Libanon: Hintergründe zur Zerstörung von Nahr al-Bared

Autonomes Medienkollektiv Nahr al-Bared 07.05.2008 17:08 Themen: Medien Militarismus Repression Weltweit
 Das palästinensische Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Norden Libanons war im Sommer 2007 Schauplatz eines Krieges zwischen der libanesischen Armee und der islamistischen Gruppe Fatah al-Islam. Das Camp wurde fast vollständig zerstört, mindestens 30.000 BewohnerInnen mussten fliehen. Es wurden 170 Soldaten, 287 Kämpfer der Fatah al-Islam und 47 ZivilistInnen getötet. Ein Bericht vom November 2007 dokumentierte die Rückkehr der ersten BewohnerInnen. Im Frühling 2008 berichten wir über die jüngsten Ereignisse, den geplanten Wiederaufbau, das Verhalten der libanesischen Armee, die mediale Berichterstattung sowie die humanitäre und politische Situation in Nahr al-Bared.

Inhalt: Hintergrund | Kurzfilm | Fallstudie | Medien | Ergænzungen
      Nahr al-Bared: Die politische Zerstörung eines Flüchtlingslagers


Rund ein halbes Jahr nach Ende der Kämpfe zwischen der libanesischen Armee und Fatah al-Islam ( 1 | 2 | 3 | 4 ) wurde erst einem Bruchteil der EinwohnerInnen die Rückkehr ins Flüchtlingslager Nahr al-Bared erlaubt. Die meisten Häuser wurden zu Trümmern, Schutt und Asche reduziert. Die Situation im palästinensischen Lager in Nordlibanon (Karten: 1 | 2 [PDF] ) lässt auf die systematische Umsetzung politischer Pläne schliessen.

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Blick über den Fluss von Süden auf das alte Camp

Für viele der Flüchtlinge liegt die Rückkehr in die Ruinen ihrer Häuser noch in weiter Ferne. Zwischen 1500 und 2000 Familien wurde bislang erlaubt, im „neuen“ Camp Nahr al-Bareds, also ausserhalb des alten Kerns des Camps zu wohnen. Ebenso wurden bislang drei Barackensiedlungen gebaut, die Hunderte Flüchtlingsfamilien beherbergen.

Im Februar 2008 genehmigte die libanesische Regierung den gemeinsam von der UNRWA und der „Nahr al-Bared Reconstruction Commission“ [PDF] vorbereiteten provisorischen Masterplan für den Wiederaufbau des alten Camps von Nahr al-Bared ( 1 | 2 ). Gemäss diesem Plan soll der Wiederaufbau am 15. August 2008 beginnen und bis Mitte August 2010 abgeschlossen sein. Das Papier hält fest, dass der Erfolg des Planes nur möglich ist, wenn „die Armee sofortigen Zugang zum alten Camp erlaubt, damit die notwendigen Aufgaben der Minenräumung, der Risikoeinschätzung, der Räumarbeiten und der Einebnung des Gebietes beginnen können, diese bis am 15. August 2008 abgeschlossen sind und an diesem Datum der Wiederaufbau beginnen kann.“ Für den Wiederaufbau des alten Camps wurden 173 Mio. US-Dollar veranschlagt, welche von Geberländern gespendet werden sollen. Der Plan ist allerdings „Gegenstand weiterer Entwicklungen und Anpassung während der nächsten Monate, bis ein endgültiger Masterplan vorliegt.“ Bislang ist keine endgültige Version des Plans in Sicht.

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Zerstörte Häuser nahe des alten Camps

Baubaracken als temporäre Lösung

Viele der RückkehrerInnen leben in Nahr al-Bared unter schwierigen Bedingungen, meist in den Ruinen ihrer Häuser. Anfang März sind zudem 188 Familien in 300 Baracken am nördlichen Ende des neuen Flüchtlingslagers temporär angesiedelt worden, um den Unterricht in einigen Schulen im benachbarten Beddawi Camp, wo diese Menschen monatelang unter ärgsten Bedingungen lebten, wieder zu ermöglichen. Die Container-Wohnungen im Norden des Camps sind Stahl-/Plastik-Konstruktionen von der Grösse von Baubaracken. Familien mit mehr als 5 Personen wurden zwei Baracken zugewiesen. Diese sind mit einer Kochecke und einem kleinen Badezimmer ausgestattet. Warmwasser gibt es (noch) nicht und alte bzw. körperlich behinderte Leute bekunden Mühe bei der Benutzung der „Badezimmer“. Da jeweils zwei Baracken übereinander montiert wurden, ist der Lärm für die EinwohnerInnen der unteren Baracken oft unerträglich. Wenn die Plattform oben geputzt wird, fliesst das Wasser unten in den Gang zwischen die Barackenreihen oder tropft Vorbeigehenden auf die Köpfe. Die Temperatur in den oberen Baracken ist bereits jetzt – es herrscht noch Frühling – während Sonnenschein sehr hoch und viele fragen sich, wie es sich im Sommer in diesen Käfigen leben lässt. Und niemand weiss, wie lange man so zu wohnen hat.

