Nazis in Magdeburg - heute - 2008

kritischer Beobachter 13.05.2008 14:29 Themen: Antifa
Eine sehr kurz gefasste Zusammenfassung über Nazis und Rechtsradikale und die Situation des Widerstands in Magdeburg, speziell im Zeitraum 2008, also in der Gegenwart.
Damals schon gab es die sogenannten Himmelfahrtskrawalle in Magdeburg sowie auch Übergriffe von Rechtsextremen auf z.B. Thorsten Lamprecht oder auch Frank Böttcher. Während diese Ereignisse schon die eindeutig rechtsextreme Tendenz der Stadt Magdeburg repräsentierten, musste irgendwann eine Initiative gegen Rechts in Magdeburg eingeleitet werden.

Deshalb entstanden in den letzten Jahren eine bestimmte Anzahl an Organisationen gegen Rechts. So z.B. das "Bündnis gegen Rechts" der bürgerlichen Gruppen, die örtliche Antifa und auch weitere Gruppen, die sich aktiv gegen Rechts angagierten. Diese Entwicklung klingt positiv, doch sehen wir uns mal das ganze etwas genauer an:

Im Jahre 2007 eröffnete in Magdeburg ein Naziladen namens "Narvik" im Hundertwasserhaus. Daraufhin gab es riesige Proteste, fast wöchentlich wurden Mahnwachen im Sommer 2007 vor dem Narvik abgehalten. Eine Klage folgte und vereinzelt kam es nun zu einer größeren Aufmerksamkeit gegenüber dem rechten Spektrum. So viel auf, was schon lange bekannt war, dass die Rechten sich immer in einer Gaststätte im Norden Magdeburgs treffen, dass ein Laden namens "Piranha" auch Nazi-Mode-Marken verkaufte (heute nicht mehr) und natürlich auch, dass man nun merkte, dass das Problem Rechtsradikalismus in Magdeburg immer noch nicht bekämpft worden ist.

Doch nun, worauf dieser Text nun hinausgehen soll. Seit es den "Narvik" - Shop gibt, scheint die rechtsradikale Szene in Magdeburg rapide zugenommen zu haben. Dies kann man sich leicht erklären, in dem man einfach sagt: "Die trauen sich einfach mehr.", doch gibt es einige Sachen, die hier nun im Näheren erläutert werden sollen:

Alles hat damit angefangen, dass es zu einer weiteren Demonstration der Nazis zum Jahrestag der Magdeburger Bombardierung kam. Ca. 600 Rechtsradikale haben gemeinsam demonstriert, während es zu drei Gegendemonstrationen mit ca. 800 Teilnehmern kam. Während die Nazis in aller Ruhe jegliche Punkte in der Stadt ablaufen durften (bis auf den Westfriedhof), wurden AntifaschistInnen mit Pfefferspray besprüht und am Weitergehen gehindert. Die Polizei ließ den Rechtsradikalen den Vortritt, weil "2 Stunden nicht reichen würden, um 500m zu gehen". Es schafften ca. 50Antifas trotzdem durch, diese mussten sich aber dann eine Hetzjagd mit der Polizei liefern, als diese nun mitgekriegt hat, dass es doch Schlupflöcher gibt. Eine Vielzahl an Protesten folgten aufgrund der repressiven Art und Weise des Verhaltens der Polizei.

Diese Demonstration zeigte schon, dass die Nazis es leicht in Magdeburg haben. In Schwimmhallen zeigen sie sich nun immer mehr offen mit eindeutig faschistischen Tätowierungen, Drohungen von Seiten der Faschisten nehmen hingegen zur Vergangenheit immer mehr zu und Stadtfeste entpuppen sich als Treffpunkte für riesige Massen an Thor Steinar Trägern. Hier zu aber weitere Beispiele.

