21. Mai: Benennung des Hochschulrats in Köln

Chuchaqui 11.05.2008 21:37 Themen: Bildung
Auf der Senatssitzung am 21. Mai 2008 soll der so genannte Hochschulrat offiziell benannt werden. Dieses Gremium ist ab dato für wichtige Entscheidungen an der Uni Köln verantwortlich, so z.B. für die Wahl des Rektors. Nach aktuellem Stand wird der Hochschulrat zum großen Teil aus uni-externen Personen bestehen.
Informationen über die geplante Bildung des Hochschulrats an der Kölner Uni sind rar gesät. Die Gründe dafür liegen wohl auf der Hand. In vielen anderen Städten Nordrhein-Westfalens kam es bereits zu lautstarken Studenten-Protesten gegen das Gremium, das an vielen NRW-Unis künftig über die Hochschulpolitik entscheiden soll. Und auch in Köln ist mit Protesten zu rechnen: Schließlich sollen dem Hochschulrat mehrheitlich uni-externe Personen angehören, darunter etliche Wirtschaftsvertreter, die in Vorständen von Großkonzernen sitzen - und keine einzige studentische Stimme.

Wenn die Uni-Leitung gezielt nicht informiert, müssen das die StudentInnen tun. Hier ein kurzer Überblick zum Thema Hochschulrat und Hochschulfreiheitsgesetz.

Was ist der Hochschulrat?

Der Hochschulrat ist ein neues Gremium an der Uni Köln, das auf Grundlage des im Oktober 2006 beschlossenen Hochschulfreiheitsgesetzes (HFG) geschaffen werden soll. Die Formulierung des HFG geht zu großen Teilen auf Forderungen des Bertelsmannschen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zurück, das schon 2005 "zehn Anforderungen an ein Hochschulfreiheitsgesetz für Nordrhein-Westfalen" vorgelegt hatte. Ein zentraler Punkt dieses Gesetzes ist die Neuordnung der Universitäts-Struktur mit einem Hochschulrat an der Spitze.

Wer sitzt im Hochschulrat?

Schon in den Forderungen des CHE wird das Kriterium genannt, dass die Mitglieder des Hochschulrats mehrheitlich "extern bestellt" werden sollen. Auf der aktuellen Liste der (geplanten) Hochschulrats-Mitglieder sind sieben von zehn Mitgliedern hochschul-extern. Unter anderem sollen Vorstandsmitglieder von Bayer und der Deutschen Bank über die Zukunft der Universität entscheiden. Anders als im Senat, der bisher das höchste Gremium der Uni gestallt hat, sind keine StudentInnen im Hochschulrat vertreten. Eine Liste der geplanten Mitglieder findet sich am Ende dieses Artikels.

Welche Aufgaben hat der Hochschulrat?

Der Hochschulrat soll zukünftig wichtige Entscheidungen treffen. Im HFG wird hervorgehoben, dass er das Präsidium berät und die "Aufsicht über dessen Geschäftsführung" ausübt. So wählt er unter anderem den Rektor der Uni Köln, der zuvor von einem Gremium aus Vertretern von Hochschulrat und Senat vorgeschlagen wurde. Außerdem muss der Rat dem Hochschulentwicklungsplan und dem Wirtschaftsplan zustimmen. Der Hochschulrat besitzt letztendlich Entscheidungsgewalt über Studienordnungen, Personalangelegenheiten und die Mittelvergabe. Nicht zuletzt entscheidet er darüber mit, in welche Studiengänge investiert wird und welche anderen sich nicht mehr rentieren.

Widerstand gegen den Hochschulrat

Kritik gegen das HFG und den Hochschulrat gibt es von allen Seiten. DGB und GEW kritisieren, dass "mit der Einführung des Hochschulrates die Abschaffung der Gruppenuniversität beschlossen wurde. Da im Hochschulrat selbst die Mehrheit von hochschulexternen Personen, vor allem von VertreterInnen der Wirtschaft gestellt wird, besteht die reale Gefahr, dass hier externe Interessen künftig das Wohl und Wehe der Universität dominieren werden." In vielen Städten NRWs kam es bereits zu Protesten gegen die Konstituierung dieses neuen Gremiums. In Bochum wurde am 19. Januar 2008 die Überreichung der Ernennungs-Urkunden an die Mitglieder des Hochschulrats gestört. In Münster musste zwei Wochen später sogar die Sitzung unterbrochen werden, in der der Hochschulrat gewählt werden sollte. Am gleichen Tag stürmten Studenten in Bonn die konstituierende Sitzung des dortigen (bereits beschlossenen) Hochschulrats. Innovations-Minister Pinkwart musste auf dem Weg zur Uni Bonn umdrehen und seine Teilnahme kurzfristig absagen. Die Hochschulrats-Mitglieder flüchteten ins Rektorat.