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Die alten und neusten Baracken, südlich des Camps

Im Süden des Camps wurden Mitte April 150 neue Baracken mit Blechdächern fertiggestellt und bezogen. Die BewohnerInnen hatten die letzten 9 Monate in der al-Quds- oder der Omar Bin Khatab-Moschee bzw. in den Schulen Nahr al-Urdun, Ramle oder Majdal im Flüchtlingslager Beddawi verbracht. Die Wohnbedingungen in diesen Gebäuden sind deutlich besser als in den Containern im Norden nahe das Abdi-Checkpoints. Die Baracken sind einstöckig und generell geräumiger. Zwischen den Wohneinheiten wurde genügend Abstand gelassen und die Bauweise trägt zur Lärmminderung bei. Auch hier steht jeder Einheit während begrenzter Zeit 2 Ampere Strom zur Verfügung. Der Betrieb der installierten Boiler für Warmwasser würde 5 Ampere benötigen.

1. Plündern, 2. Zerstören, 3. Anzünden

Am 31. März 2008 öffnete die Armee zwei weitere Strassen, Sharia al-Majles und Sharia as-Sahabe nahe des alten Camps, teilweise für RückkehrerInnen. Ende April verliess das Militär zudem das soziale Zentrum Beit Atfaal as-Sumoud und einige weitere Häuser im selben Quartier, die es monatelang besetzt hielt.

Das Bild, das sich den Menschen beim Betreten ihrer Häuserruinen bot, war das Altbekannte. Es fehlen in den meisten Fällen Möbel, Kleider und elektronische Geräte wie Fernseher, Kühlschränke, Computer, Gasöfen und Waschmaschinen. Nicht einmal die verkohlten Überbleibsel sind übrig, was bedeutet, dass die Gegenstände nicht im Krieg zerstört, sondern geplündert wurden. In manchen Gebäuden wurden sogar Türen, Fenster und deren Rahmen entwendet sowie die Badzimmerausstattung entfernt. Selbst in Räumen, die nicht geplündert wurden und in welche weder Raketen und Granaten noch Gewehrkugeln einschlugen ist alles noch Vorhandene zerschlagen. In den den meisten Häusern sind mehrere Räume (wenn nicht gleich die ganzen Wohnungen) pechschwarz und verkohlt, während die Brände meist und häufig offensichtlich durch das Anzünden von Mobiliar oder durch das Entzünden von Brennstoffen wie Benzin verursacht wurden. Egal mit wem man spricht und egal wessen Haus man betritt: Plünderung, mutwillige Zerstörung und Brandstiftung sind allgegenwärtig, in den meisten Fällen nachweislich nach Ende des Kriegs getätigt.

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Zerstörung im neuen Camp von Nahr al-Bared, Majlis-Strasse

Explosiver Schutt

Die Räumarbeiten in den neu zugänglichen Häusern gestalten sich schwierig und sind äusserst anstrengend. Die EinwohnerInnen, kaum oder zu spät mit Staubmasken und Arbeitshandschuhen versorgt, entsorgen mit Schaufeln, Hacken, Schubkarren und blossen Händen Raum für Raum und Etage für Etage die unendlichen Massen an Schutt und Trümmern. Dass viele Häuser mindestens teilweise einsturzgefährdet sind und sich im Schutt hin und wieder scharfe Munition, Handgranaten oder andere Blindgänger finden, erschwert die Arbeit ebenso wie das tagelange Warten auf einen Bagger zwecks Entsorgung des Schutts. Die Bagger der UNRWA sind kaum verfügbar, oft ausser Betrieb und arbeiten bloss in den Strassen. Private Maschinen sind vorhanden, jedoch nur gegen Bezahlung zu haben. Die meisten BewohnerInnen haben bislang praktisch keinerlei Unterstützung von den Hilfsorganisationen erhalten. Metallstücke werden aussortiert und später verkauft, Kinder suchen in den Schutthaufen nach Verwertbarem und werden regelmässig von den AnwohnerInnen oder von Soldaten fortgejagt.

Der Kontrollapparat

Die erwähnten Probleme werden durch den restriktiven Zugang zum neuen Camp und die ständige Präsenz von Armee und Mukhabarat (Armeegeheimdienst) verschärft. Das libanesische Militär kontrolliert Nahr al-Bared durch ein Geflecht von besetzten Häusern, Checkpoints und Patrouillen sowie einem bürokratischen Bewilligungssystem. Erlaubnisse und Zulassungen müssen stets vom Geheimdienst geprüft werden. Im bislang zugänglichen Teil des neuen Camps patrouillieren Agenten des Mukhabarat und die Zahl an lokalen KollaborateurInnen scheint zuzunehmen. Insbesondere unter Jugendlichen rekrutiert der Mukhabarat InformantInnen, vernimmt mal hinter vorgehaltener Hand. Unter Vorwänden wie Bombenalarmen werden Häuser und auch Kliniken durchsucht.


