Freiburg: Solicamp beim Flüchtlingswohnheim

Utopist@s von hier und dort 25.05.2008 21:40 Themen: Antirassismus Freiräume Kultur
Vom 23.5. bis zum 25.5. 08 fand in der Bissierstr. in Freiburg ein Solidaritätscamp mit den BewohnerInnen des dortigen Flüchtlingswohnheims statt. Auf dem Programm standen neben gemeinsam gekochten Malzeiten, Fussball, Tanz, Umsonstladen, Strassentheater und gemütlichen Beisammensein auch Vorträge und Workshops.
Im Rahmen des Aktionsmonats Utopie leben fand ein dreitägiges Soldaritätscamp statt. Es gab Volxküche, Umsonstladen für die Bewohner, Musik, Tanz, Spiele und Fußball, Jonglage und Kleinkunst sorgten für Kurzweil und die Dunkelheit wurde durch Feuerkünstler erhellt.



Nicht überraschend, waren es zunächst die Kinder, die die Hemmschwelle zu den bunten, fremden Gestalten überwanden. Nach und nach gesellten sich einge Männer und schließlich vereinzelt auch Frauen dazu.
Nachdem der Freitagabend mit entspanntem Feiern noch einige junge BewohnerInnen angezogen hatte, war am Samstag der Kontakt schon viel einfacher. Bei Spiel und Spaß entwickelten sich vielfältige Interaktionen, es konnten Informationen und Hintergründe ausgetauscht werden. Ein Straßentheater und ein Fußballspiel brachten weitere Abwechslung.
Großes Interesse wurde auch dem Umsonstladen entgegengebracht, zahlreiche Kleidungsstücke fanden neue NutzerInnen und die ungewohnte Umsonst-Ökonomie machte interessante und ungewohnte Erfahrungen möglich. Am Freitag hatte die Volxküche noch im Autonomen Zentrum KTS gekocht, am Samstag wurde sie in das Camp verlegt. Dadurch ergab sich die Gelegenheit, dass Flüchtlinge und AktivistInnen gemeinsam an den Vorbereitungen für die vielfältigen Speisen teilnehmen konnten. Einige der Anwesendenden steuerten spontan selbst gemachten Couscous und weitere internationale Gerichte bei.
Bei der Zubereitung und dem gemeinsamen Essen ergab sich ein guter Austausch, danach wurden im großen Zelt Filme zu Flüchtlingsthemen und dem Utopie-Monat gezeigt.




Der Sonntag startete mit einem langen, gemeinsamen Brunch, anschließend begannen allmählich die Abbauarbeiten.

Ziel der Aktion war, Solidarität mit den Flüchtlingen zu bekunden, auf sie zuzugehen und auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Dabei wollten wir den Flüchtlingsalltag für eine kurze Zeit durchbrechen, indem wir gemeinsam Zeit verbringen, zusammen essen, Erfahrungen austauschen, Musik machen und zusammen feiern und, wenn auch nur für kurze Zeit, bei ihnen leben. Dadurch hatten die AktivistInnen und BesucherInnen Gelegenheit, die Lebensbedingungen der BewohnerInnen genauer kennenzulernen und die Schwierigkeiten ihres täglichen Lebens zu erfahren. Negativ beeindruckte die drangvolle Enge der Unterkünfte, bis zu 4 Personen müssen sich ein Zimmer teilen und es stehen teilweise nur 4,5 qm Wohnfläche pro Bewohner zur Verfügung.


Insgesamt konnte mit zahlreichen Flüchtlingen guter Kontakt hergestellt werden. Es fiel auf, daß der Austausch mit den Frauen schwieriger war und auch nicht alle Flüchtlinge ihre Distanz aufgeben konnten oder wollten. Im Vorfeld hatten Gespräche der Aktion Bleiberecht mit einigen BewohnerInnen stattgefunden, um die Ziele der Aktion zu vermitteln, was jedoch nicht alle Flüchtlinge erreichte. Daher versuchten auch während des Camps BewohnerInnen durch direktes Gespräch den Sinn des Geschehens zu erfahren. So konnten die Beweggründe der AktivistInnen nochmal besser erläutert werden.



Bei solchen Projekten ist jedoch in jedem Fall die freie Entscheidung der Menschen zu respektieren, die sich möglicherweise von dem Ablauf überfordert fühlen oder aus welchen Gründen auch immer nicht beteiligen können oder wollen.