Wie schon angesprochen präsentieren sich Nazis immer mehr in öffentlichen Kreisen, während Schwimmhallen schon ein Dauerauftrittsort geworden zu sein scheinen, nehmen auch die Besuche auf Spielplätzen, in Discos und speziell auch an Süßigkeitenshops immer weiter zu. Ein Höhepunkt dieser eigenen Repräsentation war wohl das vom 10.05.2008 - 12.05.2008 stattfindene Stadtfest in Magdeburg. Wer dieses besucht hat, hat schnell festgestellt, dass dieses nur wenige Menschengruppen angesprochen hat, um genau zu sein die "gut bürgerliche Familie", Rentner, "Prolls" und eben auch speziell Nazis. Sie schienen sich dort wohl zu fühlen, gingen mit "Landser", "Thor Steinar", "Weisse Wölfe" oder auch "Welcome to Germany - Motherfuckers" - TShirts umher und waren wohl ganz in ihrem Element. An Alternativen fehlte es fast gänzlich, zwar war sogar eine HipHop - Bühne vertreten, doch war diese nicht das repräsentative dieser "Festveranstaltung". Sie zeigten ordentlich Präsens und man kann wohl sagen, dass jede 3. männliche Person unter den Leuten eine Nazisympathie vertrat, dass nicht nur nach außen (kann auch übertrieben sein!). Widerstand fehlte.

Trotzdem gab es an dem Freitag davor, am 09.05.2008 eine Gedenkkundgebung für Thorsten Lamprecht, auf der aber nur Rund 30 (!) Leute teilnahmen. Ein Jahr davor waren es noch ganze 100-150 Leute in einer Stadt aus 200000 Einwohnern. Man kann nun viele Spekulationen treffen, warum nicht so viele gekommen sind, so z.B. dass diese Veranstaltung nirgends im Internet gefunden werden konnte oder das viele keine Lust hatten oder dergleichen, aber Fakt ist, einige Nazis sind vorbeigefahren, waren so übermütig, dass sie den Hitlergruß vollzogen haben und einfach weiterfuhren, innerhalb von 45Minuten kamen so um die 10 Nazis vorbei, welche sich nicht gerade über die Transparente und Flyer freuten, aber es sichtlich lustig fanden, dass nur so "wenige" sich gemeinsam trafen.

Was ist mit der antifaschistischen Szene in Magdeburg los? Gut ist, dass das "Bündnis gegen Rechts" weiterhin Aktionen macht, so z.B. die neuste Aktion, in der eine Kleiderspende direkt vor dem "Narvik" aufgestellt wurde, mit der Aufschrift "Thor Steinar zu Putzlappen". Schlecht ist aber, dass all diese Aktionen aber trotzdem nicht bei der Bevölkerung anzukommen scheinen, denn gerade „gut bürgerliche Familien“ lassen es sich nicht nehmen, mal bei dem „Narvik“ vorbeizuschauen.

Die magdeburger "Alternative Szene" zeigt von sich genau eines und das ist, dass sie nicht Alternativ sind. Sie fahren an den Kundgebungen vorbei und sagen in einem herabetzenden Ton, dass sie keine Flyer haben wollen. Wie soll so Widerstand geleistet werden, wenn in Magdeburg viele "Alternative" antisemitische Witze machen, Migranten auf der Straße zählen oder auch regelmäßig Landser hören und sich über jede nur denkbare Person lustig machen. Die "normale" Jugend hingegen, die sich in Magdeburg vor allem aus Prolls zusammensetzt, stört es gar nicht, wenn einer von ihnen auf Partys ein rechtsradikales Lied anstimmt, nein, ganz im Gegenteil, sie singen ganz fröhlich mit.