Beispiel für eine Bewilligung der libanesischen Armee, nötig für das Betreten des neuen Camps

Die libanesische Regierung hat in Nahr al-Bared den Einsatzbereich ihres Sicherheitsapparats in einem historisch signifikanten Schritt auf ein palästinensisches Flüchtlingslager ausgeweitet und will diesen Zustand erklärtermassen auch nach dem Wiederaufbau beibehalten. Das Kairo-Abkommen von 1969 untersagt der libanesischen Armee das Betreten der unter palästinensischer Selbstverwaltung stehenden Flüchtlingslager.

Die politische Dimension

Viele Flüchtlinge aus Nahr al-Bared sind sich einig: Bei den viermonatigen Kämpfen handelte es sich um eine militärische Auseinandersetzung mit klaren politischen Zielen. Die Zerstörung des Flüchtlinglagers als eines der wichtigsten wirtschaftlichen Zentren der Region Akkar war einer der Hauptzwecke des Kriegs. Die vollständige Zerstörung des Camps ist nicht einfach ein Nebeneffekt des Kriegs. Die von der Armee angewandte Methode systematischer kollektiver Enteignung bestärkt diese These.

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Aufnahmen von electroniclebanon.net, Herbst 2007

Diese lässt sich beispielsweise am Stichdatum des 15. August illustrieren. Bis zu diesem Tag muss die libanesische Armee das alte Camp vollständig zugänglich gemacht haben. Die Räumarbeiten müssen abgeschlossen sein, damit planmässig mit dem in Phasen aufgeteilten Wiederaufbau begonnen werden kann. Bislang gibt es jedoch klare Hinweise für eine Verzögerung des Wiederaufbauprozesses des alten Camps. Ein anonym bleiben wollendes Mitglied der Reconstruction Commission, ein grassroots-Komitee von BewohnerInnen des Camps, welches den Wideraufbau plant und koordiniert, spricht von einer „sehr schlechten Situation“ und betrachtet die libanesische Regierung und deren Armee als Hauptursache dafür. Die Armee stellt nur zögerlich Bewilligungen für die EinwohnerInnen des alten Camps aus, damit diese die Ruinen ihrer Häuser besuchen und Bruchteile ihres Besitzes bergen können. Diese Besuche sind notwendige Voraussetzung dafür, dass Institutionen wie die UNRWA mit den Aufräumarbeiten beginnen können. Es erhalten immer nur wenige Familienmitglieder Bewilligungen, um zu den Überresten ihrer Häuser zu gehen. Diese werden bei ihrem sehr kurzen Besuch in der Regel von Soldaten begleitet. Aufgrund dieser Restriktionen ist es vielen Flüchtlingen nicht möglich, viele, grosse oder schwere Gegenstände (falls diese nicht zerstört oder geplündert wurden) aus ihren Häusern zu holen. Natürlich ist es den Menschen auch nicht erlaubt, die Überreste ihrer Häuser zu filmen oder zu fotografieren.

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Majlis-Strasse

Es ist unvorstellbar, dass die Aufräumarbeiten innerhalb der nächsten dreieinhalb Monate abgeschlossen werden können. Neben logistischen Problemen muss die Rolle der libanesischen Armee hinterfragt werden. Diese hält sogar noch immer Teile des neuen Camps besetzt, ohne dass dafür ein praktischer Grund ersichtlich wäre. So sind beispielsweise sämtliche Gebäude auf der einen Seite der Majles-Strasse immer noch durch Stacheldraht abgeriegelt. Innerhalb des einen Monats, in dem die andere Strassenseite nun bereits zugänglich ist, konnten keinerlei Aktivitäten des Militärs zwecks Entfernung von Minen, Bomben, Granaten und anderem scharfen Kriegsmaterial registriert werden – obwohl die Armee genau damit die fortwährende Abriegelung dieser Häuser begründet.

Die libanesische Armee könnte den Vorwurf der absichtlichen Verzögerung dadurch kontern, dass sie wenigstens JournalistInnen restriktionslosen Zugang zum alten Camp ohne Eskortierung und Einflussnahme durch Militärpersonal oder Mukhabarat ermöglichen würde. Solange dies nicht passiert, ist es legitim zu glauben, dass der Öffentlichkeit etwas verheimlicht wird. Vieles deutet aber daraufhin, dass der unrestriktierte Zugang, das Aufräumen und der Wiederaufbau absichtlich verzögert werden, damit sich eine spezifische Dynamik ausbreiten kann: die schleichende Vertreibung der palästinensischen Flüchtlinge aus Nahr al-Bared. Selbst wenn das Camp bis August 2010 plangemäss fertiggestellt sein sollte, werden sich wohl viele EinwohnerInnen des alten Camps bereits vorher andeswo ansiedeln, um die Container-Unterkünfte hinter sich lassen.


      Kurzfilm: „Spuren kollektiver Enteignung“


Im April 2008 produzierte das anarchistische Filmkollektiv a-films einen neuen Kurzfilm mit dem Titel „Spuren kollektiver Enteignung“.