Eine Begegnung unterschiedlicher Kulturen erfordert nunmal Zeit, um sich gegenseitig kennenzulernen, sodass Ängste und Irritationen abgebaut werden können. Daher ist es sehr erfreulich, dass die Flüchtlinge am Sonntag selbst die Wiederholung eines solchen Camps vorschlugen und sich hinsichtlich der Gestaltung das nächste Mal aktiver beteiligen wollen. Zur Vertiefung des Kontakts wird das nächste Plenum von Aktion Bleiberecht bei der Flüchtlingsunterkunft stattfinden.



No border, no nation - stop deportation - freedom of movement is everybody's right !








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Ergänzungen

Dezentraler Aktions-Tag ohne Abschiebungen

no border no nation no prison 26.05.2008 - 09:27

Am 30.08.08 wollen wir gemeinsam stören, blockieren, verhindern - gegen Abschiebesystem und Migrationskontrolle, für das Recht auf Bewegungsfreiheit!

Wir haben die Diskussion um einen bundesweiten, dezentralen Aktionstag am 30.08.2008 angestoßen und haben auf den bisherigen Vorbereitungstreffen zum großen Teil Zustimmung erhalten. Auf einige Kritikpunkte wollen wir an dieser Stelle eingehen. Anschließend skizzieren wir die weitere Planung.

* Kritisch angemerkt wurde, dass es sich um einen Tag ohne Abschiebungen handelt, und danach geht alles so weiter wie bisher. Dazu zwei Anmerkungen: zum einen ist die Zielrichtung unseres Aktionstages die, dass alltäglich geführte Kämpfe um Bleiberecht an einem Tag gebündelt werden sollen, um sie sichtbarer zu machen und damit Kraft auch über den Tag hinaus freizusetzen. Und zum zweiten: na gut, es ist nur ein Tag, aber stellt euch vor, es gelingt uns tatsächlich, an diesem Tag alle Abschiebungen zu verhindern - wann wäre das zuvor passiert und welche Wirkung hätte das?
* Mehrere Menschen kritisierten, dass der 30. August ja ein Samstag ist, an dem eh so gut wie keine Abschiebungen stattfinden würden. Warum wir dieses Datum gewählt haben, haben wir bereits begründet. Die Frage Wochentag oder Samstag ist nicht befriedigend zu beantworten, da wir eine Vielzahl an unterschiedlichen Aktionsformen ermöglichen wollen - vom Besuch von Ausländerbehörden bis zur Demo. Darum sehen wir das Datum nicht so eng, es können (und werden) durchaus Aktionen in der Woche vor dem 30.08. stattfinden, die sich auf den Aktionstag beziehen. Wichtig ist, dass nachher der Zusammenhang hergestellt wird (beispielsweise auf einer Bundespressekonferenz).
* Zuletzt wurde angeregt, den Aktionstag nach hinten zu verschieben, da er sonst zeitlich zu nah am AntiRa-Camp in Hamburg liegt. Darüber haben wir lange diskutiert, nachdem jedoch in der Zwischenzeit Rückmeldungen über geplante Aktionen kamen und die Vorbereitungen vielerorts schon laufen, haben wir das wieder verworfen. Trotz anderslautender Spekulationen ist wohl genügend Potential für die Vorbereitung und Mobilisierung zum Camp und Aktionstag vorhanden. Wir sehen in unserer Aktion keine Konkurenzveranstaltung zum Hamburger Camp und werden natürlich auch dort hin mobilisieren!

Wie gehts weiter?

Wir arbeiten daran, dass wir in Kürze Plakate zur Verfügung stellen können. Diese werden wir so gestalten, dass der Hinweis auf die jeweilige Aktion vor Ort aufgeklebt werden kann.

Ein Aufrufvorschlag wird demnächst verschicket mit der Bitte, diesen zu unterzeichnen.

Wir suchen noch Ideen (und Menschen, die diese Ideen umsetzen) zur Präsentation des Aktionstages in den Medien. Die Idee einer Bundespressekonferenz habe ich schon genannt, eine Internetseite ist in Arbeit, darüber hinaus gibt es bestimmt noch weitere Möglichkeiten!?

Außerdem brauchen wir Dich, um in Deiner Stadt oder Region ein Vorbereitungsbündnis zu bilden, das Aktionen plant. Bitte teilt uns die Ergebnisse mit, gerne auch pgp-verschlüsselt.

