nazis zusammen. Diese konnten dann dank eines Großaufgebotes Polizei zwei Tage lang ungestört den Geburtstag Adolf Hitlers feiern und Reichsfahnen aus den Fenstern hängen. Auch als am Sonntag, 20. April erneut 250 AntifaschistInnen in Sichtweite demonstrierten.
Allerdings schien ihnen die Gesamtsituation wohl doch zu heikel zu werden, weshalb sowohl Krüger als auch Hollm in den folgenden Tagen aus dem Haus auszogen. Die Gefahr eines Nazizentrums mitten in Gaarden wurde somit durch spontane und entschlossene antifaschistische Intervention schon im Keim erstickt.

Auch wenn dieser Erfolg zumindest in Gaarden für etwas Entspannung sorgte, müssen wir aus diesen heißen Tagen die Erkenntnis ziehen, dass es nach einigen Jahren relativer Stille wieder einen festeren Kern von aktionistischen Neonazis neben der miefigen NPD gibt. Dementsprechend kam es auch noch nach der vorläufigen Hochphase im April immer wieder zu Naziansammlungen und Übergriffen in ganz Kiel. Dafür gibt vor allem zwei Ursachen: Ein bundesweiter Trend der Neonaziszene zu einem offensiven Auftreten, der seit dem 1. Mai in Hamburg sogar in den bürgerlichen Medien Beachtung findet, ist seit einigen Monaten auch in Kiel angekommen: Die selbsternannten „autonomen“ Nationalisten. Diese versuchen sich in Praxis, Kleidung und Habitus an linken Autonomen zu orientieren und so ihre widerliche, rückschrittliche nationalsozialistische Ideologie in einem modernen Gewand zu verbreiten. Dies begann in Kiel vor einiger Zeit mit zahlreich und nach festen Routen verklebten Naziaufklebern und ist derzeit bei der nächtlichen Angriffsserie auf linke Läden angekommen. Diese deutliche Erhöhung des Aktionsniveaus erklärt sich auch durch die Rolle des langjährigen Nazikader Peter Borchert. Dieser ist nach seinem letzten Knastaufenthalt Anfang des Jahres wieder in Kiel aufgetaucht. Um ihn scheint sich derzeit der Klüngel autonomer Nazis zu organisieren und mit ihm einen erfahrenen Organisator gefunden zu haben.

Wir müssen uns als AntifaschistInnen also darauf einstellen, dass die Nazis trotz ihrer erneuten Schlappen in Kiel weiter versuchen werden, diesen Ansatz weiterzuentwickeln und vor allem auf der Straße aktiv zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sich ebenfalls im letzten Monat auch wieder etwas in der subkulturellen Nazimusikszene bewegt. So fanden im BAM im Kieler Rotlichtviertel am 12. April und am 17. Mai zwei Konzerte mit rechten Bands und entsprechendem Publikum statt. Auch hier gilt es, die Entwicklungen genauestens zu verfolgen und ihnen entgegenzuwirken.

Kieler Polizei und Staatsanwaltschaft versuchten zunächst erfolgreich, die politischen Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und Nazis auf den Straßen Kiels und die Angriffe auf linke Läden als unpolitischen Bandenkrieg zu verharmlosen und totzuschweigen. Dies bestärkt uns mal wieder in unserer Überzeugung, dass der Staat und seine Organe vielleicht ein Interesse an oberflächlicher Ruhe und Ordnung, nicht aber an der Bekämpfung der Nazis hat. Unsere Konsequenz daraus muss lauten: Festigen wir unsere eigene Stärke im Zurückdrängen der Nazis! Entwickeln wir unsere spontane Energie der letzten Wochen weiter, die sich z.B. vor drei Wochen mit der großen Beteiligung an der Antifa-Demo in Gaarden oder anhand der vielen kleinen gelaufenen Aktionen offenbart hat, um den Nazis auch gerade wegen der neuen Herausforderungen weiterhin das Leben zu erschweren. Sei es, indem wir ihre Propaganda aus dem Stadtbild entfernen, indem wir ihre öffentlichen Versammlungen stören oder indem wir sie mit antifaschistischer Kreativität immer wieder in ihrem Alltag nerven.