Filmen, Fotografieren und andere Medienarbeit ist in Nahr al-Bared strengstens verboten. JournalistInnen ist das Betreten des Camps bis auf wenige Ausnahmen strikt untersagt. Die Armee, deren Geheimdienst und die vielen Kollaborateure sind bemüht, die Einhaltung dieses ungeschriebenen Gesetzes zu überwachen. Viele EinwohnerInnen haben Angst, offen über politische Themen oder das Verhalten der Armee zu sprechen.

Der 10-minütige Film dokumentiert am Beispiel der im nächsten Kapitel besprochenen Majlis-Strasse detailliert die systematischen Brandstiftungen durch die libanesische Armee. Er kann hier heruntergeladen werden.

Video: Spuren kollektiver Enteignung



      Nahr al-Bared Camp: Wer zündete die Häuser an?


Am 31. März 2008 machte die libanesische Armee einige Dutzend Häuser in der Sahabe- und der Majles-Strasse nahe des alten Camps wieder zugänglich. In der Majles-Strasse wurden 20 Gebäude auf der einen Strassenseite geöffnet, während die andere Seite noch immer durch Stacheldraht und Checkpoints abgesperrt bleibt. Die meisten Häuser wurden von mindestens drei Familien bewohnt und waren meist zwei- bis vierstöckig.

In allen 20 Häusern in der Majles-Strasse finden sich Brandspuren. Oft sind ganze Räume oder gar Stockwerke vollständig ausgebrannt. In manchen Fällen finden sich klare Hinweise dafür, dass Möbel angezündet wurden, um Feuer zu entfachen. Im lokalen Gemeinschaftszentrum beispielsweise konnten eindeutig drei Brandherde identifiziert werden. In mindestens 16 Häusern finden sich Spuren von Öl, Benzin oder anderen Brennstoffen an den Wänden. Deshalb bezweifeln viele EinwohnerInnen die offizielle Version der Armee, nach der die Brände durch Granaten, Raketen oder Bomben verursacht worden sind. Vielmehr verdächtigen sie die libanesische Armee der manuellen Brandstiftung.

In vielen Häusern waren rassistische, sexistische oder erniedrigende Graffiti an die Wände geschrieben worden, die meist gegen EinwohnerInnen Nahr al-Bareds bzw. gegen palästinensische Flüchtlinge im Allgemeinen gerichtet waren. In manchen Fällen übermalte die Armee die Sprayereien selbst, bevor sie die BewohnerInnen in die Häuserruinen zurückkehren liess.

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Graffiti der libanesischen Armee in der Majlis-Strasse: „Die fünfte Brigade. Die Seele Libanons.“ „Fick deine Mutter, Shaker al-Absi [Chef der Fatah al-Islam]. Wir werden dich bis zum Sieg verfolgen, wir sind hinter dir her, wir werden dich Arschloch fertig machen. Wir werden die Mission fortsetzen.“

Seit dem offiziellen Ende der Kämpfe Anfang September 2007 bis zum 30. März 2008 befand sich die gesamte Majles-Strasse unter exklusiver Kontrolle der libanesischen Armee. Niemand konnte das Gebiet betreten. Aus diesem Grund trägt das Militär die volle Verantwortung für die Geschehnisse in diesem Gebiet und den Häusern während dieser Zeit.

Die Majles-Strasse dient als Beispiel für das gesamte Nahr al-Bared Camp. Es gibt klare Belege für massive Plünderung, Brandstiftung und mutwillige Zerstörung überall im Flüchtlingslager. Der systematische Charakter dieser Geschehnisse deuten auf die Umsetzung einer gezielten Politik der kollektiven Enteignung hin.


      Die Rolle der Medien: Humanitarisierung eines politischen Problems


Ein aktueller Beitrag des TV-Senders Al-Jazeera English aus dem zerstörten palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared illustriert die vorherrschende, tendenziöse Berichterstattung zahlreicher lokaler und internationaler Medien zur Situation im Camp vortrefflich. Im Folgenden wird kurz auf den Beitrag eingegangen und die entsprechende Kritik formuliert.

Am Nachmittag des 3. April 2008 tauchte in der Majles-Strasse im zerstörten Nahr al-Bared Camp eine Film-Crew des Senders Al-Jazeera English in Begleitung des libanesischen Armeegeheimdienstes auf. Die libanesische Armee verbietet grundsätzlich jegliches Filmen und Fotografieren in Nahr al-Bared. An den Checkpoints und innerhalb des Camps werden Menschen nach Kameras durchsucht, JournalistInnen werden kaum zugelassen und wenn, dann bloss in Begleitung von Soldaten oder Agenten des Mukhabarat.