Ein weiteres Beispiel für die immer größer werdenden Probleme ist auch die 1.Mai Demo 2008 in Magdeburg. Im Internet kündigten viele Seiten die Demo an, trotzdem kamen nur ca. 40 Menschen, die sich am Ende auf 80 Leute hochpegelte. Für die niedrige Teilnehmerzahl mag es wieder verschiedene Gründe geben, die Teilnahme von K-Gruppen, die großen Demonstrationen in Berlin, Hamburg und Nürnberg oder auch keine Zeit, darauf soll aber nun nicht weiter eingegangen werden. Fakt ist, dass sich unter den langsam einfindenen Demonstranten die Mitteilung breit machte, dass in der Nähe, in einem Restaurant Nazis sitzen und die Demonstranten beobachten. Auf eine Provokation, durch immer näher stehende AntifaschistInnen, antworteten die ca. 8Rechtsradikalen sehr schnell mit brutaler Gewalt, sie stürmten auf die ca. 40 AntifaschistInnen zu und suchten sich, wie sollte es anders sein, den Kleinsten aus und schlugen ihm ins Gesicht. Als sich nun die anderen AntifaschistInnen wehren wollten und zwei Nazis auf den Boden warfen, kam von allen Seiten die Polizei angestürmt, trennte die Nazis von den AntifaschistInnen, half ihnen wieder hoch, nahm einen Antifaschisten (der zusammengeschlagen wurde) fest, ließ aber die Neo-Nazis gehen. Nach einiger Zeit erst ließen sie den Antifaschisten wieder frei, weiterhin kümmerten sie sich aber nicht darum, dass einige Neo-Nazis am Rande der Demonstration weiterhin standen, ohne das zwischen den 10m Abstand ein Polizist stand. Diese 1.Mai Demonstration zeigte vor allem zwei Dinge:

1. Die Nazis in Magdeburg werden immer bedrohlicher und gewaltbereiter, wohl auch übermütiger und
2. Die örtliche Polizei scheint immer noch nicht direkt gegen Nazis vorzugehen und greift lieber gegen AntifaschistInnen durch, als gegen Rechtsradikale.

Fazit: Es scheinen also in Magdeburg immer noch nicht die Probleme von früher überwunden geworden zu sein, so sympathisierten schon 1994 PolizistInnen mit den Rechtsradikalen bei den Magdeburger Himmelfahrtskrawallen, die Kritik wird zwar immer wieder von den PolizistInnen aufgenommen und doch aber abgeschmettert. Des weiteren scheint gerade Magdeburg zusammen mit vielen anderen Städten ein Ort zu sein, in dem rechtes Gedankengut sich festsetzen kann und auf fruchtbaren Boden trifft. Des weiteren gilt es wohl weiterhin in Magdeburg als cool Nazisprüche auswendig aufsagen zu können. All diese Fruchtbarkeit trifft sich dann auch mit den Anlaufstellen, die es in Magdeburg zu Hauf gibt, daraus folgt ein späterer Übermut, der in Gewaltdelikten endet. Magdeburg braucht mehr, wenn überhaupt Freiräume und Anlaufstellen, in denen derartige Verhaltensweisen des rechten Gedankenguts nicht fruchten können, nur so können weitere Probleme vermieden werden. Der Anfang wird zum Glück schon vollzogen, denn es gibt nun eine Fraumgruppe-Magdeburg und einen Umsonstladen, hoffentlich treffen diese auf eine größere positive Resonanz.

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Ergänzungen

den Umsonstladen gibt es schon seit 4 jahren

Jawee 14.05.2008 - 12:22
das mußte einfach mal berichtigt werden

ist schon was wahres dran...

bonjour tristesse 15.05.2008 - 16:09
die zu grunde liegenden beobachtungen decken sich weitestgehend mit dem, was ich auch in magdeburg ausmachen konnte. die übermacht an prollos/nazi/hool-hackfressen ist geradezu ernüchternd. und im übrigen ist das piranha gerade wieder in den handel mit naziklamotten eingestiegen- zumindest wenn man die marke 'erik and sons' dazu zählt...

AZ Jetzt!

AZ 16.05.2008 - 20:34
AZ jetzt endlich auch in Magdeburg!

Die Vernetzung libertärer Gruppen und Einzelpersonen in Magdeburg ist verhältnissmäßig schlecht, weil es keinen gemeinsamen Anlaufpunkt gibt. Während sich das subkulturelle Leben - trotz aller Schwierigkeiten - langsam entwickelt und zumindest temporär Freiräume für kulturelle Veranstaltungen geschaffen werden, ist es bis heute nicht gelungen, langfristig politisch interessierte Menschen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und zumindest einen gemeinsamen Ort zu finden, der der politischen Arbeit dienen kann.