In Köln muss vorerst der Senat den neu zu bildenden Hochschulrat offiziell benennen. Hierzu findet am 21. Mai 2008 eine Senatssitzung statt. Aus diesem Grund ist für 10 Uhr eine studentische Vollversammlung angesetzt, ab 12 Uhr wird auf dem Albertus-Magnus-Platz vor dem Uni-Hauptgebäude eine Kundgebung unter dem Motto "Reclaim the Uni" stattfinden. Die Senatssitzung beginnt um 14 Uhr.

Aktuelle Liste der Hochschulrats-Mitglieder:

- Dr. Richard Pott (Physik), Vorstand Bayer AG - zuständig für den Kompetenzbereich Recht
- Hermann-Josef Lamberti - früher Vorsitz bei IBM, jetzt Vorstand Deutsche Bank, Aufsichtsrat Deutsche Börse AG - zuständig für den Kompetenzbereich Wirtschaft
- Prof. Dr. Urs Würgler, Rektor der Uni Bern - zuständig für den Kompetenzbereich Wissenschaftsorganisation
- Dr. Rolf Dobischat, Präsident des deutschen StudentInnenwerks - Kompetenzbereich Wissenschaft
- Dr. Hans-Joachim Gehrke, Präsident des deutschen Archäologischen Institutes - Kompetenzbereich Wissenschaft
- Prof. Dr. Andreas Radbruch (Biologie, Chemie), Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
- Prof. Dr. Ursula Peters, ehem. Senat der Uni Köln, Vizepräsidentin der DFG
- Prof. Dr. Ulrich Preis, , Prodekan der Juristischen Fakultät, Mitglied der NRW-Regierungskommission zur Reform des Öffentlichen Dienstes
- Prof. Dr. Ulrich Radtke, bisheriger Dekan der Math.-Naturw. Fakultät, geht an die Uni Essen/Duisburg
- N.N.

Links zum Weiterlesen:

 http://www.nachdenkseiten.de/?p=1870
 http://www.al.uni-koeln.de
www.innovation.nrw.de/hochschulen_in_nrw/recht/HFG.pdf
www.che.de/downloads/bewertung_nrw_eckpunkte060127_440.pdf
 http://de.indymedia.org/2008/02/207364.shtml
 http://de.indymedia.org/2008/02/207316.shtml
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Ergänzungen

das selbe in Sachsen

will 13.05.2008 - 10:42
Der Hochschulrat soll auch an sächsischen Universitäten eingeführt werden. Seit über einem Jahr sitzt die Regierung an einem Hochschulgesetz und sieht sich dabei großen Protesten ausgesetzt. Letzten Dezember demonstrierten etwa 5.000 StudentInnen vor dem sächsischem Landtag, während dort die Beratung über die Ausgestaltung der "Universitäts-Reform" debattiert wurde.

Zur Zeit wird dazu aufgerufen eine Petition zu unterzeichnen, welche das Gesetz kritisiert und stattdessen weniger Einfluss der Wirtschaft, eine bessere finanzielle Ausstattung sowie die Absenkung der Zulassungsbestimmungen fordert.

Parallel dazu arbeitet die Gruppe SMASH (studentische Mitbestimmung an sächsischen Hochschulen) an dem ehrgeizigen Projekt, ein eigenes Hochschulgesetz zu schreiben. Sollte dieses Projekt noch mehr Unterstützung (zur Zeit u.a. Studierendenrat der TU Dresden) finden könnte es per BürgerInnenbegehren zur Abstimmung gestellt werden und so den aktuellen Entwurf verhindern.

Bildungspolitik selber in die Hand nehmen!