Humanitärer Fokus

Der knapp dreiminütige Beitrag des Nachrichtensenders mit dem Titel „Refugees return to Nahr al-Bared“ vom 5. April 2008 geht auf die mühsamen Räumarbeiten, die physische Zerstörung Nahr al-Bareds, die mangelhafte Infrastruktur für zurückkehrende Flüchtlinge und den schwierigen, langwierigen Wiederaufbau ein. Diese Themen können grundsätzlich unter dem Stichwort „humanitäre Aspekte“ zusammengefasst werden. Die angesprochenen Problematiken sind vor Ort tatsächlich relevant und die Sorgen darüber werden von den meisten geteilt. Diese humanitären Aspekte werden im Beitrag – in Anbetracht dessen Kürze – einigermassen befriedigend behandelt.

Fehlender politischer Fokus

Der Fokus auf ausschliesslich humanitäre Themen ignoriert allerdings völlig die politische Dimension der Geschehnisse in Nahr al-Bared. Die Präsenz und die (politische) Rolle der libanesischen Armee, Geheim- und Sicherheitsdienste werden mit keinem Wort erwähnt. Die Zerstörung des Flüchtlingslagers wird als „normales“ Produkt der militärischen Auseinandersetzungen dargestellt und mit keinem Wort hinterfragt. Das immense Ausmass von Plünderung, absichtlicher Zerstörung und Brandstiftung, welches auf eine systematische Ausführung politisch motivierter Befehle schliessen lassen, wird ebenfalls nicht erwähnt. Es werden nur Aufnahmen gezeigt, auf welchen die oft deutlichen Brandherde, wie etwa Benzinspuren an den Wänden, nicht ersichtlich sind.

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Benzin- und Ölspuren an den Wänden: Beweis für Brandstiftung, Majlis-Strasse

Beispiele

An zwei kurzen Zitaten der Reporterin Zeina Khodr lassen sich einige Kritikpunkte illustrieren:

1. „Rund 10.000 sind in den vergangenen Monaten nach Nahr al-Bared zurückgekehrt, allerdings bloss in die Häuser am Rande des Camps.“

Diese Aussage verschleiert die Tatsache, dass sehr viele Flüchtlinge bislang nicht zurückkehren dürfen bzw. die Armee ihnen keine Bewilligungen ausstellt, mit welchen sie die Checkpoints entlang Nahr al-Bareds passieren könnten.

2. „Hinter diesen Gebäuden ist das Gebiet, welches als altes Camp bekannt ist. Es wurde in den Kämpfen des vergangenen Jahres zu Schutt reduziert. Es bleibt unzugänglich, während die Armee weiter Munition beseitigt.“

Die Aussagen Khodrs lassen darauf schliessen, dass das alte Camp aufgrund der Kämpfe zwischen Fatah al-Islam und der libanesischen Armee derart zerstört wurde. Mit keinem Wort erwähnt die Reporterin jedoch, dass viele Häuser nachweislich nach Kriegsende angezündet, zerstört und geplündert wurden, also während einer Periode, in welcher ausschliesslich die libanesische Armee im alten Camp anwesend war. Ebensowenig wird hinterfragt, weshalb ein ganzes Flüchtlingslager wegen einigen hundert militanten Islamisten völlig zerstört worden ist. Dies würde nämlich Zweifel am Schluss zulassen, dass die Zerstörung Resultat der Kämpfe ist und vielmehr zur Konklusion verleiten, dass die Zerstörung des Camps eines der Hauptziele der Auseinandersetzungen war.

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Im selben Zitat wird die Begründung der Armee wiedergegeben (ohne diese jedoch als Quelle zu bezeichnen), dass das alte Camp bislang deshalb nicht zugänglich ist, da immer noch Blindgänger geräumt werden müssen. Die zahlreichen Hinweise darauf, dass die Armee wohl absichtlich die Öffnung des alten Camps (und damit den Beginn des Wiederaufbaus) verzögert und die Räumung von unexplodierter Munition bloss als Vorwand benutzt, werden mit keinem Wort erwähnt. Ebensowenig, dass auch im Schutt der bislang zugänglichen und damit theoretisch entminten Häuser zahlreiche scharfe militärische Projektile gefunden wurden.

Die mediale Politik der Humanitarisierung

Der hier kritisierte Beitrag von Al-Jazeera English reiht sich in eine Serie von Reporten anderer Mainstream-Medien zum Thema Nahr al-Bared ein, die sich grundlegend dadurch charakterisieren lassen, dass sie das vorliegende Problem humanitarisieren, anstatt es zu politisieren. Dadurch wird die offizielle Version der Geschehnisse im Flüchtlingslager seitens der libanesischen Regierung und deren Sicherheitsapparat widerspruchslos akzeptiert und reproduziert. Die Verbrechen der Armee werden sehr selten und vor allem in nicht-libanesischen Medien thematisiert ( 1 | 2 | 3 | 4 | 5  6 | 7 | 8 ). In der gegenwärtigen innenpolitischen Situation in Libanon wird Kritik an der Armee als angeblich letzter Garantin nationalen Zusammenhalts nicht toleriert.

Reclaim your Media!