In disem Sinne: Wehrt Euch gegen den Nazi-Aktivismus in Kiel - auf Euren Ebenen, mit Euren Mitteln!
Bleibt aktiv und organisiert Euch gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus - nicht nur im Nazigewand, nicht nur im Wahlkampf!
Keinen Millimeter den Nazis. Niemals und nirgendwo!

Und jetzt noch kurz etwas in eigener Sache: Natürlich dürfen wir beim antifaschistischen Kampf, wenn wir es ernst meinen, unseren Fokus nicht ausschließlich auf die neonazistischen RassistInnen, NationalistInnen, AntisemitInnen und MilitaristInnen legen. Wir müssen überall dort aktiv werden, wo den Nazis aus der so genannten Mitte der Gesellschaft heraus, ein hervorragender Nährboden geschaffen wird.
Aus diesem Grund finden wir es auch äußerst unerfreulich, dass die grüne Kriegstreiberin Angelika Beer mal wieder eine unserer Demos benutzt, um sich um ihr zu Recht abhanden gekommenes linkes Image zurück zu bemühen. Denn wir erinnern uns: Sie war eine der Speerspitzen der rot-grünen Kriegsparteien, die unter dem Deckmantel eines vermeintlichen Antifaschismus und der NS verharmlosenden Lüge von einem neuen Auschwitz im Kosovo, deutschem Großmachstreben wieder zur politischen Normalität verholfen hat! Sie ist mit dafür verantwortlich, dass 1999 mit dem Angriff auf Jugoslawien erstmals seit der Befreiung vom Nationalsozialismus, wieder deutsche Soldaten an einem Angriffskrieg beteiligt waren! Sie hat damit mehr zum gesellschaftlichen Rechtsruck in der BRD beigetragen, als es die Neonazis der NPD wahrscheinlich jemals tun werden.
Wer ernsthaft Lehren aus dem deutschen Faschismus gezogen hat, kann dagegen in dieser Hinsicht nur eines fordern: Die sofortige und totale Wiederentwaffnung Deutschlands!

Aber glücklicherweise sind heute ja außer Frau Beer noch massenhaft andere Menschen auf der Straße, die uns zuversichtlich stimmen, dass wir gemeinsam und solidarisch den Kampf gegen die Nazis und die ganze andere Scheiße in Kiel und anderswo erfolgreich weiterführen können und dabei nicht auf grüne Militaristinnen angewiesen sind. Genug der Worte:
Auf eine stimmungsvolle antifaschistische Demo durch die Kieler City!

Polizeipresse

Kieler 29.05.2008 - 13:57
so, noch ein kleiner Nachtrag zum Wahlabend aus der Polizeipresse:
"POL-KI: 080525.3 Kiel: Friedlicher Wahlabend in der Landeshauptstadt
Kiel (ots) - Der Ablauf der Kommunalwahl sowie der Abend sind aus Sicht der Polizei Kiel ruhig und ohne besondere Zwischenfälle verlaufen.

Um 19.30 Uhr haben sich etwa 60 Personen aus dem linken Spektrum auf dem Bahnhofsvorplatz eingefunden. Annähernd 30 Personen aus dieser Gruppe begaben sich zum Rathausplatz. Nach kurzer Verweildauer ohne jegliche Kundgebung verließen die Personen in Einzelgruppen den Platz, es kam anschließend zu keinen weiteren Ansammlungen.

Im Vorfeld des Wahlabends hat die Polizei zwei Personen des rechten Spektrums aus Gefahrenabwehrenden Gründen in Gewahrsam genommen. Straftaten im Zusammenhang mit der Wahl sind der Kieler Polizei bisher nicht gemeldet worden."

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Kommentar zu den Kommentaren — Sonderburger

Vermummen, Kritik und Bunte Demo — Hamburg City Man

@Hamburger City Man — sandankoro

@ Hamburg City Man — Sandy Krueger

unsere stadt? — ugaga