Geplant sind bislang Proteste und Aktionen in folgenden Städten (und das ist nur der Anfang!):

Bielefeld, Büren, Düsseldorf, Bonn, Rendsburg, Neuss, Wien… (?)

Am Freitag, den 30. Mai um 18 Uhr findet in Wien in der Medienwerkstatt im EKH, Wielandgasse 2-4 (U1 Keplerplatz) ein erstes regionales Vorbereitungstreffen statt.

Zum Stand der Dinge in Büren

In Büren planen wir eine Nachtdemo vor dem Knast mit viel Kulturprogramm, Redebeiträgen, Musik und Workshops vom 29. auf den 30. August 08. Hast Du Lust Dich einzubringen, Ideen für einen Workshop, eine gute Band an der Hand? Einfach mailen!

das schreibt die bürgerliche Presse

copy-paste 26.05.2008 - 18:36
Vier Zelte und eine kleine Utopie


Utopie-Monat: Die "Aktion Bleiberecht" errichtete ein Solidaritätscamp am Flüchtlingswohnheim an der Bissierstraße


Von unserer Mitarbeiterin Anja Bochtler


Die vier Zelte stehen für ein bisschen Hoffnung. Denn: "In der Gesellschaft fehlt das Bewusstsein für unsere Situation" , sagt ein junger Mann aus Nigeria. Als am Freitag die überwiegend jungen Leute rund um die "Aktion Bleiberecht" vor der Flüchtlingsunterkunft mit dem Aufbauen ihrer Zelte begannen, fand er das gut. Das "Solidaritätscamp" an der Bissierstraße am Wochenende wollte Öffentlichkeit schaffen, passend zum derzeitigen Aktionsmonat "Die Utopie leben" .


Es tröpfelt. Die Kinder aus der Flüchtlingsunterkunft stört das nicht. Sie rennen mit den Campern auf dem Fußballplatz dem Ball hinterher. Zwischen den Zelten stehen große Schüsseln mit Gemüse. "Hier gibt’s Gespräche, Lachen, nette Menschen und Essen. Alles umsonst!" , sagt ein Mann aus dem Libanon und schüttelt etwas ungläubig den Kopf. So sehen Utopien aus. Auch wenn es eine kleine ist, zu der kaum jemand stößt außer den Bewohnern und den rund 50 Utopisten, die alles vorbereitet haben.


Eine Öffentlichkeit im weiteren Sinn entsteht nicht vor der Flüchtlingsunterkunft, die als einzigen Nachbarn das neue Gebäude des am Wochenende menschenleeren Regierungspräsidiums hat. Macht nichts, sagt der Mann aus dem Libanon, der in einem Kreis mit anderen Männern steht. Sie kommen aus Pakistan, Syrien, dem Irak. Die Zelte bringen Abwechslung in einen einförmigen Alltag, den der Mann aus Nigeria mit Resignation beschreibt: "Wir essen und schlafen die ganze Zeit." Früher hat er Medizin studiert, jetzt liegt alles brach, seine Intelligenz, sein Wissen. Arbeiten? Verboten. Den Landkreis verlassen? Verboten. Es ist ein Leben auf viereinhalb Quadratmetern Wohnfläche pro Person und der dauernden Angst, dass die Polizei zur Abschiebung kommt. Die Probleme sind seit Jahren dieselben, ändern tut sich nichts. Nur die Menschen wechseln. Der Mann aus Nigeria ist einer der Neuesten. Er will anonym bleiben, bloß nicht auffallen. Seit einem Jahr ist er hier, es war ein langes Jahr.


Azad Jamil aus Syrien ist das Warten schon drei Mal so lang gewohnt. Seine Frau lebt auch hier, doch bei den Utopie-Campern taucht sie nicht auf. Nur Männer und Kinder kommen, reden, essen, spielen Fußball. Wo sind die Frauen? Rosette Jamil bleibt lieber in der Enge der zwei Zimmer in der Unterkunft, die sie mit ihrem Mann und drei kleinen Kindern teilt. Sie ist psychisch traumatisiert, hat oft Angst und zieht sich zurück. Deswegen hoffen die Jamils, dass sie bald aus der belastenden Flüchtlingsunterkunft in eine "normale" Wohnung ziehen können. Doch bis über ihren Antrag entschieden wird, kann viel Zeit vergehen. Der Flüchtlingsalltag ist weit weg von jeder Utopie.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Super — Antiracist

SUUUUUUUUPI! — mensch

Artikel der BZ vom 26.05.2008 — utopie.ergänzer