Abgesehen davon, dass der übertrieben ausgelebte Dualsimus zwischen verschiedenen Gruppen in keiner Weise produktiv wirkt, schotten sich die einzelnen Gruppen ab und versuchen sich jeweils in ihrem "Ding". Da wird dann so getan als wenn der antideutsche Ansatz zur Kritik am Staat nicht einer Diskussion würdige wäre. Und es wird so getan, als ob gerade hier in Magdeburg über das Existenzrecht Israels geurteilt werden müsste und jedes Verbrechen nur deswegen gerechtfertigt ist, weil es von einem Palästinenser begangen wurde. Diese Diskussion wurde schon in anderen Städten geführt. Hierüber wurde schon geschrieben und mensch könnte die einzelnen Positionen nachlesen. Anschließend könnte auf aktuellem Stand diskutiert werden. Wenn es denn notwendig erscheint. Wenn mensch sich in der Vergangenheit bewegt, findet mensch die Gegenwart nicht.

Ohne Zweifel ist auch in Magdeburg ein Potential antifschistisch enagierter Menschen vorhanden, welches sich aber entweder in veralteten Diskussionsschemata verfangen hat, oder aber unorganisiert durch die Stadt taumelt.

Dies hat sich nicht zuletzt bei der Nazi-Demo am 19.01.2008 gezeigt, als es zwar verschiedene Gegendemos gegeben hat, sich diese aber nicht zu einer gemeinsamen Demo zusammengeschlossen haben. Eine ernsthafte und entschlossene Blockade der Faschistendemo wäre möglich gewesen. Hat aber nicht stattgefunden. Und dies nicht nur, weil es die Bullen knallhart verhindert haben, sondern weil man keinen gemeinsamen Nenner gefunden hat.

Ansätze und Aufgaben für Antifa-Arbeit in Magdeburg sind in allen Bereichen vorhanden. Nicht zuletzt wegen verschiedener hacks bei Naziversandhändlern sind an die 150 Besteller aus Magdeburg und Sachsen-Anhalt bei diesen Versänden bekannt. Treffpunkte, Rädelsführer und Demoanmelder sind bekannt und bekanntgemacht worden.

Das Problem in Magdeburg ist nicht ausschliesslich, dass faschistisches Gedankengut breite Bevölkerungsgruppen erfasst hat, sondern, dass andere Vorstellungen keinen Raum finden und libertäre Ideen keinen Platz haben. Und sich in dieser Stadt noch nicht geschaffen haben. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich zu den VoKüs zu treffen oder mal ein Punkkonzert zu besuchen. Aber was fehlt ist der Ort, an dem libertäre und antifaschistische Menschen sich treffen, Infrastrukur (Pc, Drucker, Zeitschriften usw.) nutzen und der das alternative, kulturelle Leben einem breiteren Bevölkerungskreis zugänglich macht.

Es ist nicht damit getan, einen Infoladen und einen Umsonstladen einmal die Woche zu öffnen, sondern was fehlt ist ein Ort, der es auch Menschen ermöglicht sporadisch Infrastruktur zur Unzeit zu nutzen. Und effektiv im Sinne einer langfristigen Veränderung ist die Schaffung eines AZs, welches das kulturelle Leben bereichert und sich gleichzeitig in Konfrontation zu bestehenden kommerziellen Angeboten begibt. So wird für bestehende Gruppen und künftige Grupen Infrastruktur geschaffen sowie für "neue" Menschen ein Weg aufgezeigt, wie mensch sich die Welt machen kann, dass sie allen gefällt.

Darum: AZ jetzt und zu aller erst! Die Revolution soll sexy sein...alles andere ist Quark!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Verschwörung ! — HAHAHA ANTIANTIFA !

jaja immer meckern — mensch

@Magdeburger — Nicht-Magdeburger

es nervt — H.B.

Fragen — magdeburger

ergänzung — autonom

Projekte — Projekte

bitte löschen — ultra

Mut — Gott

@DRF — Antifa aus Berlin

zu mut und gott — satan

Sorry — aber der artikel nervt

Ging es nicht mal darum, — den Nasen entgegenzutreten?

AZ und weiteres — egal