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Selbstdarstellung der libanesischen Armee in ihrer Propaganda-Zeitschrift „Die Armee“

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      Ergænzungen
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Ergänzungen

Zusammenstöße in Beirut

http://www.euronews.net 09.05.2008 - 00:06
Anhänger und Gegner der libanesischen Regierung haben sich in Beirut schwere Auseinandersetzungen geliefert. Nach Angaben von Augenzeugen kam es dabei auch zu vereinzelten Schusswechseln.

Zuvor hatte die Opposition unter Führung der pro-iranischen Hisbollah mit Sandsackbarrikaden und brennenden Autoreifen auf den Straßen das öffentliche Leben in Beirut praktisch lahmgelegt. Auch die Straße zum Flughafen wurde blockiert. Dutzende von Flügen wurden nach Angaben der Flughafenleitung abgesagt.

Die Hisbollah hatte sich einem Generalstreik angeschlossen, zu dem die Gewerkschaften aus Protest gegen Preissteigerungen aufgerufen hatten. Die Armee bot Tausende von Soldaten auf, um größere Gewaltausbrüche während des Streiks zu verhindern. Die Hisbollah wird vom Nachbarland Syrien unterstützt. Zwischen Damaskus und der antisyrischen Regierung in Beirut herrschen seit anderthalb Jahren äußerst angespannte Beziehungen. Syrische Funktionäre stehen im Verdacht, an dem Attentat auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Februar 2005 beteiligt gewesen zu sein.

Drei Tote nach neuer Gewalt im Libanon

Tagesschau 09.05.2008 - 01:15
In der libanesischen Hauptstadt ist es am Abend erneut zu schweren Kämpfen zwischen bewaffneten Anhängern der Hisbollah-geführten Opposition und der anti-syrischen Regierung gekommen. Mindestens drei Menschen wurden getötet, zehn weitere verletzt.

Augenzeugen berichten, am Abend seien maskierte Kämpfer durch die Straßen Beiruts patrouilliert. Straßensperren seien errichtet worden. Man habe Schüsse aus Maschinengewehren und Mörserfeuer gehört. Viele Einwohner der Stadt brachten sich in Schutzräumen in Sicherheit. Ein Offizier der libanesischen Armee, die ihrerseits zwischen die Fronten geriet, sagte, die Lage sei "nicht mehr kontrollierbar".

Mehr Infos und Fotos:
 http://www.tagesschau.de/ausland/libanon70.html

Sprüche an den Wänden von Nahr al-Bared Camp

a-films 25.05.2008 - 12:34
Das anarchistische Filmkollektiv 'a-films' hat eben einen weiteren Kurzfilm aus Nordlibanon veröffentlicht. Der Film dokumentiert zahlreiche rassistische, sexistische, beleidigende und erniedrigende Graffitis, welche Soldaten der libanesischen Armee an die Wände der Häuser des zerstörten palästinensischen Flüchtlingslagers Nahr al-Bared gesprüht und geschrieben haben.

Während manche Graffitis sich gegen die nicht-palästinensische militante islamistische Gruppierung Fatah al-Islam und deren Anführer Shaker al-Abssi richten, wenden sich andere direkt an die palästinensischen Flüchtlinge. In manchen Fällen wird die Zerstörung des Camps als Rache für Massaker palästinensischer Milizen im libanesischen Bürgerkrieg dargestellt.

Die Graffitis können als Instrumente psychologischer Kriegsführung und als ergänzende Methode im Rahmen einer politischen Strategie der libanesischen Armee verstanden werden, welche die palästinensischen Flüchtlinge zu demoralisieren und von der Rückkehr in ihr zerstörtes Camp abzuhalten trachtet. Allerdings illustrieren die Graffitis auch die Frustrationen und persönlichen Einstellungen der Soldaten. Während der 3-monatigen Kämpfe wurden beinahe 200 Soldaten getötet.
Als Reaktion auf entsprechende Medienberichte hat die libanesische Armee zahlreiche Sprühereien und Malereien mit Farbe übermalt.

Dieser Film wurde im Winter 2007/08 produziert, aus Sicherheitsgründen aber erst jetzt und in anonymisierter Form publiziert. Auch in den vom Militär im Frühling 2008 frei gegebenen Häusern finden sich unzählige Graffitis im selben Stil.
Der Kurzfilm kann hier angeschaut und heruntergeladen werden:  http://a-films.blogspot.com/1998/05/video-sprche-auf-den-wnden.html

immerhin

immer diese Antideutschen... 28.05.2008 - 22:24
Immerhin mal eine etwas andere Sicht. Was es zu kritisieren gab, wurde hier schon genannt.

Ziel ist es, die "Flüchtlinge" darauf aufmerksam zu machen, dass sie nicht willkommen sind. Überhaupt war es nie Ziel in den an Israel/Palästina angrenzenden Staaten, die Flüchtlinge gut zu behandeln. Einerseits will sie keiner so wirklich haben, will man aber andererseits Israel erpressen, werden diese plötzlich zu "Arabischen" oder "Islamischen Brüdern", schuld an der Misere sind dann, wie immer, die Juden/Israel. Auf den Antzionismus/Antisemitismus als integrierende Ideologie kann man sich eben verlassen.

