Schliersee: neonazistische Geheim-Mobilisierung

X 21.05.2008 11:45
Der bekannte Rechtsextremismus-Experte und Fachjournalist Robert Andreasch hat einen Text über die geheime Mobilisierung zum Nazi-Gedenken in Schliersee verfasst. Aufruf an Antifaschisten: Den Nazis keine Ruhe gönnen!
"Deutschland, Deutschland über alles!" Jahrelang hatte eine nationalistisch-militaristische Gruselshow auf dem Weinberg in Schliersee Alt- und Neonazis aus Deutschland und Österreich angezogen. Die mit der NPD sympathisierende "Kameradschaft Freikorps und Bund Oberland" und Aktivisten Münchner Oberschlesiergruppen hatten jährlich zur "Gedenkfeier" an das "Freikorps Oberland" aufgerufen.

Eine nationalsozialistische Tradition, die bereits die Alliierten 1945 durch das Sprengen des Schlierseer Freikorps-Denkmal zu unterbinden suchten. Ein breites Bündnis von AntifaschistInnen, GewerkschafterInnen und LokalpolitikerInnen wehrte sich in den letzten Jahren gegen die braunen Umtriebe - und die antifaschistischen Proteste in Schliersee waren durchaus erfolgreich: Mit bundesweiter Öffentlichkeitsarbeit, mehreren kritischen Beiträgen im BR-Fernsehen, vielen Diskussionen und Aktionen vor Ort und nicht zuletzt mit einer größeren antifaschistischen Mobilisierung im Jahr 2007 konnte ein Ende der Gedenkfeiern auf dem Weinberg in Schliersee durchgesetzt werden. Die Münchner Oberschlesier verzichten angesichts der Proteste lieber auf eine Mobilisierung nach Schliersee. Und die "Kameradschaft Freikorps und Bund Oberland" organisiert nun auch für dieses Jahr keine Gedenkfeier mehr.

"Oberland ruft!"
Helle Aufregung im neonazistischen Lager war die Folge. In den letzten Wochen traten nun neonazistische Aktivisten aus dem Bundesgebiet zusammen, um überregional doch noch in den oberbayerischen Ort zu mobilisieren. Als "Traditionskompagnie Oberland" und durch die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) wird nun bundesweit zu einem Aktionswochenende nach Schliersee aufgerufen: "Oberland ruft!" Geheimhaltung ist dabei das oberste Prinzip: Das "Gemeinschafts- und Wanderwochenende in Schliersee" am 31. Mai und 1. Juni 2008 dürfe auf keinen Fall im Internet und anderswo öffentlich angekündigt werden, man hoffe aber auf eine"starke Beteiligung". Zu den Verteilern des Aufrufs gehört auch Andreas "Anderl" Thierry, stellvertretender Landesvorsitzender der NPD in Baden-Württemberg und Mitbetreiber des neonazistischen Verlags "Volk in Bewegung" (Rosenberg-Hohenberg). "Einigen wenigen jungen Mitstreitern", so heißt es im persönlich weitergegebenen neonazistischen Aufruf, sei es schon "im Vorjahr gelungen, dem Geschrei angereister bolschewistischer Großstadtkinder Einhalt zu gebieten". "Entschlossen" wolle man "für die Ehre des Freikorps Oberland" eintreten, versuchen die Veranstalter Stimmung zu machen.

Auf dem Programm des "Gemeinschaftswochenendes" stehen eine Bergwanderung und Referate zum Freikorps Oberland, ein geselliges Beisammensein am Abend des 31. Mai und am 1. Juni 2008 ein Marsch mit Gedenkfeier an der Kapelle auf dem Weinberg, einem Hügel im Ortsinneren von Schliersee.

Nicht überall in der Szene wird der konspirativ verteilte Text jedoch auf Gegenliebe stoßen, vor allem ist Ärger mit den KameradschaftsaktivistInnen der Region durchaus zu erwarten. Schließlich endet der neonazistische Aufruf mit der Aufforderung an die "Kameraden" nach "zünftigem Auftreten": "Mit Markennamen oder Sprüchen bedruckte Kleidung, Spiegelbrillen, Jeans, Turnschuhe oder sonstiger neumodischer Kram sind unerwünscht!"
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Ergänzungen

31.5.

Versammlungsgesetz 21.05.2008 - 15:15
Damit das nicht vergessen wird, am 31.5. ist auch um 14:00 in München die Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz, in diesem Zusammenhang möchte ich noch mal auf die Funktion der Nazis hinweisen emanzipatorische linke Bewegungen zu behindern wo sie nur können. Das Versammlungsgesetz (und in dem Zusammenhang der Gesammtestaatsumbau) ist wesentlich wichtiger als 20 Nazis in Trachten. Außerdem, wer doch nur in Schliersee Nazis jagen will, der soll doch bitte eine Nacht in München bleiben und dann fährt mensch gemeinsam am Sonntag runter oder sowas, nur nicht von den Nazis spalten lassen!

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Vorredner — rush