Alle wissen, dass die eine Rückkehr der "Flüchtlinge" (die Anführungszeichen aus mehreren Gründen, dazu gleich) nicht möglich ist, ohne dass das das Ende Israels bedeuten würde. Es geht außerdem Fatah al Islam und dem ganzen anderen faschistoiden Gesindel gar nicht um ein bloßes "Rückkehrrecht", sondern um die Entfernung der Israels und der Jüdischen Bevölkerung. Aber das sind ja olle Kamellen, die man eigentlich nicht mehr erwähnen braucht.
Von den hunderttausenden aus den arabischen Staaten vertriebenen Juden fordert übrigens auch keine ein Rückkehrrecht oder gar Schadenersatz.

Wieso werden die "Flüchtlinge" (seit 1948 übrigens zehn mal mehr geworden, von den damals geflohenen lebt kaum noch einer) von den Staaten, in denen sie leben nicht endlich integriert? Wieso der ewige Flüchtlingsstatus?
Erstens, weil man mit ihnen, wie erwähnt, immer wieder Druck auf Israel machen kann und zweitens, weil man so keine Verantwortung für sie übernehmen muss. Das machen dann erst mal die die UN und die EU, keine Flüchtlingsgruppe der Welt wird so intensiv bezuschusst wie die Palästinenser.

Und die Islamistischen oder nationalistischen Rackets, die vorgeben, sich um das Wohl der Palästinenser zu sorgen (Fatah, Hamas, etc....) haben auch kein Interesse daran, dass der ewige Flüchtlingsstatus mal verändert wird, dass die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen oder dort, wo sie leben integriert werden. Indem sie immer wieder "Ganz Palästina" fordern (also die Entfernung seiner jüdischen Bewohner), ist ihre Legitimität, gerade weil sie etwas vollkommen unmögliches fordern, für die nächste Zukunft erstmal gesichert. Und natürlich Die Millionen von UN, EU und Israel, von denen dann ein nicht unerheblicher Teil für Waffen ausgegeben werden kann. Eine funktionierende Wirtschaft oder Infrastruktur gibt´s erst, wenn Israel weg ist, so die Logik.

(Hier sei, auch wenn ein anderes Thema, z.B. darauf verwiesen, dass die Jüdischen Siedler beim Abzug aus Gaza Wohn- und Gewächshäuser und intakte Plantagen zurückließen, die dann vom entfesselten Hamasmob erstmal zu Kleinholz verarbeitetet wurden. Und jetzt, wo das Essen knapp wird, zeigen wieder alle auf Israel.)

Der Libanesischen Führung kommt das gerade recht, weil sie so eben keinen Gedanken daran verschwenden muss, die Flüchtlinge im Libanon zu integrieren. Es fragt ja auch keiner. Diese Flüchtlinge sollen (und wollen zum Teil?) möglichst lange Flüchtlinge bleiben. Dieser Status Quo der ewigen (behaupteten) Veranwortung Israels für die "Lösung" der Flüchtlingsfrage nützt zu vielen, als dass man daran rütteln wollte. Darin sind sich die Fatah al Islam und die Libanesische Armee, obwohl wahrscheinlich erbitterte Gegner, dann doch irgendwie einig.

Es geht hier nicht darum, zu behaupten, alles was von Israel komme sei per se richtig oder dass Israel in dieser Sache keine Verantwortung trage. Dieser Artikel bestätigt nur noch einmal, wie auf dem Rücken der Flüchtlinge, angeblich in ihrem Namen, eine beschissene Interessenpolitik ausgetragen wird, für deren Folgen dann alleine Israel alleine verantwortlich sein soll.
So lange diese Behauptung bestehen bleibt, so lange fragt auch niemand nach der Verantwortung Libanons, Syriens, Jordaniens Ägyptens oder eben der Palästinenser selbst. Die Flüchtlinge endlich als Staatsbürger anzuerkennen (oder ihnen zumindest Bürgerrechte zuzugestehen) oder/und eben einen funktionierenden Palästinensischen Staat auf die Beine zu stellen. stellen zu wollen.

Leider sitzen viele Linke diesem Bild genauso auf und frönen in diesem Rahmen ihrer liebsten Obsession, der "Israelkritik". Wahrscheinlich, weil sie selbst rassistisch genug sind, dass sie nur den als irgendwie westlich/weiß wahrgenommenen Israelis zutrauen, auf berechtigte inhaltliche Kritik eingehen zu können, allen anderen lässt man ihre Verbrechen und Unterlassungen geflissentlich durchgehen.

Der vorgeschützte Antirassismus ist wohl kaum mehr als ein Ausdruck des geerbten schlechten Gewissens ehemaliger weißer Kolonialherren. Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen traut man (z.B.) Libanesen oder Palästinensern dann doch nicht zu, dafür ist man dann doch zu sehr im Herrenmenschentum befangen. Außerdem bietet der "Palästinensische Befreiungskampf" eine super Projektionsfläche, einen Austragungsort für die liebgewonnenen eigenen Autoritätskonflikte. Hier haben Täter und Opfer, gut und böse, oben und unten jeweils einen Namen, hier gibt es noch widerspruchsfreie Identität mit der dazugehörigen Handlungsfähigkeit. Und das, oh wie wunderbar, ohne dass man dabei Verantwortung für sich selbst übernehmen müsste. Und hier liegt auch die Gemeinsamkeit der manischen Israelhasser: in der autoritären Persönlichkeit und wie sie verzweifelt (und leider genauso erfolgreich) daran festhalten.

Den immergleichen Israel vs Terroristen-Fokus einmal zu verändern, dazu könnte dieser Artikel unter anderem beitragen. Aber da hab ich mich wahrscheinlich zu früh gefreut...


Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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sehr guter Artikel

Schwin schwarzes 07.05.2008 - 22:03
Vielen Dank an afilms für ihre sicher nicht immer ungefährliche und aufwendige Arbeit. Vielen Dank auch den fleißigen LayouterInnen. Ein Artikel, den es Spaß macht zu lesen und man auch wirklich mal Interessantes erfährt. Über den Libanon wird sonst generell nur wenig berichtet und dann auch oft nur halbgares Zeug (gerade in der Mainstreampresse, weil die auch oft einfach nicht vor Ort sind). Personen von vor Ort die vernünftig berichten, gibt es leider auch kaum im Netz zu finden. Ein gutes Beispiel ist dieser leider eingestellte Blog eines libanesischen Anarchisten:
 http://meastpolitics.wordpress.com/

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber auch noch. Die Beispiele für die rassistischen und sexistischen Grafitti der libanesischen Armee halte ich für nicht gut gewählt. Die sind zwar tatsächlich sexistisch, aber nicht unüblich und richten sich nicht gegen die Bewohner im Allgemeinen sondern gegen den Chef von Fatah al-Islam. Dadurch untermauert das Foto nicht eueren Bericht sondern vermittelt einen anderen Eindruck. Vielleicht habt ihr da noch was Besseres. Wie dem auch sei, keep up the good work! So sieht ernsthafter Journalismus von unten aus.

aha

stauner 08.05.2008 - 08:18
Ich finde es an sich ganz gut das hier mal über den Libanon geschrieben wird. Aber: Wo wird den auf die Fatah al-Islam eingegangen? Wo steht denn das sie die Scharia durchsetzen will. Wo steht das sie Israel vernichten will. Sorry, es ist kein guter Journalismus, es ist einfach nur extrem unvollständig. Hier wird sich indirekt mit den "armen" Opfern solidarisiert ohne deren eigene Schuld zu beleuchten.

@stauner

Perry 08.05.2008 - 08:58
Das steht gleich im abstract, dass die Fatah al-Islam islamistisch ist. Die Autoren lassen auch mehrmals im Text durchblicken, dass es ihnen nicht im Solidarität mit Fatah al-Islam geht. Es geht ihnen tatsächlich vor allem darum, über die Menschen zu berichten, die unter diesem Krieg leiden, oder möchtest du jetzt unterstellen, die gehören alle zu Fatah al-Islam und deswegen haben sie es, frei nach der Bomber-Harris-Logik, auch alle verdient?

lager im libanon

soso 08.05.2008 - 09:05
die fragen stellen sich anders:
welche funktion haben die paläst. lager im libanon,
aus welcher geschichte kommen sie?
welche aufgaben verfolgte die libanesische armee -
sowohl in der zerstörung dieses lagers wie auch in der anschliessenden besetzung?

welche politik verfolgt die derzeitig libanesische regierung gegenüber den palästinenserInnen im land?

die marginale gruppe fatah al islam zu problematisieren,
und die bewohnerInnen des lagers für die 'strategie' der gruppe verantwortlich zu machen - das geht an der sache vorbei

Guter Anfang

stardust 09.05.2008 - 16:55
Der Artikel ist (von wenigen Kleinigkeiten, wie dem "unglücklich" gewählten Beispiel für die Schmierereien abgesehen) ziemlich gut. Aber wirklich gut wäre er erst dann, wenn es einen 2.Teil gäbe, in dem auch auf die islamistischen Hitlerfans eingegangen würde, die feige die Flüchtlinge als menschliche Schutzschilde missbrauchten...

@stauner

th 15.05.2008 - 22:22
Die Autoren_innen hätten wirklich ein bischen mehr auf die Fatah ein eingehen können. Aber die intention dieses artikels ist ja erstmal nur über die situation zu informieren!

Was fehlt

Nichtidentisches 05.07.2008 - 16:16
Was fehlt ist eine Beschreibung der Zustände, die jene mächtige Palästinenser-Miliz bereits vorher unter den oppositionellen Bewohnern des Lagers erzwang, der Terror, den sie ausübte, die nazistische Ideologie, die sie verströmt.
So erscheint der Artikel nur als Propaganda, Fakten und reales Elend von Individuen werden durch Weglassen von Information instrumentalisiert.
Auch erkenne ich in den vorgeführten Parolen keinen Rassismus.